Danger Danger
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.

Danger Danger

High Voltage
 
StartseiteNeueste BilderSuchenAnmeldenLogin

 

 Eichenherz

Nach unten 
2 verfasser
Gehe zu Seite : 1, 2, 3 ... 9 ... 17  Weiter
AutorNachricht
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Di Jan 22, 2019 5:54 pm

Atemlos kauerte Mina sich etwas mehr zusammen. Ein eiskalter Wind fuhr durch ihre Kleidung durch bis in die Knochen und die Fässer, zwischen denen sie sich versteckt hatte, boten wenig Schutz oder gar Wärme. Wie hatte sie bloß in diese Situation geraten können? Vor ein paar Wochen noch war sie in den heimischen Wäldern auf Patrouille gewesen, eine ihrer ersten Missionen, seit man sie aus der Akademie entlassen hatte. Ein voll ausgebildeter Magier sollte sie nun sein, bereit, um im Andergaster Militär zu dienen, doch auch, wenn sie ihren magischen Fertigkeiten vertraute, fühlte sie sich klein und allein in dieser Welt. Und nun hatte sie das erste Mal etwas selbst entscheiden müssen und hatte einen großen Fehler begangen. Sie atmete tief durch und versuchte ihre Gedanken zu ordnen, doch das eiserne Halsband, das sie immer noch trug, machte es ihr schwer, klar zu denken. Diese nostrianischen Verräter hatten es ihr angelegt, kurz nachdem sie ihre Einheit in den Wäldern am Ingval überfallen hatten. Etwas anderes war diesen Strauchdieben auch nicht zuzutrauen gewesen. Dass ihre ganze Truppe von fünfzehn Mann nicht auf der Stelle getötet worden war, war wohl auch ihrem Status als Magier zu verdanken gewesen. Selbst die Flunderköpfe mussten sich wohl eingestehen, dass die Magier der Andergaster perfekt ausgebildet waren und es eine Schande wäre, sie einfach so zu exekutieren.
Viel gebracht hatte Mina das allerdings nichts. Gefesselt und mit Eisen niedergeschlagen hatte man sie auf ein Boot verfrachtet und bis hinunter in die Haupstadt selbst gebracht. So weit im Südwesten, wie kein Andergaster ohne eine Armee im Rücken jemals wandern sollte. Hier war ihr ein jeder Feind und niemand würde ihr auch nur ein Fünkchen Gnade zeigen. Weder die, die sie hergebracht hatten, noch die gemeine Bevölkerung. Wie Mina es geschafft hatte, sich aus ihrer Gefangenschaft zu befreien, war ihr selbst immer noch nicht ganz klar. Obwohl es erst einen wenige Stunden her war, waren die Erinnerungen in ihrem Kopf verwischt und hektisch, als hätte sie die Flucht nur unaufmerksam verfolgt. Einer ihrer Mithäftlinge hatte ihren Stab zu fassen bekommen und mit der mächtigen Waffe in den eigenen Händen hatte sie die Blockade des Eisens für einen kurzen Moment überwinden können, lang genug, um sich und ihre Waffe in Sicherheit zu bringen. Vierzehn andere Andergaster auch zu befreien, mitten in Nostria, das war unmöglich. Selbst ein Hitzkopf wie Mina wusste das.
In einer Seitengasse hatte sie sich etwas einfache Kleidung von einer Leine stibitzt, um ihre Uniform zu verbergen, dann hatte sie den Weg zum Hafen gesucht. Niemals konnte sie einfach so an der Stadtmauer vorbeispazieren. Auf einem Schiff allerdings…Im Dunkeln der Nacht hatte sie sich an Bord eines der Segler gestohlen und zwischen einigen Kisten versteckt. Sie war sich sicher, dass es sich bei diesem Schiff nicht um ein nostrianisches Schiff handelte, die Leute, die sie am Abend ein- und ausgehen sehen hatte, waren ganz sicher Thorwaler. So groß und stattlich war noch kein Nostrianer jemals geworden! Versteckt zwischen einigen Fässern musste Mina nun hoffen, dass sie den Fluss hinaufsteuern würden und sie irgendwann unentdeckt vom Schiff verschwinden konnte. Wie sie an Essen und Wasser kommen sollte, wusste sie noch nicht so genau, aber nun war sie erschöpft von den Strapazen der letzten Tage. Mina war es zwar in vielerlei Hinsichten gewohnt, sich verstecken zu müssen, doch langsam war sie am Ende. In ihren Mantel gehüllt hoffte sie, wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, auch, wenn die Stimmen der Thorwaler laut über das Deck grölten. Sie waren schon ein seltsames Volk: riesig wie Bären und ungefähr genau so haarig, aber stets gut gelaunt und betrunken. Erwischt werden wollte die Magierin trotzdem nicht von ihnen und so hoffte sie, dass niemand bemerken würde, dass sie zwischen den Fässern ihre Augen ein wenig ausruhte.

_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Mrs Lovett
Admin
Mrs Lovett


Anzahl der Beiträge : 1351
Anmeldedatum : 12.07.09

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Di Jan 22, 2019 9:47 pm

Wo eine Gruppe Thorwaler auftauchte, konnte man den Ärger nur so riechen! Zumindest sagten das immer alle, dabei stimmte es ganz und gar nicht! Klar, wenn ihnen jemand zu blöd kam und nach Streit suchte, so würden sie ihn auch bekommen aber grundsätzlich waren sie ein herzliches Volk! Zumindest empfand Arngrim seine Leute so. Er selbst war die Ruhe in Person…solange ihn niemand reizte.
Und das war hier in Nostria nicht anders. Es sollte ihre letzte Ankerstelle sein, ehe sie endlich nach vielen Monden wieder nach Hause segelten. Der Thorwaler liebte die See und seine Otta, doch er liebte seine Familie mindestens genauso sehr, die er schon so lange nicht gesehen hatte! Sein Inneres bereitete sich bereits auf ein paar wunderbare Abende vor mit Gelächter, Bier und den ein oder anderen Wettkampf (den er hoffentlich gewinnen würde)!
Jetzt hieß es aber ein letztes Mal sich ordentlich zu feiern! Und wieso auch nicht? Es gab immer einen Grund zur Feier, selbst wenn es der Tsatag des Hundes der Großmutter von Torbrand war!
In den letzten Monden hatten sie großartige Arbeit geleistet, Schiffe geplündert und sogar weitere seetaugliche Männer und Frauen bei sich aufgenommen. Nur wenige Probleme hatten sie auf See, Swafnir hatte ihr Drachenboot wahrlich gesegnet! Da würde die restliche Fahrt nach Hause mindestens genauso gut verlaufen!

Lachend wischte sich Arngrim die Bierreste vom Bart, stimmte schnell bei einem Lied ein, was von allen an Deck ‚gesungen‘ wurde und genehmigte sich doch schnell noch einen Krug von dieser goldig schaumigen Flüssigkeit, die mittlerweile wahrscheinlich in seinen Venen floss. Sie hatten ihre Feierlichkeiten auf ihr Schiff verlegt, wahrscheinlich zur Freunde eines jeden Bewohners, der neben oder gar in den Tavernen hausen musste, auch wenn sie wahrscheinlich immer noch in der ganzen Stadt zu hören waren, immerhin waren sie bekannt dafür, ein lautes Volk zu sein! Doch bald würden alle ihre Ruhe bekommen, dies sollte das letzte Fest sein, was die Mannschaft hier feiern wollte. Alle Vorräte waren aufgestockt, das Bier wurde in Massen gekauft und am nächsten Morgen würden die Segel sie über das Meer der sieben Winde tragen, dort, wo sie sich besonders heimisch fühlten!

Der Blondschopf wusste gar nicht, was in den restlichen Abendstunden passiert war, irgendwann war das Bier dem Hochprozentigen gewichen und somit wich auch jeglicher Verstand aus dem großen Kopf des Piraten und er war sicherlich nicht der Einzige, der irgendwann völlig betrunken zu seiner Hängematte torkelte und laut schnarchend einschlief.
Der nächste Morgen kam zu früh, zu laut und zu unangenehm, als Arngrim feststellen musste, dass er es irgendwie im Schlaf geschafft hatte, zur Hälfte aus der Hängematte zu fallen und in einem Knoten aus Decke, Matte und seinen Gliedmaßen nicht ganz zuordnen konnte, wie er wieder aufstehen sollte!
An Deck war bereits reges Treiben, denn auch wenn Thorwaler vielleicht gut bis zur Besinnungslosigkeit feiern konnten, so konnte sie ebenso gut bei Aufgang der Sonne aufstehen und arbeiten….auch, wenn das Aufstehen gerade eher schlecht als recht vollzogen werden musste. Wenigstens dröhnte der Schädel nicht, da hätte schon weitaus mehr Alkohol in den großen Körper fließen müssen!
Mit einem laute Seufzer befreite sich der Thorwaler irgendwie aus seinem selbst erschaffenen Knoten, zog sich noch beim Laufen seine Stiefel an, ehe er hinaustrat, zufrieden die kühle Meeresluft einatmend. Hach, sie hatten endlich diesen dämlichen Hafen hinter sich gelassen!
Darauf ein Bier!
Es war nicht verkehrt ein wenig Kraft zu tanken, indem man sich zu seinem Frühstück ein klein wenig Bier genehmigte, viel hatten sie ohnehin mitgenommen und wer sollte ihn schon verurteilen? Etwa die anderen Schnapsnasen um ihn herum, die höchstwahrscheinlich das Gleiche getan hatten oder noch tun würden? Wohl kaum!
Zufrieden summend schlenderten die langen Beine erneut unter Deck, dorthin, wo all ihre Vorräte gut verstaut und gelagert waren, schaute sich dabei prüfend um, ehe er zu einem der vielen großen Fässer herantrat!
Gut, dass sie alle ähnliche Prioritäten hatten was den Lebensmitteleinkauf anging!
Mit einem breiten Grinsen trat er zu einem bereits angeschlagenen Fass heran, hielt sein Trinkhorn hin, als er aus seinem Augenwinkel heraus einen kleinen Stoffhaufen erblickte. Hah! War da etwa jemand direkt bei der Quelle eingeschlafen und wollte sich nun vor der Arbeit drücken? So nicht!
Arngrim hielt mit der linken Hand sein Bier fest, während er leise an die kauernde Gestalt herantrat, sie mit der rechten packend und wachrüttelnd. Musste einer der neueren Leute sein, die sie aufgegabelt hatten!
„Guten Morgen, Faulpelz! Dachtest wohl, du kannst hier einfach beim Bier bleiben! Ich würde mich ja mit dir hier verstecken und die Vorräte leer trinken aber die Arbeit ruft, mein Guter!“, donnerte die Stimme lachend dem jungen Mann entgegen, der jetzt auf jeden Fall wach zu sein schien. Braune, ihm unbekannte Augen blickten ihn beinahe verstört an. „Ja, Moment mal! Du bist aber keiner von den Neuen! Haste dich am Hafen verlaufen? Ach, sag nicht, die Olburga hat dich aufgegabelt und dann vergessen nach Haus zu bringen? Oder war ich das?“, fragend musterten die grünen Augen die schmale Gestalt, die er auf diesem Schiff noch nie gesehen hatte. War er vielleicht doch betrunkener letzte Nacht gewesen, als angenommen und hatte ihn für ein paar schöne Stunden mitgenommen? Nein, in so einem Zustand hätte er es niemals so weit gebracht.
„Ich glaub, du hast dich im Boot vertan, Kleiner.“

_________________
Eichenherz Garysignawip_zps29139715
Nach oben Nach unten
https://let-the-engine-steam.forumieren.de
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Di Jan 22, 2019 10:23 pm

Irgendwann in der Nacht war Mina schließlich doch eingeschlafen. Ob das seichte Schaukeln des Meeres sie in den Schlaf gewiegt hatte, oder ob die Erschöpfung des Tages einfach ihren Tribut gefordert hatte, wusste sie nicht genau. Irgendwann waren ihr jedoch ein paar mehr oder weniger erholsame Stunden gegönnt worden. Ihre Träume waren wild, sicherlich auch beeinflusst von dem Gepolter der Thorwaler um sie herum. Immer wieder schlichen sich Bilder von Schiffen in ihren Traum, dann waren dort wieder schwere Eisenketten, die sie umschlungen und in die Tiefe zogen. Mitten in der Nacht wurde sie einmal erschrocken wach, schreckte wie aus freiem Fall auf, das Gefühl der Bodenlosigkeit immer noch in ihrer Magengrube. Die Geräusche der Feier waren verstummt und nur das leise Ächzen des Schiffes lag in der Luft. Desorientiert sah Mina sich um, ein wenig das Gesicht verziehend, als ihre Rippen sich schmerzend zu Wort meldeten. Sie hatte ihre Brüste immer noch abgebunden. Als Frau auf einem Schiff betrunkener Seefahrer entdeckt zu werden, war wohl das Schlimmste, was ihr passieren konnte. Sie lebte nun schon so lange für die gesamte Außenwelt als Wendolyn, dass sie sich sowieso nicht vorstellen konnte, jemand anderes zu sein.
Obwohl sie aufgeschreckt war, fand sie schnell wieder in den Schlaf zurück. Immer noch war sie viel zu müde, um sich von dem harten Boden von einigen erholsameren Stunden abhalten zu lassen. Sie war schlimmeres aus dem Kampfseminar gewohnt; die Feldlagerausbildung und die Wildniskenntnis gehörten immerhin auch zu ihrer Ausbildung, was die Magier aus Andergast eindeutig von ihren bücherwälzenden Kollegen in ganz Aventurien unterschied.
Gerade wollten sich einige besonders dunkle Träume wieder zu ihr durchkämpfen, als ihr Schlaf abrupt unterbrochen wurde. Hatte Mina sich heute Nacht schon ahnungslos gefühlt, war sie nun mit hellwacher Panik erfüllt, als sie unsanft aufgerüttelt wurde. Panisch griffen ihre Hände nach ihrem Stab, den sie in der Nacht fest umklammert hatte. Immerhin war er das wertvollste, was sie überhaupt besaß. Wache grüne Augen starrten ihr entgegen aus einem bärtigen Gesicht, das einen guten Kopf über ihrem eigenen aufragte. Seine Worte ergaben für sie im ersten Moment keinen Sinn; dachte er, dass sie hier angeheuert hatte? Nun gut, das wäre wenigstens eine angemessene Tarnung! Aber gerade, als sie etwas entgegnen wollte, hatte der munter weiter plappernde Thorwaler sie anscheinend schon entlarvt. Ihr Griff verkrampfte sich etwas stärker um den Griff ihres Stabs. Magie zu wirken kostete sie zu viel Anstrengung und ihr Schwert hatte sie nicht bei sich. Zwar war Mina stark, aber vermutlich nicht so stark, dass sie diesen Hünen einfach problemlos überwältigen könnte.
„Bitte verrat mich nicht“, brachte Mina schließlich hervor, ihre Stimme noch heiser vom Schlaf. Ihre Imitation einer Männerstimme war ihr über die Jahre so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie kaum noch Schwierigkeiten damit hatte. Und ihre Tarnung schien ja sowieso funktioniert zu haben.
„Ich wollte einfach nur aus Nostria raus und hab mich auf dem erstbesten Schiff versteckt, ich hatte gehofft, ich könnte in ein oder zwei Tagen unbemerkt wieder von Bord gehen“, gestand sie wahrheitsgemäß. Die Augen des Mannes wirkten ehrlich und treu, vielleicht würde er sie nicht einfach über Bord werfen, wenn er die Wahrheit wusste? Aber er durfte nicht erfahren, wer sie wirklich war. Wohlmöglich tauschte er sie sonst für ein ordentliches Sümmchen bei den Nostrianern ein.
„Hör zu, ich kann mithelfen, ich bin stärker, als ich aussehe! Ich hab wenig Ahnung von der Seefahrt, aber ich beherrsche Magie!“
Angestrengt versuchte Mina sich auf ihren Stab zu fokussieren, schlug ihn einmal auf den Boden. Für wenige Augenblicke flackerte an der Spitze des Stabs eine helle Flamme auf, umzüngelte den Bergkristall, der dort eingelassen war – und erlosch wieder.
„Wenn dieses Ding nicht wäre!“, schimpfte sie verärgert und ruckte an dem dicken Eisenband an ihrem Hals, zu spät realisierend, wie auffällig so ein Halsband sein musste – und wie verdächtig es sie machte.
„Lange Geschichte!“, versuchte Mina das Ganze abzuwinken und sich an dem Thorwaler vorbei zu schieben. Gerade fühlte sie sich sichtlich in die Enge gedrängt und zwischen einem Seemann und seinem Bier wollte sie sowieso nicht stehen.

_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Mrs Lovett
Admin
Mrs Lovett


Anzahl der Beiträge : 1351
Anmeldedatum : 12.07.09

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Mi Jan 23, 2019 12:25 am

Der Arme schien ja ganz verwirrt zu sein, wie er sich an sein Holzding geklammert hatte und ihn anstarrte, als hätte er es hier mit einem Geist zu tun!
Vielleicht hatte er ja doch letzte Nacht ein bisschen über den Durst getrunken, nur nicht auf ihrem Schiff sondern in einer Schenke…
Mit einer Sache schien Arngrim auf jeden Fall richtig zu liegen- der junge Mann war keiner von ihnen und gehörte offensichtlich nicht auf dieses Boot.
Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte er die schmalere Gestalt, fragte sich, wie so ein Vorfall überhaupt passieren konnte und wie dicht alle waren, dass sie nicht mal heute Morgen vor ihm bemerkt hatten, dass hier eine fremde Person schlummerte. „Ach, haste dich aus Nostria geschlichen? Und dann nach zwei Tagen uns wieder verlassen?“, der Thorwaler musste laut auflachen. Na, davon würde er dem Fremden lieber abraten, es sei denn er wollte unbedingt ein wenig im eisigen Meer herumplanschen, aber selbst für einen seeverrückten Mann, der Arngrim nun einmal war, erschien das wie eine wahnsinnige Idee!
„Hey, ich will mal nicht so sein, meine Otta nimmt alle auf, die die wilde See genauso lieben, wie wir es tun, ich werde dich schon nicht über Bord schmeißen.“, er schenkte dem Dunkelhaarigen ein freundliches Lächeln, fuhr sich bei den nächsten Worten jedoch nachdenklich durch den Bart, den Blick auf das Holz gewandt. Ach, dafür war das Ding also gut- der Kleine war ein Magier!
Gebannt starrten die grünen Augen den Stab an, weitete diese in Staunen, als er kleine Fünkchen um den Kristall aufleuchten sah. Bei Swafnir, wenn das Ding noch mehr machen konnte, könnte dieser Spargel ihnen ja doch noch von Nützen sein! Naja, so schmächtig schien der Typ auch nicht zu sein, seine Arme sahen so aus, als ob sie durchaus auch ein paar schwere Sachen tragen könnten.
„Und mit dem Teil kannst du noch mehr? Wir wollten schon immer mal einen Magier oder eine Magierin auf unserem Schiff haben, bei uns in Thorwal gibt’s ein paar echt spannende Magier!“, mehr wusste er leider auch nicht, außer, dass sie ihrem Piratendasein aushelfen könnten…vielleicht kann es der blinde Passagier aber ebenso!
„Das Ding? Dieses nicht allzu modische Halsband?“, Arngrim verstand absolut nichts von Magie und wie dieses Teil problematisch sein konnte. Wieso hatte er das denn dann überhaupt um? Jetzt war seine Neugier erst recht geweckt!
„Ach, komm schon, wir haben so viel Zeit, du kannst mir ruhig erzählen, was es mit dem Ding auf sich hat! Stört es dich? Lass mich mal sehen!“, anstatt ihn an sich vorbei passieren zu lassen, hielt er ihn mit seiner freien Hand an der Schulter fest, blickte ihn einen kurzen Augenblick lang ernst an, ehe seine Züge wieder weicher wurde und Arngrim dem Fremden sein Trinkhorn reichte. „Trink ‘nen Schluck, das wärmt dich von innen ein wenig auf und ich kann solange mir dieses Metallding anschauen!“, er wartete darauf, dass der Dunkelhaarige ihm die Erlaubnis gab, sich seine Halsfessel, oder was auch immer das war, näher anzuschauen. Wahrscheinlich brauchte man einen Schlüssel dafür, doch überall, wo ein Schließmechanismus eingebaut war, musste eine gewisse Schwachstelle sein, irgendwo war das Metall einfacher zu zerstören!
Arngrim lehnte sich ein wenig näher herunter, holte beiläufig einen Dolch aus seiner Gürteltasche heraus. „Warst du irgendwo eingesperrt oder woher bekommt man so ein schmuckes Halsband her?“, seine Lippen formten ein schiefes Grinsen. Sollte er kriminell sein, war es nicht das erste Mal, dass sie einem Gesetzlosen Schutz boten, in den Augen vieler anderer Reiche waren sie es immerhin auch. „Halt still“, konzentriert setzte der Thorwaler sein Dolch an das Schloss dran, pulte und drehte so lange, bis es locker und kaputt genug war, dass er seine Waffe wegstecken und das Eisenteil mit seiner Kraft anschließend vom Hals reißen konnte.
„So, wie neu!“, entgegnete der Blondschopf stolz, warf das Eisenteil achtlos zu Boden. „Und jetzt kannst du mir zum Dank ja erzählen, wie du eigentlich heißt! Noch kann ich ein paar Minuten entbehren ehe irgendein Dummkopf nach mir sucht!“

_________________
Eichenherz Garysignawip_zps29139715
Nach oben Nach unten
https://let-the-engine-steam.forumieren.de
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Mi Jan 23, 2019 7:00 pm

Der Hüne, der sie aufgegabelt hatte, schien ein freundlicher Geselle zu sein, immerhin wollte er sie nicht direkt über die Reling werfen oder führte sie seinem Kapitän vor. Dennoch war Mina nicht bereit, ihre Achtsamkeit so einfach fallen zu lassen. Ihre Oberlippe kräuselte sich leicht, selbst in dieser Zwangslage konnte sie ihre Ablehnung dem Meer gegenüber nicht verhehlen.
„Also von lieben kann bei mir und dem Meer nun wirklich nicht die Rede sein, ich bevorzuge die tiefen Wälder Andergasts.“
Sie konnte nur hoffen, dass der Thorwaler von dem Zwist zwischen Nostria und Andergast genauso wenig Ahnung hatte wie von der Magie, denn sonst hatte sich Mina gerade unweigerlich als ein Feind des Fischervolkes ausgewiesen. Sie konnte einfach nicht anders, die Ablehnung gegen diese Flunderköpfe lag tief in ihren Knochen, sodass sie oft nicht darüber nachdachte, was sie bezüglich Nostria zum Besten gab. Aber der Mann schien abgelenkt von ihrer Magie und dem Eisenhalsband zu sein, sodass er ihre Worte anscheinend schon wieder vergessen hatte. Mina wollte immerhin auch kein Teil dieser Mannschaft werden; Seefahrt stand ihr ganz und gar nicht und sie wollte überhaupt so schnell wie möglich in ihr Heimatland zurück. Für den Moment war es aber wohl besser, wenn sie den Hünen bei Laune hielt. Und ihre Magie schien ihn immerhin beeindruckt zu haben.
„Eisen blockiert Magie“, erklärte sie und verzog das Gesicht. Sie war weniger anfänglich für das Metall als andere ihrer Zunft, konnte sogar ein Schwert ohne große Probleme führen, doch diese Fesseln waren dafür ausgelegt, Magiern zu schaden und selbst Mina konnte sich ihrem Bann nicht entziehen.
„Ich kann kaum klar denken, also ja, es stört mich“, knurrte Mina und zuckte kurz zusammen, als sich eine schwere Hand auf ihre Schulter legte. Wenn sie bloß ihre Magie wieder hätte…An Körperkraft überragte sie der Thorwaler, das musste sie zugegeben, doch es war nicht pure Stärke, die sie auszeichnete. Widerwillig nahm sie das Trinkhorn entgegen, das man ihr hinhielt. Sie hatte schon längst gelernt, dass es verdächtig war, ein Bier abzulehnen, sodass sie das Horn an die Lippen setzte und einen guten Schluck nahm. Schlecht war das Gebräu dieser Seemänner tatsächlich nicht und Mina hatte mit den anderen Novizen schon oft genug in den Tavernen Andergast heimlich Eichelbier getrunken. So ein Schluck ließ ihre Beine noch nicht schlottern!
Nur widerwillig hob sie ihren Kopf ein wenig an. Die Gefahr, dass dem Mann etwas an ihrem Kehlkopf auffiel, war groß, aber auf der anderen Seite hielt sie ihn nicht für so aufmerksam.
„Sei bloß vorsichtig mit dem Ding!“
Der Dolch so nah an ihrem Hals ließ ihr Herz ein wenig schneller schlagen. Wie war sie bloß in diese verzwickte Situation geraten, dass ihr nun ein Thorwaler mit einem Dolch am Hals herumfummelte?!
„Wie ich schon sagte, ich musste Nostria verlassen. Sagen wir einfach, dass meinesgleichen dort nicht gern gesehen ist und ich nicht freiwillig in der Stadt war“, knurrte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen, um ihren Kopf so wenig wie möglich zu bewegen. Für einen kurzen Moment war Mina beeindruckt von der schieren Kraft, die in dem Körper des Seefahrers zu ruhen schien, dann jedoch war sie überwältigt von dem Gefühl der astralen Energie, die wieder durch ihren gesamten Körper floss. Es fühlte sich an, als wenn sie aus einem tiefen Rausch erwacht wäre, so klar fühlte sich alles urplötzlich an. Für einen kurzen Moment floss die Magie so unkontrolliert durch ihren Körper, dass die Flamme an ihrem Stab mit neuer Intensität aufflackerte. Über das Spektakel hinweg merkte der Mann vermutlich nicht mal, wie Mina ihn einmal prüfend musterte. Noch immer stand er ihr im Weg. Wenn sie ihn nun einfach außer Gefecht setzte, sich an Deck schlich und über die Reling verschwand, dann konnte sie sich wohlmöglich am Flussufer durchschlagen. Immerhin wusste sie nicht, was man an Bord des Schiffes noch mit ihr vorhatte.
„Mein Name ist Wendolyn.“
Der Name glitt ihr leicht über die Lippen. Fremdartiger hätte es wohl geklungen, wenn sie sich mit ihrem richtigen Namen vorgestellt hätte, denn den hatte sie seit fast zehn Jahren nicht mehr benutzt. Manchmal hatte sie ihn nachts leise vor sich hin geflüstert, um ihn nicht zu vergessen. Ihr Körper spannte sich leicht an, ihre Finger griffen den Eichenstab fester.
„Bitte sei mir nicht böse, aber ich kann nicht bleiben…Paralysis!“
Die Worte verließen ihren Mund und mit ihnen kam die magische Wirkung. Der große Körper wurde von einem Moment auf den nächsten starr wie Stein. Der Zauber würde nur einige Minuten anhalten, lang genug, dass sich Mina über eines der Fässer schwingen und sich an dem Seemann vorbeischieben konnte. So schnell und gleichzeitig lautlos, wie sie konnte, erklomm Mina die Treppe und streckte ihren Kopf vorsichtig durch die Luke. Zum Glück wurde das Schiff gerade erst richtig wach und keiner der Thorwaler schaute gerade in ihre Richtung. Zu ihrem Pech sah sie jenseits der Reling nicht die verhofften Flussufer des Ingvals, sondern nur weites blaues Nichts. Sie musste sich die Hand vor den Mund halten, um nicht durch einen erschrockenen Schrei auf sich aufmerksam zu machen und sank langsam die Treppe wieder hinunter. Leise wich sie von der Luke zurück, bis sie wieder bei dem versteinerten Seefahrer angelangt war.
„Wir sind mitten auf dem Meer!“, stieß sie fassungslos aus und vergrub das Gesicht in den Händen.
„Wie soll ich von hier aus nach Andergast zurückkommen?“
Fassungslos strich sie sich die Haare aus dem Gesicht. Ihre Worte trafen nicht auf taube Ohren, aber in diesem Zustand würde der Hüne nichts antworten können.
„E-Es tut mir leid, ich dachte, ich könnte verschwinden, ohne weitere Probleme zu machen, ich dachte, es wäre so einfacher.“
Hilflos rang Mina mit den Armen und starrte den Blondschopf entschuldigend an. Lange würde ihr Zauber so oder so nicht mehr halten.
„Bitte verzeih“, presste sie entschuldigend hervor, als sie den Zauber mit einer Geste löste und angsterfüllt den Kopf zwischen die Schultern zog, einen Schritt zurückweichend. Vermutlich hätte sie den Mann nicht gleich so grob behandeln sollen, immerhin hatte er ihr bis jetzt geholfen. Ob er ihr nach dieser Behandlung allerdings immer noch so freundlich gegenüberstand….

_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Mrs Lovett
Admin
Mrs Lovett


Anzahl der Beiträge : 1351
Anmeldedatum : 12.07.09

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Mi Jan 23, 2019 8:31 pm

Also war er doch ein Krimineller! Eigentlich überraschte es den Seemann nicht wirklich, immerhin wurde kein einfacher Bürger mit einem schweren Eisenhalsband gestraft, was darüber hinaus auch noch offenbar Schaden anzurichten schien. Das klang sehr freiheitsraubend; gut, dass er ihn von dieser Bürde befreite!
„Aha, Wälder waren nie so meins, nicht, dass wir in Thorwal keine schönen Exemplare haben aber mein Herz gehört der See!“, raunte die Stimme stolz, er hieß nicht Arngrim Seeherz ohne Grund! Wie das bei dem Fremden in Andergast war, konnte er nicht einordnen, die ganze Ecke war ihm fremd, so sehr im Lande und darüber hinaus hatte er nicht immer Gutes gehört über ihre Einstellung gegenüber so einigen Dingen. Dann wiederum hatten auch die Wenigsten eine gute Meinung über sein Volk und das, was sie so erzählten, stimmte nicht immer!
Der Blondschopf ließ seinen Blick fasziniert auf die aufflackernde Flamme aus dem Stab des anderen wandern, ehe die Augen erneut sein Gesicht fokussierten. „Wendolyn also! Du kannst mich Arngrim nennen“, stellte der hochgewachsene Pirat sich freundlich lächelnd vor. Jetzt, wo die ersten Probleme beiseite geschafft wurden, könnte er ihn sicherlich den anderen vorstellen und seine Hängematte neben seiner aufspannen, denn etwas in seinem Inneren sagte ihm, dass er wahrscheinlich in den nächsten Tagen für den blinden Passagier verantwortlich sein würde! Von Bord schmeißen würden sie den armen Burschen schon nicht, wieso auch, er wirkte nicht wie ein feindseliger Thorwaler- hassender Typ, der hier war, um sie alle zu vergiften und so paranoid war niemand aus seiner Otta!
Während Arngrim sich noch die richtigen Worte zurechtgelegt hatte, hin und wieder sehnsüchtig das Trinkhorn in Wendolyns Händen anblickte, hatte er kaum bemerkt, wie der Zauberstab auf einmal in seine Richtung zeigte. Er wollte noch etwas auf die Worte des Fremden erwidern, streckte schützend eine Hand aus, als diese und sein restlicher Körper sich einfach von jetzt auf gleich versteinerten. Verwirrung und Zorn stiegen im Inneren des Blonden auf, als der Fremde einfach an ihm vorbeihuschte und davonlief. Er wollte schreien, doch seine Worte blieben in seiner versteinerten Kehle stecken. Bei Swafnir! Was für ein Zauber war dies bitte und wieso hatte er das getan? So dankte man also heutzutage anderen! Er hatte ihn befreit, sein Bier gegeben und sowas bekam er also als Gegenleistung! Und wo wollte die Bohnenstange überhaupt hin? Wollte er alle versteinern und ihr Schiff kapern? Na, besonders seetauglich schien er ja nicht zu sein, hatte er doch selbst gesagt.
Wut, gemischt mit Enttäuschung breiteten sich in Arngrims Körper aus. Na, wenn er ihn erwischte, er würde nicht mehr so nett zu ihm sein! Aber dafür sollte dieser Zauber vielleicht verschwinden!
Arngrim hatte sich noch nie so verloren gefühlt, es kam ihm so vor, als hätte er eine halbe Ewigkeit in der gleichen Position verbracht. Eines wurde ihm auf jeden Fall bewusst- er hatte seine Bewegungsfreiheit für viel zu selbstverständlich genommen!
Das Schlimmste an der ganzen Sache war wohl, dass er immer noch alles hören und sehen konnte, seine Sinne hatten also schnell mitbekommen, dass jemand wieder hinunterkam. Er hatte ja ein bisschen gehofft, dass es einer seiner Leute war, auch, wenn sie ihm wahrscheinlich nicht hätten helfen können, denn bei ihnen wäre er nicht so zornig gewesen, wie bei diesem dreisten Magier! Erneut spürte er Zorn aufkochen, als die Stimme des Verbrechers in seinen Ohren erklang. “Ach, du dämlicher Holzschädel, wo sollen wir sonst sein? In der Luft? Im Wald? Das ist ein Schiff, ein Schiff von THORWALERN, die gehören auf das MEER!“, innerlich schrie Arngrim die Worte regelrecht, doch sie kamen einfach nicht über seine Lippen, ganz gleich wie sehr er es auch versuchte.
Na wenigstens schien Wendolyn es in irgendeiner Form leidzutun, sauer war er dennoch immer noch auf ihn. So etwas machte man einfach nicht!
Der Magier schien genug Anstand zu haben, um die hoch gewachsene Gestalt wieder zu entzaubern und der Thorwaler war noch nie dankbarer dafür, seine Glieder benutzen zu können. Doch seine Freunde war schnell verflogen, als die grünen Augen den Dunkelhaarigen fixierten. Ach, jetzt bekam er auf einmal Angst!
Am liebsten hätte Arngrim diesen kleinen Mann einfach gepackt und ihm eine verpasst, doch irgendwie hatten diese angsterfüllten Augen es geschafft, seinen Jähzorn einzudämmen, sodass er lediglich verärgert mit seinen Zähnen knirschte, ehe er etwas näher an den jungen Mann herantrat und fordernd den Arm ausstreckte. „Ich hätte sehr gerne mein Horn wieder.“, murmelte seine Stimme verstimmt, ehe er dieses mit einer weiteren Portion Bier füllte, welches er in einem Satz in seinen Magen beförderte. Er füllte es erneut auf und drückte es stumm in die Hand des Magiers, gefolgt von einem schweren, langen Seufzer.
Arngrim nahm sich die Freiheit und setzte sich auf die Treppen, ließ Wendolyn jedoch nicht aus den Augen. „Und was genau hat dich jetzt dazu getrieben, mich zu versteinern? Ich verstehe ja, dass du offenbar aus irgendeinem Gefängnis entkommen bist und dir dachtest, dass du bei den zügellosen Thorwalern Unterschlupf bekommst.“, er hielt inne, machte eine Handbewegung, dass der Fremde sich ruhig zu ihm setzen konnte.
„Ich meine, wir haben nichts mit den Gesetzen da hinten zu tun, also ist mir ohnehin egal, was du verbrochen hast. Deswegen würde dich auch keiner einfach so ins Meer werfen. Aber meine Eltern haben mir beigebracht, die Hilfe anderer nicht mit Füßen zu treten und die Helfenden schon gar nicht zu versteinern!“, seine Brauen zogen sich bei den letzten Worten zusammen. Gutheißen konnte er das immer noch nicht.
„Aber was solls, ich will nicht so sein. Ich seh sicherlich super stark und bedrohlich aus, vielleicht sollte ich das als Kompliment nehmen! Aber Spaß beiseite, ich fürchte nach Andergast wirst du nicht so schnell kommen. Absetzen können wir dich auch nicht wirklich, der nächste Hafen ist Olport und das ist mein Zuhause. Also von da aus kannst du sicherlich an Land nach Hause reisen. Ein Beiboot könnten wir dir auch nicht zur Verfügung stellen, die Meere sind eisig und schwierig, wenn du einmal von einem Sturm mitgenommen wirst, wirst du vielleicht bei Swafnir ein Wäldchen in der Ferne sehen können…also so, wie ich das sehe, steckst du wohl oder übel für eine Weile hier fest.“, seine Miene erweichte sich wieder, er klopfte Wendolyn entschuldigend auf die Schulter, als sich dieser endlich neben ihn gesetzt hatte. „Mach dir zumindest um meine Otta keine Sorge, wir sind herzlich, wir haben viele Leute auf unseren Reisen mitgenommen und werden dich nicht blöd behandeln, wieso sollten wir das auch? Wir lachen dich vielleicht aus, wenn du nicht so viele Bier verträgst wie wir aber das wars auch schon!“

_________________
Eichenherz Garysignawip_zps29139715
Nach oben Nach unten
https://let-the-engine-steam.forumieren.de
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Mi Jan 23, 2019 9:15 pm

Für einen Moment fürchtete Mina, dass Arngrim sie packen und wohlmöglich schlagen würde. Kurz sah er so wütend aus, dass es ihr umso mehr leidtat, ihn verzaubert zu haben. Manchmal kam ihr Kopf ihren Taten nicht ganz hinterher, eine Charakterschwäche, die auch viele ihrer Ausbilder immer wieder bemängelt hatten. Innerlich hatte sie sich schon auf ein Handgemenge eingestellt, als man ihr eine Hand entgegenstreckte. Aber die erste Wut schien abzuschwellen in dem Thorwaler. Mit wachsender Vorsicht beobachtete Mina den Mann. Wollte er sie hinter Licht führen? Schließlich streckte sie ihm das Horn entgegen, beobachtete ihn dabei, wie er es in einem der Fässer füllte und in einem Zug leerte. Das Horn abzuweisen, welches man ihr anschließend in die Hand drückte, wagte sie nicht, aber etwas sagte ihr, dass sie momentan den Kopf so klar wie möglich halten sollte, sodass sie das Horn nur mit einer gewissen Andacht umklammerte und Arngrim dabei beobachtete, wie er sich auf die Treppe zum Oberdeck sinken ließ.
„Tut mir leid, das war einfach nur dumm. Ich hatte Angst, dass du dich mir in den Weg stellen würdest.“
Betreten kratzte Mina sich am Hinterkopf und trank nun doch einen kleinen Schluck Bier, um ihre Nerven zu beruhigen.
„Ich habe nichts verbrochen!“, entrüstete Mina sich jetzt. Beherzt trat sie einen Schritt näher an den Mann heran, der im Sitzen nun ungefähr ihre Höhe erreicht hatte. Gut, dass neben diesem Mann per se jeder Andergaster klein ausgesehen hätte, dann fiel es vielleicht nicht so sehr auf, dass Mina für einen Mann recht klein und schmal war.
„Ich war Kriegsgefangener. Die Nostrianer haben uns hinterrücks überfallen und mich festgenommen, um mich in einem ihrer Kerker verrotten zu lassen. Die wissen doch ganz genau, dass sie gegen einen andergastischen Magier keine Chance haben!“
Stolz und Abscheu verliehen ihrer Stimme Kraft, als sie abschätzig auf den Boden spuckte. Die Glut in ihrem Herzen war erneut aufgeflackert, doch ihre grimmige Miene wich bei Arngrims Worten. Sogar ein kurzes Lachen konnte er ihr entlocken.
„Du bestehst nur aus Muskeln und überragst mich um mehr als einen Kopf! Unter Thorwalern mag das ja normal sein, aber doch, auf mich wirkst du schon bedrohlich!“
Um ihre Worte etwas abzufedern, ließ Mina sich neben ihm auf die Treppe sinken, nahm noch einen Schluck Bier, der ihr bei den nächsten Worten des Seefahrers beinahe im Hals stecken blieben.
„Bis nach Olport?! Aber das ist ganz im Norden, das dauert doch Wochen, bis ich von dort aus zuhause bin!“, rief sie schockiert aus. Dass ihre Lage nun unabwendbar war und sie schlecht in einer Nussschale an Land zurückrudern konnte, war ihr auch klar.
„Nun gut, dann bin ich wenigstens weit entfernt von Nostria“, seufzte sie und blickte überrascht auf, als Arngrim ihr auf die Schulter klopfte. Hatte er wirklich so schnell vergeben, dass sie ihn versteinert hatte? Was ein kurioser Mann.
„Wie versprochen, ich werde mich so nützlich machen, wie ich nur kann, aber erwarte keine maritimen Höchstleistungen von mir. Und mach dir keine Sorgen: ich vertrage mindestens genauso viel Bier wie du!“
Und mit dieser Ankündigung leerte sie das Horn in einem Zug, es dem Seefahrer mit einem breiten Grinsen wieder in die Hand drückend. Mina erhob sich mit neuem Mut von der Treppe.
„Bist du der Kapitän auf diesem Schiff? Oder wem muss ich mich vorstellen? Ich habe auch ein paar nützlichere Zauber, die dir weniger Kopfzerbrechen bereiten sollten“, schmunzelte sie. Als Arngrim sich wieder erhoben hatte, musste sie den Kopf wieder leicht in den Nacken legen, wenn er so direkt vor ihr stand, um ihm noch ins Gesicht zu sehen.
„Wie lange dauert es denn so bis nach Olport?“, fragte sie, während sie die Treppe ins Sonnenlicht hinaufstiegen.

_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Mrs Lovett
Admin
Mrs Lovett


Anzahl der Beiträge : 1351
Anmeldedatum : 12.07.09

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Do Jan 24, 2019 12:38 am

Arngrim hob seine Augenbrauen. „Ein Krieger also? Ja dann bist du ja viel nobler, als ich gedacht habe!“ Und dann war er ausgerechnet auf einem Schiff voller Piraten, die in den Augen eines ehrvollen Menschen wahrscheinlich allesamt grauenvoll und bösartig waren. Manchmal war das Leben wahrlich seltsam! Er schien nichts übrig zu haben für die, die ihn gefangen hatten, doch wer konnte es ihm verübeln, für Feinde hatte der Thorwaler auch kein gutes Wort oder gar einen guten Gedanken übrig, er konnte also diesen kurz aufbrodelnden Zorn durchaus nachvollziehen. Dennoch war er froh, dass diese Wut nicht geblieben war und stimmte kurzerhand dem Lachen des Anderen bei. „Also selbst für Thorwaler bin ich recht groß…naja, fast, sagen wir auf diesem Schiff überragt mich niemand!“, er war ein wenig stolz darauf, dass er auf dem ersten Blick vielleicht etwas gefährlicher wirkte, als er es eigentlich war. Man sollte ihn nur nicht zu sehr reizen oder in einen Streit verwickeln!
Die nächsten Worte schienen Wendolyn nicht allzu glücklich zu machen, er sah, wie seine Gesichtszüge ihm langsam entglitten und er ihn aus schockierten braunen Augen heraus anblickte. Er zuckte lediglich entschuldigend mit den Schultern. Sie konnten schlecht vom Kurs abkommen und der nächste Hafen wäre immer noch auf nostrischem Boden und davon hätte der Magier wohl absolut nichts. Abgesehen davon hätte wahrscheinlich keiner vom Rest Lust, wegen einer Person einen dämlichen Zwischenhafen anzupeilen.
„Eben, sieh es positiv! Wir sind weg von Nostria und du bist hier erst einmal in Sicherheit. Deine Leute werden sicherlich froh sein, wenn du sie nach einigen Wochen wohlauf wiedersiehst und ihnen erzählen kannst, wie du die wilde See als ein Waldfreund bezwungen hast und die Gefahren hinter dich gebracht hattest und all das, um nach Haus zu kommen! Sicherlich eine Geschichte, die es wert wäre von einem Skalden verbreitet zu werden!“, er klopfte dem Fremden erneut auf die Schulter, dieses Mal aufmunternd und etwas fester. „Und als Krieger kannst du definitiv ein bisschen was anpacken und deine Magie kann uns sicherlich auch aushelfen, man sagt nie nein zu einer helfenden Hand!“, Arngrims blasse Lippen formten ein breites Lächeln, das im nächsten Moment einem lauten Lachen wich, als der Dunkelhaarige das Bier in einem Satz leerte. Langsam verstand er, worauf es hier auf einem Schiff der Thorwaler ankam! „Na, das musst du mir noch unter Beweis stellen, bereite dich auf eine Herausforderung an einem Abend vor!“, raunte die Stimme amüsiert, während er beiläufig sein Horn wieder am Gürtel verstaute und sich ebenfalls erhob.
Bei den nächsten Worten musste er leicht mit dem Kopf schütteln. So weit war er noch nicht, auch wenn er gerne bald sein eigenes Schiff mit eigenen Leuten hätte. „Ich wäre es sicherlich gerne, aber nein, der Kapitän müsste wahrscheinlich draußen sein! Er wird sicherlich erfreut vor allem über dein magisches Können sein.“, entgegnete der Blonde, setzte beiläufig einen Schritt vor dem anderen „Oh, also eigentlich, wenn alles gutgeht, sollten wir in drei bis vier Tagen Olport erreichen. Wenn ein Sturm uns trifft, vielleicht sogar einen Tag länger aber bis jetzt sieht es gut aus! Also vielleicht musst du dich doch nicht allzu lange hier mit uns herumschlagen!“, auch wenn Arngrim nicht ganz verstehen konnte, wie man freiwillig diesen Ort verlassen wollte. Spätestens, als er die kühle Meeresbrise auf seiner Haut spüren konnte, fühlte er sich wieder verdammt gut und motiviert. Das Schaukeln des Bootes spürte sein Körper schon gar nicht, hier konnte er sich wahrscheinlich sicherer bewegen, als auf dem Land.
Seine Hand legte sich leicht, routiniert auf die Schulter des anderen, deutete mit der anderen Hand auf eine der vielen großen, muskulösen Gestalten, die hier und da an Deck ihren Tätigkeiten nachgingen und sie erst einmal kaum beachteten. Ehrlich gesagt hätte es Anrgrim nicht gewundert, wenn den meisten das neue Gesicht gar nicht aufgefallen wäre und sie davon ausgegangen wären, dass er die ganze Zeit schon bei ihnen war. Er selbst mochte nicht der intelligenteste Mann auf Dere sein, doch er hatte mehr Köpfchen als so manch ein Seemann hier.
„Das da hinten ist unser Kapitän Phileas Eirikson. Manchmal kann der Gute etwas grimmig sein aber sein Herz ist gut.“, berichtete er dem Anderen, nahm seinen Arm wieder zurück, ehe sie mit langen Schritten auf den älteren Mann zugingen.
Ihr Kapitän war regelrecht ein Berg von Mann, etwas kleiner als Arngrim, doch dafür muskulöser, falls das überhaupt ging. Eines seiner Augen war gezeichnet von einer tiefen Narbe, das Augenlicht war hier schon seit einer Weile erloschen und dennoch fühlte es sich so an, als würde er immer noch alles mitbekommen und sehen.
Arngrim räusperte sich laut, lächelte anschließend den älteren Thorwaler breit an, dabei den Sachverhalt ihres neuen Mitglieds schildernd. Er hatte das unangenehme Detail mit der Versteinerung lieber ausgelassen, wollte er Wendolyn und sich selbst keine potenziellen Probleme bereiten.
Der Kapitän hatte seinen Blick keine Sekunde lang von dem jungen Mann abgewandt, musterte diesen prüfend, insbesondere seinen Magierstab, als Arngrim seine Zauberkraft erwähnt hatte.
„Was, zaubern kann der Bursche! Bei Swafnir, zeig doch mal her, was du und dein Stab so könnt! Haste nützliche Zauber, die uns an Deck helfen? Bist du sonst stark? Was machst du denn, wenn dein Stab mal weggesäbelt wird? Arngrim, zeig dem Kleinen später mal ein paar Waffen, sonst taugt er ja nur zur Hälfte was!“, ein lautes Lachen entwich der Kehle des Kapitäns, ehe es schnell verstummte und er nun den Blondschopf ernst fixierte. „Du weißt, dass du die Verantwortung für den Kleinen triffst, ja? Er kann dir ja beim Kochen helfen und bei den Segeln. Ach, wieso erzähle ich dir das alles, du bist am längste hier, du weißt was zu tun ist und wie du andere zu beauftragen hast, macht euch beide nur bloß nützlich und faullenzt nicht beim Bier herum.“, mit diesen Worten wandte er sich wieder an Wenolyn und seine Züge wurden etwas weicher. „Da hast du ja Glück, dass dich Arngrim gefunden hat! Die anderen hätten dich wahrscheinlich bis Olport gar nicht bemerkt! Und jetzt macht euch nützlich!“

_________________
Eichenherz Garysignawip_zps29139715
Nach oben Nach unten
https://let-the-engine-steam.forumieren.de
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Do Jan 24, 2019 7:16 pm

Ein wenig nervös blickte Mina sich zu allen Seiten um, beobachtete die Thorwaler, die mittlerweile auf dem Schiff aktiv geworden waren. Welchen Aufgaben sie hier nachgingen war Mina ein Rätsel. Sie könnten ebenfalls nur in der Takelage herumturnen, für sie hätte es keinen Unterschied gemacht. Thorwaler schienen sie aber fast alle zu sein, selbst die Frauen waren groß und imposant. Mina konnte nicht umhin, sie mit einem Hauch von Neid anzustarren. Durften Frauen hier wirklich einfach alles tun? Die Art und Weise, wie sie mit ihren männlichen Kumpanen scherzten, lachten, ja ihnen teilweise sogar Befehle zu schnauzten….Wenn die Leute in Andergast das gesehen hätten, hätten sie nur abfällig den Kopf geschüttelt. Für einen kurzen Moment wollte sie das Bedürfnis, ihre Maskerade abzuwerfen, beinahe überwältigen. Aber es war wohl für alle Beteiligten einfacher, wenn sie einfach Wendolyn blieb. Dann würde sie komplizierte Erklärungen vermeiden.
„Drei bis vier Tage sind ja gar nicht mal so lang“, versuchte Mina sich selbst Mut zuzusprechen. Gerade war sie doch überraschend erleichtert, dass sie Arngrim bei sich hatte. Alles war so fremd und neu hier, manchmal hallte die grobe Sprache der Thorwaler statt Garethi über das Deck. Einige Worte verstand sie, hatte man ihr doch in der Akademie das ein oder andere beigebracht, aber sie hätte sich mit niemandem unterhalten können. Umso froher war sie, dass hier jeder, selbst der Kapitän, Garethi sprach.
„Wendolyn Alrikshuber der Name, tut mir leid, dass ich mich so unehrenhaft auf Ihr Schiff geschlichen habe“, erwiderte Mina die Begrüßung des Mannes zackig. Arngrim war groß, doch Phileas war ein wahrer Berg. Die wenigen Spann, die ihn in der Höhe von Arngrim trennten, machte er in der Breite mehr als wett. Mina fühlte sich neben ihm wie ein Insekt und musste sich alle Mühe geben, gerade und ordentlich vor ihm zu stehen, während er sie mit einem Auge musterte.
„Die meisten Zauber, die ich beherrsche sind nützlicher für den Kampf, aber ich glaube, ich kenn den ein oder anderen Trick, der hier nützlich sein könnte.“
Mina ließ kurz den Blick schweifen, bis er an einer Kiste hängenblieb, die an Deck stand. Sie wandte sich leicht um und streckte ihre freie Hand in Richtung des Holzes.
„Motoricus!“
Als hätte sie plötzlich jegliches Gewicht verloren, löste die Kiste sich vom Boden und schwebte leicht wie eine Feder immer höher, bis Mina sie schließlich wieder absetzte. Mit einem triumphierenden Grinsen wandte sie sich wieder zu den beiden Seefahrern um.
„Keine Sorge, ich bin nicht wie die meisten Magier Aventuriens und habe nur das Bücherwälzen gelernt, in diesen Armen steckt einiges an Kraft und ich kann gut mit einem Schwert umgehen.“
Tatsächlich vermisste Mina den kalten Stahl an ihrer Seite. Ohne Waffe fühlte sie sich trotz ihrer mächtigen Magie etwas nackt, besonders in einer solch fremden Umgebung.
Phileas´ abschließende Worte zogen noch einmal ihre Aufmerksamkeit auf sich. Ein kurzer Blick zu Arngrim entlockte ihr sogar ein Lächeln, das sie schnell wieder verschwinden ließ.
„Ja, ich denke, ich hatte wohl Glück.“
Dann war das Gespräch mit dem Kapitän auch schon beendet. Es war interessant zu sehen, wie kameradschaftlich Arngrim mit dem Mann umging, der quasi sein Vorgesetzter war. Mit ihren Kommandanten wäre Mina niemals so kollegial umgegangen. Drei oder vier Tage konnte man es hier sicherlich aushalten. Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen wandte sie sich zu Arngrim um.
„Du bist also der Koch hier? Ich glaube, es ist besser, wenn du mir erst die Waffen hier zeigst, das ist mehr was für mich als Kartoffeln schälen.“
In der Tat war Mina keine gute Köchin. Sie konnte sich selbst in der Wildnis einigermaßen versorgen, aber Männer mussten in Andergast nicht kochen lernen und Mina war das letzte Jahrzehnt lang keine Frau gewesen.
„Und dann zeig mir mal, was man auf einem Schiff sonst noch so tun muss, das alles hier ist so ungewohnt und neu für mich. Wenn ich den Tag mit Arbeiten verbracht habe, schmeckt mir das Bier heute Abend umso besser!“
Sie versetzte Arngrim einen leichten Stoß mit dem Ellbogen in die Seite, für einen kurzen Moment doch ein wenig erschrocken darüber, welch harte Muskeln ihrem Arm Widerstand boten.
„Die Herausforderung steht doch noch, oder?“

_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Mrs Lovett
Admin
Mrs Lovett


Anzahl der Beiträge : 1351
Anmeldedatum : 12.07.09

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Fr Jan 25, 2019 12:12 am

Arngrim hatte sich schon gedacht, dass Wendolyn mehr als nur Flammen aufflackern und andere Leute versteinern konnte. Schwere Kisten und anderen Kram von einem Ort zum nächsten zu befördern, könnte auf diesem Schiff weitaus von Nutzen sein!
Grinsend verabschiedete der Pirat sich von seinem Kapitän, zog mit langen Schritten und dem Neuling an seiner Seite, den er im nächsten Moment anblickte. „Nicht der einzige Koch aber vielleicht einer der Besten! Hey, wer ein Schwert führen kann, sollte auch in der Lage sein können, das Messer gegen Kartoffeln schwingen zu können!“, lachte der Blondschopf. Eigentlich kochte er ganz gerne für andere, er hatte sogar ab und an Spaß die Kleidung anderer zu waschen, es beruhigte ihn auf einer sehr seltsamen Art und Weise, jedoch machte er dies lieber nicht allzu häufig, immerhin war er nicht für die Schmutzwäsche anderer zuständig, sie mussten schon selbst ihre Hintern bewegen, wenn sie wollten, dass ihre Leinenhemden nicht allzu streng rochen!
„Aber keine Sorgen, erst bekommst du ein Schwert und dann kannst du dir direkt Decke und Hängematte nehmen. Und danach muss ich dich vielleicht doch zwingen ein bisschen Gemüse zu schneiden. Extrabehandlungen gibt es hier keine, hier wird jedem gleich in den Hintern getreten für Faulheit, selbst dem Kapitän!“ Das war wohl das Beste an ihrem Volk- sie gingen alle viel lockerer miteinander um, niemand musste hier vor irgendwem kuschen und keiner hatte mehr Rechte durch einen Stand oder einer besonders reichen Familie. Hier auf See galt ohnehin nur die Gnade Swafnirs und wenn dieser grundlos Unsinn mit ihnen anstellte, konnte man selbst diesem zornige Schimpfworte entgegen speien. Arngrim war froh Teil dieser Gemeinschaft zu sein, die ihn zu dem geformt hatte, was er war.
„Oh, man kann eine Menge machen. Zusehen, dass die Segel ausgebreitet oder eingezogen werden, Vorräte müssen kontrolliert werden, man steuert das Schiff, hält Ausschau nach anderen Schiffen, Eisbergen oder Sturmfronten, die man umgehen sollte. Natürlich muss hier und da das Schiff auch geschrubbt werden! Vielleicht sollten wir mit etwas Einfachen anfangen, ehe ich dich hinaufschicke und dir ein Fernrohr in die Hand drücke.“, der Thorwaler war sich mehr als nur sicher, dass größere Aufgaben in den Händen eines Unerfahrenen sie noch in einen schrecklichen Unfall schicken würde, da sollten sie lieber bei etwas bleiben, was ein Waldfreund und ländlicher Typ auch hinbekommen kann.
„Ach, das Bier schmeckt immer! Na, ich bin ja mal gespannt, was so ein Andergaster alles drauf hat!“, polterte die Stimme des Größeren im nächsten Moment, tat das Gleiche und stieß Wendolyn mit seinem Ellbogen in die Seite, die wohl etwas weniger Widerstand bot als sein eigener Körper, sodass es ihm im nächsten Moment ein wenig leidtat. Thorwaler waren wohl ein klein wenig robuster gebaut, da machte ein etwas stärkerer Knuff nichts aus. „Also keine Sorge, meine Herausforderung steht noch!“, Arngrim blieb vor der bekannten Tür stehen, die er dem Dunkelhaarigen aufhielt und ihm im gleichen Zug hinein unter Deck folgte. Mit einer Handbewegung deutete er in die Richtung, die sie einschlagen sollten, beförderte den Anderen mit schnellen Schritten zu ihrer provisorischen Waffenkammer, die auch als Stauraum für übermäßiges Reisegepäck und andere wichtige Dinge für das Schiff selbst benutzt wurde.
Sie hatten über die Zeit eine gute Anzahl an Waffen gesammelt, die meisten kämpften mit Äxten, Arngrim selbst war wahrlich eine Ausnahme mit seinen Säbeln, die meistens eher die Südländer führten, doch er genoss die leicht gebogenen Schwerter ein wenig mehr.
„Willkommen in unserer Waffenkammer, aus der du dich frei bedienen kannst! Wie du siehst, Schwerter sind nicht unser Ding, deswegen hast du auch eine große Auswahl….oh, einige davon sind echt hübsch!“, neugierig hatte sich Arngrim eins geschnappt, drehte es in seiner Hand herum. Es hatte einen hübsch verzierten Griff mit eingesetzten Steinen, welche konnte er nicht sagen. „Du magst doch Wälder, hier sind ein paar Blätter drauf!“, er hielt das Schwert seinem Gegenüber hin, ihn anlächelnd. „Magie zu beherrschen und dann auch noch im Kampf gut zu sein…das muss wirklich praktisch sein und bestimmt eine Menge Willensstärke verlangen! Das Einzige, wofür ich ein gutes Gespür habe, ist es ohne Südweiser zu wissen, wo wir hinmüssen und selbst das funktioniert nicht immer. Hast du beides bei dir zu Haus beigebracht bekommen?“, der Seefahrer war sehr neugierig Wendolyn gegenüber, er hatte keine Ahnung von Magie und von Andergastern eigentlich auch nicht und wenn man schon eine Person vor sich hatte, die beides vereinte, konnte man ein wenig dazulernen.
„Oh und ich hoffe, dass du Fisch nicht allzu schlecht gegenüberstehst, den kannst du nämlich gleich mit mir ausnehmen!“

_________________
Eichenherz Garysignawip_zps29139715
Nach oben Nach unten
https://let-the-engine-steam.forumieren.de
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Fr Jan 25, 2019 12:48 am

So ein Schiff erschien Mina komplizierter, als sie befürchtet hatte. Woher wusste man denn bloß, wann was getan werden musste? Etwas verloren blickte sie zu dem Seemann hinauf und zuckte mit den Schultern.
„Ich muss zugeben, schrubben und Kartoffeln schälen klingt am ehesten nach etwas, das ich bewerkstelligen kann. In vier Tagen machst du keinen Seemann aus mir“, gab sie entschuldigend zu. Sie war daran gewohnt, auch niedere Arbeiten auszuführen, sie fühlte sich nicht über solchen Banalitäten, die nun mal einfach für einen geregelten Arbeitsablauf vonnöten waren. Während sie noch ihren Blick über das Deck schweifen ließ, um die Sinneseindrücke von allen Seiten einzufangen, traf sie plötzlich Arngrims Ellbogen in die Seite. Was sicherlich als kameradschaftlicher Stoß gemeint gewesen war, wurde durch die schiere Kraft des Thorwalers zu einem schmerzhaften Erlebnis. Mina musste ein Aufkeuchen unterdrücken, für einen Augenblick blieb ihr die Luft weg. Wie konnte ein einzelner Mann in so eine Leichtigkeit nur so viel Kraft stecken?! Mehr schlecht als recht versuchte sie den Schmerz zu kaschieren und eine Hand auf ihre Seite zu drücken, so unauffällig, wie nur konnte. Sich vor Arngrim die Blöße zu geben, kam überhaupt nicht in Frage!
„Andergast ist nicht umsonst für sein Eichelbier bekannt“, presste Mina hervor, wobei ihre Stimme doch um eine Tonlage verrutschte. Erst, als sie an der Waffenkammer angekommen waren, hatte sie langsam die Fassung zurückgewonnen.
Ihre Augen weiteten sich bei all den Waffen, die hier zu finden waren und sie war so abgelenkt von ihnen, dass ihr nicht einmal in den Sinn kam, Arngrim nach der Herkunft all dieses scharfen Stahls zu fragen. Während Mina noch andächtig mit den Fingern über das Heft einer massiven Axt strich, hatte Arngrim anscheinend schon etwas gefunden. Ein überraschter Blick, als Arngrim ihr ein wunderschön gearbeitetes Schwert hinhielt. Einen Moment lang war sie gefesselt von der Handwerkskunst dieser Waffe. Die Klinge war nicht besonders lang, also genau perfekt für ihre Zwecke.
„Dankeschön, das ist wirklich perfekt“, hauchte Mina beinahe andächtig und merkte, wie sie ganz rot um die Nase wurde, als Arngrim sie so erwartungsvoll anlächelte. Mit einem Ruck riss sie sich von dem Anblick los und versuchte ihre Unsicherheit mit ein paar Übungsschlägen ins Leere zu kaschieren.
„Ich habe fast alles, was ich kann, im Kampfseminar gelernt“, erklärte sie, während sie einige einfache Grundmanöver durchführte, Arngrim nicht in die Augen blickend.
„Meine Mutter war Magierin und mein Vater war Soldat, also haben sie mir wohl irgendwie etwas von sich mitgegeben, von ihren Talenten.“
Die Erinnerung an ihre Eltern war auch nach all den Jahren noch schmerzhaft. Mit einem Gefühl verblassender Trauer schob sie das Schwert zurück in die Scheide und befestigte diese an ihrem Gürtel. Wenn ihre Eltern nicht gestorben wären, hätten sie ihr den Kampf und die Magie lehren können, dann hätte sie nicht in diese Scharade verfallen müssen, um zu lernen, was ihr wichtig war.
„Ich war über zwölf Jahre an der Akademie, alles, was ich kann, ist hart erarbeitet.“
Und das war es in vielerlei Hinsichten.
Mina merkte selbst, dass sie eine merkwürdige Stimmung heraufbeschworen hatte und versuchte, diese so schnell wie möglich abzuschütteln.
„Fisch ausnehmen? Ich kann einen Hasen ausnehmen, da wird ein Fisch wohl kein Hindernis darstellen“, versicherte Mina dem Seemann.
„Auch, wenn das eher was für Flunderköppe ist.“
Sie folgte Arngrim in die Kombüse, wo einige Fässer mit Lebensmitteln befüllt waren. Der Geruch von Salzarele stieg ihr penetrant in die Nase. Sonst hatte sie immer ein kleines Messer am Gürtel gehabt, aber das war wie so vieles von ihrem Besitz am Ingval zurückgeblieben. Aber ihr suchender Blick hatte schnell ein leicht gekrümmtes Messer gefunden, dass sie sich schnappte, bevor sie ihre Ärmel hochkrempelte und sich auf einen einfachen Hocker sinken ließ.
„Was ist mit dir, sind in deiner Familie alle Seefahrer? Vermisst du das Land nicht manchmal? Ich hab schon jetzt das Gefühl, dass ich seekrank werde“, gestand Mina. Irgendwie interessierte sie, was Arngrim so zu erzählen hatte. Seine offenherzige Art und sein stetes Lächeln waren sympathisch, sodass sich die Magierin immer wieder dabei erwischte, ihn anzustarren und das länger als nötig. Hoffentlich bemerkte er ihre Blicke nicht und wenn, dann sollte sie in ihrer Rolle als Mann ja sowieso sicher sein.
„Was hast du vor, wenn ihr Olport erreicht habt?“

_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Mrs Lovett
Admin
Mrs Lovett


Anzahl der Beiträge : 1351
Anmeldedatum : 12.07.09

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Fr Jan 25, 2019 8:00 pm

Die grünen Augen des Thorwalers bemerkten die Röte ihm Gesicht des Anderen, als sich ihre Blicke kurz austauschten und er ihm seine neue Waffe überreichte. War das etwa nur Verlegenheit oder schien der junge Mann ein bisschen von seiner Wenigkeit angetan zu sein? Arngrim musste ein Grinsen unterdrücken, er wollte ihn nicht direkt in den ersten Stunden in eine unangenehme Position rücken, dafür musste er erstmal ein klein wenig lockerer um ihn herum werden.
Mit interessierten Augen beobachtete er den Dunkelhaarigen, wie dieser gekonnt in die Luft schlug. „Sieh an, als hätte man sie für dich geschmiedet und hier verstaut, damit du es eines Tages abholt.“, der Blonde verschränkte lachend die Arme, lauschte anschließend gebannt Wendolyns Worten. Es war interessant ein wenig über ihn zu erfahren. Seine Eltern waren bestimmt stolz, dass er ihr Können in sich vereint hatte und in beiden Bereichen gut war. „Na, das ist ja mal eine lange Ausbildungszeit! Ich hab damals ein paar Monate bekommen, um die wichtigsten Dinge zu lernen und danach ging es ab ins kalte Wasser! Aber Erfahrung hat aus mir einen vernünftigen Seemann gemacht!“, so etwas wie eine richtige Ausbildung hatte er eigentlich nicht genossen, er war in keiner Akademie oder ähnliches und etwas sagte ihm auch, dass er dort einige Schwierigkeiten bekommen hätte. Zaubern würde ihm wahrscheinlich nicht einmal stehen. Wendolyn jedoch schien das eigentlich ganz gut zu stehen.
„Hey, aber es hat sich gelohnt! Schau dich an, schwingst das Schwert besser als die meisten Dumpfbolzen aus dem Mittelreich und beeindruckst mit deiner Magie!“, er schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. Er wollte die Stimmung mit solchen persönlichen Fragen ungerne kippen und war froh, als der Magier auf den kleinen Themenwechsel einging. „Ach, das Prinzip ist anders, nur, dass man sie hier entschuppen und nicht häuten muss, geht aber meiner Meinung nach viel schneller. Und Flunderköpfe sind wir ja wohl nicht, so platt ist mein Gesicht nicht.“, erneut lachte der Thorwaler laut auf, klopfte freundschaftlich dem Anderen auf die Schulter, ehe sie die Waffenkammer verließen und sich der eigentlichen Arbeit zuwandten.
Fisch ausnehmen war vielleicht nicht der spaßigste Teil am Kochen oder an der Arbeit auf dem Schiff generell, doch das musste auch gemacht werden. Routiniert schnappte sich der Seemann ein Messer und eine Lederschürze, die seine Kleidung vor Fischeingeweide und Schuppen schützen sollte, warf Wendolyn ebenfalls eine hin, der wohl bereits zur Tat schreiten wollte. „Du willst sicherlich nicht, dass deine Kleidung die restlichen vier Tage so riecht wie ein Flunderkopf, oder?“, Arngrim zwinkerte dem Kleineren belustigt zu, setzte sich anschließend neben ihm auf einen Hocker, mit seinem Bein einen leeren Holzeimer in die Richtung des Magiers schiebend. Er wollte fast aus alter Gewohnheit ein Lied summen, hielt jedoch inne und lauschte stattdessen Wendolyns Fragen. Also war er nicht der Einzige, der grundsätzlich neugierig war!
„Oh nein! Nicht mehr. Meine Eltern haben sich auf See kennengelernt aber mittlerweile haben sie in Olport ihr Zuhause gefunden. Mein Alter baut allerdings noch an Schiffen! Von meinen Geschwistern sind es nur meine große Schwester Sigrun und ich, die die Meere bereisen. Die anderen haben sich was anderes gesucht.“, an seine Familie zu denken machte ihn immer glücklich. „Ich sage immer, das Land kann nur vermissen, wenn es da etwas gibt, was man auch vermissen kann! Ich vermisse meine Geschwister, meine Alten, all die Neffen und Nichten und alte Freunde. Ich komme gerne zurück aber das hier ist auch meine Familie, die ich mindestens genauso sehr liebe und vermisse, wenn ich zum Beispiel nicht auf See bin!“, Arngrim wusste nicht, ob das irgendwo Sinn ergab, ob der Dunkelhaarige ein ähnliches Band zu seinen Leuten in der Akademie hatte, in der er so viele Jahre verbracht hatte. Vielleicht war er aber auch einfach nur zu sentimental.
Bei den nächsten Worten hielt der Thorwaler kurz inne und betrachtete den anderen kritisch „Na, nicht, dass du mir hier noch grün anläufst und dein letztes Essen rauskommt! Aber das geht bald weg, du musst nur ein wenig dich daran gewöhnen. Wenn ich zu lange nicht auf See war, ist mein Körper auch nicht bereit, sich meinem Willen zu beugen, also keine Sorge, das passiert auch den größten Seemännern und – Frauen!“, belustigt warf er einen ausgenommenen Fisch in einen weiteren Eimer, damit er diesen später zubereiten konnte, nahm sich anschließend den nächsten, hin und wieder zu Wendolyn lugend, der die meiste Zeit über das gleiche tat. War das Unsicherheit über das Ausnehmen oder blickte er zu ihm herüber, um ihn anzusehen? Arngrim wusste, dass er nicht von schlechten Eltern war, doch er hatte sich nicht wie ein prahlender Gockel präsentiert, den jedermann schön und anziehend fand, doch einige Signale war er durchaus in der Lage zu deuten.
„Hmmm, ich weiß noch nicht, zwei Nächte lang durchfeiern, meine Familie wiedersehen und dann vielleicht mal nichts tun! Vielleicht braucht jemand in meiner Nachbarschaft Hilfe oder ich ziehe einfach weiter. Vielleicht schaffe ich es dieses Mal gegen Estrid im Armdrücken zu gewinnen, irgendwann wird das schon klappen!“, seine Augen wanderten auf seine muskulösen Arme. Es ärgerte ihn seit Jahren, dass sie immer noch stärker als er war!
„So, ich sehe, das Innere bekommst du gut raus aber bei den Schuppen…dir fliegt ja alles um die Ohren, lass mich dir helfen.“, der Seemann schmiss den nächsten fertigen Fisch in den Eimer, legte sein eigenes Messer beiseite und rückte noch etwas näher an Wendolyn. Er nahm sich die Freiheit und legte seine linke Hand auf die des anderen, welche den Fisch hielt, platzierte die Rechte an das Messer. Er war Linkshänder und es war nicht einfach, seine andere Hand besser zu koordinieren, doch diese Arbeit war mittlerweile so etabliert in seinem Leben, dass er es wahrscheinlich auch mit seinen Füßen hätte machen können. „Siehst du, wie die Schuppen sich neigen, ohne, dass du viel Kraft anwenden musst? Du musst das Messer nur so platzieren und machst es dir und unserem Essen ein wenig leichter. Und du verletzt die Haut nicht zu häufig!“, mit etwas Gewalt nahm er seine Hand und demonstrierte ihm das, was er versuchte zu erklären. Er war nicht der beste Lehrer, hoffte jedoch, dass Wendolyn es einigermaßen verstanden hatte.
Seine Augen musterten kurz die Finger des Anderen, die so filigran im Vergleich zu seinen waren und alles andere als eine raue Oberfläche besaßen. Wenn er es nicht besser wüsste, hätten das auch einfach Hände einer Frau sein können.
Langsam ließ Arngrim wieder vom Magier ab, rutschte wieder ein wenig näher zu seinem Eingeweide- Eimer um weiterzuarbeiten. „Und du willst in Olport direkt nach Andergast ziehen?“

_________________
Eichenherz Garysignawip_zps29139715
Nach oben Nach unten
https://let-the-engine-steam.forumieren.de
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1So Jan 27, 2019 9:48 pm

Obwohl das Ausnehmen der Fische mit dem eines Hasen nicht weit auseinanderging, konnte Mina nicht umhin, bei der Arbeit unsicherer voran zu gehen. Noch dazu lenkten sie die Erzählungen Arngrims immer wieder von ihrer Arbeit ab.
„Das klingt, als wenn du eine wirklich riesige Familie hättest.“, stellte Mina fest und musste selbst einmal kurz schlucken. Die Wärme, mit der der Seefahrer von all dem erzählte, war rührend und kaum zu vergleichen mit allem, was sie aus ihrer Heimat kannte. Die Leute dort waren distanzierter, liebten ihre Privatsphäre und schon dreimal nicht würden sie so über ihre Frauen sprechen. Sie hatte ja schon davon gehört, dass es anderswo nicht so schlimm war wie in Andergast, aber dass selbst die kernigsten Kerle auf ihren Booten progressiver waren als die höchsten Adligen und Magier in ihrem Land, das war schwer zu schlucken.
Immer wieder hob Mina den Kopf, um Arngrims Gesichtsausdruck bei seinen Erzählungen zu sehen. Die Wärme, die von seinen Worten ausging, strahlte auch in seinem Gesicht wieder. Wenn sie das Gefühl hatte, dass er ebenfalls aufsah, blickte Mina allerdings schnell auf seine Hände, lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Handgriffe, die er mit einer selbstverständlichen Leichtigkeit tätigte, sie Mina verborgen war.
„Ich beneide dich ein wenig, Arngrim. Das alles klingt, als wenn du einen sicheren Hafen hast, zu dem du immer zurückkehren kannst. Das Leben war gut zu dir, hm?“
Ihre Stimme war nicht vorwurfsvoll, sie war tatsächlich beeindruckt und vielleicht auch ein bisschen wehmütig, als sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Fisch lenkte. Vor allem die Schuppen stemmten sich ihr entgegen, als wollte Nostria selbst sie verspotten. So konzentriert war sie darauf, nicht abzurutschen, dass sie im ersten Moment gar nicht bemerkte, dass Arngrim zu ihr herüber gerutscht war – bis er plötzlich seine Hand auf ihre legte.
Minas Herz stand für einen Moment still. Nicht aus einem überwältigen Gefühl der Romantik oder weil sie die Nähe des Mannes anderweitig überschwemmte. Wie konnte er ihr ungefragt einfach so nah kommen? Und was, wenn ihm aus dieser Nähe Dinge auffielen, die er nicht zu sehen hatte? Arngrim mochte herzlich sein, aber er war immer noch ein Fremder in ihrer Welt, jemand, der ihr Geheimnis nicht erfahren durfte, denn wer wusste schon, was diesem Mann dann in den Sinn kam? Vielleicht tat er auch nur so freundlich, weil er einen anderen Mann vor sich hatte.
Gefangen in einem wirren Strudel aus Angst und Emotionen versteifte sich ihr Körper sichtlich, als sich die rauen Hände auf ihre legten. Sie fühlten sich so anders an, hart und rau von der See und umfassten ihre schmalen Finger mit Leichtigkeit komplett. Gegen den bestimmten Druck, den er auf ihre Hände ausübte, hatte Mina in ihrer Schockstarre gerade nicht viel entgegenzusetzen. Es gefiel ihr nicht, wie klein und fragil sie sich neben dem Hünen fühlte und noch viel weniger gefiel es ihr, wie er auf ihre Hände starrte. Als würde er sie studieren, vergleichen….Hastig warf Mina den Fisch in den Eimer und wischte ihre Hände an der Lederschürze ab.
„Ich denke schon, ja, je schneller ich wieder zuhause bin, desto besser“, antwortete sie knapp.
Arngrim war zwar schon wieder kommentarlos von ihr abgerückt, aber die Ruhe wollte so schnell nicht wieder bei der Magierin einkehren. Ein Danke hatte sie irgendwie noch herausgepresst, dann hatte sie die restlichen Fische trotz Arngrims Hilfestellung eher schlecht als recht ausgenommen und entschuppt. Sie war froh, als die Arbeit endlich vorbei war und brachte kein Wort mehr über die zusammengepressten Lippen. Stumm folgte sie den weiteren Anweisungen Arngrims, schnappte sich den Eimer und folgte dem Seemann den Gang hinunter, der zur Küche führte.
„Das muss der Seegang sein, wie gesagt, ich vertrage das Geschaukel nicht“, murmelte sie zu ihrer Verteidigung, als Arngrim auf die Idee kam, ihre veränderte Stimmung anzusprechen. So verloren in ihren eigenen panischen Gedanken war Mina, dass sie den Thorwaler nicht bemerkte, der aus einem kreuzenden Gang hervortrat und beinahe in sie hineingelaufen war. Erschrocken blieb sie stehen und musterte den breitschultrigen Mann, der sie um einiges überragte.
„Haben sie schon wieder die Weiberarbeit auf dich abgewälzt, Arngrim?“, entgegnete der Thorwaler mit einem kehligen Lachen und schlug dem Blondschopf auf die Schulter, bevor sein Blick sich zu Mina wandte.
„Und wer ist der kleine Pimpf? Haben sie dich mit einem Weib verwechselt und deswegen in den Küchendienst gesteckt? Du bist ja kaum so breit wie mein Arm!“
Mit einem lauten Scheppern hatte Mina den Fischeimer auf den Boden geknallt. Die Anspannung, die ihren ganzen Körper erfasst hatte, ließ ihre Kiefer knirschen. Was bildete dieser Großkotz sich eigentlich ein, sie so von der Seite anzumachen? Dachte er, die paar Spann machten ihn ihr heillos überlegen? Der Stress, den sie verspürte, explodierte in Zorn, als sie sich auf den Thorwaler stürzte, der ob des überraschenden Angriffs nach hinten übergefallen war und jetzt vollkommen verdutzt auf dem Rücken lag, den andergastischen Magier auf der Brust, der ihn am Kragen gepackt hatte und zu einem Schlag ausholte, einen Zauberspruch schon auf den Lippen, ansonsten aber in stummer Rage.

_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Mrs Lovett
Admin
Mrs Lovett


Anzahl der Beiträge : 1351
Anmeldedatum : 12.07.09

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Mo Jan 28, 2019 1:57 am

Arngrim hatte das unwohle Gefühl, dass er vielleicht etwas Falsches gesagt hatte, konnte sich aber nicht wirklich erklären, welche Worte den Anderen so verstimmen konnten. War es seine Familie? Vielleicht hatte er kein gutes Verhältnis mit seiner Familie gehabt und es stimmte ihn etwas traurig, wenn er an sowas denken musste?
Was auch immer es war, es irritierte den Thorwaler ein wenig, sodass er lediglich stumm nickte bei den nächsten Worten des Dunkelhaarigen, die weitaus kühler und vielleicht auch verstimmter klangen, als alles, was er vorher über seine Lippen gebracht hatte. Nun, sie kannten sich eigentlich gar nicht wirklich, waren Fremde und so konnte er nicht genau einschätzen, wie er mit dem jungen Mann umgehen sollte und ob er nicht einfach nur ein wenig Ruhe brauchte, um den Fisch konzentriert ausnehmen zu können.
Der Seemann machte sich erst mal nichts draus, nahm die restlichen geschuppten Wesen aus, die im Fass lagen, summte leise ein Lied vor sich hin. Er konnte es sich nicht nehmen, dennoch hin und wieder zu dem Magier rüberzuschauen, einfach nur, um zu sehen, ob der Gute nun besser die Schuppen entfernen konnte und wie seine allgemeine Stimmlage so war und leider sah beides nicht unbedingt besonders gut aus. Zwar waren die Schuppen allgemein von der Haut entfernt worden, doch wunderte sich Arngrim, dass der Typ sich bei der Technik nicht mehrmals in seine Finger geschnitten hatte. Nun, es sollte ohnehin nicht zur Gewohnheit werden, er wollte ja das Schiff so schnell wie möglich verlassen und wieder Krieger in Andergast sein und da mussten sie sich mit solchen Dingen wahrscheinlich nicht beschäftigen.
Als der letzte Fisch fertig in den Eimer geschmissen wurde, erhob sich der Blondschopf, streckte sich kurz, ehe er seine Hände ebenfalls an der Schürze abwischte und sie wieder dorthin hing, wo er sie herhatte.
„Nun, ich würde sagen, dass das genug Essen für die hungrigen Mäuler da draußen ist!“, er lächelte den Anderen freundlich an, was jedoch bei seiner kühlen Miene schnell wieder aus seinem Gesicht gewischt wurde. Was hatte er denn?
Sie hatten zwei Eimer voll mit Fisch, beide trugen einen hinüber zur Küche, auch wenn Arngrim auf dem Weg nicht drumherum kam und häufiger besorgt zu Wendolyn schielte. „Hör mal, ist denn alles in Ordnung?“, hakte der Größere mit zusammengezogenen Augenbrauen nach und nahm im nächsten Moment seine Erklärung hin. Jeder ging anders mit dieser Sache um und wahrscheinlich hatte der Fischgeruch nicht positiv auf ihn gewirkt. „Vielleicht geht das ja gleich ein wenig besser, wenn wir draußen sind, drinnen kann das Schaukeln sehr irritieren.“, murmelte er erklärend entgegen, wollte noch eine kleine Anekdote aus seinen Anfängen erzählen, als ihnen einer der Seeleute entgegenkam und vor ihnen stehen blieb. Arngrim lächelte den großen Mann breit an, auch wenn sich bei den nächsten Worten seine Miene ein wenig verzog, jedoch nicht allzu stark. Er kannte die dämlichen Sprüche und meistens meinten sie das nicht einmal so, die meisten Frauen hatten hier mehr das Sagen, als die Herrenschaft oder besser gesagt, sie waren erfahrener und stärker als ein mancher Kerl, der auf diesem Schiff lebte. „Ach, Leif! Wer gerne gutes Essen mag, muss auch in der Lage sein, das selbst zu kochen! Du Holzkopf hast wahrscheinlich nicht mal ‘nen Holzlöffel in der Hand gehalten! Und was heißt hier Weiberarbeit? Hat dir nicht erst Sigrun vor einigen Tagen den Hintern ordentlich versohlt?“, ein lautes Lachen entwich seiner Kehle, doch anstatt auf seine Worte einzugehen, hatte der andere Seemann sein Augenmerk auf Wendolyn gelegt…und das ungehobelt wie eh und je. Arngrim musste augenrollend mit dem Kopf schütteln, doch ehe er irgendwas sagen konnte, hatte der Magier sich bereits vor lauter Wut auf den Mann gestürzt und ihn regelrecht zu Boden geworfen.
Aus seinen grünen Augen heraus betrachtete er überrascht das Szenario, was sich vor ihm abspielte. Es war nichts Neues, dass sich hier einige Mal um belanglose Dinge stritten, er selbst war sehr gut darin Streit zu suchen und andere so stark aufzustacheln, dass es zu einem Handgemenge kam. Doch, dass der junge Mann aus Andergast offenbar auch so ein Temperament in sich schlummern hatte, hätte er nicht geahnt!
Fäuste waren geflogen, Flüche auf Thorwalisch entgegen gespuckt und beinahe hätte einer von ihnen den Eimer mit dem Fisch umgestoßen, was für Arngrim ein weiteres Zeichen war, diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten. „Hey, was wird das hier, vor dem Essen wird nicht geprügelt!“, schimpfte die dunkle Stimme, auch wenn die beiden nicht wirklich auf ihn zu hören schienen.
Mit einem schwere Seufzer stelle er selbst seinen Eimer ab, packte- auch wenn er es wahrscheinlich bereuen würde- Wendolyn am Kragen und riss ihn vom zornigen Thorwaler los. Natürlich zappelte er und natürlich erhob sich Leif ebenfalls hastig, um dem Magier noch eine zu verpassen.
Als hätten sich beide Streithähne indirekt abgesprochen, hatten sie es jedoch geschafft den Blondschopf zu treffen, Wendolyns Faust traf ihn sogar im Gesicht, was ihn im ersten Moment zusammenzucken ließ, im nächsten er jedoch gegen das Schienbein des anderen Thorwalers trat und den Griff um den Magier noch etwas verfestigte. „Ich sagte doch KEINE PRÜGELEIEN vor dem Essen! Ihr wollt mich nicht auch noch hineinziehen, dann endet das hier alles andere als gut!“, seine Augen blickten beide ernst, mit einem Hauch von Zorn, an, ehe er Leif anherrschte, die Eimer gefälligst zur Küche zu schleppen.
Während dieser fluchend sich sein Bein hielt, trug er den Magier regelrecht hinter sich her, in die Küche hinein. Natürlich hatte er sich nicht einfach wegschleifen lassen und Arngrim musste die Hiebe und Tritte und das Gestrampel über sich ergehen lassen, auch wenn er es hin und wieder schaffte ihm Schmerzen zuzufügen.
Der Thorwaler konnte sich irgendwie beherrschen, nicht selbst eine Prügelei mit dem Dunkelhaarigen zu führen, wahrscheinlich war es irgendwo auch der Wunsch, nicht wieder verzaubert zu werden. Er wollte nicht erneut zu einem Stein werden oder vielleicht schlimmere Dinge abbekommen!
In der Küche angekommen, ließ er von dem jungen Mann ab. „Also dafür, dass du kein Seemann bist oder werden möchtest, bist du auf dem besten Wege einer zu werden!“, Arngrim verschränkte seine Arme vor der Brust, betrachtete den Anderen kritisch, realisierend, dass er tatsächlich auch ein paar Hiebe abbekommen hatte. Er war ihm nicht einmal wirklich böse, so etwas passierte nun einmal, hier ohnehin, doch einen dämlichen Streit mussten sie jetzt nicht haben. „Wenn du ihn immer noch verprügeln willst, bitte, aber vorher machen wir das, was uns aufgetragen wurde!“, seine Stimme war immer noch ernst. Vielleicht hatte das Gefängnis noch ein paar Spuren hinterlassen, angestauter Zorn und Frust, der raus musste.
„Wenn du generell ein wenig Dampf ablassen willst, können wir auch ein paar Kampfübungen machen, ich will nicht, dass bei jeder dummen Bemerkung meine Leute hier ein blaues Auge einkassieren müssen.“

_________________
Eichenherz Garysignawip_zps29139715
Nach oben Nach unten
https://let-the-engine-steam.forumieren.de
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Mo Jan 28, 2019 4:57 pm

Dies war nicht die erste und sicherlich auch nicht die letzte Prügelei, in die Mina geraten würde. Ihre unbeherrschte Art hatte sie schon das ein oder andere Mal aus der Haut fahren lassen, auch, wenn sie eigentlich ihre Konflikte lieber mit Worten regelte. Aber genug war genug. Trotz ihrer geringeren Körpermasse wusste Mina ziemlich genau, wohin sie schlagen musste, drückte die Arme des Thorwalers immer wieder auf den Boden oder presste ihr Knie auf seinen Oberarm. Die ganze Zeit die Überhand zu behalten, war allerdings unmöglich. Ein Faustschlag traf sie mitten ins Gesicht und in der kurzen Benommenheit hatte Arngrim wohl seine Chance gesehen, einzugreifen. Mit einem wütenden Aufschrei versuchte Mina sich gegen die starken Arme des Seefahrers zu stemmen. Wo ihr die Berührungen zuvor hauptsächlich unangenehm gewesen waren, war sie nun fuchsteufelswild, dass er sie von der Schlägerei wegzog. Noch dazu sah sie, wie sich ihr Gegner erhob, um ihre wehrlose Position auszunutzen. In einem verzweifelten Versuch sich los zustrampeln, hatte jetzt selbst Arngrim einen Schlag ihrerseits abbekommen. Normalerweise hätte sie nicht so sehr die Fassung verloren, aber ihr Innerstes war seit ihrer Gefangennahme in Aufruhr und sie hatte kein Ventil für all die merkwürdigen Emotionen, die in ihr aufkochten, seit sie auf dem Schiff war. Wie sollte eine Person denn so viel Stress auch anders verpacken?
„Lass mich los, ich bin mit diesem Fischkopp noch nicht fertig!“, zeterte Mina gegen die donnernde Stimme Arngrims an, dessen Griff sich noch mehr verstärkte. Schließlich hatte er sie sich mehr oder weniger unter den Arm geklemmt und trug sie problemlos in die Küche. Die Magierin schnappte empört nach Luft, merkte aber auch, dass sie sich so sehr gegen Arngrim stemmen konnte, wie sie wollte: er ließ sie nicht los. Die Hitze in ihrem Gesicht war nun nicht mehr nur die Empörung und Wut, sondern auch ein Hauch von beschämter Verzweiflung. Bevor Mina allerdings vollkommen aufgab, versetzte sie Arngrim lieber noch den ein oder anderen Tritt, er sollte bloß nicht das Gefühl bekommen, dass er ihn einfach so konsequenzlos durch die Gegend tragen konnte!
In der Küche angekommen setzte er ihn endlich ab. Sofort zuckte Minas Blick zu ihrem Gegner, der sich das Schienbein hielt und die beiden Fischeimer abgesetzt hatte. Ihre Augen verengten sich und der Mann stieß ein Schnaufen aus. Er schien trotzdem nicht erpicht darauf, ihr Gerangel fortzusetzen. Zufrieden stellte Mina fest, dass ein wenig Blut aus seiner Nase tropfte.
„Nein danke, der Kerl hat sie ja nicht mehr alle“, brummelte der andere Thorwaler und verschwand aus der Küche, bevor Mina mit ihm eine zweite Runde einläuten konnte. Jetzt, da er verschwunden war, fiel die Anspannung langsam von der Magierin ab. Das Adrenalin, das sie aufgestachelt hatte, baute sich nach und nach ab. Mit einem leisen Husten spuckte sie etwas Blut auf den Boden und wischte sich die Reste dessen aus dem Mundwinkel.
„Der hat wohl fürs erste genug“, knurrte Mina und blickte nun zum ersten Mal zu Arngrim auf. Sie wusste zwar, dass sie ihn in ihrer Rage auch erwischt hatte, es nun aber in dem markanten Gesicht zu sehen, war doch kein schönes Gefühl. Augenblicklich fiel die Härte aus ihrem Gesicht.
„E-Es tut mir leid, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, ich wollte nicht-„
Atemlos rang Mina nach Worten. Arngrim hatte diese Behandlung ihrerseits wirklich nicht verdient. Sie konnte wenigstens den angerichteten Schaden wiedergutmachen. Sie trat nah an den Hünen heran und bedeutete ihm stumm, sich ein wenig zu ihm hinunter zu beugen.
„Es tut nicht weh, keine Sorge.“
Etwas zögerlich legte Mina ihre Finger auf die Platzwunde an der Augenbraue, selbst die Augen schließend, während sie sich auf ihren Balsam konzentrierte. Warm floss die Magie durch ihre Fingerspitzen und verschloss die Wunde wieder, bis sie scheinbar nie existiert hatte. Hastig trat Mina einen Schritt zurück, ihre eigenen Wunden abtastend. Ihre Fingerknöchel waren blutig aufgerissen und der Thorwaler hatte sie an der Lippe und am Jochbein ordentlich erwischt.
„Ich kann es nicht ausstehen, wenn Männer so über Frauen reden“, erklärte Mina verlegen. Normalerweise hätte sie Andergasts widerliche Einstellung zum weiblichen Geschlecht davongetragen und sich selbst dafür gehasst, aber wieso sollte sie sich vor Arngrim zu einer noch schlimmeren Person machen, als sie eigentlich war?
„Ein paar Kampfübungen klingen gut, ich…..ich steh seit Tagen nur unter Strom, es tut mir wirklich leid.“
Die Röte aus ihren Wangen wollte gar nicht mehr weichen, die ganze Situation überforderte sie und in einem Schwertkampf wusste sie wenigstens wohin mit sich.
„Besser?“, fragte sie mit einem Nicken auf seine Augenbraue und hielt sich unbeholfen den linken Arm. Arngrim stellte sie vor ein größeres Rätsel als jeder Zauberspruch, den sie jemals hatte pauken müssen und es gefiel ihr nicht.

_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Mrs Lovett
Admin
Mrs Lovett


Anzahl der Beiträge : 1351
Anmeldedatum : 12.07.09

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Mo Jan 28, 2019 8:43 pm

Er war froh, dass die beiden sich nicht dafür entschieden hatten, in der Küche hier noch mehr für Unruhe zu sorgen und sich weiter die Köpfe einzuschlagen.
Arngrim schenkte dem anderen Thorwaler noch einen leicht zornigen Blick, als dieser die Eimer hineintrug und dann eher schlecht als recht weghumpelte.
In einer halben Stunde würde es ihm schon wieder gut gehen, sowas passierte hier häufig genug.
Eigentlich hatte er von Wendolyn erwartet, dass er ihn nun anherrschte oder irgendwelche Taten hätte sprechen lassen, so gepackt vor Wut, wie er es noch wenige Momente vorher war. Doch statt Zorn blickte er in ein errötetes, entschuldigendes Gesicht und folgte einfach der stummen Aufforderung des Anderen, sich ein wenig zu ihm hinunter zu beugen, als dieser sich ihm genähert hatte.
„Ooh, das? Ach, das ist doch nichts!“, der Thorwaler wollte seinen Kopf schütteln, hielt jedoch still, als er die fremden Finger auf seiner frisch zugefügten Wunde spürte. Eigentlich pochte es schon ordentlich, Wendolyn hatte genug Kraft in seinen Armen gehabt, dass selbst er für einen Bruchteil von Sekunden Sterne vor seinen Augen gesehen hatte, als die Faust ihn getroffen hatte. Problematisch war es für den Seemann jedoch nicht, so etwas passierte hier häufig auf See.
Trotzdem konnte er nicht anders, als die Berührung ein wenig zu genießen, es kribbelte angenehm an der Stelle, die bis gerade eben noch mit Schmerz erfüllt war.
So schnell wie der Schmerz auch abgenommen und seine Wunde sich verschlossen hatte, Wendolyn war in seiner Reaktion viel schneller, als er von ihm abließ und Abstand zu dem Größeren hielt.
Erstaunt und überrascht zugleich blickten die grünen Augen in das junge Gesicht. „Du bist ja echt voller faszinierender Dinge! Danke!“, ein dankbares Lächeln huschte über die schmalen Lippen, während er prüfend die Stelle ertastete. Magie war wirklich eine interessante Sache! „Willst du nicht deine Wunden auch irgendwie versorgen? Wenn du keine Magie verwenden willst, kann ich wenigstens Alkohol besorgen, dass da nichts Böses mehr rankommt!“, fügte er hastig hinzu. Immerhin wollte er nicht ihn einfach so seinen eigenen Verletzungen überlassen, ganz gleich wie klein diese auch sein mochten! Abgesehen davon mochte er eigentlich ein verletzungsfreies Kochumfeld.
Arngrim erwischte sich dabei, wie er den Kleineren etwas zu ausgiebig musterte, sich fragend, wie jung er eigentlich war, denn für sein Alter, das er nicht kannte, aber sich denken konnte, sah er noch sehr jung aus, ja beinahe schon jugendlich! Zumindest für einen Mann. Doch jeder alterte anders und in fünf Jahren würden ihn wahrscheinlich alle dafür beneiden.
Auch, wenn seine Augen etwas zu stark den Magier fixiert hatten und immer mehr Fragen über ihn und sein Leben aufkamen, lauschte er dennoch aufmerksam seinen Worten und nickte dabei zustimmend. „Männer sollten nicht schlechter über Frauen denken, das sehe ich auch so! Der Holzkopf hat meistens selbst keine Ahnung, was für einen Mist er fabriziert, die meisten Frauen können ihn untern Tisch trinken und prügeln!“, entgegnete Arngrim hastig. „Aber das ist nobel von dir, dass du dich für die Damen schlägst, die nicht mal vor Ort sind! Nun…beinahe, wir haben genug Frauen hier, aber du verstehst, was ich meine! Musst richtig gut bei ihnen zu Haus ankommen!“, seine Lippen formten ein breites Lächeln, ehe er näher herantrat und ihm anerkennend auf die Schulter klopfte. „Und nach der Arbeit können wir gerne ein klein wenig üben, es macht Spaß und macht den Kopf frei und deiner scheint ja momentan nur so zu rattern.“, erneut lächelte er ihn freundlich an, ehe der Seemann sich nun endlich ihrem Essen widmete und sich ein wenig in der Küche breitmachte. Die Pfannen und Töpfe waren massiv, doch sie hatten auch eine riesige Gruppe, die versorgt werden musste und wenn sie schon mit einer Küche ausgerüstet waren, konnte man auch gut und viel kochen!
„Oh, meine Wunde? Als wäre sie nie dagewesen, deine Hände sind Wunderwerke!“, entgegnete er mit sanfter Stimme, eher mit einer Handbewegung den Andergaster aufforderte, zu ihm zu kommen.
Das Kochen verlief ein wenig angenehmer und Wendolyn schien nun etwas weniger unter Spannung zu stehen, ließ Arngrim ihm erklären, was er zu tun hatte und obwohl es eine beachtliche Menge an Essen war, die von nur zwei Männern vorbereitet werden musste, hatten sie es eigentlich sehr gut geschafft, die Portionen vernünftig zu braten und der Thorwaler nutzte sein lautes Organ um die anderen aufzufordern, ihr Essen jetzt gefälligst sich zu holen, ehe es kalt wurde.
Wendolyn wurde hier und da einigen aus seiner Otta vorgestellt und auch, wenn einige ihn etwas kritisch zuerst betrachtet hatten, hatte niemand ein allgemeines Problem mit dem blinden Passagier aus Andergast.
Und der Andergaster selbst schien zumindest nicht allzu abgeneigt vom Fisch der Thorwaler zu sein. „Meine Mutter hat mir so einiges beigebracht an Kochen, insbesondere das Würzen! Ich sag dir, sobald jemand anderes Küchendienst hat, wirst du mein Essen verdienen.“, murmelte der Blondschopf mit vollem Mund, dabei leise in sich hineinlachend.
Es war angenehm mit einigen seiner Leute zu sitzen und über dieses und jenes zu reden, häufig hatte Arngrim seinen Blick zum Dunkelhaarigen schweifen lassen, ihn stets anlächelnd, wenn sich ihre Blicke trafen.
Doch allzu lange faullenzen und tratschen wollte der Seemann nun wirklich nicht, immerhin hatte er dem Magier einen kleinen Übungskampf versprochen!
„Nun, da du auch nur ein Schwert führst, werde ich auch nur einen Säbel nehmen, sonst wäre das ja unfair!“, grinste er, während sie auf eine Stelle am Schiff zusteuerten, die relativ frei war und wo sie niemanden stören konnten und auch nicht gestört wurden. „Weil du sowas wie unser Gast bist, darfst du anfangen.“

_________________
Eichenherz Garysignawip_zps29139715
Nach oben Nach unten
https://let-the-engine-steam.forumieren.de
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Mo Jan 28, 2019 11:10 pm

Mina war so abgelenkt von ihren Schuldgefühlen Arngrim gegenüber gewesen, dass sie ihre eigenen Verletzungen fast vergessen hätte. Erschrocken blickte sie auf ihre Knöchel, ließ dann etwas ihrer Heilmagie durch ihren eigenen Körper fließen. Sie ließ ein angenehm warmes Gefühl zurück; mit dem Saum ihres Ärmels wischte Mina auch die letzten blutigen Spuren ihres Aussetzers aus ihrem Gesicht.
„Meine Magie ist zwar hauptsächlich für den Schaden zuständig, aber der Balsam ist trotzdem irgendwie einer meiner besten Zauber“, gestand sie dem Hünen mit einem leichten Lächeln. Für einen Moment wirkte es wieder so, als wenn Arngrim sie ausgiebig mustern würde. Er konnte doch nichts ahnen, oder? All die Jahre hatte sie in Andergast überlebt, ohne, dass jemand Verdacht geschöpft hatte. Aber wieso starrte der Seemann sie dann so intensiv an?! Mina wusste nicht einmal genau, wohin er starrte, versuchte seinem Blick aber dieses Mal standzuhalten, ihr Kinn trotzig in die Luft streckend.
„Irgendjemand muss es ja tun! In Andergast tut es nämlich niemand“, presste Mina verbissen hervor. Innerhalb ihres Heimatlandes hätte sie sich solche Kommentare niemals erlauben können, aber zum Glück waren sie ja nicht mehr in Andergast. Sie erschrak beinahe selbst über sich, dass sie solche Gedanken hegte! Sie wollte wieder zurück, da war sie sich doch sicher. Aber all diese Menschen zu sehen, die so respektvoll und andersdenkend waren ….Arngrim zu sehen, der so war…Vielleicht sollte sie sich doch für ein paar Monate freistellen lassen, wenn sie wieder da war. Nur, um die Welt einmal so zu sehen, wie der Seemann sie sah. Seine Worte ließen ihre Wangen hell rot aufleuchten.
„I-Ich komme nicht gut bei Frauen an, ich….Selbst wenn, würden die mich gar nicht – Ich hab für so etwas gar keine Zeit!“
Diesen katastrophalen Satz hatte Mina definitiv nicht früh genug abgebrochen. Wie gut, dass Arngrim sie jetzt mit der Aufgabe des Kochens vertraut machte. Sie war tatsächlich überrascht, wie geschickt er sich dabei anstellte. Mina versuchte, die Anweisungen des anderen so gut wie es ging umzusetzen, froh darüber, dass Arngrim anscheinend aus den vergangenen Stunden gelernt hatte und einen etwas respektvolleren Abstand von ihr hielt, statt einfach ihre Hände zu führen. Stattdessen beobachtete Mina nun immer wieder ganz genau, welche Handgriffe der andere tat, um sich das ein oder andere abzuschauen und am Ende des Tages schmeckten ihre Portionen nicht einmal so viel schlechter als die des Seemanns. Ein Unterschied war trotzdem ganz klar zu erkennen.
„Du bist ein guter Koch, Arngrim, deine Mutter hat gut daran getan, dir ihre Rezepte weiterzugeben“, schmunzelte Mina, während sie mit einer Gabel den Fisch auseinanderpflückte. Sie war kein großer Freund von Fisch, war es doch die Leibspeise der Nostrianer, doch Arngrims Kochkunst nicht ihren Wert zuzugestehen wäre unfair gewesen.
Das Essen schien die richtige Zeit, um einige Leute der Otta kennenzulernen. Zwar war es unmöglich, sich all die Namen bereits jetzt zu merken, aber wenigstens bekam Mina einen groben Überblick über ihre Reisegefährten. Wenigstens schien sie niemand von Bord werfen zu wollen. Dennoch beobachtete die Magierin lieber, wie Arngrim ausgelassen mit ihnen tratschte, lachte und Komplimente über das Essen annahm. Die familiäre Atmosphäre war zu angenehm, um sie gleich mit ihrer Fremdheit zu stören.
Während sich die Leute nach dem Essen langsam wieder an ihre Arbeit machten, schien Arngrim zum versprochenen Übungskampf übergehen zu wollen. In einer ruhigen Ecke des Schiffs bezogen sie Stellung. Da es kein Kampf ums Blut war, zog Mina sich tatsächlich ihren wattierten Waffenrock aus. Die zusätzliche Beweglichkeit würde ihr gegen einen massigen Gegner wie Arngrim gut zupasskommen. Nun trug sie nicht mehr als ein kurzärmeliges Gewand, das den Blick auf ihre sehnigen Arme freiließ, die das neue Schwert in der Hand balancierten.
„Glaub ja nicht, dass du mir entgegenkommen musst. Aber gut, dann lasse ich dir eine Chance und verzichte auf meine Magie.“
Mina schenkte dem Seefahrer ein Grinsen, als sie ihren Eichenstab zur Seite legte und das Schwert aus der Scheide zog. Es war nicht ihr Hirschfänger, aber eine gut ausbalancierte Klinge, die die Gewöhnung leicht machte. Trotz Arngrims Aufforderung nahm sie sich noch einige Augenblicke, um Arngrims Haltung zu studieren. Dass er nicht professionell ausgebildet war, hieß zu mindestens nicht, dass man ihn unterschätzen sollte. Mina wagte einen ersten Schlag in seine Richtung, vorsichtig nur, um seine Bewegungen kennenzulernen. All ihre ersten Hiebe und Paraden blieben so, wenig Energie, während Mina den Seefahrer genauestens beobachtete. Bereits jetzt hatte sich eine Handvoll Thorwaler um sie geschart, um sie zu beobachten. Da, ein erster Fehler, als Arngrim ungeduldig wurde und zu weit nach ihr ausholte. Seine schiere Masse war zwar respekteinflößend, aber Mina duckte sich unter dem Schlag hindurch, zwang den Mann zu einer für ihn ungünstigen Parade. Sie konnte den Schweiß auf seiner Stirn sehen, während sie mehr Kraft in ihre nächsten Schläge legte.
Arngrim hatte recht gehabt: so ein kleiner Kampf war genau das, was ihr Kopf gerade brauchte.
„Sicher, dass du deinen zweiten Säbel nicht doch willst?“, fragte sie mit einem triumphierenden Grinsen auf dem Gesicht. Arngrim hatte sie leicht am rechten Oberarm geschnitten, aber das war alles nichts, was ein Balsam nicht würde reparieren können.

_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Mrs Lovett
Admin
Mrs Lovett


Anzahl der Beiträge : 1351
Anmeldedatum : 12.07.09

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Di Jan 29, 2019 12:16 am

Arngrim war ein guter Kämpfer, ging ganz gut mit seinen beiden Säbeln um, obwohl sein rechter Arm ruhig noch ein wenig mehr Training hätte gebrauchen können. Generell war sehr fähig und gewandt und das, ohne eine vernünftige Ausbildung genossen zu haben. Der Magier hatte wahrscheinlich etwas mehr Ahnung, doch das sollte er ihm erst einmal beweisen!
„Na also, dann bleibt das ja weiterhin ein fairer Kampf!“, lachte der Thorwaler bei den Worten des Kleineren. Innerlich war er wahrlich erleichtert, dass keine Magie gegen ihn angewandt wurde, dagegen hätte sein Stahl nichts anrichten können und seine zweite Klinge hätte auch nichts bessern können, wenn er erneut zu einem Stein geworden wäre!
Seine Augen folgten den Bewegungen des Anderen, wie dieser sich von seinem Waffenrock befreite und damit seine Armmuskulatur präsentierend. Er musste sagen, dass Kleidung manchmal kein guter Faktor war, um wirklich zu wissen, wie eine Person eigentlich gebaut war. Nicht, dass er großen Wert darauflegte, doch es war immer wieder interessant, wenn man vielleicht Dinge zu sehen bekam, an die man gar nicht gedacht hatte. In Wendolyns Fall hatte er jedoch bereits zu spüren bekommen, dass dies alles andere als der Körper eines schmächtigen Mannes war. Umso neugieriger war er ihn kämpfen zu sehen!
Mit konzentriertem Blick wartete er darauf, dass der Dunkelhaarige seinen ersten Schlag machte, der beinahe schon ein wenig enttäuschend war und er ihn mit Leichtigkeit parieren konnte. Die nächsten Schläge waren beinahe routiniert und fühlten sich nach gar keiner richtigen Herausforderung an, sodass Arngrim irgendwann ein wenig weiter ausholte, versuchte Wendolyn an der Seite zu treffen, doch dieser wich gekonnt aus und versetzte den Seefahrer in eine etwas unschöne Lage. Ein dunkles Schnauben entwich seiner Kehle, als er sich zu ihm herumdrehte und erneut fest mit dem Säbel ausholte.
Dass Leute um sie herum interessierten ihn gerade recht wenig, auch die Rufe, die hin und wieder ihnen entgegen gebrüllt wurden, prallten an seinen Ohren ab, als er versuchte irgendwie bessere Schläge und Mannöver anzuwenden. Er hatte es sogar geschafft den anderen einmal am Arm zu treffen, was ihm für einen kurzen Augenblick leidtat, immerhin sollte das nicht zu Verletzungen führen, doch diese kurze Unachtsamkeit hatte ihn direkt bestraft, als ihm seine Parade missling.
„Wir wollen doch fair bleiben! Ich wärme mich erst auf!“, lachte der Blondschopf keuchend und setze zum nächsten Schlag an.
Ein wenig frustrierend war es schon, sonst waren seine Gegner irgendwelche Degenfutzis, denen er mit einem Schlag den Piekser aus der Hand schlagen konnte, oder sie waren kaum ausgebildeter als seine Wenigkeit und jetzt hatte er es mit jemanden zu tun, der den Kampf durchaus studiert hatte und wusste, worauf es ankam.
Irgendwann schien Wendolyn in die Offensive gegangen zu sein, zwang den Thorwaler regelrecht dazu, mit schnellen Bewegungen auszuweichen, was er immer noch sehr gut beherrschte, doch bei so einem Körper, den er nun einmal hatte, schnell an seiner Ausdauer nagte, sodass der Schweiß nur so von seiner Stirn floss und seine Konzentration etwas eindämmte.
Doch aufgeben wollte er ganz sicher nicht, riss sich zusammen und landete sogar selbst ein paar gute Hiebe. Er nutzte es vorerst aus, mit links zu attackieren, doch irgendwann schien der Magier verstanden zu haben, auf welchen Arm er am besten achten sollte, sodass er nur kurz seinen Vorteil ausspielen konnte und als er seine letzte Kraft benutzen wollte, um seinem Gegner die Waffe aus der Hand zu schlagen, passierte genau dies, nur umgekehrt, als der fremde Stahl gegen seine Hand schlug und er aus Reflex den Säbel fallen ließ und im nächsten Moment das Schwert an der Kehle hatte.
Grinsend hob Arngrim sein Arme, er konnte Rufe und Beifall hören, allerdings dieses Mal nicht für ihn.
„Bei Swafnir, da brate mir doch jemand ein Drachenei!“, brach er keuchend entgegen, gefolgt von einem lauten Lachen, ehe er Wendolyn die Hand reichte. „Du hast mich echt ein wenig an der Nase herumgeführt, ich war schon lange nicht mehr so aus der Puste! Dabei bin ich eigentlich verdammt ausdauernd und halte im Kampf beinahe ewig durch!“, der Thorwaler bückte sich, sein Säbel schnappend. Einige Seemänner und -Frauen hatten sich Wendolyn währenddessen genähert und ihm anerkennend auf die Schulter geklopft und das hatte er wohl auch verdient!
Erschöpft setzte sich der Blondschopf auf den Holzboden, genoss für einen Moment die kühle Windbrise auf seinem Gesicht, ehe sich seine Aufmerksamkeit wieder dem Magier widmete. „Du hast ja echt Einiges in deiner Akademie gelernt, was? Vielleicht sollte ich mir auch mal einen Lehrer oder so zulegen, damit ich anderen auch Vorteile anderer zu Nachteilen verwandeln kann. Wendolyn, du bist echt stark, nicht jeder hat mal einen Thorwaler in einem Zweikampf besiegt, in dir steckt so viel Spannendes! Sicher, dass du nicht ein wenig bei mir…ich meine bei uns bleiben möchtest?“, seine Lippen zauberten ein charmantes Lächeln, als sich ihre Blicke trafen. „Jetzt mache ich mir ein bisschen Sorgen, dass du vielleicht mehr Biere vertragen könntest als ich!“

_________________
Eichenherz Garysignawip_zps29139715
Nach oben Nach unten
https://let-the-engine-steam.forumieren.de
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Di Jan 29, 2019 7:54 pm

Schon lange hatte Mina sich bei einem Kampf nicht mehr so gut gefühlt. Gegen Arngrim zu kämpfen war so ganz anders als all die Übungskämpfe in ihrer Akademie. Alle dort kämpften so gleich und der Einsatz von Magie war quasi fester Bestandteil jeder Übung. Einfach mit dem Schwert gegen jemanden zu kämpfen, dessen Kampfstil nichts entsprach, was sie bis jetzt kennengelernt hatte, war aufregend und neu und die Magierin genoss jede schweißtreibende Minute. Dass er Linkshänder war, hatte sie zwar schon beim Vorbereiten und Kochen gemerkt, wie schwer es allerdings war, sich im Kampf wirklich darauf einzustellen, wurde ihr erst jetzt bewusst. Es brauchte eine ganze Weile, bis sie gelernt hatte, wie sie dem ungewohnten Angriffswinkel am besten entging. Wenn man noch mit einem zweiten Säbel zu kämpfen hatte, war ein Kampf gegen Arngrim sicherlich umso schwieriger. Wenn der Seefahrer sie richtig getroffen hätte, wäre der Kampf wohlmöglich schnell vorüber gewesen. An grober Kraft übertraf er sie allemal und ein richtiger Schlag hätte ihr erhebliche Probleme bereitet. Aber sie ließ sich nicht treffen, spielte Arngrims Nachteile so lange gegen ihn aus, bis er sichtlich erschöpft war und Mina ihn mit einigen starken Hieben schließlich entwaffnen konnte.
Auch an ihr war der Kampf nicht spurlos vorbei gegangen, Schweiß rann ihr über die Stirn, der kleine Schlitzer am Arm zeugte davon, wie gefährlich Arngrim ihr hätte werden können und sie atmete schwer. Dass sich eine Zuschauerschar um sie gebildet hatte, hatte Mina während des Kampfes nicht so sehr bemerkt, aber nun, da ein wenig Ruhe einkehrte und die Andergasterin das Schwert in die Scheide zurücksteckte, realisierte sie erst, wie viele Leute ihren Übungskampf erhitzt verfolgt hatten. Bevor Mina sich aber irgendeinem von ihnen zuwandte, trat sie an Arngrim heran und drückte seine Hand fest.
„Das war ein verdammt guter Kampf, Arngrim, Hut ab! Ich glaube nicht, dass mir irgendjemand aus der Akademie schon einmal so einen lohnenden Kampf geliefert hat!“
Sie konnte der beeindruckten Mannschaft nicht viel länger ausweichen, die sie beglückwünschen wollten und ihr Lob für ihren Kampfstil aussprachen. Mina wusste gar nicht, wohin mit all dem Lob. An der Akademie war sie freilich auch immer einer der besten Rekruten gewesen, aber mit Lob war man dort nicht so großzügig und so hatte sie gelernt, sich im Stillen über ihren eigenen Fortschritt zu freuen, wenn es angebracht war. Nun aber klopfte man ihr auf die Schulter, fragte sie nach Techniken, sodass die Magierin beinahe etwas überfordert war, sich aber immer wieder höflich bedankte und Auskunft gab, insofern es ihr möglich war. Dennoch war sie froh, als der Pulk sich langsam auflöste und nur sie und Arngrim zurückblieben. Noch immer ganz euphorisch ließ sie sich neben dem Hünen aufs Deck sinken, um etwas zu Atem zu kommen.
„Wenn man jeden Morgen vor Praios´ erstem Funkeln schon zum Apell anstehen muss und das jahrelang, dann sollte das wohl auch besser für was gut sein! Wenn es um ein wenig Taktik geht, könnte ich dir sicherlich auch das ein oder andere beibringen“, bot Mina an. Aufmerksam beobachtete sie Arngrim, gab ihm schließlich einen kameradschaftlichen Knuff gegen den Oberarm.
„Das hättest du wohl gerne, dass so ein mächtiger Magier immer an deiner Seite ist, was?“
Ein ehrliches Lachen entfloh ihren Lippen. Sie wusste nicht, wann sie sich das letzte Mal so ruhig und zufrieden gefühlt hatte.
„Hast du etwas Angst, dass ich dich unter den Tisch trinke?“, fragte sie trietzend. Tatsächlich kam der versprochene Wettkampf schneller als gedacht. An Arngrims Seite hatte Mina den Tag auf dem Schiff schnell rumgebracht, viele interessante Arbeiten und Leute kennengelernt, bis es schließlich zu dämmern begann. Innerlich dankte Mina Sumu, dass sie sich ins Kerzenlicht unter Deck zurückzogen. Nie hätte sie es offen zugegeben, aber die Magierin fürchtete sich vor der Dunkelheit und der Weite der Nacht und war lieber mit Freunden im Licht an einem massiven Holztisch, einen Bierhumpen vor sich.
„Dann zeig mal, was du kannst, ich bin mir recht sicher, dass du gar nicht so viel trinken kannst, wie du prahlst“, neckte Mina ihn und leerte ihren ersten Humpen beinahe in einem Zug. Sie hatte immerhin jetzt einen Ruf zu verlieren! Und die Euphorie über ihren Sieg am Vormittag war noch nicht ganz verflogen.
„Es gäbe Zauber, mit denen ich das hier ganz einfach gewinnen könnte, aber wir wollen ja fair bleiben.“
Sie lehnte sich ein wenig zu Arngrim hinüber und warf ihm einen verschwörerischen Blick zu.
„Ich bin zwar nicht besonders gut in solchen Arten der Magie, aber ich könnte quasi hier auf der Stelle deine Gedanken lesen oder dich zu meinem besten Freunde machen!“
Der Alkohol stieg ihr schnell zu Kopf, ließ sie übermütiger und befreiter werden, als sie es in Andergast je gewesen war.


_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Mrs Lovett
Admin
Mrs Lovett


Anzahl der Beiträge : 1351
Anmeldedatum : 12.07.09

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Di Jan 29, 2019 8:55 pm

Zufrieden ließ er seinen Blick auf das junge Gesicht Wendolyns wandern, als sich dieser zu ihm gesetzt hatte. „Vielleicht finden wir in den restlichen Tagen auf See ja ein wenig Zeit, wo du mir etwas beibringen könntest!“, entgegnete der Thorwaler, bei den nächsten Worten leise auflachend. „Natürlich! Wer würde schon freiwillig einen starken Magier einfach so gehen lassen? Ich ganz sicher nicht!“, er zwinkerte dem Anderen zu. Er hätte hier eigentlich ganz gut reingepasst, hatte ein gewisses Temperament und genug Stärke in seinem Körper. Fehlte nur noch die allgemeine Begeisterung für die See, an der all das wohl scheiterte. Und vielleicht, dass sie immer noch irgendwo Fremde waren, auch wenn es sich für Arngrim nicht so anfühlte.
Der restliche Tag neigte sich beinahe viel zu schnell dem Ende. Die Zeit mit Wendolyn war angenehm und mit ihm an seiner Seite machte sogar unangenehme Arbeit auf dem Schiff erstaunlich viel Spaß. Häufig hatte er dem Anderen ein breites Lächeln geschenkt und ließ hier und da ein paar mehrdeutige oder charmante Sprüche, die ihn jedoch nicht allzu sehr beeindrucken ließ, was seltsamerweise sein Interesse dem Magier gegenüber noch verstärkte! Aber vorher sollte er sehen, was es hieß, wenn man sich beim Wetttrinken auf Arngrim Seeherz einließ! Eigentlich hatte der Blondschopf nicht mal die geringsten Sorgen gehabt, dass der Magier ihn irgendwie unter den Tisch trinken konnte. Nun gut, er hatte ihm schon bewiesen, dass weitaus mehr in ihm steckte und das Interesse des Thorwalers gänzlich auf sich gelenkt, aber das hieß nicht, dass er ihn bei dieser Disziplin auch noch schlagen konnte! Oh nein!
Unter Deck war bereits reges Treiben und der Lärmpegel höher als sonst, da sich die Thorwaler ausgelassen unterhielten, lachten oder laut über ein Kartenspiel diskutierten. Das Bier floss bereits wie ein reißender Fluss. Gut so!
Arngrim setzte sich an einen der Tische, der Dunkelhaarige gegenüber von ihm. Er musste nicht einmal etwas sagen, da hatte man ihnen bereits zwei volle Bierhumpen plump hingestellt. Ach, so ein schönes kühles Bier nach all der Arbeit hatten sich die beiden mehr als nur verdient!
„Ich und prahlen? Ich sage nur die Wahrheit! Aber du wolltest es ja nicht anders!“, lachend hob er seinen Humpen, nickte seinem Gegenüber zu, ehe die goldene Flüssigkeit in einem ausgetrunken wurde und er mit einem lauten Knall den Krug zurück auf die Tischplatte stellte, mit einer hochgezogenen Augenbraue den Anderen anblickend.
„Zauber? Das klingt ja fast wie Schummeln! Wo bleibt denn da der Spaß?“, mit diesen Worten winkte er eine stämmige Frau herbei, sie freundlich darum bittend, dass sie doch einfach ein kleines Fass ihnen bereitstellte. Mit einem vielsagenden Blick brachte die Thorwalerfrau den beiden das gewünschte Fass, aus welchem Arngrim doch gleich eine nächste Portion Bier für beide zapfte und eines davon Wendolyn zuschob.
„Weniger reden, mehr trinken.“, entgegnete die dunkle Stimme knapp und setzte dabei den Humpen an seine Lippen. Auch dieses verschwand mit wenigen Zügen in seinem Magen und er musste ein lautes Rülpsen unterdrücken.
Offenbar schienen drei Runden zu reichen, um den Dunkelhaarigen ein wenig aufzutauen. Seine Haltung war lockerer, selbst seine Art zu reden war leicht verändert.
Bei den nächsten Worten verschluckte der Seemann sich jedoch beinahe an seinem Bier und musste einmal kurz in den Krug prusten. Was hatte er da gerade gesagt? Seine Gedanken lesen? Arngrim lehnte sich ebenfalls etwas näher zum anderen, ihm grinsend in die braunen Augen blickend. „Du willst wirklich meine Gedanken lesen? Jetzt? Dabei war ich den ganzen Tag regelrecht ein offenes Buch dir gegenüber gewesen! So spannend sind meine Gedanken gar nicht…wobei, vielleicht würden sie dir gefallen..“, ein schelmisches Grinsen legte sich auf die schmalen Lippen. „Und Freunde sind wir doch irgendwo schon oder werden es gerade! Komm, mach das Bier leer, genug aufgewärmt!“, er deutete mit seinem Finger auf sein Getränk und beobachtete den anderen, wie dieser erneut zu trinken begann. Dieser Magier steckte wirklich voller Überraschungen! Ein Teil von ihm wünschte es sich sogar ein wenig, dass er die Gedanken des Blonden einfach mal in Erfahrung brachte, teilweise aufregend waren sie schon, der andere Teil war sich nicht sicher, ob dies je eine gute Idee wäre.
„Aber genug über Zauber oder was hast du noch so auf Lager?“, Arngrim wischte sich die Bierreste vom Bart, blickte dabei neugierig auf seinen Gegenüber. Das Bier zeigte noch keine allzu große Wirkung, doch eigentlich war der Seemann bereits den ganzen Tag bei bester Laune, sodass das flüssige Gold nicht mal vonnöten war, darauf verzichten wollte er dennoch absolut nicht!

_________________
Eichenherz Garysignawip_zps29139715
Nach oben Nach unten
https://let-the-engine-steam.forumieren.de
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Di Jan 29, 2019 9:44 pm

Für eine Frau konnte Mina eigentlich viel Alkohol vertragen, aber sie war sich bereits jetzt ziemlich sicher, dass ein Sieg in dieser Disziplin gegen Arngrim unmöglich sein würde. Der rationale Teil in ihr wusste das. Aber jeder Schluck Bier, den sie gerade in sich hinein schüttete, ließ dieses rationale Stimmchen mehr und mehr verstummen. Aber was sollte hier an Bord auch schon groß passieren? Die anderen Thorwaler waren alle ähnlich entschlossen, die Mühen des Tages mit etwas Met oder Bier zu ersäufen und waren selbst mit ihren Gesprächen oder ihrem Glücksspiel beschäftigt. Obwohl so viele Leute mit ihnen unter Deck waren, fühlte Mina sich fast, als wäre sie mit Arngrim allein. Es war ein seltsames, aber wohliges Gefühl.
„Es macht wenig Spaß, weil man dabei gar nicht richtig betrunken wird, deswegen lass ich es ja bleiben!“, entgegnete Mina ihm. Es war nicht wirklich schwer, ihre männliche Fassade selbst in ihrem angetrunkenen Zustand aufrecht zu erhalten. Sie war so daran gewohnt, dass es mittlerweile selbstverständlich für sie war, mit tiefer Stimme zu reden und sich anders zu geben. Daran konnte selbst ihr ansteigender Alkoholpegel nichts ändern.
„Du gehst das hier ja fast mit mehr Ernst an als den Übungskampf.“
Hinter Arngrim zurückbleiben kam nicht in Frage, und nach zwei weiteren Krügen fühlte Mina sich nun ganz warm ums Herz. Sie hatte sich weit nach vorn gelehnt, den Seemann nicht aus den Augen lassend. Immerhin sollte er bloß nicht schummeln und seinen Humpen hinter sich verschwinden lassen! Aber allein die Vorstellung, der Thorwaler würde Bier verschütten, war lachhaft.
„Glaubst du etwa, dass ich das nicht könnte? So ein bisschen Bier hält mich doch nicht vom Zaubern ab!“
Arngrims schelmischer Bemerkung schenkte sie kaum einen tieferen Hintergedanken, er wollte sie doch nur ein wenig aufziehen und neugierig machen. Nun, das hatte er wohl geschafft.
„Was sollte denn gerade schon groß in deinem Kopf vor sich gehen außer der Gedanke an Met und Weiber?“, fragte Mina provozierend und trank noch einen Schluck ihres Bieres. In den Thorwaler schien das Bier zu gehen wie in ein Fass ohne Boden, doch wenn sie nun einen beeindruckenden Zauber hinlegen wollte, musste sie sich ein wenig zusammenreißen.
„Nein nein, lass mich nur machen! Du hast bis jetzt nur zwei Zauber von mir gesehen und die waren noch nicht besonders spannend!“
Euphorisch klopften ihre Finger auf den breiten Arm des anderen. Mit ihren Novizenkollegen hatte sie sich nie wirklich so gehen lassen können und Arngrim hatte irgendwo recht: über den Tag waren sie sich durchaus nähergekommen und es war vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis sie genug übereinander wussten, dass Mina den Mann problemlos als ihren Freund bezeichnet hätte.
„Okay, denk einfach an etwas, ich werde dir dann die Bilder beschreiben, die ich sehe. Mach irgendetwas merkwürdig Spezielles, damit du mir auch glaubst, dass ich nicht einfach rate!“
Mina versuchte, den Nebel aus ihrem Kopf ein wenig zu vertreiben und fixierte sich ganz auf das Gesicht des Thorwalers. Hinter ihren Schläfen konnte sie die Melodie eines alten elfischen Liedes hören, welche die Wirkung des Zaubers in sich trug. Ihre Magie war zwar etwas geschwächt durch die fehlende Konzentration, aber Mina war zu ehrgeizig, um einfach so aufzugeben. Ihre Augenbrauen hatten sich leicht zusammengezogen, während sie tief in die grünen Augen blickte, sich beinahe in ihnen verlor. Aber da war etwas, verschwommene Bilder, die nicht ihre eigenen waren, Gedanken, die sie umwoben und ihr etwas von Arngrims innersten Überlegungen erzählen wollten. Mina fischte noch ein wenig mehr, als sich ihre Augen leicht weiteten und ihr Mund ein stummes „Oh!“ formte.

_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Mrs Lovett
Admin
Mrs Lovett


Anzahl der Beiträge : 1351
Anmeldedatum : 12.07.09

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Mi Jan 30, 2019 12:17 am

Arngrim genoss die ausgelassene Stimmung wirklich sehr. Fast schon automatisch hatte er beide Krüge erneut mit Bier gefüllt und ein wenig daran genippt, ehe ein lautes Lachen aus seiner Kehle entwich. „Was denn, denkst du wirklich, dass ich nicht noch mehr Gedanken im Kopf habe? Wenn du willst, kann ich an ein paar besonders hübsche Damen denken…aber wie war das, für die hast du keine Zeit?“, seine Augen schenkten dem Kleineren einen vielsagenden Blick. Er erinnerte sich noch ganz gut an die Worte des Anderen, als das Thema Frauen schon einmal angesprochen wurden und ihm eine kleine Vorstellung davon gab, mit wem er sich dennoch so in seiner Freizeit umgab.
Obwohl der Thorwaler eigentlich nur in Ruhe trinken wollte, schien er es geschafft zu haben, den Magier anzustacheln, dass er noch mehr Zauber auf ihn wirken wollte, und dann ausgerechnet noch diesen seltsamen Gedankenzauber! Sollte er sich nun freuen oder besser schnell an die See und Wale und Alkohol denken?
Fragend musterte er die kleinere Gestalt, ehe sein Blick auf die fremde Hand glitt, die auffordernd auf seinen Arm klopfte. „Es waren drei Zauber, Wendolyn! Wer wird denn hier schon schwach? Aber, bitte, verzaubere mich!“, der Thorwaler stützte seinen Kopf an seinem Arm, als er sich erneut näher zu Wendolyn lehnte und ihm dabei ein breites Grinsen schenkend. Irgendwo war er jetzt selbst neugierig, was passieren würde und ob er erneut die Magie in seinem Körper spüren würde oder nicht.
Der Dunkelhaarige hätte besser nicht sagen sollen, dass er an etwas Merkwürdiges oder gar Spezielles denken sollte, denn so etwas konnte er perfekt zusammenspinnen, doch eine kleine Sache war da, die ihn seit einigen Stunden beschäftigte und durchaus stärker interessierte, als Met und irgendwelche Frauen, als die See und sogar mehr interessierte, als die Rückkehr zurück nach Hause zu seiner Familie.
Sein Grinsen war nicht erblasst, als er in die braunen Augen seines Gegenübers blickte und gespannt darauf wartete, was er sehen würde und ob er wirklich in der Lage wäre, seine momentanen Gedanken auszusprechen.
Es geschah eigentlich beinah wie von selbst, als er in das andere Gesicht erblickte, dass er sich besonders gut vorstellen konnte, einfach alles vom Tisch zu schmeißen und den Magier auf diesen zu platzieren. In seinen Gedanken hatten sich seine rauen Hände unter die Kleidung des anderen gewagt, während er stürmisch seine Lippen kostete. Wenn die Möglichkeit bestanden hätte und niemand anderes um sie herum wäre, hätten sie dies vielleicht sogar anstelle eines Wetttrinkens machen können, doch wer wusste, wie viel Interesse Wendolyn ihm wirklich gegenüber hätte.
Er wusste nicht, wie der junge Mann unter der Kleidung aussah, malte sich jedoch ein Bild aus, während er ihn und sich selbst in seinem Kopf entkleidete, es jedoch nicht noch weiter trieb bei dem plötzlichen Anblick des Anderen. Und irgendwo war es auch zu seinem eigenen Besten, er konnte so schnell von solchen Emotionen getrieben werden und er wollte nicht mit einer offensichtlichen Beule in seiner gestreiften Hose hier sitzen. Das hob er sich besser für einen Moment auf, wo er vielleicht wirklich dazu kommen könnte, den Körper des Magiers zu berühren und das war ihm noch nicht garantiert.
Leise lachend lehnte der Thorwaler sich in seinem Stuhl zurück, blickte fragend in das etwas erstaunte Gesicht. Oder war es eher geschockt? „Und, was hast du gesehen? Was hab ich gedacht?“, fragte er neugierig, nahm sich beiläufig seinen Humpen und genehmigte sich einige Schlücke. „Du kannst es mir auch ins Ohr flüstern, wenn du willst.“

_________________
Eichenherz Garysignawip_zps29139715
Nach oben Nach unten
https://let-the-engine-steam.forumieren.de
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Mi Jan 30, 2019 6:55 pm

Was genau sie befürchtet oder zu sehen gehofft hatte, nachdem sie Arngrim solch eine provokative Ansage gegeben hatte, wusste Mina nicht genau. Sie hätte mit vielem gerechnet, was im Kopf eines Seemannes so vorgehen könnte. Die Bilder, sie sich ihr vor ihrem inneren Auge präsentierten, hätte sie nicht mal in ihren kühnsten Träumen erahnt. Jeglicher Versuch, zu verleumden, was sie gesehen hatte, war sofort im Keim erstickt. Ihr Gesicht war so hochrot angelaufen, dass kein Zweifel daran bestand, dass Arngrim sie mit seinem Streich gut erwischt hatte. Ihr Gesicht pochte, so heiß war es geworden und für einen Moment stieg ein furchtbar ungewohntes Gefühl ihn ihr auf, ein Kribbeln und Grollen in ihrer Magengrube. Fast glaubte sie, die Finger auf ihrer Haut spüren zu können, das raue Kribbeln eines Bartes in ihrem Gesicht. Für einen Moment verlor sie sich komplett in einem Strudel aus Sinneseindrücken und Emotionen, den sie so noch nie verspürt hatte. War es das, was Arngrim wirklich von ihr wollte? Den Bildern zu urteilen, wusste er ja nun wirklich nicht, dass er es eigentlich mit einer Frau zu tun hatte. Ob ihn das störte? Würde es sein Verlangen ändern, wenn er es wusste? Und wieso zum Teufel dachte sie überhaupt darüber nach?! Bestimmt wollte Arngrim ihr nur einen Streich spielen und die mit Abstand unangebrachtesten Bilder heraufbeschwören. Bestimmt war das seine Art von betrunkenem Humor.
Natürlich, man musste sich doch nur ansehen, mit was für einem triumphierenden Grinsen er sich zurücklehnte. Das war alles nur ein gemeiner Spaß für ihn gewesen, mehr nicht. Aber wenn dem so war, wieso war ihr Magen dann so voll von Schmetterlingen? Mina öffnete den Mund und schloss ihn wieder, ohne etwas gesagt zu haben. Ihre scharlachroten Wangen mussten Arngrim ja furchtbar amüsieren. Stumm füllte Mina ihren Krug nach und trank den ganzen Humpen in einem Zug leer. Ohne ein wenig Mut und Zügellosigkeit würde sie sonst niemals eine Antwort wagen. Nicht ohne eine unterschwellige Wut in ihrem Bauch darüber, dass man sie so triumphierend an der Nase herumführte, beugte sie sich etwas über den Tisch, Arngrim mit einem undurchdringlichen Blick anstarrend und ihm mit einem kurzen Winken bedeutend, dass er sich zu ihr herüberlehnte.
„Was ich gesehen habe?“
Sie senkte ihre Stimme mit Absicht ein wenig, damit sich Arngrim noch etwas näher zu ihr rüberbeugen musste. Als er endlich in Reichweite war, griff sie nach seinem langen Bart und zog Arngrim mit einem Ruck über den Tisch.
„Dass du eine verdammt lebhafte Fantasie hast, Arngrim!“, knurrte sie mit dunkler Stimme, bevor sie von ihm abließ und ihn noch einige verwirrte Sekunden in der Luft hängen ließ. Dann weichten sich ihre Züge etwas auf und sie hob ihren Bierkrug zu einem versöhnlichen Anstoßen.
„Aber du hast mich gut reingelegt, das gebe ich dir. Die Bilder bekomme ich so schnell nicht mehr aus meinem Kopf.“
Mina wusste selbst, dass ihre Worte immer noch nicht ganz überzeugend klangen, dass sie die ganze Situation gerade kleinzureden versuchte. Ihre roten Wangen sagten vermutlich immer noch etwas anderes, aber wenn sie Arngrims Gedanken für bare Münze genommen hätte….Was sollte sie denn dann denken?!
„Vielleicht muss ich dich nächstes Mal überraschen, dann komme ich wenigstens an deine wahren Gedanken“, schlug sie mit einem etwas nervösen Lachen vor. Die Aufregung in ihr konnte wohl nur mehr Alkohol auflösen.

_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Mrs Lovett
Admin
Mrs Lovett


Anzahl der Beiträge : 1351
Anmeldedatum : 12.07.09

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Mi Jan 30, 2019 8:33 pm

Arngrim musste ein Schmunzeln unterdrücken, das hochrote Gesicht des Anderen sprach einfach nur für sich und war ein amüsanter, ja regelrecht wunderbarer Anblick.
Hatte er ihn wirklich mit diesen Gedanken so sehr aus der Fassung gebracht? Dabei war es eigentlich noch ganz harmlos, was sein Kopf sich da zusammengesponnen hatte, teilweise ohne, dass er wirklich Kontrolle darüber hatte, in welche Richtung seine Gedanken gekreist waren.
Nun, eiskalt erwischt hatte er den guten Magier auf jeden Fall, denn für einen kurzen Moment drang kein Wort aus seiner Kehle. Vielleicht war sie auch einfach nur besonders trocken, wer wusste das schon. Bei dem Anblick, wie schnell er sein Bier in sich hineinkippte, hätte es ihn zumindest nicht gewundert.
Er selbst nahm sich einen großen Schluck, ließ Wendolyn jedoch nicht aus den Augen und blickte ihn noch aufmerksamer an, als dich dieser langsam hinübergelehnt hatte und mit gesenkter Stimme zu ihm sprach. „Oh bitte, erleuchte mich!“, raunte seine Stimme und er beugte sich ein wenig näher zu seinem Gegenüber, sodass er die Worte besser verstehen konnte.
Der Thorwaler spürte ein leichtes Kribbeln in seinem Körper, wusste er doch nicht, was der Magier eigentlich tun wollte, doch etwas sagte ihm, dass er es nicht nur bei einer schnöden Schilderung seiner Gedanken belassen würde.
Und er wurde nicht enttäuscht, als sich plötzlich die filigranen Finger sich um seinen Bart legten und ihn noch näher zum Dunkelhaarigen zogen.
Oh, innerlich war er bereit auf die Lippen des Anderen zu treffen, er hatte beinahe schon seine Augen geschlossen, doch ehe ihm dies in den Sinn kam, hatte Wendolyn ihm schon einen Laufpass vom Feinsten verpasst!
Was hieß hier Fantasie? Hieß das etwa, dass so etwas in diesem Leben niemals zustande kommen würde? Verdutzt blickte er in das Gesicht seines Gegenübers, er hatte wieder von ihm abgelassen und Arngrim ließ sich ein wenig mehr verwirrt auf seinen Stuhl sinken.
„Na du bist mir ja einer! Lässt mich hier einfach so hängen!“, lachte der Thorwaler und schnappte sich ebenfalls seinen Krug und trank diesen in einem Zug leer.
Bei den nächsten Worten hob der Seemann eine Augenbraue. „Na, solange ich einen bleibenden Eindruck hinterlassen habe, bin ich zufrieden! Ich kann allerdings nicht versichern, dass ich beim nächsten Mal dir bessere oder harmlose Gedanken vermitteln kann!“, warnte die dunkle Stimme vor. In seinem Kopf herumzugeistern, wenn er es nicht einmal wusste, klang auch nicht sonderlich verlockend, aber er vertraute Wendolyn und wenn er wirklich Interesse hatte, sich wieder einen hochroten zu zaubern, weil die Gedanken des Thorwalers ein wenig weiter gingen als die eines normalen Menschen, dann konnte er sich das gerne hin und wieder antun! Vielleicht würde es ihm ein wenig auf die Sprünge helfen.
„Macht ihr das in der Akademie auch in eurer Freizeit oder darf man nicht in den Kopf eines Kriegers hineinschauen. Ach, jetzt hätte ich gerne auch Magie auf meiner Seite! Du weißt jetzt, was in meinem Kopf so vor sich geht aber ich hab gar keine Ahnung, was du so im Moment denkst! Dabei wäre das echt spannend.“, er lehnte sich wieder ein wenig hinüber, füllte beiläufig ihre Krüge auf, ließ dabei seinen Blick jedoch sehr selten vom Dunkelhaarigen ab. Ja, was dachte er eigentlich gerade? Ganz so schlecht hatte er das alles ja gar nicht aufgenommen und Arngrim war sehr froh, dass ihre Stimmung weiter gut gelaunt und ausgelassen war. Es wirkte beinahe so, als ob Wendolyn sonst nie die Möglichkeit hatte, sich ein wenig fallen zu lassen und die Dinge um ihn herum so zu genießen, wie er es in diesem Moment tat und der Blondschopf war froh, dass er in der Lage war, die gute Laune bei ihm aufrecht zu erhalten!
Ein Teil von ihm wusste, dass der Alkohol nicht immer nur das herausholte, was ohnehin in einem schlummerte und die Worte eines Betrunkenen nicht für bare Münze genommen werden mussten und man schon gar nicht diese zu seinem eigenen Nutzen irgendwie ausnutzen sollte. Doch beide hatten nach weiß Swafnir wie vielen Bieren alles andere als einen klaren Verstand, Wendolyn noch weniger, da dieser mittlerweile noch viel übermütiger zu werden schien, als er es vorher schon war. Und das konnte Arngrim ganz sicher nicht auf sich sitzen lassen!
Gestikulierend lehnte sich der Thorwaler zum gefühlt zwanzigsten Mal zu dem Anderen herüber. „Hör zu! Hör mir jetzt genauu zu! Ich weiß, du bist stark und so und du hast mir ein bisschen den Arsch versohlt beim Kampf und manchmal mag ich sowas sogar, wenn du verstehst was ich meine…aber zu sagen, dass ICH jetzt zu dicht bin, um meine gesamte Kraft einsetzen zu können? Wendolyn!“, seine Augen blickten ungläubig in die seines Gegenübers, ein wenig dümmlich grinsend. „Wendolyyyyn! Ich zeig dir mal, wie stark ich noch bin!“, mit diesen Worten erhob der Größere sich, ging entschlossen um den Tisch und blieb vor dem Magier stehen. Seine Lippen formten ein breites Grinsen, ehe er im nächsten Moment den Körper des Anderen einfach so umfasste und anhob. Hah! Ein Fliegengewicht! „Und jetzt zeige ich dir sogar, dass ich mit dir looooocker hier herumlaufen kann!“, entgegnete er lachend dem Andergaster und begann einen Schritt vor den nächsten zu setzen und mittlerweile im etwas leereren Raum herumzulaufen. „Siehst du? Ich bin noch komplett Herr meiner Kraft! Das kannst du nicht von dir behaupten, ich wette mit dir! Wir gehen jetzt zurück und du versuchst das mal mit mir!“, seine Augen hatten kaum vom anderen abgelassen, beinahe schon verträumt blickte er in Wendolyns Gesicht und merkte gar nicht, wie er über seine eigenen angetrunkenen Beine stolperte und begann das Gleichgewicht zu verlieren.
Erschrocken starrte er den Dunkelhaarigen an, versuchte seine Masse so zu kontrollieren, dass er mit einem lauten Ausruf einfach nach hinten knallte, sodass Wendolyn wenigstens nicht von ihm erdrückt wurde und auf ihm landen konnte.
Auf dem Holzboten angekommen ließ er seine Augen zum Magier schweifen, ihn fragend anblickend, ehe ein lautes Lachen seiner Kehle entwich. „Vielleicht sollte ich alles zurücknehmen…“

_________________
Eichenherz Garysignawip_zps29139715
Nach oben Nach unten
https://let-the-engine-steam.forumieren.de
Kauzi
Admin
Kauzi


Anzahl der Beiträge : 1328
Anmeldedatum : 12.07.09
Alter : 31

Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1Mi Jan 30, 2019 9:34 pm

Dass der Thorwaler das alles mit Humor nahm, machte es Mina wenigstens ein bisschen einfacher, sich in keine gekippte Stimmung hinein zu steigern. Eigentlich hatte es ja auch etwas für sich, endlich mal alle Sorgen von sich weisen zu können. Naja, fast alle Sorgen. Es musste nach wie vor Wendolyn bleiben, der sich hier amüsierte. Mit einem leisen Lachen winkte Mina ab und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
„Was in deren Köpfen vorgeht, will ich gar nicht wissen. Sicher haben die nicht für viel mehr Platz als Eichelbier und Prügel. Unser König ist immerhin ihr bestes Vorbild.“
Mina rollte mit den Augen, wollte dann allerdings auch nicht in noch tiefere politische Debatten verfallen. Dafür war ihr der Abend zu schön. Arngrim war gute Gesellschaft, gab die ein oder andere Geschichte zum Besten, während der Alkohol ihr immer mehr den Schädel verschleierte. Sie selbst begann sogar damit, einige Anekdoten aus ihrer Zeit bei der Akademie zu erzählen, Geschichten, die sie sonst selten irgendwem erzählt hatte. Es war lang her, dass sie so offen und herzlich gelacht hatte, während der Raum um sie herum immer leerer wurde. Während Arngrim schon recht angetrunken war, hatte Mina zu solch später Stunde kaum noch einen klaren Gedanken fassen können. Nicht einmal nach ihrer bestandenen Abschlussprüfung hatte sie sich so die Kante gegeben und nun war sie hier und lieferte sich ein Wetttrinken mit einem Thorwaler! Dabei war ihr kleiner Wettstreit mittlerweile wohl ziemlich in den Hintergrund gerückt, viel mehr stand ihr gemeinsamer Spaß im Vordergrund.
„Natürlich hab ich dir gezeigt, wo die Harke ihren Stiel hat! Und ich würd´s wieder tun, du kannst doch gerade kaum stehen!“, lallte Mina gerade mehr schlecht als recht. Sie musste sich mittlerweile an ihrem Bierhumpen festhalten, um nicht ganz unter dem Tisch zu landen und ihre Sprichwörter brachte sie nun auch schon durcheinander. Arngrim schien ganz und gar nicht überzeugt von ihren Ausreden und ehe sie sich versah, stand der Hüne auch schon taumelnd vor ihr. So reaktionslahm wie Mina gerade war, konnte sie nicht viel tun, als sich die breiten Arme des anderen plötzlich um ihre Hüfte schlossen und sie anhoben, als würde sie rein gar nichts wiegen. Überrascht schnappte sie nach Luft und stieß einen überraschten Schrei aus, der Arngrim in seiner Tonlage vielleicht stutzig gemacht hätte, wenn er bei klarem Verstand gewesen wäre. So trug der Thorwaler sie aber nur auf wackligen Beinen durch den Schankraum. Minas Zetern und Zappeln war mehr gespielt als wirklich ernst gemeint und hin und wieder entfloh ihr ein belustigtes Glucksen oder Kichern. Obwohl Arngrim sich nicht wirklich sicher bewegte, sah ihr betrunkener Schädel in dieser Situation absolut kein Problem.
„Ich könnte dich problemlos rumtragen, lass mich runter und ich zeig dir, was ich meine, na los!“, zeterte Mina und zog ihren Kopf ein, als Arngrim sie in seinem taumelnden Gang beinahe gegen die tiefhängende Decke donnerte. Der Moment, in dem er seine Balance verlor, erreichte Mina nicht einmal mehr bewusst. Arngrim hatte sie so fest umklammert, dass erst der heftige Aufprall ihren Körper durchschüttelte. Erschrocken stemmte Mina ihre Hände gegen die harte Brust des Blondschopfes, um wenigstens einen Hauch Distanz zwischen ihnen zu wahren, als sie plötzlich auf ihm lag. Wäre sie nicht so betrunken gewesen, sie hätte Arngrim vermutlich einen Paralysis auf den Hals gehetzt, der ihn hier bis nach Olport festgesetzt hätte. In ihrem Zustand fiel es ihr viel zu schwer, den Ernst der Lage zu sehen. Eine plötzliche Erkenntnis überkam sie.
„Arngrim, ich glaube, du hast das Wetttrinken gewonnen.“
Und ohne ein weiteres Wort fiel Mina einfach in den erlösenden Schlaf der Betrunkenen. Der kleinere Körper war einfach auf der breiten Brust des Thorwalers zusammengesunken und rhythmisches Schnarchen hallte in dem Raum wieder. Wäre sie nicht so betrunken gewesen, wäre sie vermutlich irgendwann nachts wieder wach geworden, hätte sich über die unangenehme Position beschwert, in der sie gelegen hatte. So träumte sie nicht einmal. Einfach erholsamer Schlaf. Irgendwie hatte sie nachts die Position ein wenig gewechselt, denn als sie am Morgen langsam ihre Augen öffnete, fand sie sich mit etwas schmerzenden Knochen in der Mulde von Arngrims Körper wieder, der noch immer die Arme um sie gelegt hatte. Gestern hätte es sie nicht gestört.
Mittlerweile war sie wieder nüchtern und ihr Körper versteifte sich in stummer Panik. Arngrim war ihr so nah, dass er einfach etwas merken musste, wenn er nun erwachte. Außerdem bildete sich sein fantasiereicher Kopf sonst etwas ein, wenn er so erwachte. Schlagartig überkamen Mina die Bilder des letzten Abends, eher die Bilder, die sie aus Arngrims Kopf ausgegraben hatte. Mit hochrotem Kopf versuchte sie ohne viel Aufregung oder gar Bewegung unter Arngrims Arm hervorzuschlüpfen, als dieser ein leises Brummen ausstieß und sie noch näher an sich drückte.

_________________

Eichenherz Law_si11
Nach oben Nach unten
Gesponserte Inhalte





Eichenherz Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz Icon_minitime1

Nach oben Nach unten
 
Eichenherz
Nach oben 
Seite 1 von 17Gehe zu Seite : 1, 2, 3 ... 9 ... 17  Weiter

Befugnisse in diesem ForumSie können in diesem Forum nicht antworten
Danger Danger :: Kategorie :: Stories-
Gehe zu: