Danger Danger
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High Voltage
 
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 Eichenherz

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Mrs Lovett
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Eichenherz - Seite 14 Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptySo Okt 20, 2019 1:44 am

Der Hauptmann reagierte nicht einmal auf die dreisten Behauptungen und Beleidigungen, die der Andergaster von sich gab. Sie kannten sich sehr wohl in den Wäldern aus und nur, weil ihnen keine Äste aus den Ohren zu spießen schienen, wie es bei ihren Feinden offenbar der Fall war, hieß es nicht, dass sie keine Ahnung hatten. Doch darüber zu streiten war irrelevant, Geron hatte eine ganz andere Mission und er war erpicht darauf, sich nicht allzu sehr reizen zu lassen.
„So oder so wart ihr zu dumm und habt euch erwischen lassen.“, entgegnete er mit leichtgültiger Stimme. „Komm‘ auf den Punkt!“, fügte er jedoch etwas fordernder hinzu und suchte erneut den Blick des Gefangenen.
Er hasste diese einfältigen Andergaster so sehr. Wie sie mit ihrer arroganten selbstgefälligen Art dachten, sie wären so viel besser als alle anderen auf Dere. Dabei waren sie so ungemein zurückgeblieben und dämlich, dass ihm beinahe das Frühstück wieder hochkam. Aber was sollte man schon von stinkenden Waldleuten denken, die mehr Liebe einem Baum schenkten als ihrer eigenen Frau? Lächerliches Volk!
Wie gerne hätte er diesen Krieg endlich beendet gesehen, ihren Feind auf dem Boden um Gnade winselnd, doch es würde noch lange dauern, bis solch ein Tag kommen würde.
Bei den Worten des anderen hob er kurz ungläubig seine Braue. Dieser Pimpf war zuständig für diesen Trupp? Er konnte Befehle verteilen?
„Befehlshaber, also? Nach viel siehst du ja nicht aus, um an solch einen Posten zu kommen. Ich frage mich wie viele Kontakte da eine Rolle gespielt haben und es nicht nur dein sogenannter Magierstatus war, der dich in diese Position gebracht hat.“ Pernstein stieß ein abschätziges Lachen aus, schrieb sich diese Information jedoch hastig auf. Es war gut zu wissen, wer genau hier in seinem Gefängnis saß, dass er die Verantwortung und das Sagen für alle Männer hatte war sicherlich wichtig genug und vor allem auch wertvoll den Andergastern gegenüber.
Gerade wollte er eine weitere Frage ansetzen, doch da hatte sich dieser verdammte Magier bereits erdreistet, sich ihm zu verweigern.
Seine Brauen zogen sich zornig zusammen und er beobachtete den Fremden dabei, wie er sich erhob. Was sollte das jetzt werden?! Widersetze er sich ihm etwa wirklich? „Du setzt dich jetzt schön wieder hin, hast du das verstanden.“, der Hauptmann knirschte regelrecht mit den Zähnen, während er den Blick nicht von ihm abwandte. „Ich habe bereits gesagt, dass die nötigen Informationen deine Hinrichtung zunichtemachen werden. Aber das hat dein Holzkopf wohl wieder vergessen, was?“ Man konnte ihn mögen oder hassen, ganz gleich was man für ihm empfand, Geron Pernstein hielt immer sein Wort. Doch der Andergaster schien nicht seines halten zu wollen.
Wollte er ihn auf die Probe stellen? Oder traute er ihm einfach nicht zu, dass er Wege und Mittel finden würde, um ihn sprechen zu lassen?
„Du…versuche nicht, mich zu reizen, das hier ist kein kleines Spiel, was du gewinnen kannst. Alrikshuber!“, der ältere Herr schmiss die Feder hin und erhob sich ebenfalls von seinem Stuhl.
„Das sollte ein gesittetes Gespräch sein. Ich halte meinen Teil der Vereinbarung ein und du deinen. Doch nun musstest du es dir ja schwerer gestalten…ich habe kein Problem damit härtere Maßnahmen zu ergreifen. Sieh dies als kleine Kostprobe ein.“, noch ehe der Gefangene etwas tun und sagen konnte, hatte der Hauptmann bereits mit seiner Faust ausgeholt und schlug ihm diese ins Gesicht. Es tat gut, diesen arroganten Blick aus ihm rauszuschlagen, er hätte es wahrscheinlich schon eher tun sollen. „Und ich glaube, wir sollten die Pritsche aus der Zelle entfernen, zu viel Luxus für so einen Holzwurm.“
Geron setzte sich wieder auf seinen Platz, schnappte sich die Schreibfeder und kritzelte ein paar weitere Worte, ehe seine laute Stimme nach den Wachen rief, die vor seiner Tür platziert waren.
„Nehmt ihn wieder mit, nehmt seine Pritsche aus der Zelle. Und Alrikshuber, du möchtest, dass ich mir etwas einfalle? Wie wäre es damit- zu unbestimmter Zeit werde ich immer jemanden hinunterschicken mit einer Aufgabe, die du erst erfahren wirst, wenn diese Person bei dir ist. Ich kann die versprechen, dass meine Anweisungen nicht so entgegenkommend sein werden, wie unsere Unterhaltung und je länger du dich weigerst, zu sprechen, desto unangenehmer wird es hier für dich. Ich muss dich nur am Leben erhalten, alles andere ist Nostria egal und mir ehrlich gesagt auch.“, seine Lippen formten ein breites Lächeln und mit einer Handbewegung bedeutete er seinen Leuten, den Raum zu verlassen und den Andergaster in seine Zelle zurück zu sperren.
Er wollte diese Spielchen mit ihm treiben, dann konnte er dies gerne tun, irgendwann würde er schon singen.


Arngrim teilte die Empfindung, die Elena Andergast gegenüber zu haben schien nur zu gut. Wenn es nach ihm ginge, hätte Mina dort niemals zurückkehren sollen. Doch es war immer noch ihr Zuhause und er war nicht in der Position ihr den Weg nach Haus zu verbieten. Ganz gleich wie unfair sie auch sein mochten.
Ein schweres Seufzen entwich seiner Kehle und er verzog sein Gesicht ein wenig.
„Naja, es ist immer noch ihre Heimat und ich denke, sie möchte einfach das Richtige tun und solange halte ich ihr den Rücken frei. Aber ja…bis jetzt waren alle zu unfähig gewesen, sie zu erkennen. Verdammt, am Anfang war es mir ja auch nicht aufgefallen, nur, dass es mich nie gekümmert hat.“, er zuckte leicht mit den Schultern. Der Thorwaler fragte sich, wie die beiden eigentlich miteinander auskommen würden, schien seine neue Bekanntschaft von seiner Geliebten doch hin und weg zu sein und er konnte es ihr absolut nicht verübeln. So wenig die Magierin es selbst einzusehen vermochte, war sie eine interessante Persönlichkeit und es wert, sie kennengelernt zu haben! Bestimmt würden sich die beiden gut verstehen, sie hatten beide ein gutes Herz und waren hilfsbereit, was wollte man also mehr?
Aber erst mal mussten sie Mina rausholen und Elena hatte recht, sie sollten sich trotzdem nicht allzu viel Zeit lassen, ehe noch etwas schief ging oder sie nicht mehr an sie rankamen! „Denkst du, dass man die Privatwache irgendwie klein bekommen kann, dass man zu ihr in die Zelle durchdringt?“, fragend schielte er zum Rotschopf. Selbst, wenn sie andere Wachleute bestechen konnten, war diese Person eine große Hürde und vielleicht sogar sehr engagiert, ihre Aufgabe mit Bravour zu bewältigen. Wieso hatte man ihr überhaupt eine extra- Wache gegeben? Wechselte sowas nicht normalerweise in Gefängnissen? Arngrim verstand nicht viel von solchen Dingen und war selbst noch nie gefangen genommen worden, zumindest nicht von der Obrigkeit, aber er erinnerte sich an Erzählungen und eben das, was man im Leben so aufgriff.
Vielleicht würden sie ja einen kleinen Plan machen? Doch Elena schien anderes vorzuhaben. Verwirrt musterte er das hübsche Gesicht, unwissend, was sie im Sinn hatte. Und noch ehe er sie mit Fragen bombardieren konnte, war sie bereits verschwunden. Was hatte sie denn nur vor?
Unschlüssig blieb der Seemann auf einem Fleck stehen, schob die Blätter unter seinen Füßen hin und her, ließ sein Augenmerk erst wieder auf die Elster fallen, als er Geräusche vernahm und im nächsten Moment die rote Mähne mit zwei Pferden im Schlepptau vor ihm stand.
Eure Hoheit hatte er bereits gestern kennengelernt, das größere, breiter gebaute Pferd war ihm jedoch gänzlich unbekannt.
„Nun…ich habe noch nie auf einem Pferd gesessen.“, verwirrt kratzte sich der Blondschopf am Hinterkopf, betrachtete das große Tier ein wenig genauer. Elena schien es offenbar im Blut zu haben, so schnell wie sie auf ihr Pferd gestiegen war. Es sah so einfach aus, vielleicht könnte er es ja auch.
Doch noch ehe er begonnen hatte ein Bein anzuheben, nur um zu merken, dass es so nicht funktionierte, wurde Arngrim schnell bewusst, dass es wohl leichter aussah, als es wirklich war. „Bei Swafnirs Fluke, das gleicht ja einem Rätsel.“ Es hätte ihn nicht gewundert, wenn das Tier ihm einen ordentlichen Tritt verpasst und die restlichen Rippen auch noch gebrochen hätte, aber Elena kam ihm bereits zur Hilfe und er schaffte es- wenn auch sehr unelegant- auf das Pferd zu steigen.
„Danke…das ist wahrlich neu für mich.“, lachte der Thorwaler, dabei dankbar über das Fell des Pferdes streichend. Sie wirkte flauschiger, als die Pferde, die er sonst gesehen hatte. „Gut, dass du ein Talent für sowas zu haben scheinst.“ Seine grünen Augen wanderten zu Elena, sie freundlich anlächelnd.
Was ein Glück, dass sie die Kontrolle übernommen hatte, er selbst hielt sich brav fest und lauschte dabei den Worten der anderen.
Das war also das, was sie heute tun würden! „So etwas ähnliches hatte ich auch schon im Sinn. Ohne Gold ist es schwierig an die Sachen ranzukommen und ohne eine vernünftige Ausrüstung ist es tödlich im Winter in den Wäldern.“, Arngrim zog seine Augenbrauen zusammen. Es war immer noch so verdammt ärgerlich, dass sie wirklich alles verloren hatte. Seine guten Töpfe, die Kräuter, das warme Lederzelt und vor allem ihre Waffen. Verdammt sollten diese Kopfgeldjäger sein!
„Wie möchten wir den Kram denn zusammenklauen? Und vor allem: wo? Gibt es im Nordvest herum kleine Gegenden, wo man alles bekommt?“ Es war nicht so, dass Arngrim noch nie gestohlen hatte, doch hier fühlte er sich unglaublich verloren, dass er nicht einmal eine Ahnung hatte, wo sie am besten beginnen sollten. „Ich weiß, ich sehe nicht gerade so aus, aber ich kann verdammt flink sein. Ich bin nur nicht besonders gut darin, mich an allen Orten zu verstecken aber mit der richtigen Ablenkung und an den richtigen Orten sollte das einfach sein. Bei uns in der Otta ist es immer sehr offensiv- wir rauben aus und die, die ausgeraubt werden, wissen, was wir tun aber manchmal müssen wir vorsichtig sein, man weiß ja nie, was einen erwartet und ich habe in solchen Situationen gelernt, wie man das macht. Aber wahrscheinlich kann ich die Methoden auf See kaum mit denen an Land vergleichen.“
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Eichenherz - Seite 14 Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyMo Okt 21, 2019 12:51 am

Mina wusste nicht, was sie erwartet hatte. Sicher wusste sie nur, dass einem Nostrianer nicht zu vertrauen war.
„Wie soll ich wissen, dass Ihr euch an Euer Wort haltet? Sobald ich nichts mehr in der Hand habe, könnt ihr doch mit mir machen, was ihr wollt!“
Zornig ballte die Magierin die gefesselten Hände zur Faust. Alles, was sie hatte, waren doch ihre Informationen! Sollte Pernstein ruhig wissen, dass sie wichtig war, das mochte ihr noch etwas Zeit geben. Mit steinerner Miene beobachtete sie, wie sich ihr Gegenspieler nun auch erhob und die Feder einfach beiseite warf.
„Ich bin ein Kriegsgefangener, also versucht gar nicht erst so zu tun, als wenn wir auf gesitteter Ebene miteinander kommunizieren würden.“
Und dass sie mit ihren Worten gar nicht so unrecht hatte, wurde schon im nächsten Moment klar, als der Hauptmann ihr über den Tisch hinweg die Faust ins Gesicht schlug. Einen Aufschrei unterdrückend wandte die junge Frau das Gesicht ab und hob die gefesselten Hände, um nach ihrer Nase zu tasten. Gebrochen fühlte sie sich nicht an, aber sofort merkte Mina, dass ein Strom Blut aus ihrer Nase tropfte und ihr mit dem typischen Geschmack von Eisen an den Lippen klebte.
„Ihr überschätzt, wie bequem die Pritschen hier sind“, brachte Mina knirschend hervor, während sie sich die blutende Nase hielt. Sie würde wohl die Nächte auf dem Steinboden überleben, so viel härter war der auch nicht als ein Brett an der Wand. Zu mindestens redete Mina sich all dies nun ein, mehr um sich selbst die Angst zu nehmen.
„Was für Aufgaben? Könnt Ihr euch nicht klarer ausdrücken? Wenn Ihr glaubt, dass mir das Angst macht, Pernstein, dann habt Ihr euch geschnitten!“
Ihre Worte hallten noch zornig nach, während man sie bereits wieder abführte. Von zwei Wachleuten flankiert -keiner von ihnen war Selma- brachte man sie wieder in den Kerkertrakt zurück, der wie immer leer und ausgestorben war. Nur die Wachfrau hockte an ihrem Tisch und verspeiste anscheinend ihr Frühstück. Mina versuchte ihren Blick zu vermeiden, während einer der beiden Männer, der sie begleitete, die Pritsche von der Wand baute und sie mit gehässigem Blick unter den Arm klemmte. Selma würdigten sie nicht einmal eines Blickes, aber dies taten sie mit so einer Vehemenz, dass selbst Mina sich dabei unangenehm fühlte. Schließlich ließ man sie endlich wieder allein und Mina, nun von ihren Armfesseln befreit, legte den Kopf in den Nacken und fing das fließende Blut notdürftig mit ihrem Handrücken auf. Eine Weile lang blieb es still, doch Mina wusste, dass Selma sie beobachtete.
„Ich konnte meinen Mund nicht halten. Hab glaube ich alles nur noch schlimmer gemacht“, gab Mina schließlich etwas geknickt zu und brachte ihren Kopf wieder in die Waagerechte. Ihr Gesicht bot keinen schönen Anblick, doch das Blut war fürs erste versiegt. Als Sitzgelegenheit vermisste sie ihre Pritsche allerdings jetzt schon. Die Decke, die Selma ihr letzte Nacht gegeben hatte, hatte man unachtsam auf den Boden geworfen und Mina ließ sich, doch ein klein wenig wackelig auf den Beinen, darauf nieder.
„Den Kampf um das bequemere Nachtlager hast du damit aber eindeutig zurückerobert.“
Mina wollte die Schärfe aus der Situation nehmen, wenigstens ein bisschen, auch, wenn die Realisation dessen, was sie herausgefordert hatte, langsam zu ihr durchdrang.
„Der Hauptmann hat mir angekündigt, dass er immer wieder jemanden hierher schicken würde mit einer unerfreulichen Aufgabe.“
Unweigerlich drifteten Minas Gedanken zu Erzählungen von andergastischen Veteranen, die ihr von der nostrischen Gefangenschaft berichtet hatten. Ein Kloß bildete sich in ihrer Kehle. Ihr impulsiver Hitzkopf hatte ihr gehörigen Mist eingebrockt, oder nicht?
„Verdammt, was hab ich nur gemacht, Selma? Ich habe von andergastischen Gefangenen gehört, die ausgepeitscht wurden und denen man ein Brandmal verpasst hat!“

„Na, dass du noch nie auf einem Pferd gesessen hast, musst du mir nicht sagen. Das sehe ich!“
Elenas Stimme war eher belustigt als vorwurfsvoll und sie grinste den Thorwaler breit an. Dabei musste er eh nicht viel machen, das Pferd war erprobt und würde ihn dorthin tragen, wo er hingehörte.
„Um Nordvest herum gibt es einige kleinere Ortschaften, auch mit Krämer und so! Wir bedienen uns da auch häufiger.“
Ein unschuldiges Lächeln huschte über Elenas Gesicht. Sie war recht geschickt, was Überfälle betraf, aber andere schurkische Tricks waren ihr auch nicht fremd. Mit einem Nicken lauschte sie Arngrims Schilderungen aus seiner kriminellen Vorgeschichte. Natürlich, ein Pirat nahm sich, was er brauchte. Da wurden keine Fragen gestellt und keine Verkleidungen ersonnen. Dennoch traute sie dem Hünen mehr Finesse zu. Seine ganze Art war sehr charismatisch, etwas, was sich perfekt für Tricks einsetzen ließ.
„Meinst du, wir sollten dich vielleicht ein wenig verkleiden? Deine Haare einfärben und deine Frisur ändern vielleicht? Aber ich bin mir schon mal sicher, dass wir mit ein paar kleinen Tricks und Überredungskunst auch an das kommen, was wir brauchen. Du musst wissen…“
Bei den Worten setzte sich Elena stolz im Sattel auf, den Rücken durchgestreckt.
„Meine Eltern meinten schon immer, dass ich eine gewisse angeborene Gabe für Unheil habe. Manchmal kann ich mich besonders gut in der Menge verstecken, oder aber dafür sorgen, dass die Menschen den Blick gar nicht von mir nehmen können. Und hin und wieder kann ich sogar Schlösser öffnen, die fest verschlossen sein sollten. Fast wie Zauberei!“, hauchte Elena verschwörerisch und wartete auf die angemessen fasziniert ausfallende Reaktion.
„Das kombiniert mit deinem Charme…Keinem Händler wird auffallen, wenn wir ihn ausnehmen wie eine Traviagans!“
Bei dem Gedanken hatte Elena eine schon beinahe kindliche Vorfreude gepackt.
„Also, wie sieht es aus mit der Verkleidung? Generell wäre es glaube ich besser, dich ein bisschen umzumodeln. Für diese Holzköpfe in Nostria sehen zwar eh alle Thorwaler gleich aus, aber wenn man dich gar nicht erst mit dem Hünen in Verbindung bringt, der den Andergaster begleitet hat, wäre das doch umso besser, oder?“
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyDi Okt 22, 2019 1:24 am

Wie lange diese Unterhaltung dauern vermochte, konnte wohl keiner sagen. Vielleicht war es auch abhängig von den Launen des Hauptmannes und dem Inhalt, den Wendolyn in präsentierte.
Gerne hätte Selma irgendwie mitbekommen, was besprochen wurde und zum Schluss den Gefangenen wieder zurück in die Zelle gebracht, doch man wimmelte sie schnell ab und machte ihr noch schneller bewusst, dass sie bei den anderen Wachleuten nicht wirklich willkommen war. Dass sie ein bisschen mehr Frühstück und eine Kanne Milch mit sich nahm, als sie zurück zum Kerker trottete, schien offenbar niemandem aufgefallen zu sein und falls doch, war es ihnen offensichtlich egal, sonst hätte man sie wohl aufgehalten.
Sie hatte noch an ein paar extra Sachen gedacht- Schlafsäcke, etwas mehr Öl für beide Lampen und etwas zu lesen, sollte die Langeweile die beiden da unten überkommen. Sie wollte sich nicht komplett unwohl dort unten fühlen, auch, wenn sie das Gefühl mittlerweile nicht loswurde, dass sie eigentlich einen sehr guten Draht zum Andergaster gefasst hatte und sie aus der schlimmen Zeit das Beste machen konnten.
Gedankenverloren kaute die junge Frau an ihrem Brot herum, schrieb beiläufig an ihrem Bericht, den sie natürlich auch nach ihrer endlosen Schicht abzugeben hatte. Sie musste alles aufschreiben, was der Gefangene gesagt und getan hatte und Selma wusste ganz genau, dass keine dieser Worte auch nur ein Fünkchen Wahrheit in sich trugen. Doch wütende Ausdrücke und typische Anmerkungen über das typische Verhalten eines typischen Andergasters würde schon ausreichen. Niemand würde es hinterfragen!
Erst, als Regung und Schritte zu vernehmen waren, hatte sie ihre Papiere verstaut und blickte fragend zu den Treppen hinauf, wo zwei Wachmänner Wendolyn zurück in seine Zelle begleiteten.
Selma musste sich beherrschen, sich vor lauter Schreck nicht zu verschlucken, als ihre Augen die blutige Nase des anderen vernahmen. Offenbar schien das Gespräch mit Hauptmann Pernstein nicht so gut verlaufen zu sein, wie sie es sich erhofft hatte. Ein leises, kaum hörbares Seufzen entwich ihrer Kehle und sie hielt für einen Augenblick inne, wartete darauf, dass die Männer ihn absetzten und gingen. Doch damit war es wohl noch nicht vorbei- sie nahmen auch noch die Pritsche mit! „Hey, das ist doch Blödsinn, haben wir es nötig, so zu sein?“, rief sie den beiden hinterher, doch sie wurde demonstrativ ignoriert und nicht einmal für eine Sekunde angeschaut. Erneut musste sie seufzen, diesmal lauter und genervter. Natürlich würde man kein Wort mit ihr wechseln, ihr hatte man nicht Rede und Antwort zu stehen.
Trotzdem, gut fühlte sich die ganze Sache nicht an. Wendolyn hatte es nicht verdient, dass man ihm nun auch das letzte Bisschen Komfort nahm und ihn auf dem kalten, harten Boden schlafen ließ! Unschlüssig kaute Selma auf ihrer Unterlippe, lugte neugierig in die Zelle hinein, unwissend, ob sie den Fremden nicht besser in Ruhe lassen sollte. Wahrscheinlich hatte er genug von ihresgleichen, sie könnte alles noch schlimmer machen!
„Es lief offenbar alles andere als gut…der Hauptmann kann manchmal sehr gemein sein, ich hab es nur zu häufig erlebt…“, murmelte die junge Frau leise in sich hinein, mitleidig den Magier musternd.
Bei den nächsten Worten winkte sie jedoch schnell wieder ab, dabei langsam den Kopf schüttelnd. „Ich glaube dieses Mal sind wir gleichauf!“, entgegnete sie schnell, formte dabei ein aufmunterndes Lächeln. Auch, wenn dieses bröckelte, als der Gefangene weitersprach und davon berichtete, was in nächster Zeit wohl auf ihn zukommen würde. Erschrocken weitete sie ihre Augen und konnte nicht ganz glauben, was man ihm alles antun wollte. Das war doch keine faire Verhandlung, war man nicht bereits gezeichnet genug, wenn man in diesen Kerkern verrotten musste? Wieso musste der Hauptmann sich noch täglich irgendwelche Grausamkeiten ausdenken?
„Ich…ich hoffe dich nicht, dass man dir so etwas antut! Vielleicht kann ich mit ihm reden? Ich meine, ich könnte es versuchen, irgendwas muss man doch tun können, dass du fair behandelt wirst.“ Es wurde kurz still im Gefängnis und Selma dachte lange darüber nach, was in ihrer Macht stand, um es Wendolyn nicht noch schwerer zu machen. Und leider gab es nur zu wenig, was sie von ihrer Position aus tun konnte.
Was allerdings möglich war, war für ihn da zu sein und ihn so gut es ging zu versorgen und ehe irgendwelche weiteren Worte fielen, hatte sie bereits das Schloss zu seiner Zelle abermals aufgeschlossen, mit einem Schlafsack im Schlepptau, einem in Tuch eingewickeltes Frühstück und einer Kanne frischer Milch, setzte sich sogleich gegenüber vom Magier, in freundlich anblickend. „Hier, ich habe dir etwas Frühstück und Milch mitgebracht und einen Schlafsack, er könnte den unbequemen Boden erträglicher und wärmer gestalten, außerdem.“, kam hatte Selma alles abgelegt, kramte sie aus ihrer Innentasche ihr Taschentuch heraus und begann umsichtig das andere Gesicht vom restlichen Blut zu befreien.
Der Wachfrau war gar nicht in den Sinn gekommen, dass es dem Andergaster vielleicht unangenehm sein konnte, dass jemand Fremdes sein Gesicht berührte, hatte es sich doch irgendwie richtig angefühlt, dies zu tun.
Erst, als das Blut nun gänzlich ihr Taschentuch befleckte und Wendolyn so sauber wie es eben möglich war ihren Blick erwiderte, zog sie hastig ihre Hand zurück und spürte, wie ihre Wangen zu glühen begannen.
„Entschuldige, ich…iss‘ doch ein wenig, das Brot ist frisch und lecker.“, mit einem Nicken deutete sie auf das Frühstück, machte jedoch keine Anstalten, ihn wieder zu verlassen. Es würde ohnehin für heute keiner mehr kommen und ihre gestrigen Ängste wurden nach und nach immer schwächer.


Es war sehr hilfreich, dass Elena und ihre Bande sich in der Umgebung bestens auskannten. Arngrim selbst war noch nie hier gewesen und dementsprechend konnte er nicht einmal erahnen, wo irgendwelche kleinen Ortschaften nur darauf warteten, ausgeraubt zu werden. In Thorwal war es wohl alles ein bisschen einfacher und übersichtlicher und auf dem Meer brauchte er sich gar keine Sorgen darum zu machen! Komisch, dass man sich auf See besser orientieren konnte, als an Land, wo alles irgendwie strukturierter zu sein schien.
Interessiert lauschte er dem Vorschlag der Rothaarigen, musterte dabei unweigerlich seinen langen Zopf. „Und sowas kannst du einfach mal eben mit mir machen? Es klingt verdammt aufregend, das muss ich zugeben!“, entgegnete die dunkle Stimme breit grinsend. Zu gerne wollte der Thorwaler wissen, wie er mit anderen Haaren aussah und ob es möglich war, ihn so komplett zu ändern.
Was er allerdings wusste, war die Tatsache, dass ein bisschen Charme und Überredenskunst durchaus seine Spezialitäten waren. Mit anderen zu reden und ihr Interesse an sich zu ziehen fiel ihm schon immer leicht, insbesondere bei der Damenwelt. Zwar wollte er niemanden für eine Nacht hier in der Umgebung finden oder gar jemals wieder zu solchen Talenten zugreifen, doch, jemanden um seinen Finger zu wickeln, sollte eigentlich kein Problem sein.
Gerne hätte Arngrim ein paar kleine Anekdoten preisgegeben, doch ehrlich gesagt war Elenas Erzählung weitaus spannender. Was sie alles offenbar von alleine konnte, war erstaunlich und atemberaubend. Vielleicht war sie irgendwie magisch begabt, vielleicht hatte sie auch andere Mächte in sich innewohnen. Er konnte es zumindest nicht genau erklären und etwas sagte ihm, dass bis jemand noch niemand in der Lage war, zu verstehen, wieso sie zu solchen Dingen in der Lage war.
„Bei Swafnirs Fluke, du steckst wahrlich voller Überraschungen. Nicht nur hast du eine ganze Bande an deiner Seite, hast eine adlige Vergangenheit, in deinen Fingern scheinen sogar übernatürliche Fähigkeiten zu schlummern! Und diese Dinge passieren einfach so, genau dann, wenn sie benötigt werden? Das hätte ich auch gerne, das würde das Leben um einiges erleichtern!“ Es dauerte kurt, bis der Seemann über sein Staunen hinweg kam und sich nicht mehr bildlich darstellte, wie angenehm ihre Reise hätte sein können, wenn man einfach so Schlösser knacken konnte. Dann wären sie schneller denn je von den Kopfgeldjägern geflohen und hätten vielleicht eine einfachere Flucht haben können. Dann wiederum- und Arngrim konnte nicht fassen, dass er dies dachte- war er dankbar und froh Elena kennengelernt zu haben, die er in einer anderen Situation niemals getroffen hätte. Sie war ein guter Mensch, spannend und hilfsbereit und vielleicht würden sie nach dieser Aktion sich auch wirklich als Freunde sehen, die sich in Zukunft einander helfen und füreinander da sind. Schön wäre es auf jeden Fall!
„Es scheint mir, als wären wir für solche Aufgaben wie geschaffen! Ich zumindest kann es kaum erwarten! Bitte verkleide mich, wie auch immer du möchtest. Ich will sehen, wie anders ich aussehen kann…solange du nicht meinen Bart oder meine Haare abschneidest, natürlich!“ Er hatte viele Jahre daran gearbeitet, dass sie seinen Vorstellungen entsprachen, er wollte nicht erneut damit beginnen. Doch der Rotschopf würde so etwas sicherlich nicht tun und Arngrim war aufgeregt, was nun als nächstes kommen würde.
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyMi Okt 23, 2019 12:20 am

Mit vielem hatte Mina gerechnet, vielleicht weiterem Hohn und Spott, aber nicht mit Selmas erschrockenem Blick. Sie hatte Glück, dass die anderen Wachleute sie mit solch einem Desinteresse bedachten, sonst wäre sie wohl wirklich noch in Erklärungsnot geraten, wieso sie einem Andergaster so viel Sympathie entgegenbrachte. Überrascht blickte die Magierin auf, als Selma erneut ihre Zelle betrat und sich auf einem dicken Schlafsack niederließ. Jegliche Zurückhaltung oder gar Angst schien vollkommen verflogen, dabei hätte Mina sie jederzeit überwältigen können. Wieso tat sie es nicht? Weil sie Selma so etwas nicht antun konnte. Wer wusste, was man mit ihr anstellte, wenn sie herausfanden, wie genau ihr Gefangener entkommen war? Selbst sie in Schutz zu nehmen und sich für sie einzusetzen kam der jungen Frau wohl gleich in den Sinn. Mina konnte gar nicht anders, als sich gerührt zu fühlen.
„Du solltest aufpassen, dass du dich nicht zu viel für mich einsetzt. Sonst wird der Hauptmann noch skeptisch. Vor allem, wenn du seine direkten Anweisungen so untergräbst!“
Die Magierin sprach mit gesenkter Stimme und schenkte Selma einen skeptischen Blick mit angehobener Augenbraue. Immerhin hatte man ihr die Pritsche genommen, um sie besonders unbequem nächtigen zu lassen. Ein warmer Schlafsack war wohl das Gegenteil von unbequem. Frühstück hatte sie ihr sogar auch mitgebracht, Mina roch das frische Brot und die fettige Milch. Ihr knurrender Magen betrog sie, jetzt konnte sie nicht mehr sagen, dass sie gar keinen großen Hunger hatte. Aber in den letzten Tagen hatte sie auch nie besonders feudal gespeist.
Bevor Mina jedoch einen Bissen nehmen konnte, hatte Selma sich mit einem Taschentuch nach ihr ausgestreckt und befreite ihr Gesicht von dem verkrusteten Blut. Völlig perplex starrte sie auf die junge Frau. Nicht einmal gefragt hatte sie! Aber obwohl Mina die plötzliche Nähe ein Stück weit unangenehm war, ließ sie Selma gewähren. Eine abweisende Reaktion wäre ihr jetzt nicht in den Sinn gekommen, doch als sie Selmas Blick schließlich einfing, erröteten sie beide in tiefstem Rosa. Das Blut pochte heiß in ihrem Schädel und ihre Augen wandten sich schnell gen Boden. Arngrim mochte ein wenig an ihrer Fassade gekratzt haben, aber ansonsten war Mina enger Kontakt immer noch sehr unangenehm. Wieso gerade Selma ihr schamlos so nah kam, wollte sich Mina nicht erschließen. Geistesabwesend tastete Mina nach ihrer Nase und ihrer Oberlippe, die wieder sauber waren und griff nach dem Krug mit Milch. Ablehnen wollte sie das freundliche Angebot immerhin auch nicht. „Danke für das Frühstück“, murmelte Mina zwischen zwei Bissen. Nur langsam legte sich ihre Verwirrung wieder und ein gewisses Gefühl von Dankbarkeit stellte sich ein. Selma hatte wirklich schnell den Sprung von Angst zu vertrauen geschafft. Sie hatte ja sogar recht. Mina hatte nicht vor, ihr etwas zu tun. Stattdessen schenkte sie ihr endlich doch ein warmes Lächeln.
„Und, willst du den ganzen Tag hier drin verbringen? Ich könnte mich an einen Zellengenossen gewöhnen. Aber was sagst du den anderen Wachen, wenn sie dich hier finden?“
Mina lehnte sich ein wenig zurück und zupfte langsam Brotkrumen von ihrem Wams.
„Ich würde dich ja ein wenig unterhalten, wenn du schon Gast bei mir bist, aber…“
Ein leichtes Schulterzucken untermalte ihre Worte und sie blickte traurig zu Boden.
„Meine Magie wäre wirklich beeindruckend, aber ich konnte jetzt schon lange nicht mehr zaubern. Es ist, als wenn man mir ein Bein ausgerissen hätte“, murmelte sie traurig und starrte auf ihre Hände.
„Hast du keine Karten oder so? Dann könnten wir ein wenig spielen.“
Ein hoffnungsvoller Blick blieb an Selma hängen und Mina schenkte ihr ein schüchternes Lächeln, froh darüber, dass sie nicht ganz allein war.

Wenn Elena darüber nachdachte, waren ihre Fähigkeiten wirklich fast magisch. Aber sie hatte sie von Geburt an gehabt und niemand in ihrer Familie war wirklich magisch begabt. Wer wusste schon, ob nicht vielleicht ein Kobold an ihrer Wiege vorbeigekommen war.
„Ja, irgendwie immer, wenn ich es gerade dringend brauche. Vielleicht bin ich auch einfach nur ein Glückskind!“, schmunzelte Elena zufrieden. Sie konnte an dem Leuchten in Arngrims Augen sehen, dass er unbedingt verkleidet werden wollte. Wie ein kleines Kind war er! Elena überlegte kurz, blickte sich in dem Waldstück um, durch das sie gerade langsam trabten, dann erhellte sich ihr Gesicht.
„Hier in der Nähe ist eine Taverne am Wegesrand. Ich habe den Besitzern vor einiger Zeit aus der Patsche geholfen, bestimmt helfen sie mir ein wenig aus.“
Sich selbst sollte Elena vielleicht auch ein wenig verkleiden für das, was sie vorhatten. Mit leichtem Druck lenkte sie ihr Pferd in die richtige Richtung und Arngrim folgte. Ganz aufgeregt war die junge Frau. So viel Spaß hatten ihr ihre kleinen Coups schon länger nicht mehr gemacht! Eine halbe Stunde lang kämpften sie sich durch den Wald, dann kam ein einfaches Haus in Sichtweite. Ein Karren stand davor und ein Schild mit der Aufschrift „Waldesrast“ wiegte sich leicht im Wind. Um diese Tageszeit war wohl nicht viel los und als Elena den Schankraum betrat, wurde sie auch sogleich überschwänglich empfangen. Es brauchte nur einige wenige Worte, um dem Wirt klarzumachen, weswegen sie hier waren, dann führte man sie in einer der Schlafzimmer und bedeutete ihnen zu warten.
„Olwart meinte, er kann die Dinge auftreiben, die ich für die Farbe brauche und er hat einiges an Kleidung hier. Vergessliche Gäste und so!“
Aufgeregt schritt Elena im Raum auf und ab, bis sie sich schließlich neben Arngrim auf das Bett setzte und begann, seine Haare zu lösen. Abschneiden würde sie natürlich nichts, aber eine etwas andere Haarpracht würde sicherlich wunder wirken.
„Wie lang deine Haare sind!“, stieß sie erstaunt auf, als die blonde Mähne in wilden Strähnen über seine Schultern fielen.
„Wenn ich die noch umfärbe, wird dich keiner wiedererkennen! Ich mische die Farbe aus natürlichen Stoffen an, für einige Tage sollte das schon reichen. Und dein Bart….“
Nachdenklich entknotete Elena auch diese Verflechtungen, während Olwart einen Haufen Kleider und eine Schüssel mit Zutaten brachte. Walnüsse, Zwiebelschalen, eine dunkel gefärbte Rübe….Elena musste sich ein Grinsen verkneifen.
„Du riechst sicherlich nachher wie eine gute Suppe! Hoffen wir, dass deine Angebetete dich so auch wiedererkennt! Am besten zieht du dein Hemd aus.“
Elena konnte es nicht lassen, einen verstohlenen Blick auf den Thorwaler zu werden und zu hoffen, dass er ihren Anweisungen Folge leisten würde.
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyDo Okt 24, 2019 4:08 pm

Ohje, sie war wirklich zu weit gegangen! Zumindest sprach die peinliche Stille mehr als tausend Worte und Selma glaubte noch ein bisschen röter anzulaufen. Was hatte sie sich dabei auch gedacht? Welch ein Mann- und vor allem welch ein Andergaster- würde schon freiwillig es gutheißen, wenn sie ihnen einfach so nah kam und ihre Gesichter anfasste? Sie wollte sich am liebsten selbst für so viel Dummheit schlagen, doch nun war es geschehen und es blieb nur noch zu hoffen, dass die Verlegenheit schon bald verflogen war uns sie etwas vertrauter miteinander reden konnte.
Die Wachfrau unterdrückte ein schweres Seufzen und beobachtete lieber so unauffällig wie möglich, wie der andere das mitgebrachte Frühstück verspeiste. Niemand hatte ihr Anweisungen gegeben wann und wie man den Gefangenen mit Essen versorgen sollte, also konnte ihr zumindest in der Hinsicht es niemand ankreiden, dass sie bedacht kein altes, fast schon schimmeliges Brot und abgestandenes Wasser in seine Zelle brachte. Ein bisschen zu Kräften musste er schon kommen, die sichtbaren Wunden mussten verheilen und das konnte nur gewährleistet werden, wenn der Körper nicht noch zusätzlichen Strapazen ausgesetzt wurde. Auch, wenn dies wohl in Zukunft auf Wendolyn zukommen würde. Selma konnte es wahrscheinlich nicht verhindern aber sie würde schon ein paar richtige Worte zusammenklauben, ohne die Autorität ihres Hauptmannes zu untergraben…hoffentlich.
Die junge Frau war dankbar, als Wendolyn diesen peinlichen Vorfall offenbar hinter sich gelassen hatte und wieder normal zu ihr sprach, sodass rasch alle finsteren Gedanken verflogen waren und ihre Miene sich erhellte. „Ach, es ist jetzt nicht so, als ob ich an meinem Tisch viel zu tun habe. Außerdem würde es ja voraussetzen, dass die Wachen das Interesse haben zu schauen wie es mir oder dir ergeht und ich kann dir versprechen, dass sich keiner von ihnen auch nur ein bisschen für uns interessiert. Bis morgen früh bleiben wir wohl unter uns.“, sie schenkte dem anderen ein breites Lächeln. Es hatte etwas Angenehmes zu wissen, dass sie füreinander da waren und niemand sonst hier war, um sie zu stören oder ihr Leben schwerer zu machen. Sicher, es war immer noch nicht die beste Lage und gehörte eher zu denen, die jedermann stets mied, doch sie machten bis jetzt das Beste daraus und sie würde auch weiterhin versuchen die Zeit, die der Andergaster hier verbrachte, so erträglich wie möglich zu gestalten.
„Das muss echt furchtbar sein, wenn etwas Natürliches, was zu dir gehört, einfach unterdrückt wird…ich hätte gerne gesehen zu was du fähig bist.“, entgegnete Selma hastig, entschuldigend zum Eisenband um seinen Hals schielend. Selbst, wenn sie gewollt hätte, war sie nicht in der Lage, ihn davon zu befreien. Sie hatten alle keinen Schlüssel für diese boshafte Fessel und andere Materialien waren auch nicht in Reichweite. Abgesehen davon wäre dieses Vorhaben wahrscheinlich ein Todesurteil für beide.
Ob sie jemals in der Lage sein könnte, Wendolyn zaubern zu sehen? Sie wünschte es sich zumindest, Magie war selten und hier in Nordvest hatten sie praktisch keinen einzigen magisch begabten Bewohner gehabt. Nicht einmal eine Hexe schien hier leben zu wollen…
„Als ich kleiner war, war eine Bande Gaukler auf der Durchreise, sie hatten magische Zwillinge, die Kurioses anstellen konnten! Während meiner Ausbildung hatte mir eine Hexe bei einer entzündeten Verletzung geholfen. Wir waren im Wald ausgesetzt worden und ich hatte mich böse verletzt. Aber einen richtigen Magier…den habe ich noch nie gesehen.“ Gedankenverloren musterte Selma den Fremden ein wenig, fragte sich, zu welchen Zaubern er imstande war und wie gut er sie wohl beherrschen konnte. Erst, als er nach einer Beschäftigung erfragte, riss sie sich abermals von ihren Gedanken los und suchte die braunen Augen des anderen. „Oh…vielleicht hab ich noch ein paar Würfel in meiner Manteltasche!“, hastig erhob sich die Wachfrau und kramte bei ihrem Tisch im warmen Wintermantel herum, ehe sie einen triumphalen Laut ausstieß und zurück zu Wendolyn eilte. „Kennst du ein paar Spiele? Sonst erkläre ich dir einige! Mein Vater hat früher andauernd mit uns gespielt, i-ich habe selbst seit Jahren sie nicht mehr benutzt, aber sie sind ein schönes Andenken an ihn, deswegen trag ich sie gerne mit mir rum…“, sie platzierte die Würfel auf den Boden. „Aber genug vom sentimentalen Hin und Her, das wird ja langsam langweilig! Ich hab noch ein Stück Schinken auf meinem Teller, spielen wir doch darum.“, breit grinsend schielte sie zum Gefangenen, darauf wartend, dass er einschlug.

Arngrim hatte so einige kennengelernt, die wahrlich das Glück auf ihrer Seite hatten, doch nicht auf diese Art und Weise. Aber vielleicht war Elena auch besonders angezogen von hilfreichen und guten Ereignissen, die ihr Leben angenehmer gestalteten. Oder es war doch ein bisschen Magie im Spiel! Zumindest konnten sie es wohl beide nicht wirklich beantworten und irgendwo machte es die Sache sogar ein wenig spannender!
Was den Thorwaler jedoch noch ein bisschen mehr erstaunte, war die Tatsache, dass sie offenbar für jede Situation eine passende Lösung hatte und dass offenbar an jeder Ecke sie jemand kannte und ihr aushelfen konnte. Das musste wirklich hilfreich sein, wenn man stets die Chance hatte, sich auf andere zu verlassen und ihr Vertrauen zu genießen.
Aufgeregt folgte er der jungen Frau durch den Wald, hatte er doch eigentlich ohnehin keine andere Chance gehabt, da sein Pferd nicht von ihm geführt wurde. Doch, selbst, wenn er ein Pferd kontrollieren und richtig reiten konnte, wäre er ihr noch freiwillig gefolgt!
In einer Taverne sollten sie sicherlich die Möglichkeit finden, sich in Ruhe zu verkleiden und vielleicht den Plan genauer durchzugehen, denn bis jetzt hatte Arngrim keine Ahnung, wen genau sie bestehlen wollten.
Angekommen bei der Schenke, schenkte er dem Besitzer ein freundliches Lächeln, war froh darüber, dass ihn niemand argwöhnisch betrachtete und man ihn als Elenas Begleitung kommentarlos akzeptierte.
Dass er hier vielleicht eine andere Kleidung finden würde, konnte er sich schon irgendwo denken. Doch die Sache mit den Haaren war ihm immer noch ein Rätsel. Wie sollte das funktionieren?
Das Bett ächzte kurz auf, als der Seemann sich draufsetzte, Elena dabei beobachtend, wie sie im Raum herumlief, dabei nickend. „Hoffen wir, dass ein paar vergessliche Nordmänner dabei waren! Aber so, wie ich uns kenne, sind dies wahrscheinlich die Vergesslichsten.“, ein belustigtes Lachen glitt über die schmalen Lippen. Er vertraute dem Wirt, dass er irgendwas auffinden würde, sonst musste er seine Schneiderfähigkeiten unter Beweis stellen und sich auf die Schnelle etwas einfaches aus Decken- und Gardinenstoff nähen.
Arngrim störte es nicht, dass der Rotschopf sich zu ihm setzte und begann sein Haar von seinem dicken Zopf zu lösen. Äußerst selten trug er die lange Pracht offen, nur zum Baden hatte er sie stets entflochten. „Oh ja, das ist jahrelange Arbeit! Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie ich mit kurzen Haaren aussehen würde.“, demonstrativ strich er sich kurz über die blonde Mähne, die immer noch nach Seife duftete vom vergangenen Bad. Wonach sie wohl duften würden, sobald Elena ihre Farbe hineinmischte?
„Na, solange ich mich vor meinem eigenen Abbild nicht erschrecke!“ Dem Thorwaler fiel es schwer zu glauben, dass man ihn so weit verändern konnte, dass selbst Freunde Schwierigkeiten haben könnten, ihn zu erkennen. Dann wiederum konnte er nicht wissen, wie verändert er aussehen würde, schließlich hatte er noch nie etwas an sich geändert, zumindest nicht in der Art.
Als der Bart nun auch seine Zöpfe loswurde, ließ Arngrim seine Augen zur Schüssel schweifen, dabei die Brauen fragend hebend. „Du hast aber nicht vor, mich zu kochen und zu essen?“, gespielt misstrauisch musterte er Elena kurz, ehe er sich langsam erhob und sich von seinen Kleidungsschichten befreite. „Wie eine Suppe zu riechen ist wenigstens eine gute Sache. Wie genau wirst du das eigentlich anstellen? Schmierst du mir Rüben und Zwiebeln auf meinen Kopf?“, achtlos warf der Blondschopf seinen Mantel samt Lederwams auf das Bett, ehe er das Hemd über den Kopf zog und mit entkleidetem Oberkörper vor der Elster stand, geduldig darauf wartend, was als nächstes anstand. „Die Hose kann ich aber vorerst anbehalten, oder?“
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptySa Okt 26, 2019 1:16 am

Mina musste schmunzeln, obwohl es eigentlich ein trauriger Gedanke war, dass sich niemand für sie interessierte. Selma war eine solch erträgliche Begleitung, dass Mina es in Kauf nahm. Und wenn sie die Wachfrau richtig deutete, war ihr die Anwesenheit der anderen Wachen sowieso nicht so wichtig. Da verstanden sie sich beide schon ganz richtig.
„Sicher, dass du das sehen willst? Ich könnte dich einfach starr wie Stein werden lassen. Oder all deine Muskeln zum Verkrampfen bringen“, raunte Mina bedrohlich. Sie unterdrückte den Drang, nach vorn zu schnellen und die Wachfrau ordentlich zu erschrecken. Immerhin hätte sie jegliches Recht gehabt, sie dann einfach außer Gefecht zu setzen. Außerdem wollte Mina nicht diesen zarten Hauch von Zweisamkeit ruinieren, der sich langsam zwischen ihnen anzusammeln schien. Interessiert lauschte Mina ihren Erzählungen. Groß geworden in der Akademie war es für Mina umgekehrt schwer, sich eine Welt ohne Magie vorzustellen. Wie musste es also für Nicht-Magier sein, mit dieser mysteriösen Macht in der Welt zu leben? Mina hatte darüber nie so genau nachgedacht.
„Heilen kann ich tatsächlich auch recht gut. Aber man hat mir immer gesagt, dass ich eine besondere Begabung für den Eisenrost hätte. Der Name ist selbsterklärend würde ich sagen“, fügte die junge Frau hinzu und lächelte schüchtern. Sie wollte nicht so klingen als wenn sie angeben wollte. Für sie war Magie doch einfach so etwas Selbstverständliches!
„Heilen kann ich eigentlich auch ganz gut!“
Unauffällig schielte Mina zu Selmas linker Hand, wo sie eine leichte Narbe zu erahnen glaubte. Ob das die Verletzung war? Aber bevor sie nachhaken konnte, hatte Selma sich schon erhoben und holte einen Satz Würfel aus der Tasche. Würfel waren ihr eben so lieb wie Karten und die Magierin setzte sich auf der Decke etwas auf.
„Karten kann ich besser, aber bestimmt kann ich dich auch beim Würfelspiel schlagen!“
Ein gewinnendes Grinsen huschte über Minas Gesicht, sodass die anstehenden Strapazen beinahe wie vergessen erschienen.
„Was spielt man denn hier so?“
Gelehrig lauschte sie den Erklärungen der einfachen Würfelspiele. Viele kamen ihr unter anderem Namen bekannt vor, hatte sie mit ihren Mitnovizen auch manchmal in der Akademie gespielt. Sie versuchte, besonders vorsichtig mit den Würfeln umzugehen, immerhin schienen sie für Selma von großem Wert zu sein. Nachdem sie ein paar Runden hin und her gewürfelt hatten, um sich aufzuwärmen, war Minas Neugierde doch allzu sehr angestiegen. Als Selma gerade nach den Würfeln griff, um sie neu zu verteilen, streckte Mina sich nach ihrem Handgelenk und griff nach Selmas linker Hand.
„Ist das die Verletzung, die die Hexe geheilt hat?“, fragte sie und fuhr mit sachten Fingerspitzen über die hellere Haut in der Handinnenfläche. Zu spät erst merkte Mina, dass ihre Impulsivität wohl unangebracht gewesen war und Selma sie wohlmöglich gleich in ihrer Zelle versauern lassen würde. Die dunklen Augen der Andergasterin starrten zuerst auf ihre Hände, dann mit großen Augen in das Gesicht ihrer Gegenüber und zog ihre Hand hastig fort.
„M-Mit einem Balsam hätte man das….komplett narbenfrei…“
Der Rest ihres Satzes verlor sich in betretenem Schweigen.

Wie sollte man die Augen bloß abwenden von so einem Prachtexemplar? Elena hatte gar nicht die Absicht, das zu tun. Viel mehr klebten ihre Augen auf der breiten Brust und den starken Armen und ein Seufzen entwich ihren Lippen.
„Ich bin verdammt neidisch auf Mina“, murmelte sie mehr zu sich selbst als zu Arngrim. Sie würde sich nicht zwischen die beiden zwängen, aber wenigstens den Anblick durfte sie ja wohl genießen!
„Wenn es nach mir ginge, dürftest du die auch ausziehen.“
Ein lautes Lachen begleitete ihre Worte und sie winkte mit einem verstohlenen Blick ab.
„Einen schönen Mann kann nichts entstellen! Da machen die dunklen Haare auch keinen Unterschied. Sicherlich wird es nur eine nette Überraschung, wenn du dich mal ganz anders siehst!“
Elena wandte sich ab und durchsuchte die Materialien, die Oswald ihr gebracht hatte. Auf einem kleinen Kessel setzte sie heißes Wasser an, in das sie langsam die Zutaten beimischte, bis eine braune Suppe über dem Feuer köchelte.
„Ein Alchemist hat mir dieses stinkende Zeug mal verkauft. Wenn wir das dazu mischen, sollte es deine Haare ganz verlässlich färben. Wenn alles fertig ist, beschmier ich deine Haare damit. Und dann warten wir ein bisschen!“
Schon war Elena wieder an ihrem Topf und rührte die Zutaten zusammen. Die Tinktur würde aus der flüssigen Suppe eine dicke Paste machen. Wie das alles funktionierte, ach, das wusste Elena selbst nicht! Sie wusste nur, dass es funktionierte und schon so manch einem ihrer Mitstreiter einen unbemerkten Abgang verschafft hatte.
„Wir waschen das einfach über dem Badezuber nebenan aus und dann überlege ich mir eine nette neue Frisur für dich.“
Sie strich sich über ihre eigenen wilden Haare, sah dann zu Arngrim auf.
„Ich habs bei meinen Haaren auch schon mal probiert, immerhin sind die mehr als nur auffällig!“
Elena rollte gespielt genervt die Augen.
„Aber es ist, als wenn die Farbe einfach von ihnen abperlt. Manchmal glaube ich, dass sie irgendwie verhext sind! Hat deine Freundin nicht Ahnung von Magie? Vielleicht kann sie ja Licht ins Dunkel bringen und mir sagen, ob ein Fluch auf ihnen liegt. Sie lassen sich quasi auch kaum schneiden!“
Während die junge Frau vor sich hinplapperte, suchte sie einen Kamm und eine Schale beisammen. Von der Masse im Topf ging ein beißender Gestank aus, seit Elena die Mixtur hinzugefügt hatte und sie sah den skeptischen Gesichtsausdruck des Thorwalers.
„Keine Sorge, ich mach das nicht zum ersten Mal! Jetzt setz dich hin und halt still!“
Mit vorsichtiger Präzision kämmte Elena die Masse in die hellen Haare des Thorwalers ein, bis schließlich sein ganzer Kopf bedeckt war. Dann setzte sie sich im Schneidersitz neben ihn aufs Bett
„Darf ich deinen Bart denn ein wenig schneiden? Je schlechter man dich wiedererkennt, umso besser. Und du musst zugeben, dass der schon lange keinen Barbier mehr gesehen hat!“
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyMo Okt 28, 2019 12:24 am

Fürchten tat sich Selma nicht vor dem Magier und all den Zaubern, die er offenbar zu beherrschen schien. Es war eher eine Faszination, die sie gepackt hatte und nicht mehr loslassen wollte.
Wendolyn war offenbar in verschiedenen Disziplinen begabt und sie fragte sich, ob bei jedem Magier in Andergast dies der Fall war oder er ein bisschen übereifrig gelernt und sich verbessert hatte. Sie hätte es wahrscheinlich genauso angestellt und es wäre ihr in so einer Akademie nicht anders ergangen als hier in Nordvest beim Militär.
„Für das Würfelspiel ist zumindest keine Magie vonnöten! Es ist ganz einfach..“, und schon setzte die Wachfrau an, die simplen Regeln des Spieles zu erklären, die der andere ebenfalls zu kennen schien. Es war eines der typischen Spiele, die man mit Würfeln machen konnte und Selma freute sich, dass sie endlich wieder jemanden hatte, um sich so ausgelassen amüsieren zu können! Lange war es her, seit sie das das letzte Mal wirklich tun konnte, jetzt wirkte es beinahe so, als hätte sie in den paar Jahren nur auf einen sehr alten, vertrauten Freund gewartet, der ihr wieder zeigte, dass es weitaus mehr im Leben gab, als sich seinen Pflichten zu stellen und eifrig das zu tun, was die Vorgesetzten von ihr verlangen.
„So, jetzt haben wir aber genug geübt, Zeit, dich abzuziehen!“, lachte die junge Frau und griff nach den alten Würfeln, als sie plötzlich die warme Hand des Gefangenen auf ihrer spürte. Überrascht hielt sie für einen Moment ihre Luft an, blickte mit großen Augen auf ihre Narbe, über die so umsichtig gestrichen wurde!
Das Herz pochte schneller gegen ihren Brustkorb und Selma hatte vergessen, dass eine Frage über die fremden Lippen geglitten war. Was war nur an ihm, dass so eine sachte Berührung bereits einen Blitzschlag durch ihren Körper strömen ließ? War sie wirklich so angetan vom Andergaster? Oder von der Idee, nicht mehr einsam zu sein?
Langsam traute sie sich erst, in die braunen Augen zu blicken, versuchte es irgendwie zu kontrollieren, dass die Wangen sich nicht erneut rot färbten. Doch vergebens und im nächsten Moment war die Berührung auf einmal nicht mehr und sie stammelte ein paar unverständliche Worte, ehe sie nach den Würfeln schnappte und sie fest gegen die Handinnenfläche presste. Sollte sie etwas sagen? Sie fühlte sich so seltsam und hatte Sorge, dass Wendolyn vielleicht diese Stille noch anders empfand und glaubte, dass Selma zornig war.
Erneut hielt die Wachfrau die Luft an, ehe sie die Stille unterbrach. „Es war Spucke…“, entgegnete sie knapp. Bei den fragenden Augen musste sie schmunzeln. „Glaub mir, so ähnlich hab ich auch geschaut. Sie- die Hexe- hat heilende Spucke, oder alle Hexen haben das…oder vielleicht nur bestimmte? Ich, ich habe absolut keine Ahnung! Aber sie hat mir geholfen, die Entzündung zu beenden und mich hinterher zu heilen. Ich dachte erst, es wäre vielleicht eine verrückte Dame, die glaubte ihre Spucke wäre magisch, doch es hat geholfen..“ Ein freundliches Lächeln stahl sich auf das rundliche Gesicht und sie ließ die Würfel endlich von ihrer Hand auf den Boden fallen. „Keine Narbe zu haben wäre vielleicht schöner…aber sie ist zum Glück an keiner schlimmen Stelle und erinnert mich daran, was ich gelernt habe.“ Selma zuckte kurz mit den Schultern. „Wobei so ein…Balsam heißt es? Der ist bestimmt gut, wenn man schlimme Wunden an sichtbaren Stellen hat.“ Sie selbst war nie eitel gewesen, doch ein entstelltes Gesicht dank einer argen Wunde wollte niemand haben und die Wachfrau hatte ganz schlimme Geschichten gehört, wo Soldaten so viele Narben mit sich nach Hause trugen, dass man sie kaum wiedererkannte. Die hätten sich über so einen Zauber ungemein gefreut.
„Sag mal…sollen wir heute Nacht versuchen irgendwie die Zelle zu teilen? A- also, weil es kalt und windig ist und wenn ich was gelernt habe, dann, dass man sich im Winter warmhalten muss! Und wenn ich ehrlich bin ist es im Gang echt unangenehm zugig…ich hab einen ganz steifen Nacken von letzter Nacht!“, hoffentlich war das nicht zu direkt. Wahrscheinlich wollte Wendolyn nicht, dass sie auch noch des Nachts ihm keine Ruhe ließ! Aber vielleicht war ein bisschen Gesellschaft auf mehr als nur willkommen?

Arngrim lachte laut auf bei den Worten des Rotschopfes. Er wusste selbst, wie es um sein Aussehen stand und dass er mit einigen Attributen gesegnet war, die andere gerne erstrebten, doch er machte keine große Sache daraus und versuchte ganz sicherlich nicht all die Komplimente von anderen zu ernten! Dennoch war irgendwo angenehm, so etwas vermittelt zu bekommen.
Dennoch war er im Inneren eher anderer Meinung, denn war es nicht Mina, die man beneiden sollte, sondern eher andersherum. Dass er jemanden, der so stark und so schlau und wunderbar war, verdient hatte, war ihm immer noch schleierhaft; dabei hätte es seine Geliebte wahrscheinlich weitaus besser treffen können, mit jemanden, der kein Krimineller war, gesucht von Kopfgeldjägern und ungeliebt von ihren Landsleuten. Dann wiederum wollte er sie niemals wieder an jemand anderen abgeben und hoffte nur zu stark, dass er sie bis an ihr Lebensende glücklich machen konnte. Es waren vielleicht weit hergeholte Gedanken, doch ein Leben ohne Mina war mittlerweile unvorstellbar für den Thorwaler.
„So eine Veränderung klingt einfach viel zu aufregend, als dass ich Angst habe, es könnte mich schlecht aussehen lassen! Und selbst wenn, ist das auch nicht so schlimm!“, der Seemann lächelte breit und nahm wieder Platz auf dem Bett, während Elena sich daran machte, offenbar eine Farbe anzukochen.
Gespannt beobachtete er jeden Schritt, den sie machte und lauschte dabei Aufmerksam den Worten. „Sagst du stinkend? Wie rieche ich denn dann?“, fragend musterte er das hübsche Gesicht. Irgendwie konnte er sich nichts unter dieser ganzen Sache vorstellen. In seiner Vorstellung musste er das ganze Gemüse und die Nüsse irgendwie in seine Haare reiben, damit was geschah. Dass man allerdings vorher etwas kochen musste, hätte er sich nicht träumen lassen. Aber es würde schon irgendwie klappen!
„Vielleicht können wir die Haare ja sogar einfach nur offen lassen? Wobei mir so einige Frisuren einfallen! Ich habe meinen Schwestern früher immer die Haare geflochten, ich könnte versuchen deine auch ein bisschen zu bändigen!“ Elenas Haare waren wirklich wild und es war spannend zu erfahren, wie viel kurioses an ihr dran war. Vielleicht war ja tatsächlich was Magisches an ihr dran!
„Also, Mina kennt sich sehr gut mit Magie aus, vielleicht könnte sie ja mehr herausfinden, aber du klingst wirklich so, als ob etwas Magisches in dir fließt!“, stellte der Blondschopf interessiert fest, rümpfte im nächsten Moment seine Nase bei dem beißenden Gestank, der aus dem Topf zu ihm wehte.
„Elena, sicher, dass meine Haare nicht abfallen, wenn du mir das Zeug reinschmierst?“, mit zusammengezogenen Augenbrauen starrte er auf die stinkende Masse, konnte sich nicht vorstellen, dass es gut war, dieses Zeug in seine Haare zu schmieren. Doch die Elster schien Ahnung von so etwas zu haben, also war es vielleicht wirklich besser, wenn man ihr vertraute.
„Gut, du weißt es wahrscheinlich besser…“, mit diesen Worten versuchte Arngrim so still wie es nur möglich war zu sitzen und darauf zu warten, dass Elena dieses Zeug in seinen Haaren verteilt hat. „Ich hoffe mit dem Gestank vergraule ich nicht jeden, wobei das auch das Problem der Wiedererkennung lösen würde…du kannst übrigens an meinem Bart arbeiten. Aber schneide nicht zu viel ab!“, der Thorwaler musste gestehen, dass er auf ihren Reisen seit langem nicht mehr sich um seinen Bart gekümmert hatte, es hatte sich einfach nie angeboten und die meiste Zeit war er ohnehin in einem Zopf zusammengebunden.
Doch Elena schnitt nicht allzu viel ab und nach einiger Zeit spürte Arngrim langsam, dass sich irgendeine Form getan haben sollte. „Übrigens sollten wir vielleicht wirklich die Haare offen lassen…“, er deutete mit seinen Fingern auf seine eigentlich kahl rasierten Seiten, welche jedoch nun bedeckt von einer kurzen blonden Schicht waren, die Tätowierungen verdeckend. „Oder wir beziehen das irgendwie ein und….kann ich das blöde Zeug endlich auswaschen, meine Augen tränen ja schon davon!“
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyMo Okt 28, 2019 11:02 pm

Die Stille, die auf ihre Worte hin folgte, erschien Mina beinahe ewig zu währen. Kurz hatte sie geglaubt, dass Selma wütend auf sie war, doch die Art, wie sie errötete und vor sich hin stammelte, waren eher Nervosität als Zorn. Sie stellte sich genauso unbeholfen an wie Mina selbst! Arngrim hatte sie bei ihren ersten Treffen auch in die ein oder andere unangenehme Situation gebracht, doch irgendwie war es mit Selma alles noch so viel komplizierter. Vielleicht ja wirklich, weil sie sich beide zu ähnlich waren und es keinen lauten, lebensfrohen Thorwaler gab, der sie aus der Reserve locken konnte. Fieberhaft überlegte Mina, was sie sagen konnte, um die Stille zu durchbrechen, doch Selma war ihr zuvor gekommen. Nicht, dass ihre Worte irgendeinen Sinn ergaben. Perplex starrte Mina sie an, doch bevor sie nachhaken konnte, was es mit dieser Spucke auf sich hatte, hatte die Wachfrau schon weitergeredet.
„Hat sie einfach auf deine Hand gesabbert?“
Mit großen Augen starrte Mina ihre Gegenüber an. Sie wusste zwar, dass die Sumen in Andergast auch andere Mage anwandten als ein Gildenmagier, aber von Hexen wusste sie ehrlich gesagt noch weniger.
„Also bei einem Balsam müsste ich dir nur die Hände auflegen, kein Speichel benötigt“, gluckste Mina, immer noch amüsiert von der Vorstellung. Was sie selbst wohl in der Situation getan hätte? Aber sie teilte Selmas Ansicht; Narben waren ein lästiges Übel, aber nichts, womit man nicht leben konnte.
„Ich hab auch die ein oder andere Narbe von der Ausbildung, es ist nicht so schlimm.“
Mina zuckte mit den Schultern. Ihre Narben machten sie sogar ein wenig stolz, zeigten sie doch, dass sie hart gearbeitet hatte, um dort zu sein, wo sie nun war. Sie war schon bereit, die Verwirrung hinter sich zu lassen und mit ihrem Würfelspiel fortzufahren – vor allem, weil Selmas Schinken ganz verführerisch duftete – als dieses Mal war es die Wachfrau, die Mina vollkommen verdutzt zurückließ.
„Was ist denn, wenn man dich erwischt?“
Immerhin waren sie im Schlaf vollkommen schutzlos und welche Erklärung konnte einen schon retten, wenn man dabei erwischt wurde, wie man mit einem Gefangenen in der Zelle übernachtete? Doch auf der anderen Seite sehnte Mina sich nach etwas Wärme, einer Präsenz, die ihr die Angst nahm, die sie in der Dunkelheit und der Gefangenschaft vor allem nachts zu übermannen drohte. Unsicher blickte Mina in das freundliche Gesicht.
„Wenn du sichergehen kannst, dass uns keine Gefahr droht, wäre es sicherlich nett, nachts nicht alleine auf dem kalten Boden liegen zu müssen“, gab die Magierin schließlich zu und ließ ihre Würfel fallen. Ihre Augenzahl konnte die von Selma definitiv nicht schlagen. Mit einem schweren Seufzer nahm Mina die Würfel wieder auf.
„Willst du eine meiner Narben sehen?“, fragte Mina und krönte ihre Frage mit einem leichten Grinsen.
„Dafür darf ich allerdings nochmal würfeln!“
Mit einem erwartungsvollen Blick lupfte Mina leicht ihr Oberteil. Bei einem Trainingskampf hatte sie ein Schwert einmal übel erwischt und seitdem trug sie eine Narbe seitlich am Bauch. Solange sie ihr Oberteil nicht zu weit anhob, war außer ihrer Bauchmuskeln und der fingerlangen Narbe nichts zu erahnen, was ihr Geheimnis hätte verraten können.

Der beißende Geruch, der langsam dafür sorgte, dass Arngrims Haare einen immer dunkleren Ton annahmen, stieg auch Elena langsam in die Nase. Die ersten Minuten konnte sie sich ablenken, indem sie den Bart des anderen trimmte. Zwar wagte sie es nicht, einfach mehr abzuschneiden, aber wenigstens etwas in Form kam er wieder. Schließlich aber hielt Elena es für angebracht, die dunkle Schmiere auszuwaschen.
„Wir werden mal sehen, was deinen Haaren am besten steht, wenn sie ausgewaschen und trocken sind. Hast du viele Geschwister? Ich bin neidisch, ich hatte nie Geschwister, die mir die Haare flechten konnten oder denen ich eine Kröte unters Kopfkissen stecken durfte!“
Sie hieß Arngrim, kurz zu warten und verschwand aus dem Zimmer. Als sie weniger Minuten später zurückkehrte, trug sie einen kleinen Eimer mit aufgewärmtem Wasser bei sich und hatte einige Kleidungsstücke über dem Arm. Zu ihrer großen Überraschung hatte der Wirt einige Kleidungsstücke in Thorwalergröße gefunden, unter ihnen ein prächtig besticktes Gewand, dass sie wohl mal irgendwann einem Jarl abgenommen hatten. In ihrem Kopf wirbelten schon wilde Szenarien herum, die sie den ahnungslosen Bürgern Nostrias hätten vorspielen können, doch sie zwang sich dazu, einen Schritt nach dem anderen zu gehen.
„Der geschnittene Bart lässt dich schon ganz anders aussehen! Aber du hast recht mit den Tattoos…“
Nachdenklich strich Elena über die kürzeren Haare, die die Markierungen eher schlecht als recht verdeckten. Es war nicht einmal so, dass die Tätowierungen nichts auf einem Thorwaler zu suchen hatten, sondern eher, dass sie ein sehr eindeutiges Erkennungsmerkmal waren.
„Offene Haare sind glaube ich eine gute Idee. Aber jetzt lass mich das erst mal auswaschen!“
Aus den Tiefen ihrer Taschen zog Elena ein kleines Fläschchen wohlduftenden Öls. Normalerweise hob sie es sich auf, falls sie mal ein langes und besonders erholsames Bad nehmen wollte, aber dieses Mal würde Arngrim es wohl brauchen, wenn er nicht tagelang nach Zwiebeln stinken wollte. Mit sanften Bewegungen massierte Elena die Kopfhaut des anderen im warmen Wasser, das sich langsam tief braun färbte. Auch ohne, dass Arngrims Haare getrocknet waren, konnte Elena den Effekt schon erahnen. Als sie schließlich fertig waren und Arngrims Haare keine Farbe mehr abgaben, drückte sie ihm ein altes Tuch in die Hand und wartete darauf, dass er seine Haare trocken gerubbelt hatte. Als er den Kopf dann endlich wieder hob, stieß die junge Räuberin einen euphorischen Schrei aus.
„Du siehst so anders aus! Niemand wird jemals deine Spür verfolgen können, Arngrim!“
Entzückt griff sie nach ein paar Kleidungsstücken und hielt sie probemäßig an den Thorwaler.
„Was hältst du davon, wenn wir einen Jarl aus dir machen?“, fragte sie verschmitzt.
„Vielleicht….ja vielleicht kann uns das sogar helfen, um an Mina ranzukommen, ich hab da schon ein paar vage Ideen.“
Immerhin waren Einfluss und Macht nie verkehrt, auch, wenn sie nur angedichtet waren.
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyMi Okt 30, 2019 1:31 am

Es war durchaus eine ulkige Sache. Wann ließ man sich schon freiwillig für einen guten Zweck anspucken? Doch wenn dies zu den Hexen gehörte, war Selma die Letzte, die diese Methode anzweifeln würde, insbesondere, wo sie doch am eigenen Leib erfahren hatte, dass es funktionierte.
Dass die Zauberei von Magierin etwas anders abging, hatte sie sich ebenfalls schon gedacht, dennoch war es interessiert etwas Neues zu lernen und sie nickte anerkennend dem Andergaster zu. Ein Teil von ihr hätte sich damals sicherlich gerne von ihm heilen lassen, ein anderer sagte ihr jedoch, dass sie wahrscheinlich nicht allzu friedlich im Wald miteinander umgegangen wären. Wahrscheinlich hätten sie versucht einander umzubringen oder irgendwie gefangen zu nehmen. Da war die Wachfrau erleichtert, dass sie sich irgendwie erst unter den aktuellen Konditionen kennengelernt hatten!
Die Sorge des Erwischtwerdens und den Konsequenzen, die beide ausbaden müssten, waren mittlerweile beinahe gänzlich verflogen. Sicher, eine leise Stimme im Kopf der Wachfrau warnte sie immer noch davor, sich so sehr dem Feind anzuvertrauen und eine Freundschaft mit ihm zu schließen. Hin und wieder pochten die Fragen auf, ob er sie nicht nur benutzte, um sie im nächsten Moment niederzuschlagen und zu fliehen. Doch sie unterdrückte diese paranoide Stimme, wollte den panischen Worten in ihrem Kopf gar nicht glauben, denn bis jetzt hatte nichts darauf hingedeutet, dass Wendolyn wirklich böse Absichten mit ihr hatte. Nein, sie hatte genug davon, blind den Anweisungen ihres Vorgesetzten zu folgen. Er hatte immerhin keinen Gedanken an ihr Wohlergehen verschwendet und sich gefragt, wie fair es denn eigentlich war, dass man nur einer Person die komplette Verantwortung überließ. Ganz gleich welche kleinen Fehler ihr sonst unterlaufen wären- und Fehler wären durchaus entstanden- würde sie ohnehin schlimme Konsequenzen über sich ergehen lassen müssen, ohne, dass jemand darüber nachdachte, dass sie niemals nur eine Person mit dieser Aufgabe überwalzten. Also wieso panisch versuchen, jegliche Fehler zu vermeiden, wenn es ohnehin egal war?
Selma zuckte lediglich mit den Schultern. „Ach, weißt du, niemand hat das Interesse einen Fuß runterzusetzen und nach uns zu sehen. Der Hauptmann hat mir gesagt, ich soll dich jeden Morgen zu ihm bringen und das wars. Ich bin ein Frühaufsteher, ich schlafe wenig und werde bei dem ersten Vogelzwitschern wach. Solltest du also Angst haben, dass uns am Morgen wirklich jemand sieht, kann ich dir garantieren, dass alle noch am Schlummern sind, während ich bereits meine morgendlichen Übungen bewältigt hab!“, erwiderte die junge Frau mit einem Hauch von Stolz. Einen leichten Schlaf zu haben war vielleicht nicht das Beste, womit man zu leben hatte, doch Selma hatte das Beste daraus gemacht.
Selbst dem Gefangenen wurde jedoch klar, dass sie wahrscheinlich sich gegenseitig nur einen Gefallen tun würden, wenn sie nicht das Gitter zwischen sich geschlossen ließen und alleine in ihren unbequemen Positionen nächtigten. Freude durchströmte den Körper der Wachfrau und sie lächelte den anderen zufrieden an. „Das erinnert mich an meine erste Übernachtung bei einer Freundin aus der Kindheit. Wir haben uns gegenseitig mit Gruselgeschichten Angst gemacht und uns dann unter der Bettdecke versteckt.“ Ein belustigtes Lachen glitt über die blassen Lippen, während ihre Augen die Augenzahlen der gefallenen Würfel betrachteten. Der Schinken ging wohl an sie!
Gerade wollte Selma ihren Triumph aussprechen, da kam Wendolyn ihr bereits zuvor mit einer Frage, die sie für einen kurzen Moment verwirrt dreinblicken ließ. „Oh, nun, klar…wieso nicht?“, sie nickte und musterte den Fremden kurz. Sie hatte vielleicht eine Narbe am Bein oder Arm erwartet, vielleicht irgendwas, was man einfach zeigen konnte, ohne sich dabei große Umstände machen zu müssen. Doch stattdessen hob der Magier sein Oberteil ein wenig an und präsentierte nicht nur seine Narbe, sondern auch eine feine Anzahl an Muskeln. Selma hielt kurz den Atem an, starrte auf die entblößte Stelle des anderen, als hätte sie noch nie den Bauch eines Mannes gesehen. Zugegebenermaßen hatte sie zumindest nie so einen gesehen. Sie konnte selbst nicht erklären, wieso an Wendolyn so einiges irgendwie anders wirkte, als sie es gewohnt war, auf einer eigenartig guten Weise. „Wie ist das passiert? In einem Kampf?“, Selma merkte, wie trocken sich ihre Kehle für einen Moment anfühlte und sie musste all ihre Willenskraft daran setzen, nicht ihre Finger nach der Narbe auszustrecken, es als Ausrede anzusehen, um die Haut des anderen zu berühren und seine Muskeln kurz zu ertasten. Es war nicht einmal so, als ob es ihr an Muskeln gemangelt hatte. Das Training und die harte Arbeit hatten ihren Körper stämmiger und stärker gemacht, doch das war etwas anderes, das war nicht eine andere Person und bei weitem nicht so spannend.
„Du hast meine Wunde angefasst, jetzt möchte ich deine anfassen! Nur, um zu sehen, wie tief sie ist. Und ja, du darfst gerne nochmal würfeln!“ Die Wachfrau sprach so gelassen wie möglich und wartete darauf, dass der Andergaster der Abmachung zustimmte, ehe ihre Finger zaghaft über die fremde Haut fuhren. Sie war warm und die Muskeln hart, doch sie konnte genau spüren, wo die Narbe lag und vor allem wie tief die Wunde war, die dies hinterlassen hatte.
Sie versuchte nicht zu lange den Körper des Gefangenen zu bewundern und zog nach einem kurzen Augenblick ihre Hand wieder zurück, die Augen des anderen suchend. „Jetzt, wo wir das heilige Narbenritual erfolgreich vollendet haben, kannst du noch einmal dein Glück mit den Würfeln versuchen!“

„Oh, ich habe ganze acht Geschwister, drei Schwestern und vier Brüder. Ich kann dir gerne ein paar abgeben!“, Arngrim lachte laut auf. Er konnte sich ein Leben ohne seine Geschwister gar nicht mehr vorstellen. Sie waren immer füreinander da, trieben sich gegenseitig in den Wahnsinn, prügelten sich wie die Wahnsinnigen und halfen sich gegenseitig, wenn einer von ihnen in der Patsche steckte. Es musste wirklich öde sein, wenn man nicht das Glück hatte und zumindest einen Bruder oder eine Schwester hatte. Beneiden konnte er Einzelkinder ganz und gar nicht. Sollte er irgendwann Kinder haben, würde er es niemals bei nur einem belassen wollen, nicht, wo er doch wusste, wie wichtig eine große Familie sein konnte. „Du musst dir mal unsere Familienfeiern anschauen, da brauchen wir halb Olport um alle unterzubringen!“
Noch ehe er mehr Anekdoten aus seiner Heimat erzählen konnte, war Elena bereits aus dem Zimmer verschwunden und kehrte mit Wasser und Kleidung wieder zurück.
„Ich vertrau dir, dass du den Bart gut hergerichtet hast.“, entgegnete die dunkle Stimme, geduldig darauf wartend, dass sie das stinkende Zeug von seinen Haaren wuschen. Und das hatten sie nun vor.
Das Wasser war angenehm warm und die Finger der Rothaarigen, wie sie durch seine Strähnen fuhren, fühlten sich gut an, dass er kurz seine Augen schloss, sich vorstellend, dass Minas Hände sein Haar wuschen. Er war gespannt, was gleich passieren würde und wie gut dieses Zeug wirklich wirkte. Hoffentlich nicht zu gut, denn Arngrim wollte gerne bald wieder sein blondes Ich sein, welches einen Teil von ihm nun einmal ausmachten.
Der Thorwaler wäre beinahe weggenickt, riss seine Augen jedoch schnell wieder auf, als das Zeug offenbar endlich komplett aus seinen Haaren verschwunden zu sein schien. Schnell begann er mit dem zugeworfenen Handtuch die Pracht trocken zu rubbeln. Allein bei diesem Prozess konnte er die dunklen Strähnen bereits sehen und war erstaunt davon, wie gut sein Haar eine andere Farbe angenommen zu haben schien. Es war ein wenig verwirrend auf einmal braune Strähnen zu sehen, wo vor einigen Minuten noch ein rötliches Blond zu erkennen war. Elena wusste wirklich, was sie tat!
Als die Pracht endlich trocken genug gerubbelt war, grinste er seine neue Bekanntschaft breit an. „Und, sieht es denn wenigstens gut aus?“, fragte er neugierig nach, sich einige Strähnen vom Gesicht entfernend. Er müsste sie dringend kämmen, ehe die wilde Mähne noch begann sich zu verfilzen. „Muss der Bart das Gleiche durchmachen?“, hakte der Seemann interessiert nach, kümmerte sich jedoch nicht mehr um die Frage, als die Elster mit ihrem Vorschlag kam, der ihm selbst niemals in den Sinn gekommen war. Mit großen Augen starrte er sie an. „Jarl? Bei Swafnirs Fluke, dass ich einmal einen Jarl spielen kann, hätte ich mir nicht träumen lassen, aber…Moment, wie meinst du das? Erzähl mir von den Ideen!“ Am liebsten hätte er Elena gepackt und die Ideen aus ihr herausgeschüttelt, so groß war seine Neugierde und sein Interesse galt keiner anderen Aufgabe in diesem Moment, als ihren Ideen, die in ihrem Kopf herumzuschwirren schienen. Doch stattdessen trat er nur etwas näher an sie heran, blickte sie fragend und hoffnungsvoll an. Wenn sie wirklich schon wusste, wie sie an Mina rankommen könnten, dann musste er es wissen, musste sich vorbereiten!
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Eichenherz - Seite 14 Empty
BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptySo Nov 03, 2019 2:24 am

Gerne hätte Mina Selma erzählt, dass sie Narbe aus einem epischen Gefecht stammte, dass irgendein erbitterter Kampf auf Leben und Tod dahinterstand, aber dem war leider nicht so. Und die Magierin war niemand, der sich atemberaubende Geschichten aus den Fingern sog, nur, um ein wenig besser dazustehen. Mit einem schiefen Grinsen schüttelte sie den Kopf.
„Ich wünschte, es wäre ein richtiger Kampf gewesen, aber es ist beim Training in der Akademie passiert.“
Mina erinnerte sich an den Tag, als wäre es gestern gewesen. Dabei war es mittlerweile sicherlich fast zehn Jahre her. Auf dem kleinen Innenhof der Akademie hatten sie sich allesamt versammelt, in der brüllenden Hitze der Sommermonate, und hatten allesamt schwitzend wie die Schweine Schwertkampf üben müssen.
„Ich hab mit einem Freund geübt, Schwertkampf. Er war immer schon ein wenig ein Tollpatsch und wir waren beide ziemlich verbissen bei der Sache.“
Angetrieben von der Hitze hatten sie sich regelrecht in einen Rausch geschlagen, hatten so beharrlich Schläge ausgetauscht, bis sie beide die Hitze irgendwann vergessen hatten.
„Da hat er irgendwie einen ganz ekligen Schlag auf mich getroffen, ist abgerutscht….Und schon hatte ich sein Schwert im Bauch! Es war wohl schlimmer als es aussah, jedenfalls hab ich es selbst mit einem eher dilettantischen Balsam wieder geheilt. Deswegen auch die Narbe. Damals hab ich den Zauber noch nicht so gut beherrscht.“
Getrieben hatte Mina in diesem Moment natürlich die Panik, man könnte sie im Lazarett genauer untersuchen und ihr Geheimnis entdecken. Also hatte sie sich lieber selbst geheilt, doch davon war dann diese Narbe übriggeblieben. Die ganze Geschichte war eher peinlich als heroisch. Selma schien trotzdem ganz angetan zu sein. Fragend hob Mina bei ihrer Bedingung eine Augenbraue. Ihr war nicht ganz wohl bei der Angelegenheit, doch auf der anderen Seite wäre es wohl noch auffälliger gewesen, wenn sie Selmas Bitte abgelehnt hätte. Also erlaubte sie ihr mit einem langsamen Nicken die Berührung.
„Ich glaub ehrlich gesagt, dass sie verdammt tief war, wenn einer meiner Dozenten das mitbekommen hätte…“
Aber die Hitze hatte sie damals an dem Tag ebenfalls unauffällig gemacht. Mina konnte es nicht vermeiden, dass sich ihre Muskeln anspannten, als sich die Finger nach ihrer Haut ausstreckten, fast, als wollte ihr Körper unterbewusst der Berührung ausweichen. Als Selmas kühle Finger sich auf ihren Bauch legten, breitete sich unwillkürlich ein Kribbeln über ihren ganzen Körper aus. Eine Gänsehaut. Mina ließ aber zu, dass Selma einmal ertastete, wie tief die Wunde war, dann zog sie nach einer schier ewig wirkenden Zeitspanne die Finger wie davon. Erst jetzt konnte Mina sich wieder ein bisschen entspannen und zog ihr Leinenhemd wieder über die nackte Haut. Zum Glück war Selma wohl von der ganzen Situation etwas weniger peinlich berührt als Mina und bei ihren Worten konnte die Magierin gar nicht anders, als einmal zu lachen.
„Das wirst du noch bereuen, dass du mich nochmal hast würfeln lassen, du wirst schon sehen“, murmelte Mina siegessicher und nahm die Würfel wieder in die Hand. Und siehe da: dieses Mal schien das Glück ihr gewogen zu sein. Da Selma keine Anstalten machte, mit einer neuerlichen Bestechung einen weiteren Würfelwurf heraus zu zögern, nahm Mina sich mit einem freudigen Blick das Stück Schinken vom Teller. Fast schon hätte sie ihn in einem verschlungen, dann gab sie nach. Sie biss einmal ab, dann hielt sie die andere Hälfte Selma hin.
„Komm, wir teilen“, bot sie kauend an und ihr eindringlicher Blick machte klar, dass sie keine Widerworte duldete.
„Wenn wir schon die Zelle teilen, dann auch das Essen.“


Nachdenklich legte Elena den Kopf schief und betrachtete Arngrim innig.
„Blond steht dir besser“, kam sie schließlich zu dem ehrlichen Schluss und nickte bedächtig.
„Aber als Verkleidung ist dies mehr als geeignet! Aber du hast recht, wie konnte ich den Bart vergessen! Vielleicht sieht es deshalb auch noch etwas merkwürdig aus!“
Sofort machte Elena sich auch daran, den drahtigen Bart mit der Färbemasse einzureiben. Ansonsten wären sie selbst in dem noch so kleinsten Fischerdorf hier in der Umgebung aufgefallen! Vielleicht sollte sie selbst ihre Haare auch besser färben, doch auf der anderen Seite waren rote Haare in Thorwal keine Seltenheit, also war das für ihre Zwecke wohl nicht ganz so tragisch.
„Naja, es war bisher nur eine flüchtige Idee und ich muss mir noch ein paar Gedanken mehr machen, aber….Du hast erzählt, dass die nostrische Obrigkeit von dir wusste, dich aber nicht weiter verfolgt hat?“
Elena wartete das Nicken ab, währen sie die braune Masse pflichtbewusst in jedes Barthaar einmassierte.
„Was, wenn nun ein Jarl oder irgendein anderer ähnlich hoher Thorwaler mit seiner Frau hierher käme, um nach diesem in Thorwal gesuchten Kriminellen zu fahnden? Da sie gehört haben, dass ein Komplize hier im Gefängnis sitzt, wollen sie ihn natürlich persönlich sprechen! Und das gibt uns eine Gelegenheit, deine Mina zu Gesicht zu bekommen und ihre persönliche Wache genauer unter die Lupe zu nehmen!“
Elena hatte diesen Plan ehrlich gesagt eher gesponnen, während sie geredet hatte, aber eigentlich war sie im Groben und Ganzen damit zufrieden. Jetzt hieß es nur, die Kanten auszubügeln und die Details zu richten.
„Wir könnten unseren Akt in den kleinen Dörfern üben, unsere Präsenz ankündigen und dann in Nordvest so überzeugend wie möglich wirken. Allerdings wirst du mir ein wenig Nachhilfe geben müssen.“
Elena hatte angefangen, ihre Haare vorsichtig zu kämmen und die dicken Strähnen zu teilen.
„Erst einmal weiß ich nicht viel über Thorwal. Bitte sag mir, dass du nicht aus der Nähe der Grenze kommst und wir dich als hohes Tier aus dem Norden Thorwals vorstellen können, wo du dich auskennst!“
Erwartungsvoll starrten ihre grünen Augen zu Arngrim auf.
„Und zweitens musst du mich wie eine Thorwalerin herrichten. Die Haare flechten und so. Und mir sagen, wie Thorwalerinnen so reden.“
Gespannt blickte sie Arngrim an, der aufgrund seines eingefärbten Bartes etwas bedächtiger reden musste.
„Bekommst du das hin? Einen Jarl mimen?“
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyMo Nov 04, 2019 2:46 am

Interessiert lauschte sie den Worten des Gefangenen. Sie kannte die Unfälle während der Ausbildung, was man alles für Fehler machte und wie man sich einige unangenehme Narben zulegte. Neben ihrer Handverletzung waren auch andere Male auf ihrem Körper, die von Unachtsamkeit, Ahnungslosigkeit oder simpler Naivität zeugten. Doch das gehörte wohl tatsächlich dazu.
„Bestimmt hätte dein Mitstreiter dir sonst auch geholfen! In eurer Akademie hält man sicherlich ganz gut zusammen, oder?“, entgegnete die Wachfrau neugierig. Selma hatte absolut keine Ahnung, wie eine Akademie so aussah und wie sich alle dort verhielten. Es war eine teure Ausbildung, das wusste sie zumindest, und es gab einen Grund, wieso Wendolyn nicht wie jeder dahergelaufene Gefangene behandelt wurde und man nicht direkt kurzen Prozess mit ihm gemacht hatte. Wäre es einfach nur ein Soldat gewesen, so hätte man bei seiner Verweigerung schnell eine Konsequenz daraus gezogen und ihm den Tod gebracht.
Etwas, was wohl ihr passiert wäre, wäre sie je in so eine Situation geraten.
„Wir haben gelernt, schnell einander zusammenzuflicken, damit man vorankommen kann. Während der Ausbildung mussten wir das häufig genug machen und ich weiß, dass, wenn es nach einigen Soldaten ginge, ein paar Verletzte ihrer Meinung nach sich gefälligst selbst um ihre Probleme kümmern sollten.“, sie zuckte leicht mit den Schultern und beobachtete die fremden Hände, wie sie die Würfel an sich nahmen.
„Wir werden ja sehen, ob ich es wirklich bereue!“ Breit grinsend blickte sie den Fremden an, wartete geduldig darauf, dass er seinen Wurf machte und sie hoffentlich damit recht behalten konnte, dass nicht einmal ein extra- Wurf sie besiegen konnte. Allerdings zeugten die Augenzahlen genau vom Gegenteil und Selma gab sich mit einem theatralisch schweren Seufzer geschlagen. „Genieße deinen Schinken, Wendolyn. Nächstes Mal ziehe ich dich ab!“ Lachend schob sie ihm ihren Teller zu.
Selma hatte nicht erwartet, dass er mit ihr teilte, hatte es nicht einmal verlangt. Und so blickte sie ihn etwas verwirrt drein, als ihr die andere Hälfte gereicht wurde. „Oh…danke!“, entgegnete die junge Frau überrascht, formte ihre Lieben jedoch schnell zu einem warmen Lächeln und verschlang die übrig gebliebene Hälfte des Schinkens. „Es stimmt wohl, zu Teilen ist ohnehin nie verkehrt. Weißt du, in meiner Jugend-“ Selma hielt augenblicklich inne, als Geräusche zu vernehmen waren, so, als ob jemand die Kerker betreten wollte.
Hastig sprang die Wachfrau auf, versteckte den Teller und Schlafsack unter der heruntergekommenen Wolldecke und eilte aus der Zelle hinaus, sie provisorisch schließend und das alles schnell genug, dass sie mit einem geraden Rücken, beinahe zu einer Statue versteift, vor den Gittern auf wen auch immer warten konnte.
Selma entspannte sich ein wenig, als ihre Augen nur zwei ihrer Kollegen erhaschten, die ohnehin eher an ihr vorbeischauten, als dass sie näher alles betrachten wollten. „Der Hauptmann hat gesagt du sollst den Gefangenen hochbringen. Will wohl irgendwie was sicherstellen mit dem.“, noch ehe sie etwas darauf antworten konnten, waren sie bereits die steinernen Treppen wieder hoch gestampft und setzten wohl eine Unterhaltung fort, die sie dank der Befehle für einen Moment unterbrechen mussten.
Kaum war die Tür zugeknallt, atmete die junge Frau erleichtert wieder aus, entspannte ihren Körper ein wenig und wandte sich schnell dem Gefangenen wieder zu. „Das war knapp. Aber das muss ein Talent sein!“ Gerne hätte sie sich wieder zu Wendolyn gesetzt und den Tag ausklingen lassen, doch ihr Vorgesetzter schien nicht fertig zu sein. „Dann muss ich dich wohl leider wieder fesseln…keine Ahnung, was der Hauptmann jetzt wieder für Ideen hat…“
Selma brauchte gar nicht sich allzu lange zu fragen, was man tun wollte. Man hatte sie in einen kleinen Raum gelotst, einen, den man eigentlich nahm, um Gefangene auszuquetschen. Dieses Mal jedoch befanden sich auf dem kleinen hölzernen Tisch ein paar Werkzeuge und sie sah eine Schale mit glühender Kohle.
Sie schreckte beinahe zusammen, als die Tür sich laut hinter ihnen schloss und sie ihren Vorgesetzten und einen weiteren Mann auf der gegenüberliegenden Wand erblickte.
„So schnell sieht man sich also wieder, Alrikshuber. In dem ganzen Trubel heute Morgen ist mir doch eine ganz wichtige Sache entgangen, die jeder Kriegsgefangene hinter sich bringen muss.“, mit einer fließenden Handbewegung deutete er auf die Schale, in welcher sich etwas zu befinden schien, was Selma bis gerade eben nicht einmal gesehen hatte.
Augenblicklich wurde ihr bewusst, was man hier mit Wendolyn vor hatte und es kostete sie viel Überwindung, nicht schockiert aufzusehen oder zu protestieren. Sie wollten ihm wirklich ein Brandmal verpassen!
„Leg seinen Nacken so gut es geht frei. Wir kümmern uns um den Rest.“, die Anweisungen waren harsch und doch so beiläufig, dass Selma eine Weile brauchte, um zu realisieren, dass sie damit gemeint war. Natürlich, sie war immer noch für den Gefangenen irgendwo zuständig.
Sie schaffte es noch, den Andergaster entschuldigend in die braunen Augen zu blicken, ehe sie ihn auf den hölzernen Stuhl setzte. Ihre Hände zitterten leicht, sodass sie sich kurz sammeln musste, ehe sie den Stoff des Leinenhemdes packte und beiseite schob. Gerne wäre die Wachfrau nun zur Seite gegangen, doch jemand musste den Stoff halten, damit er nicht im Weg war und genau dies wurde ihr gerade befohlen und ganz gleich wie stark sie sich davor sträubte, Anweisungen waren Anweisungen und sie hatte ihnen zu gehorchen, wenn sie sich und Wendolyn nicht in Schwierigkeiten bringen wollte. Oder zumindest in noch mehr Schwierigkeiten
Dann trat die andere Gestalt, die sich im Raum befand, an den Gefangenen heran, schnappte sich das Brandeisen aus der glühenden Kohle, wartete, dass Selma ihm etwas Platz machte und setzte das wahrscheinlich unerträglich heiße Eisen einfach unterhalb des Eisenbandes an. Der beißende Geruch und die Schmerzenslaute ließen die Wachfrau kurz schwindeln.
„Wie bei meinen Tieren, schnell und unkompliziert. Damit sollte der Gefangene nicht so schnell verloren gehen, wenn er nochmal zu fliehen droht!“

Ein bisschen bereute es Arngrim doch, dass er Elena darauf hingewiesen hatte, dass sein Bart auch noch eine andere Farbe benötigte. Er war froh den Geruch losgeworden zu sein, zumindest so gut wie es nur ging, und nun befand er sich so unmittelbar in seinem Gesicht und er konnte nicht einmal vernünftig reden!
Dennoch ließ er sie geduldig die Masse einmassieren, eine andere Wahl hatte er ohnehin nicht. Gut, dass der Rotschopf währenddessen ihm von ihrem Plan erzählte und er interessiert jede Information in sich aufsaugte, die über ihre Lippen glitt.
Es stimmte, dass die Obrigkeit hier offenbar kein Interesse an ihm gehabt zu haben schien, er hatte sie nicht einmal persönlich zu Gesicht erblicken können. Dass dies mehr Vorteile mit sich brachte, hätte der Thorwaler sich nicht träumen lassen können. Und während sie weitersprach, wurde er immer stärker von dieser ganzen Sache gepackt. Mit großen Augen nickte er hier und da und war drauf und dran, die ganze Sache in die Tat umzusetzen. Ein Thorwaler zu sein, war wohl etwas, was er am besten konnte, sich zusätzlich noch als Jarl auszugeben, kam ihm besonders spannend vor! Wer hatte nicht schon mal davon geträumt, eines Tages ein Jarl zu sein, ganz gleich wie klein der Ort auch sein mochte, wo man der Stärkste sein konnte? Und Elena als eine von ihnen auszugeben sollte wohl nicht das Problem sein! Sie war eine hoch gewachsene Frau, ihr Haar war so rot, wie das von vielen Frauen aus seinem Zuhause. Und er war sich durchaus sicher, dass es auch nicht an der Wortwahl scheitern würde, immerhin waren sie keine piekfeinen Horasier, die durch ihren Stock im Hintertürchen gar nicht anders als hochgestockt reden konnten.
„Das ift eine groffartige Idee!“, entgegnete der Seemann aufgeregt, jedoch unfähig, sich vernünftig auszudrücken mit dem beißenden Zeug im Gesicht. „Ichf werde die einffach zffeigen, wie Thorwaler sfo sind!“ Das Haar zu flechten und die Verhaltensregeln zu erklären konnte Arngrim sich zutrauen und er glaubte, dass seine neue Bekanntschaft auch in der Lage war, jede kleine Anweisung zu befolgen.
Auf ihre Frage hin nickte er lediglich, deutete jedoch lieber fragend auf seinen Bart und war froh, ihn wenige Augenblicke später ebenfalls auswaschen zu können.
Braun sah wirklich seltsam aus. Fragend ließ er einige Haarsträhnen zwischen seine Finger gleiten, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder Elena zuwandte. „Ein Jarl beinahe wie jeder andere Thorwaler auch, das heißt, ich muss mir nicht viel zutrauen. Wir lieben Bier, Kräftemessen, Swafnir, das Meer- zumindest die meisten von uns- und hassen Sklaverei und Betrug. Eigentlich gibt es da nicht viel, was man lernen muss. Und lass mich bitte deine Haare flechten!“ Seit Elena dies erwähnt hatte, kribbelten seine Fingerspitzen und noch musste sein Haar trocknen, sodass er sich mit der Pracht der anderen beschäftigen kann. Die Haarbänder hatten sie noch und er bugsierte die junge Frau auf das Bett, während er nebenbei begann den mittlerweile sauberen Kamm dafür zu benutzen, ihre Strähnen sachte zu kämmen, damit sie besser geflochten werden konnten. „Ich glaube, das Schwierigste für mich wird nur die Distanz wischen Mina und mir sein. Ich weiß, wie ich in der Nähe von geliebten Menschen bin, ich kann meine Ruhe nicht gut bewahren. Vielleicht musst du mich manchmal treten oder so, damit ich keinen Unsinn baue. Doch ich werde alles tun, um unser Schauspiel nicht zu verraten, versprochen.“
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyDi Nov 05, 2019 12:15 am

Mina gab es nur ungern zu, doch die Kameradschaft, die sie mit Selma spürte, war wohl fast noch stärker als die zu den anderen Magiern. Alles, was Selma sagte, erweckte irgendwie ein tiefes Gefühl von Verbundenheit in ihr. Umso irritierender war es, als sie plötzlich bei dem Geräusch aufspringen musste. So gemütlich, wie es in ihrer Zelle gewesen war, war Mina nun wieder schmerzlich bewusst, wie die Mächteverteilung wirklich zu sein hatte. Ein unwohles Gefühl breitete sich in Minas Magengrube aus, als sie die anderen Soldaten erblickte. Wenn nur sie und Selma hier waren, konnte sie vergessen, in welch einer misslichen Lage sie sich befand, doch die Worte der anderen ließen nichts Gutes vermuten. Was konnte der Hauptmann schon wieder von ihr wollen? Was es auch war, gut konnte es nicht sein. Ihr besorgter Blick huschte zu Selma, als diese die Zelle aufschloss und sie fesselte.
„Was hat er vor, Selma?“, fragte sie unsicher, aber eine Antwort schien die junge Wache auch nicht zu haben. Mit einem Kloß im Hals folgte sie Selma durch die engen Gänge der Kaserne zu einem kleinen Raum ohne Licht. Ein Blick genügte, um ihren Magen in die Kniekehlen sacken zu lassen. Vor Hauptmann Pernstein versuchte sie allerdings, ihre Miene so steinern wie möglich zu belassen. Was sie allerdings für Gerätschaften erblickte…Und wer war der andere Mann, der dort in der Ecke stand und sie kalt begutachtete? Ihre Stimme war leiser, als sie erhofft hatte.
„Behandelt ihr eure Gefangenen immer so wie Vieh?“, fragte sie zornig. Noch bevor sie allerdings großartig weitersprechen konnte, hatte Selma sie schon Richtung Stuhl geschoben. Sie wusste, dass die Wachfrau keine andere Wahl hatte, als den Anweisungen Folge zu leisten. Was sollte sie auch tun? Kopf und Kragen riskieren für einen Blutsfeind, den sie vor einem Tag erst kennengelernt hatte? Aber bei dem Anblick der Feuerschale konnte Mina nicht anders, als ihren kurzen Blick angsterfüllt zu erwidern. Doch der anderen zuliebe blieb sie ruhig, ließ sich auf den Stuhl drücken und spürte, wie die Finger der anderen zitterten, als sie ihr Hemd ein Stück beiseiteschob.
Mina konnte die Hitze förmlich riechen, die von dem Kohlebecken ausging. Als der Mann mit dem Brandeisen auf sie zutrat, konnte sie kurz orangenen Schein auf seiner Haut sehen. Gerne hätte Mina von sich behauptet, dass sie stumm und würdevoll ertrug, was man ihr nun antat. Aber mit solchen Schmerzen hatte sie nicht gerechnet. Hitze und Feuer war etwas, was Mina gewohnt war, aber dieses Brennen….Es schien durch ihren ganzen Körper zu wandern und ein langgezogener Schrei entwand sich ihrer Kehle, während das glühende Eisen in ihrem Nacken ruhte. Was man ihr dort einbrannte, wusste sie nicht einmal. Das Brandeisen hatte sie nicht genau genug begutachten können. Doch allein die Vorstellung, dass man sie brandmarkte wie Vieh drückte ihr die Kehle zu.
„Ihr widerlichen-„
Minas Worte erstarben in einem schmerzerfüllten Keuchen. Sie wusste nicht, ob Kriegsgefangene in Andergast ähnlich behandelt wurden, aber wenn das hier erst der Auftakt war...Ihr Nacken schien eine einzige pochende Wunde zu sein und als man sie aufzog, jankte sie schmerzerfüllt auf. Niemals hätte sie gedacht, dass das Brandeisen sie so schwächen würde und sie stolperte einen Schritt nach vorn, als Selma ihr unter den Arm griff und vorm Fall bewahrte. Schwer atmend ließ sie sich von der Wachfrau stützen und starrte mit feurigem Blick zum Hauptmann auf.
„Sie sollten das versorgen lassen. Rinder sind da widerstandsfähiger als Menschen.“
Die Worte des Fremden ließen keinen Zweifel daran zu, wer in seinen Augen mehr wert war. Mina wollte einfach nur hier raus, wollte, dass man etwas gegen diese Wunde tat, die langsam zu einer widerlichen Narbe werden würde. Mittlerweile stützte Selma sie, wartete aber wohl auf eine Anweisung des Hauptmannes, wie sie weiter verfahren sollte.

Belustigt beobachtete Elena Arngrim dabei, wie seine Miene sich bei ihrem Vorschlag aufhellte. Was er so von Thorwal erzählte, gefiel ihr und sie lauschte seinen Worten interessiert. Ein Jarl war wie ein jeder andere Thorwaler auch….Das hätte man hier mal den Adligen erzählen sollen. Dass sie wie alle anderen seien. Nein, eigentlich hatten sie ja auch Recht: sie waren viel schlimmer als alle anderen.
„Das mit dem Bier hab ich auch schon von euch gehört“, grinste die junge Frau amüsiert. Eine Rolle spielen, das gehörte doch zu ihren leichtesten Aufgaben und einen Thorwaler zu mimen klang nach mehr Spaß, als eine reiche Grafentochter sein zu müssen.
Sie half Arngrim dabei, seinen Bart auszuwaschen; nun war seine Verwandlung wirklich perfekt! Stolz begutachtete die Elster ihr Werk. Wer es nicht besser wusste, würde ihn ganz sicher erst einmal nicht erkennen. Er sah so verändert aus!
„Bei Swafnir, ich habe das Gefühl, wir werden diese nostrianischen Schlappschwänze ordentlich aufmischen!“
Mit einer etwas tieferen Stimme als normalerweise sprach Elena bei diesen Worten und fühlte sich schon ganz wie die stolze Seefahrerin. Vorfreudig auf eine ordentliche Thorwalerfrisur ließ sie sich von Arngrim auf das Bett geleiten und händigte ihm einen Kamm aus. Ihre Locken zu zähmen war nicht einfach, doch der Pirat hatte wohl nicht gelogen, als er Erfahrung suggeriert hatte. Es ziepte nicht einmal so gehörig, wie Elena es gewohnt war! Bei seinen Worten wurde ihr Blick allerdings etwas ernster.
„Du musst dich zusammenreißen, wenn sie eine engere Verbindung zwischen dir und ihr vermuten, werden wir große Schwierigkeiten bekommen.“
Elena sagte das nicht einmal vorwurfsvoll, aber Arngrim musste wissen, worauf er sich einließ.
„Aber falls es dich beruhigt: meine Ellbogen sind jederzeit einsatzbereit!“
Nun war es Elena, die wohlig die Augen geschlossen hielt, während Arngrim ihr eine Frisur flocht. Ob er das bei seiner Mina auch öfters tat?
„Wir brauchen Decknamen! Am besten eine einflussreiche Familie in Thorwal. Falls sie von uns gehört haben, dann am besten nur aus den höchsten Kreisen!“
Langsam schien ihre Frisur Form anzunehmen. Es war so ungewohnt, keine Mähne zu haben, die ihren Kopf wild umspielte, aber ähnlich fühlte Arngrim sich sicherlich gerade mit seiner gefärbten Haarpracht.
„Ich bin beeindruckt, die Männer in meiner Bande können größtenteils nicht einmal ein Mieder schnüren. Ich sprech´ da aus Erfahrung“, entgegnete Elena ihm und verdrehte verspielt die Augen. „
„Also, du bist der Jarl, wer bin ich? Deine Frau?“
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyDi Nov 05, 2019 8:37 pm

Was für die einen schrecklich mit anzusehen war, schien für andere wahrlich ein angenehmer Anblick zu sein. Der Hauptmann zumindest rührte sich kein Bisschen, wandte seinen Blick kein einiges Mal ab und als Selma kurz sein Gesicht musterte, konnte sie ein dünnes Lächeln erkennen, ein Lächeln voller Genugtuung.
Sie hatte viel Respekt für diesen Mann, schließlich war er die höchste Instanz in Nordvest und ihm hatte sie stets zu gehorchen, doch in diesem Moment wünschte sie sich, dass dem nicht so wäre und dass sie dem Mut hätte, seine Anweisungen zu missachten und Wendolyn aus der Sache rauszuholen. Doch das hatte sie nicht und so musste sie das verbrannte Fleisch riechen, was wahrscheinlich noch einige Tage an ihr haften würde. Genauso wie die Schmerzschreie wohl noch lange in ihren Ohren widerhallen würden.
„Das war’s dann auch schon. Sieh zu, dass die Wunde sich nicht entzündet, wir möchten ja nicht, dass unser Gefangener noch krank wird und wichtige Ressourcen an ihn verschwendet werden müssen, als handle besser jetzt.“, erneut winkte Hauptmann Pernstein mit der Hand ab und würdigte weder sie, noch den Andergaster eines weiteren Blickes, als er als erster den Raum verließ, gefolgt von dem anderen Mann, der den Fremden noch einmal breit angrinste. Für sie war es wahrscheinlich wie Musik in ihren Ohren. Dem Feind Schmerz zuzufügen und dadurch seinen eigenen zu betäuben, dafür lebten sie alle und es fühlte sich wohl gut an, endlich den Zorn an der Gestalt rauszulassen, der man die Schuld an dem Krieg zuweisen konnte. Selma konnte es beim besten Willen nicht, nichts davon brachte den Funken dazu sich in ein großes Feuer auszubreiten und sie zu verzehren. Stattdessen blieb sie kurz still, biss sich schuldbewusst auf ihre Unterlippe, ehe sie den Mut fasste und zum Gefangenen sprach. „Wendolyn, es…es tut mir leid. Ich wusste nicht, was sie mit Kriegsgefangenen hier machen, dass sie so etwas hier machen, das..das ist doch nicht fair, Feind hin oder her, du bist ein Mensch und kein…so etwas sollte nicht normal sein.“
Sie wollte nicht zu lange in diesem trostlosen Raum verharren, half dem Andergaster auf die Beine und brachte ihn so umsichtig wie möglich zurück in die Zelle, die- zu ihrer Überraschung- mittlerweile der einzige Ort in diesem Gebäude zu sein schien- wo sich beide irgendwie ein bisschen wohler fühlen konnten. Vielleicht, weil sie sich hier kaum verstellen mussten.
„Ich hole schnell etwas, um deine Wunde zu verarzten, warte hier.“ Wenigstens musste die Wachfrau keine Ausreden suchen, als sie schnell alles mitnahm, was sie finden konnte. Sie wusste, dass das verbrannte Fleisch sich eigentlich nicht mehr entzünden sollte, dafür hatte das heiße Eisen schon gesorgt, doch solch eine Wunde musste dennoch verarztet werden und vor allem gekühlt, damit sie in nächster Zeit nicht zu viele Probleme bereitete. Eiskaltes Wasser, einige Tücher und Wundsalbe sollten zumindest vorerst helfen. Sie hatte sogar eine kleine Flasche billigen Schnaps mitgenommen, als keiner hinsah. Vielleicht würde das den Schmerz ein wenig betäuben…
Der Gefangene hatte sich in der Zwischenzeit kein bisschen von seiner Position bewegt und Selma trat schnell in die Zelle ein, platzierte sich hinter ihm und begann sich umsichtig um die Wunde zu kümmern. Es war kein großes Brandmal, das war immerhin etwas, doch den Schmerz konnte sie sich kaum vorstellen. „Gut, dass ich in der Ausbildung aufgepasst habe, so müssen wir niemand anderen herbringen lassen, die wären ohnehin zu grob und unachtsam.“, murmelte sie leise, während sie das kalte Tuch auf die verletzte Stelle presste. Das Schuldgefühl nagte immer noch so sehr an ihr und am liebsten hätte sie den anderen einfach umarmt, doch die Angst, dass sie damit zu weit ging und er das gar nicht wollte, ließ sie zögern, sodass sie stattdessen mitfühlsam über seinen Oberarm strich. „Ich werde mein Bestes tun, damit der Schmerz nicht allzu lange andauert und die Wunde schneller verheilt..i-ich hab sogar etwas Schnaps dabei! Nur…falls der Schmerz zu schlimm wird und bei den Göttern, keiner hat einen ordentlichen Schluck mehr verdient als du.“

Der Thorwaler musste auflachen. Die Adligen im Mittelreich, bei den Horasiern oder hinten im Bornland waren wohl von einem ganz anderen Schlag. Sowas wie adlig sein war keine Wertung in Thorwal und ihre Jarl unterschieden sich kaum von dem Rest ihrer Leute, was dazu führte, dass man nur noch mehr Respekt ihnen gegenüber hatte. Doch darüber würde er vielleicht ein Andermal mit Elena reden, sollte sie plötzlich Interesse an seiner Kultur und Heimat bekommen.
„Sieht ganz danach aus, als hättest du schon den Dreh raus! Wenn du so weitersprichst, wird niemand jemals auch nur daran zweifeln, dass du keine Nordfrau bist!“, Arngrim lächelte breit. Sie waren wirklich kein komplexes Völkchen und das war auch recht so. So vieles konnte so viel einfacher gelöst werden, wenn man sich nicht in allzu viele Regeln und Gebote und Einschränkungen verzwickte, wie es die meisten außerhalb seines Zuhauses taten.
„Kämmst du deine Haare denn manchmal?“, fragte er zwischen dem Wortwechsel leise, mehr zu sich selbst als wirklich an die Rothaarige gerichtet, während die Strähnen weiter ordentlich ineinandergeflochten wurden und er ihren Worten lauschen konnte. Sein Lächeln schwand für einen Augenblick und er nickte langsam. Sie hatte wohl Recht, seine Impulse und sein Temperament durften nicht die Oberhand über ihn gewinnen, nicht, wenn er Mina wieder in Freiheit an seiner Seite sehen wollte. „Ich werde alles tun, um uns in keine Schwierigkeiten zu bringen. Ich möchte nicht, dass Mina noch Schlimmeres passiert oder du und deine Bande auch noch Probleme bekommen, weil ich mich nicht unter Kontrolle halten kann…bei uns in Thorwal kann man solche Dinge manchmal so viel einfacher lösen.“, sein schwerer Seufzer entwich seiner Kehle. Nun fragte sich der Seemann, ob er vielleicht so sehr die Einfachheit gewohnt war. Was er gerade noch hoch lobte, schien ihm nun ein wenig zum Verhängnis zu werden.
„Aber, wenn was ist, vertraue ich dir und deinem Ellbogen!“, mit diesen Worten wurde es kurz still und er genoss es, sich in dieser Aktivität kurz zu verlieren und alle Gedanken, all seine Sorgen für einen kurzen Moment beiseite zu schieben. Er wusste, dass es nicht fair war, dass er sich so entspannt auf die Sache vorberieten durfte und seine Geliebte nicht, doch es brachte auch nichts, sich jede freie Minute einzureden, dass er kein Recht hatte, ab und an zu lächeln. Er wusste, dass keine Zweifel ihn dabei verhindern durften und verging doch keine freie Minute, wo er nicht an Mina und ihre Freilassung dachte und das schlechte Gewissen war vielleicht gar nicht vonnöten.
Die Stimme der Elster riss ihn aus der inneren Ruhe und die rauen Finger hielten kurz inne, während er nachdachte. „Ich komme aus Olport, da gibt es eine Menge einflussreiche Familien aber nur einen Jarl. Hmmm…Nadrafall liegt in der Nähe. Wenn ich einfach sage, ich wäre Jarl Beorn Ormson, wäre der Name und der Ort zumindest nicht gelogen!“ Arngrim zweifelte daran, dass irgendwer hier unten die Jarls aus Thorwal kannte außer jene, die an ihrer Heimat grenzten oder die einige ihrer Dörfer übernommen hatten. Doch alles, was weiter oben war, war den meisten eher fremd, wofür sie wohl dankbar sein konnten.
„So, dein Haar ist perfekt!“, stolz begutachtete der Thorwaler sein Werk. Es war lange her, seit er jemanden eine schöne Frisur flechten durfte. Auf See hatte er leider nur manchmal die Chance gehabt, sein verrostetes Talent an anderen zu üben.
Elenas Worte entlockten ihm ein lautes Lachen; ein wenig konnte er mit den Männern mitfühlen, denn von Miedern hatte Arngrim selbst keine Ahnung. „Bei uns gehört das dazu- langes Haar muss gepflegt werden und bei drei Schwestern hab ich die ein oder andere Technik aufgegriffen. Wir lernen viel voneinander.“, entgegnete die dunkle Stimme, dabei sanft lächelnd. „Aber zurück zum Plan. Wenn wir uns als Jarl und seine Frau ausgeben, müssten vielleicht einige deiner Leute uns begleiten? Zumindest bis zur Wache. Auch, wenn sie sich durchaus selbst verteidigen wollen, wäre es töricht von jemandem in so einer Position ohne Geleitschutz zu reisen. Ein paar große, etwas grimmig dreinblickende Männer mit Äxten, vielleicht zwei Stück, würde uns dabei helfen, glaubwürdig den anderen was vorzugaukeln.“
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyMi Nov 06, 2019 9:27 pm

Mina wusste, wie es war, wenn man sich ganz in seinen Hass warf. Sie hatte es selbst so oft getan und sie konnte diesen Hass auf den Gesichtern der Männer lesen, als sie sie zufrieden beobachteten. Sie konnte es ihnen nicht mal übel nehmen, hatte sie sich selbst doch schon oft der gleichen Sünde schuldig gemacht. Das machte ihre ganze Situation aber nicht erträglicher und es verringerte auch nicht ihre Schmerzen. In Selmas Gesicht konnte sie diesen Hass nicht lesen. Ein Teil von Mina wollte sie von sich stoßen und sie mit den anderen Nostrianern in einen Topf werfen, wie sie es immer tat. Selma war ebenso an ihrer Verstümmelung beteiligt gewesen, wenn auch mit weniger Freude und unfreiwilliger als die anderen. Aber das war nur der Schmerz, der da aus ihr sprach. Langsam schüttelte Mina den Kopf, allerdings nur sehr leicht, um keine weiteren Schmerzen zu provozieren.
„Es war ja nicht deine Schuld“, murmelte sie leise und mit heiserer Stimme. Noch immer war sie etwas benommen von dem Schmerz und ließ sich von der Wachfrau zurück in die Zelle führen.
„Ich weiß ja nicht mal, ob wir in Andergast mit Kriegsgefangenen besser umgehen würden. Vermutlich nicht.“
Nun wäre eine Holzpritsche doch ganz nett gewesen, um sich für ein paar Minuten ausruhen zu können, aber Mina verharrte einfach an Ort und Stelle und wartete darauf, dass Selma mit Verbandszeug zurückkam. Zögerlich streckte die Magierin ihre Hand nach ihrem Nacken aus. Was würde sie ertasten, wenn sie ihre Finger auf die Wunde legte, die pochenden Schmerz durch ihren Körper jagte? Sie wollte sich langsam herantasten, doch selbst die Haut um die Wunde war so gereizt, dass es zu schmerzhaft war, weiter zu fühlen. Also ließ sie es bleiben und wartete lieber darauf, dass Selma zurückkehrte. Als sie das tat, war sie voll bepackt mit Verbänden, Salben und einer Schüssel mit Wasser. Mina ließ sie agieren, drehte ihr leicht den Rücken zu. Das Tuch auf ihrem Nacken ließ sie mit einem Zischen zusammenzucken, obwohl sie es hatte vermeiden wollen, ihre Pein noch mehr zur Schau zu stellen. Aber sie konnte nicht anders. Dennoch tat das kühle Nass auf ihrer Wunde gut und ihre Muskeln entspannten sich nach dem ersten Schmerz wieder. Schon hatte die Magierin zu einem trietzenden Spruch ansetzen wollen, um ihre missliche Lage etwas zu kaschieren, da spürte sie schon, wie Selma ihr langsam über den Arm strich. Mina stockte. Wäre Arngrim nicht vor Kurzem in ihr Leben getreten, dies wäre die erste sanfte Berührung, die sie seit Jahren erfuhr. Dennoch legte sich eine leichte Gänsehaut über ihren ganzen Körper.
„D-Du machst das wirklich gut, keine Sorge. Sieht es….sieht es schlimm aus?“, fragte Mina schließlich mit etwas zittriger Stimme und drehte sich zu Selma um. Nun hatten sie gerade erst so lange darüber geredet, dass Narben doch eigentlich gar nichts Schlimmes waren und Mina konnte dennoch an nichts anderes denken. Ein schiefes Lächeln quälte sich über ihre Züge.
„Alkohol also? Aber nur, wenn du mit mir teilst!“
Mina wollte nicht in Selbstmitleid versinken. In diesem Moment musste sie irgendwie daran glauben können, dass es irgendeinen Ausweg gab, sonst würde sie die kommenden Tage nicht überstehen.
„Ich muss mich setzen“, ächzte sie und ließ sich langsam nieder, sich dabei an der Wand abstützend. Wenigstens machten es die Decken und Schlafsäcke bequemer, die Selma mitgebracht hatte. Mina klopfte neben sich auf den Boden und wartete, bis die junge Frau sich zu ihr gesellt hatte.
„Der Tag hat gerade erst angefangen und ich würde am liebsten direkt wieder einschlafen.“
Minas Stimme war müden und für einen Moment lehnte sie den Kopf erst an die Wand und schließlich mit geschlossenen Augen an Selmas Schulter.

„Sehr gut, ein Schandmaul hatte ich eh immer schon, das dürfte mir leicht fallen“, grinste Elena zufrieden. Arngrim schien direkt so viele Ideen zu haben, dass sie ihn gar nicht weiter anstoßen musste, damit er ihr Hintergrundinformationen gab. Während ihre Haare weiter geflochten wurden, schloss sie genüsslich die Augen, lauschte aber genauestens auf alles, was Arngrim ihr preisgab.
„Ach, es ist doch ganz normal, dass man seine Lieben schützen will. Aber ja, wenn wir uns auffällig verhalten und die Wachen in Nordvest alarmieren, hat davon auch niemand etwas. Dass du sie sehen kannst und sie dich, das ist doch bestimmt auch schon viel wert und verleiht euch beiden Mut!“
Elena hoffte, dass ihre aufmunternden Worte zu ihm durchdrangen und ihm wenigstens etwas Mut machten. Sicherlich war es schwierig, seine Gedanken in solchen Zeiten auf etwas anderes als Sorge zu konzentrieren. Elena wollte wenigstens ein bisschen dafür sorgen, dass Arngrim sich seinen Kopf nicht zu sehr zerbrach.
„Beorn Ormson also? Und wie heißt Beorns Frau, wenn ich fragen darf? Und nein, ich kämme mir nie die Haare, das macht man bei Locken nicht!“
Sie musste sich zusammenreißen, damit ihre Stimme nicht allzu vorfreudig und unbeschwert klang, immerhin stand viel hinter dieser Aktion. Aber irgendwo machte es doch solchen Spaß, sich zu verkleiden und zu verstellen und damit noch etwas Gutes zu tun! Zustimmend nickte Elena.
„Je größer unser Aufmarsch, desto weniger wird man uns etwas verwehren, da hast du schon recht…Ich habe ein paar stämmige, große Männer in meiner Truppe und sogar einen richtigen Thorwaler, die nehmen wir mit, sie müssen ja den Mund nicht einmal aufmachen! Aber für unseren kleinen Coup sollten wir erst mal zu zweit bleiben.“
Anscheinend war Arngrim nun endlich mit seiner Arbeit fertig und aufgeregt tastete Elena ihre Haare ab. Schade, dass sie nicht wirklich sehen konnte, was der Pirat da veranstaltet hatte! Sie würde den Wirt später mal nach einem Spiegel fragen. Jetzt sprang sie erst einmal auf und durchwühlte die Kleidung, die man ihnen mitgebrach hatte, bis sie ein graues Wollkleid zum Vorschein brachte.
„Das mit einem ordentlichen Pelzüberwurf? Meinst du, das würde mir stehen? Dreh dich mal weg!“
Mit einer eifrigen Bewegung scheuchte sie den Thorwaler in eine andere Ecke des Raumes und begann sich umzuziehen.
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyFr Nov 08, 2019 1:28 am

Selma wusste nicht, wie schnell so eine Brandwunde zum Verheilen brauchte. Sicherlich würde es eine Weile dauern, angenehm war es wahrscheinlich auch nicht, doch das Schlimmste hatte Wendolyn zumindest hinter sich. Vorsichtig drapierte sie das kalte, nasse Tuch so an seinem Nacken, dass es nicht direkt wieder hinunterfiel und es nicht die ganze Zeit festgehalten werden musste.
Sie hoffte sehr, dass seine Worte nicht nur nett gemeinte Floskeln waren und sie wirklich gute Arbeit leistete und ihm eine Hilfe war, obwohl es nicht zu ihren primären Aufgaben gehörte, so etwas zu tun. Ein bisschen bereute sie es schon, dass sie den Weg des Militärs eingeschlagen hatte. In einem Peraine- Tempel hätte man ihr bestimmt gezeigt, wie sie effektiver gegen solche Verletzungen angehen sollte und vor allem, was sie den armen Leuten sagen sollte, damit sie sich besser fühlten. Dann wiederum wären sie nie einander begegnet und wer wusste, wen man an ihrer Stelle hier abgestellt hätte. Vielleicht jemanden, der ihr das Leben wahrlich zur Hölle machte und sich nicht einmal ein bisschen um ihn kümmerte?
Das waren dunkle Gedanken und die Wachfrau schob sie schnell beiseite. Sie waren nun hier und es war sinnlos, zu überlegen, wie ihr Leben ausgesehen hätte, wenn sie sich an einem gewissen Punkt anders entschieden hätten.
„D-Danke…es…ich glaube, es fühlt sich schlimmer an, als es aussieht. Jetzt ist es noch dunkel und frisch, aber sobald die Haut sich erholt hat, bleibt eine kleine Brandnarbe. Sichtbar, aber es entstellt dich keineswegs…also..nicht, dass es darum geht, ich meine, es ist immer noch eine sinnlose Narbe a-aber…“, Selma merkte, wie das Blut immer schneller in ihr Gesicht schoss und zwang sich selbst, kurz mit dem Reden aufzuhören und atmete stattdessen tief ein. „Tut mir leid…ich rede zu viel, wenn ich nervös bin…“, fügte sie nach einer kurzen Pause hinzu und senkte ihren Blick, auch, wenn der Gefangene sie gerade nicht einmal anschauen konnte.
Wenigstens war das Gespräch schnell wieder in eine andere Richtung gegangen und sie war froh, nicht mehr um Kopf und Kragen reden zu müssen, zu versuchen, aufmunternde Worte zu finden, im vollsten Wissen, dass sie so etwas einfach nicht gut konnte. „Oh, ich würde gerne mit dir teilen, aber ich bin im Dienst!....Ach, bei den Niederhöllen, wer wird mich schon für einen Schluck entlassen?“ In diesem Augenblick war sich Selma beinahe schon sicher, dass ein Teil von ihr entlassen werden wollte. Zu traurig wäre sie zumindest nicht drum.
Sie machte hastig einen Schritt zur Seite, als der Andergaster sich hinsetzen wollte, lehnte sich leicht an die steinerne Wand und blickte besorgt zur dunkelhaarigen Gestalt, als sich diese auf den Boden platzierte. „Ruh‘ dich aus.“, erwiderte sie mit leiser Stimme, ließ dabei immer wieder ihre braunen Augen zur Wunde schweifen, stellte sicher, dass das Tuch nicht allzu stark verrutscht war.
Selma hätte ihm sicherlich ein wenig Ruhe und Privatsphäre gegeben, es hätte sie zumindest nicht gewundert, wenn er sie darum gebeten hätte, die Zelle zu verlassen und ihn allein zu lassen, doch stattdessen forderte er sie wortlos auf, sich neben ihn zu setzen und die Wachfrau ließ nicht zu lange auf sich warten. Langsam platzierte sie sich neben dem Fremden, ihre Beine zu einem Schneidersitz gefaltet. „Du kannst ruhig schlafen, ist nicht so, als ob wir hier viel zu tun haben und Schlaf ist bekanntlich die beste Medizin.“ Schlafsäcke hatten sie hier und Selma war sich sicher, dass jetzt wirklich keiner mehr die beiden belästigen würde. Für einen Tag hatten sie genug getan und der Hauptmann sollte sich gerade im Klaren sein, dass ihr Gefangener nicht mehr zu großen Dingen heute in der Lage war, nicht nach solch einer Tortur. Also sprach nichts dagegen, die Augen kurz zu schließen und sich auszuruhen.
Eine angenehme Stille hatte sich für einen Moment ausgebreitet, und während die Wachfrau nervös an ihren Ärmeln zupfte, hatte sich Wendolyn an ihre Schulter angelehnt, was sie in einem Moment der Unachtsamkeit erschrak.
Mit großen Augen starrte sie auf den dunkelbraunen Schopf und spürte, wie das Herz in ihrer Brust erneut zu rasen begann. Es machte sie beinahe schon wütend, wie seltsam ihr Inneres sich aufführte, sobald es auch nur zu einer kleinen Berührung zwischen den beiden kam. Was wollte ihr Körper damit bezwecken?
Was Selma jedoch wusste, war, dass sie sich nicht ihrem Eintopf aus Gefühlen hingeben durfte, insbesondere nicht jetzt. Wendolyn fühlte sich erschöpft und nicht gut und sie musste ihm eine Stütze sein, nein, sie wollte ihm eine Stütze sein. Und das hieß auch, dass ihre seltsamen Gedanken und Spinnereien hier nichts verloren hatten. Ganz gleich wie groß der Drang war, den anderen in ihre Arme zu nehmen oder zumindest ihre Lippen an seine Stirn zu pressen, sie musste dem widerstehen.
Und das tat sie auch. Stattdessen lehnte sie nur ihren Kopf gegen seinen und seufzte leise auf.
Beiläufig griff sie mit ihren Fingern nach der Flasche, die in ihrer Innentasche versteckt war und schüttelte sie demonstrativ. „Wir können sie jetzt vernichten oder bis heute Abend warten und die Nacht über den Schlaf des Betrunkenen genießen.“, sie schmunzelte bei den Worten. Selma hatte so gut wie nie getrunken. Am Anfang hatte sie noch in der lokalen Schenke versucht mit ihren anderen Wachleuten gemeinsam zu trinken, doch dann wurde es einsam und traurig, alleine mit einem Krug in der Ecke zu sitzen und irgendwann gab sie die Besuche einfach auf, zumindest, wenn es darum ging, sich einen hinter die Binde zu kippen. Das hier war jedoch eine ganz andere Situation. Hier wäre das Trinken unter Freunden oder zumindest hätte es sich so angefühlt.

Arngrim lauschte aufmerksam Elenas Stimme. Sie hatte Recht, es würde ihnen neuen Mut geben, sobald sie sich wiedersahen. Er wäre nur noch motivierter ihren Plan in die Tat umzusetzen und alles so zu gestalten, dass sie unversehrt das Gefängnis verließ und Mina konnte die Gewissheit haben, dass sie nicht im Kerker versauern musste. Wer wusste schon, was diese schrecklichen Leute mit ihr taten und wie grauenvoll diese persönliche Wache zu ihr war! Bestimmt ließ sie all ihre Wut und ihren Frust an ihr aus!
Nein, sie würden dies unterbinden und er würde alles tun, damit nichts schiefging und die Magierin unter seinen Impulsen zu leiden hatte.
„Wir schaffen das! Allein der Gedanke, dass ich sie sehen kann, gibt mir die Kraft!“, entgegnete der Blondschopf mit stolzer Stimme, ließ seine Gedanken jedoch bei den nächsten Worten erneut zu seiner Heimat schweifen. Viele Namen schossen in seinen Kopf, Namen von zahlreichen Frauen, die er entweder kannte oder von denen er gehört hatte. Einige waren alte Liebschaften, doch ausgerechnet den Namen der Jarlsfrau musste ihm gerade entgleiten. „Lass mich überlegen, ich hab’s auf der Zunge….Jadra! Es war Jadra Hjalldottir!“ Ein triumphales Lächeln umrahmte das bärtige Gesicht. Schien sein Gedächtnis doch nicht voller Lücken zu sein und seine Gedanken nur aus Flausen zu bestehen! Aber in einer Notlage war man wohl bereit, sich selbst an Dinge zu erinnern, die man schon längst vergessen glaubte.
Der Seemann war froh, dass seine Ideen bei der Elster Anklang gefunden hatten. Also war er doch gut darin, solche Dinge mitzuplanen! Und dann hatten sie auch noch das Glück, dass zwei Männer aus ihrer Truppe perfekt für ihren Plan zu sein schienen. Das Lächeln auf seinen Lippen wurde breiter und er nickte energisch. „Bei Swafnirs Fluke, dann haben wir einen perfekten Auftritt im Dorf, wenn die beiden uns begleiten! Ich meine…noch sind sie ohnehin nicht hier, für all das, was du vorhast, sind wir zu zweit wohl besser dran.“, stimmte der Thorwaler ihr zu. Zwar hatte er schon eine grobe Vorstellung, dank ihrer Beschreibung, was sie heute tun würden, doch konkret konnte er sich nicht ausmalen, wo sie hingehen würden und was genau sie erwartete. Schließlich waren Überraschungen überall.
Arngrim hatte beinahe vergessen, dass Elena sich ja auch noch umziehen musste und musterte das Kleid eine Weile lang fragend an, ehe ihm klarwurde, wofür es gut war. „Oh, oh das würde perfekt passen!...Ach, ja, natürlich.“, der Blondschopf schüttelte lachend den Kopf über seine eigene Blödheit, dass er doch wirklich einfach so die junge Frau dabei anstarren wollte, während sie sich umzog. Nicht mit Absicht natürlich, er war einfach bereits in den Gedanken ganz wo anders. Jetzt jedoch fixierten die grünen Augen brav die hölzerne Wand vor ihm.
Normalerweise hätte er einen vorsichtigen Schulterblick gewagt, einfach nur, um ein bisschen von dem zu erhaschen, was sich unter der Kleidung des Rotschopfes verbarg. Jeder mit zwei funktionierenden Augen konnte sehen, dass sie eine gutaussehende Frau war und in jeder anderen Situation hätte Arngrim sich wahrscheinlich hier oder bereits gestern Nacht auf sie eingelassen. Doch diese Gelüste trieben ihn nicht an. Ehrlich gesagt hatte er nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet, in irgendeiner anderen Art und Weise über die junge Frau zu denken. In seinem Leben gab es seit einiger Zeit nur noch eine Frau, der er gerne beim Entkleiden zugesehen hätte, die sein Blut zum Kochen brachte und sein inneres Feuer zum Lodern brachte. Und diese Frau war es, an die er jede freie Minute dachte, die stets in seinen Sinn kam und die er dringend wieder bei sich haben wollte.
Es hatte nicht allzu lange gedauert, da machte sich Elena bemerkbar, dass er sich wieder zu ihr herumdrehen und die neue Verkleidung begutachten konnte. Gespielt kritisch musterte er die junge Dame von Kopf bis Fuß, ehe er anerkennend nickte. „Du gibst eine echt gute Thorwalerfrau ab, innerlich und äußerlich, ich bin erstaunt!“ Nun trat Arngrim selbst einige Schritte an den Kleidungsberg heran, fischte einige Stücke dabei heraus. „Und was soll ich hiervon anziehen? Ich muss sagen, so ohne Oberteil wird mir auch langsam ein bisschen kalt!“
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyFr Nov 08, 2019 9:30 pm

Die Müdigkeit und die Erschöpfung nahmen langsam überhand und Mina merkte, wie sie immer wieder in leichten Schlummer verfiel. Dass Selma ihren Kopf an ihren gelehnt hatte, hatte sie bewusst gar nicht mitbekommen, aber die Wärme ließ sie ein wenig Ruhe finden. Erst, als sie die Stimme wieder erhob, öffnete Mina schläfrig die Augen und wurde sich bewusst, in was für einer Situation sie sich befand. Aber jetzt Scham zu empfinden war ihr einfach zu blöd. Selma und sie hatten zueinander gefunden und die Wachfrau kümmerte sich um sie, obwohl sie keinen logischen Grund dazu hatte. Nein, sie brachte sich selbst dadurch sogar in Gefahr. Was ihr selbst alles wiederfahren wäre, wenn sie einen anderen Wärter gehabt hätte, wollte Mina sich gar nicht vorstellen.
„Ich glaube zwar eigentlich nicht, dass ich heute Nacht Hilfe brauche, um in den Schlaf zu kommen, aber lass uns den Schnaps aufheben“, murmelte Mina leise und schloss die Augen wieder. Sie hatte Vertrauen, dass Selma schon reagieren würde, wenn heute noch ein Nostrianer seinen Weg hier herunter fand. Doch ihre Sorge war vollkommen unbegründet. Niemand verirrte sich hierher und Pernstein fielen auch keine neuen Grausamkeiten ein, mit denen er sie quälen wollte. Vielleicht hielt er sie auch alle nur für morgen zurück, Mina wollte nicht näher darüber nachdenken. Während der Tag langsam vor sich hinsiechte, führte sie Gespräche mit Selma, nickte hin und wieder ein und lernte noch ein paar typisch nostrische Würfelspiele, die sie meistens als andergastische Variante kannte. Wenigstens schaffte Selma es noch, ihr angemessene Rationen in die Zelle zu schmuggeln und in der zunehmenden Dunkelheit des Winterabends spielten sie wieder um die besten Teile des Abendbrots, dieses Mal ein ordentliches Stück Käse.
„Mit so einer Grundlage können wir jetzt auch deinen Schnaps trinken“, gluckste Mina schließlich, als sie sich den Käse doch geteilt hatten, obwohl Selma dieses Mal gewonnen hatte. Aber auch die Wachfrau hatte sich wohl nicht über ihren Gewinn freuen können, wenn sie ihn nicht teilen durfte. Mina war es, die zuerst einen Schluck aus der kleinen Flasche nahm und sie musste ein Husten unterdrücken, als die grausige Tinktur ihren Hals hinunter rann. Das war definitiv irgendein selbstgebrannter Fusel, aber er würde seinen Zweck wohl erfüllen.
„Selma, das ist das grauenvollste, was ich jemals getrunken habe!“
Sie reichte die Flasche weiter und beobachtete den Gesichtsausdruck ihrer Gegenüber genauestens, dann gab sie ihr einen amüsierten Knuff auf den Oberarm.
„Ich sag doch, es schmeckt schrecklich! Willst du mich so besoffen machen, dass ich von meinem restlichen Gefängnisaufenthalt gar nichts mehr mitbekomme?“

„Jadra Hjalldottir also? Gefällt mir!“
Thorwaler erschienen Elena in vielerlei Hinsichten sehr beeindruckend und eine von ihnen zu mimen erschien ihr wie eine Ehre. Wenn Arngrim ein wenig gelugt hätte, hätte der Rotschopf sich wohl auch nicht beschwert, aber so zog sie sich nur eilig das Kleid über. Es kratzte auf ihrer Haut, doch für das richtige Aussehen war das Kleid mit den silbrigen Stickereien gerade richtig. Ihr Pelzmantel und ein einfacher Gürtel rundeten das Bild entsprechend ab und gaben ihre eine gewisse Aura des Reichtums. Gut, dass sie Schmuck besaß, denn der hob ihren Status definitiv hervor. Auch für Arngrim war etwas feinere Kleidung zwischen den Teilen, die der Wirt ihnen bereitgestellt hatte und nachdem Elena noch ein Stündchen an ihnen herumwerkelte, sahen sie tatsächlich aus wie ein reiches Paar aus dem hohen Norden. Elena wusste, wo sie sie hinführen wollte: ein Dorf hier ganz in der Nähe beherbergte einen Juwelier, der für seine außergewöhnlichen Stücke bekannt war. Wenn sie dem ein oder zwei davon abluchsten, konnte Elena sie an einen Hehler weiterverkaufen und Arngrim hatte genug Gold, um sich mit allem Notwendigen auszurüsten. Auf dem Weg dorthin hatte sie den Thorwaler etwas genauer in den Plan eingeweiht und hatte sich selbst auch noch ein paar Tipps geholt, um eine gute Thorwalerin abgeben zu können. Es waren viele Informationen, die sie sich innerhalb kürzester Zeit merken musste, aber Elena war ja nicht auf den Kopf gefallen. Hauptsache, ihre Geschichten stimmten überein und wirkten authentisch. Den Rest würde schiere Überzeugung erledigen müssen.
Das Dorf, das sie ansteuerten, war klein, aber beschaulich. Fachwerkhäuser reihten sich gerade aneinander und die Leute auf dem Marktplatz eilten geschäftig und in adretter Kleidung über das Kopfsteinpflaster. Schon als Arngrim und sie über den Platz ritten, ernteten sie einige neugierige Blicke. Wenn es ihr auch nicht gefiel, wusste Elena doch, wie man sich als eine Frau von Stand zu geben hatte und auch, wenn Thorwal nicht so ein strenges Ständesystem hatte wie das Mittelreich, schaffte ihre würdevolle Haltung doch Eindruck. Der Juwelier war aufgrund seiner prunkvollen Fassade nicht zu übersehen. Mit einer eleganten Bewegung stieg Elena vom Pferd und wartete darauf, dass Arngrim neben ihr stand und sie sich an seinem Arm einhaken konnte. Dann betraten sie gemeinsam den Laden.
Sofort waren sie von glänzendem Geschmeide umgeben, dass die Auslagen zierte. Elena ließ den Blick schweifen.
„Bei Swafnir, dieser Schmuck ist tatsächlich feiner als alles, was ich in Olport gesehen habe!“, stieß sie mit einem gekünstelten Lachen aus.
„Beorn, mein Schatz, ich weiß, du machst dir nicht viel aus den Südländern, aber du musst mich unbedingt in etwas Geschmeide von hier hüllen!“
Ihre Worte hatten die Aufmerksamkeit des Juweliers wohl erweckt, ein adretter kleiner Mann, der sich ihnen mit respektvollem Abstand genähert hatte.
„Kann ich den beiden helfen?“, fragte er höflich und richtete seinen Blick erwartungsvoll auf Arngrim.
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptySo Nov 10, 2019 3:35 pm

Selma hatte Recht mit der Vermutung behalten, dass keine Seele sie an diesem Tag stören würde und es niemand für nötig empfand, sich um ihr Befinden zu kümmern. Besser für sie, denn so musste sie nicht die ganze Zeit in offenes Ohr für bestimmte Geräusche haben, sollte sich doch jemand die Treppen hinunter zum Kerker verirren.
Eigentlich war es ein sehr entspannter Posten, den sie hier hatte, kein Wachmann konnte wohl von sich behaupten, dass sie die ganze Zeit entspannt faullenzen konnten und dem nachgingen, was ihnen Spaß machte. Dann wiederum waren viele ihrer Kollegen nicht unbedingt sehr ernst bei der Sache und machten während ihrer Schicht immer alles, was sie wollten. Doch das hier war anders. Was eine Strafe und eine Schikane sein sollte zu Anfang, war nun eine angenehme Zeit, die sie mit einem sehr angenehmen Gefangenen verbrachte. Die Dunkelhaarige war froh, dass sie sich nicht vor einer potenziellen Freundschaft mit einem Andergaster versperrt hatte, denn nun- obwohl sie sich erst seit zwei Tagen kannten- lebten sie hier unten in einem harmonischen Miteinander und sie war froh, dass sie für ihn da sein konnte.
Auch an diesem Tag wachte sie über den Magier, ließ ihn ausruhen und verwickelte ihn in diverse belanglose Unterhaltungen und Würfelspiele. Es machte Selma auch nichts aus, etwas mehr Proviant zu stibitzen und um ein Stück Käse zu spielen. So ausgelassen hatte sie sich noch nie gefühlt und es tat gut, den gewonnen Preis mit jemanden teilen zu können, der es wertschätzte.
Bei Wendolyns Worten stahl sich ein breites Lächeln auf ihre Lippen und sie schluckte schnell den letzten Bissen hinunter, ehe die Flasche mit klarer Flüssigkeit erneut zum Vorschein kam. „Dann sehen wir mal zu, dass uns ein bisschen wärmer ums Herz wird.“, gluckste die junge Frau und reichte den Schnaps dem Gefangenen.
Sie wusste selbst, dass das Zeug, was sie gelagert hatten, nicht gut sein konnten. Er war da, um Schmerzen zu betäuben und- wenn nichts anderes zu finden war- zum Desinfizieren, doch er würde den Zweck erfüllen, für den er gelagert wurde, da war sie sich mehr als nur sicher.
Beim Anblick des anderen musste sie leise lachen. Sein Gesicht sah alles andere als zufrieden aus und sie konnte sich nicht vorstellen, dass das Zeug so widerlich sein konnte. „Ach, komm schon, das kann niemals das Grauenvollste sein!“ Hastig schnappte sie sich die Flasche und genehmigte sich ebenfalls einen ordentlichen Schluck, nur um ihr Gesicht zu verziehen und keuchend nach Atem zu schnappen. „Bei den Göttern, das brennt ja alles weg!“, krächzte die Wachfrau entgegen und schüttelte sich ein wenig.
Wenn das Zeug sie die restlichen Tage wirklich nicht merken ließ, was geschah, war es vielleicht gar nicht so schlecht, wenn sie es in sich hineinkippten. Und mit diesem Gedanken hatte die Flasche bereits drei weitere Runden gemacht und niemand konnte sich wirklich an den brennenden, grauenvollen Geschmack gewöhnen. Doch zu wirken schien das Zeug nur zu gut! Schnell merkte Selma, wie warm ihr wurde und die Wangen zu glühen begannen. Eine gewisse Leichtigkeit breitete sich in ihr aus und sie erwischte sich dabei, wie sie über belanglose Dinge zu reden begann oder bei den lächerlichsten Aussagen ein Giggeln ihre Lippen verließ.
Es war solch eine ausgelassene Stimmung, solch gute Laune, dass man regelrecht alles um sie herum vergaß. Ja sogar die Tatsache, dass sie in einer Zelle saßen, war so gut wie aus ihrem Verstand entfernt worden.
„Weißt du, Wendolyn…kennst du diese Momente, wo man was machen will, aber zu viel nachdenkt und dann das nicht macht? Aber eigentlich wäre das gut, wenn man einmal in seinem Leben wirklich den Hintern hochbekommt, ich zusammenreißt und dann das durchzieht und nicht an die Folgen denkt?“, Selma lehnte sich etwas näher zum Magier heran, suchte die braunen Augen, auf eine Antwort wartend.
Alles in ihr kribbelte und es war ein angenehmes Gefühl, das ihr seltsamerweise neuen Mut verschaffte und den Gedanken in ihr einpflanzte, dass sie eigentlich zu allem fähig war.

Die Kleidung war bis ins letzte Detail perfekt und Arngrim erkannte sich wirklich nicht wieder, als er zum ersten Mal sein Spiegelbild betrachten durfte. Die dunklen Haare, der Bart, all das ließ ihn so anders aussehen, dass er gar nicht anders konnte, als sich lange ungläubig anzustarren. Aber wer konnte es ihm auch verübeln? Es geschah immerhin nicht alle Tage, dass man auf einmal ganz anders aussah!
Elena hatte wirklich gute Arbeit geleistet und sie sahen wirklich aus, wie ein reiches Paar aus dem hohen Norden, was ein etwas seltsames Gefühl in ihm hervorrief, doch er war auch aufgeregt und gespannt, ob andere Leute es ihnen wirklich abkaufen würden.
Schnell wurde dem Thorwaler der Plan erklärt und auch der Ort, den sie aufsuchen sollten. Es war eigentlich eine wirklich gute Idee- etwas Schmuck stehlen und durch das Geld die nötige Ausrüstung zu kaufen würde Mina und ihm durchaus helfen, um ihre Reise weiterführen zu können und bei diesem Aufzug sollte solch ein Raub doch mit Leichtigkeit erledigt werden! Abgesehen davon war der Rotschopf vom Fach und Arngrim wusste, wie man besonders charismatisch auf andere wirken konnte, also wäre es ein Leichtes für Ablenkung zu sorgen.
Auf dem Weg zu dem Juwelier schenkten einige Bewohner den beiden interessierte Blicke, etwas, was er nur von jenen kannte, die große Menschen nicht gewohnt waren, sonst war er es gewohnt, einer von den Bewohnern zu sein, angeschaut zu werden, weil man ihn kannte und gern hatte und nicht, weil er aussah wie jemand, der viel Gold und Macht besaß. Doch er ließ sich nichts anmerken und versuchte, die Blicke zu ignorieren, bis sie ihr Ziel erreicht hatten.
Arngrim tat sein Bestes, um möglichst normal vom Pferd abzusteigen, wollte er doch nicht, dass direkt klar wurde, dass er mit diesen Tieren nicht umgehen konnte und er dankte es dem erprobten Pferd, dass es so ruhig war, dass er vernünftig absteigen konnte, ohne lächerlich dabei auszusehen.
Er warf Elena noch einen Blick zu, lächelte sie breit an, ehe sie in den Laden hineinspazierten und von all den Schmuckstücken begrüßt wurden.
Seine Begleitung lenkte die Aufmerksamkeit schnell mit ihren Worten auf die beiden und nicht lange, da hatte der Besitzer sich bereits angekündigt.
Die grünen Augen fixierten den älteren Mann und lächelte. „Und ob Ihr das könnt! Ihr habt ja gehört, was meine Frau möchte! Jadra, meine Schöne, schau dich doch einfach um, vielleicht gefällt dir ja ein südliches Kleinod besonders.“, der Seemann blickte Elena besonders liebevoll an, ehe sie von ihm abließ und sich neugierig die fein platzierten Schmuckstücke anschaute, während Arngrim näher auf den Juwelier zutrat. „Mal ganz unter uns, wer kann so einer Frau schon was abschlagen, nicht wahr? Ihr kennt es ja, sie gibt erst Ruhe, wenn sie zufrieden ist und ich bin zufrieden, wenn sie Ruhe gibt. Es ist unser erstes Mal so weit im Süden zusammen, wir haben nicht mal erwartet, dass es so einen Laden in so einem kleinen Örtchen gibt!“, erzählte er mit gedämpfter Stimme. „Ihr habt doch sicherlich auch eine Dame, die nur so in Eurem Schmuck schwimmt! Und Ihr als Kenner könnt mir doch vielleicht sagen, was die Frauen bei euch so tragen…das hier zum Beispiel, wäre das was für meine schöne Jadra?“ Der Thorwaler deutete auf eine Perlenkette und forderte den Mann auf, sich ihm näher zuzuwenden und sich stärker von Elena abzuwenden, zog seine Aufmerksamkeit voll und ganz auf sich, bereit, ihn mit mehr Fragen und erfundenen Geschichten abzulenken.
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyMo Nov 11, 2019 8:22 pm

Ein triumphierendes Lachen entwich Minas Kehle. Bei Selmas Anblick wäre es nicht verwunderlich, wenn sich der armen Wachfrau gerade die Zehennägel hochgerollt hätten.
„Du wolltest mir ja nicht glauben, Selma!“
Es dauerte nicht lange, bis der hochprozentige Alkohol seine Wirkung zeigte. Mina wurde ganz warm und schnell auch ein wenig schummrig. Ihre Worte wurden undeutlicher, aber auch ausgelassener. Dabei schien es ihrer Gegenüber ähnlich zu gehen. Ihre Gesprächsthemen wurden immer wirrer und ausgelassener. Zu mindestens hätte sich Mina nicht daran erinnern können, dass sie ihre Fauxpas in ihrer Ausbildung sonst mit irgendwem geteilt hätte. Aber mit Selma schien sie alles teilen zu können, es war merkwürdig. War das so, wenn man eine Freundin hatte? Sie hatte zwar Bekanntschaft mit Sigrun und Estrid gemacht, aber das war nicht das gleiche gewesen und in all den Jahren davor war sie umgeben gewesen von Männern. Und wirklich viele Freundschaften hatte sie da auch nie geschlossen. Jetzt wurde ihr ganz warm ums Herz, wenn sie ausgelassen und betrunken mit Selma scherzen konnte. Vielleicht war es ja auch nur der Alkohol, der sie warm lächeln ließ, wenn die Nostrianerin sich etwas näher zu ihr beugte. Im Licht der Laterne, die sie mitgebracht hatte, musterte Mina sie inniger als sie es die vergangenen Tage getan hatte. Ihr rundliches Gesicht, eingerahmt von leicht gelockten Haaren, die nie ganz da bleiben wollten, wo Selma sie gern gehabt hätte. Mina sah, wie sie immer wieder eine hartnäckige Strähne hinter ihr linkes Ohr schob. Wenn die Wachleute um sie herum nicht alle so fürchterlich gewesen wären, hätte sie eigentlich kein Problem damit haben dürfen, Männer von sich zu überzeugen. Sie hatte so wundervoll große Augen und unter der Uniform zeichneten sich weiblichere Rundungen ab, als Mina sie jemals haben würde. Wo alles an Mina eckig und scharf zu sein schien, war Selma rund und weich und die Magierin war sich sicher, dass sie einfach nur aus dieser verschnarchten Grenzstadt raus musste, um endlich das zu tun, was ihr Herz ihr sagte.
Ihre diffusen Gedanken wurden unterbrochen von Selma, die sich beinahe verschwörerisch zu ihr hinüber beugte. Ihre Bewegung spiegelnd, rückte auch Mina näher heran und betrachtete die andere stirnrunzelnd.
„Ehrlich gesagt wünschte ich mir manchmal, ich würde genauer über Dinge nachdenken, Selma“, lachte sie ehrlich, aber auch ein wenig beschämt. Dass sie selbst ein Hitzkopf war, war ihr nur allzu bewusst. Ihre impulsive Ader hatte sie schon häufig in Schwierigkeiten gebracht. In Verkleidung als Mann zu leben war irgendwo auch Ergebnis einer solch überstürzten, wenn auch damals kindlich getroffenen Entscheidung.
„Ich stürze mich immer Hals über Kopf in Dinge, deren Tragweite ich gar nicht abschätzen kann und plötzlich steht man da.“
Sie zuckte mit den Schultern und konnte sehen, wie sich die Strähne wieder hinter Selmas Ohr löste. Und als wenn sie selbst ein Exempel an ihre gerade geäußerten Worte setzen wollte, beugte sie sich einfach nach vorn und nahm die hartnäckige Strähne zwischen die Finger und klemmte sie sacht hinter Selmas Ohr. Leicht streifte sie dabei über ihre Wange, spürte, wie warm und weich sie war und ein leichter Schauer lief über ihre Hand und ihren Unterarm.
„Wieso, was willst du machen?“, fragte Mina und merkte, wie sie unbewusst die Stimme zu einem leisen Flüstern gesenkt hatte, als wenn dieser Augenblick nach andächtiger Stille verlangte.

Viel hatte Elena mit Arngrim nicht bereden müssen. Der Pirat schien ein Naturtalent darin zu sein, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Wenn man so aussah, war es wohl auch ein Leichtes! Sie selbst kannte das Problem nur zu gut, aber nicht erkannt zu werden, wenn sie es nicht wollte, gehörte ebenfalls zu ihren fast rätselhaften Talenten.
„Beorn, du bist wahrlich mein Nordstern!“, flötete sie angetan und wandte sich zu dem Geschmeide um, während Arngrim den Juwelier bei Laune hielt. Neugierig begutachtete sie die Stücke. Die besonders auffälligen zu stehlen, wäre ein Anfängerfehler. Natürlich waren das die teuersten Teile, aber ihr Fehlen würde sofort bemerkt werden. Besser, Elena bediente sich der einfachen Gold- und Silberringe. Die konnte man schnell einschmelzen und sicherlich würde man nicht direkt merken, was da fehlte. Mit großer Vorsicht hatten ihre Finger ein paar Stücke aussortiert, hatte sie in ihrem Ärmel verschwinden lassen. Dort, wo sie sich ein einfaches Stoffband um den Unterarm gebunden hatte, konnte sie die Ringe sicher verstauen, ohne, dass sie in Taschen gegeneinander klimperten.
„Ihre Frau ist wirklich eine Augenweide!“, hörte sie den Juwelier noch sagen und musste sich ein Grinsen verkneifen.
„Woher stammt ihr denn, werter Herr? Aus Thorwal, da bin ich mir bei Eurer Statur sicher, aber welch hohen Herrn habe ich denn hier vor mir?“
Seine Stimme selbst schien zu katzbuckeln, während er sich vor Arngrim zu profilieren versuchte.
„Dieses Jahr sind vor allem Goldringe sehr in Mode. Ihr müsst wissen, selbst die reichen Adligen aus Salza und Nostria kommen manchmal her, um sich von mir beraten zu lassen. Sicherlich habe ich hier niemand geringeren als einen Adligen der Nordmänner vor mir, oder?“
Sein Blick fiel auf die Perlenkette und er nahm sie vorsichtig auf, als wären die schillernden Perlen kleine Eier.
„Eine Perlenkette ist doch sicher zu schnöde für solch eine Schönheit. Wie wäre es mit etwas, das ihre Augen betont?“
Bei den Worten griff er nach einem kunstvollen Amulett, in dem ein Smaragd eingefasst war. Feine Ziselierungen schlangen sich um den grünen Stein.
„Für eine Dame dieses Kalibers kann es doch nicht weniger sein, nicht wahr?!“
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyDi Nov 12, 2019 2:24 am

Gebannt hafteten ihre Augen an Wendolyns Lippen, lauschte so aufmerksam wie möglich seinen Worten. Irgendwo wunderte es die junge Frau nicht einmal, dass er sich wahrscheinlich häufiger Hals über Kopf in eine Situation stürzte, die vielleicht zu gefährlich war. Ein wahrer Abenteurer und jemand, der Risiken in Kauf nahm, jemand, der sie gerne sein wollte.
Innerlich stellte sie sich den Gefangenen vor, wie er außerhalb dieser Zelle lebte und ein Teil in ihr wünschte sich, sie könnten gemeinsam Dere bereisen und Spannendes erleben.
„Ein bisschen neidisch bin ich schon…ich würde gerne mehr riskieren können, ohne immer Angst zu haben!“, entgegnete die Stimme leiernd. Selma hatte immer alles bedacht gemacht. Zu viele Sorgen hatten ihren Körper immer wieder erschüttert und sie konnte nicht einmal alles stehen und liegen lassen und das tun, was ihr gerade in den Sinn kam. Nicht einmal jetzt, wo eigentlich niemand mehr da war, auf den sie Acht geben musste. Niemand hielt sie in diesem Dorf gefangen und der Beruf einer Wachfrau war nicht sonderlich abwechslungsreich und gut, dass sie ihn ihr Leben lang verfolgen wollte. Und falls doch, gab es wahrscheinlich bessere Orte in Nostria als Nordvest. Doch es war nicht leicht sich ins Unbekannte zu stürzen, nicht mal dann, wenn man sich einen hinter die Binde gekippt hatte. „Du musst mir beibringen ein bisschen mutiger zu sein, Wendolyn!“, ihre Lippen formten ein breites Lächeln, als sich ihre Blicke trafen und sie spürte die innerliche Wärme beinahe aufkochen bei dem Anblick des schmalen Gesichts. Sie hatte noch nie einen Mann gesehen, der so aussah- die meisten hier waren grobe Typen mit ungepflegtem Bart und wirkten nicht sonderlich angenehm. Der Andergaster hingegen war völlig anders. Vielleicht hatte er sich auch einfach nur verdammt gut gehalten, genau erklären konnte sie es nicht.
Beinahe hätte die Wachfrau wieder Abstand gesucht, auch, wenn ihr Kopf sie regelrecht anflehte dieses Mal nicht feige den Schwanz einzuziehen. Doch war es Wendolyn, der ihr mit der zarten, kurzen Berührung neuen Mut schöpfte, als er umsichtig ihr Haar hinters Ohr klemmte. Augenblicklich spürte Selma, wie heiß ihre Wangen wurden und sie im Licht der Öllampe rosig, beinahe rot, schimmerten.
„Ich….ich weiß nicht so recht….“, ihre Stimme war ein leises Hauchen, als ihr Kopf sich wie von Zauberhand noch näher zum Magier hinüberlehnte und sich im nächsten Moment ihre Lippen auf seine pressten.
Selma wusste nicht genau, was sie gerade tat. Ihr Kopf war immer noch benebelt, ihr Verstand betrunkener denn je und ihre Ahnungslosigkeit war auch keine Hilfe! Doch, ob sie nun richtig küsste oder ungemein schlecht darin war, das kümmerte sie gerade kein bisschen. Stattdessen schloss sie für einen Moment ihre Augen, spürte die warmen Lippen ihres Gegenübers, wie sie zart und angenehm auf ihren lagen und kostete diesen Augenblick so lange aus, bis ihre Lungen zu protestieren begangen und sie nach Atem rang.
Zu schnell war der kurze Moment vergangen und löste ein Kribbeln in ihrem gesamten Körper aus. Nur langsam öffnete sie ihre Lider und blickte Wendolyn aus unschuldigen Augen heraus an. Er hatte sie nicht von sich gestoßen und den Kuss abgebrochen…vielleicht hatte sie nichts verkehrt gemacht? Vielleicht hatte er ähnliche Empfindungen ihr gegenüber?

Der Plan schien genau aufzugehen! Zumindest fühlte es sich so an. Der Juwelier klebte regelrecht an Arngrims Worten und war ebenso erpicht darauf, ihm deutlich zu machen, welch ein wichtiger Laden und wie hochwertig seine Waren doch waren. Er selbst hatte absolut keine Ahnung davon, was bei den Adligen in der Mode war und wie man Schmuck voneinander unterscheiden sollte. Wahrscheinlich wären dem älteren Herrn die restlichen Haare ausgefallen, wenn er wüsste, welch einen Geschmack der ‚edle‘ Herr vor ihm eigentlich hatte. Wahrscheinlich kein guter in den Augen eines Kenners.
„Oh, sie ist wahrlich die schönste Frau auf ganz Dere!“, entgegnete der Thorwaler mit überzeugter, lauter Stimme. Er sollte bloß nicht wagen, seinen Blick von ihm abzuwenden, auch, wenn er sich mittlerweile absolut sicher war, dass- egal, was Arngrim erzählen würde- er nicht von seiner Seite weichen würde.
„Was die Leute hier in Nostria tragen, ist mir fremder denn je. Wir da oben haben unsere eigene Mode und Geschmäcker, aber es ist nicht verkehrt, wenn man ein bisschen was von euch mit hinauf bringt, was?“, lachend klopfte er dem Mann auf den Rücken.
„Aus Nadrafall kommen wir. Einen Jarl habt Ihr vor euch stehen. Jarl Beorn Ormson um genau zu sein. Wahrscheinlich nie so weit oben gewesen, um uns zu sehen, was? Sind nicht weit weg von Olport, drei Tage mit dem Schiff, kann unsere Heimat nur empfehlen, zu allen Jahreszeiten!“ Dem Seemann wurde bewusst, dass er wahrscheinlich über sein heutiges Frühstück mit dem Mann hätte reden können, er würde immer noch gebannt zuhören oder zumindest so tun. Zumindest hatte er keinen Blick zur Seite gewagt oder auch nur für einen kurzen Augenblick die Aufmerksamkeit Elena zugewandt. Diese war zumindest gut darin beschäftigt, hier und da etwas mitgehen zu lassen und Arngrim hoffte, dass sie schon bald den kleinen Laden verlassen konnten, denn langsam schien dem Juwelier bewusst zu sein, dass so ein sogenannter Jarl wahrscheinlich auch viele Dukaten hier lassen konnte und lotste ihn zu besonders hochwertig aussehenden Stücken.
Nun, der Blondschopf musste zugeben, dass das, was er ihm präsentierte, durchaus schöne Stücke waren, etwas, was er gerne seiner Liebsten eines Tages geschenkt hätte und so fiel es ihm auch nicht schwer, erstaunt über das Werk des Mannes zu sein. „Ihr scheint ja ein ordentlicher Kenner zu sein! Habt sicherlich schon viele Frauen glücklich gemacht! Schön sieht es durchaus aus. Was ist mit diesem Ring hier? Wäre er gut genug für meine Jadra?“, neugierig deutete er auf einen filigran verarbeiteten Ring und ließ sich etwas dazu erzählen, während seine grünen Augen zum Rotschopf huschten und sie ihm Handzeichen gab, dass sie offensichtlich die richtigen Gegenstände gefunden und eingesackt zu haben schien. „Wisst Ihr was? Legt doch das gute Stück, was Ihr mir gerade gezeigt habt zurück, und ich hole es später alleine ab. Ich möchte meine Jadra überraschen.“, er zwinkerte dem Fremden zu und wandte sich im nächsten Moment der Elster zu. „Vielleicht kommen wir nach unseren Pflichten wieder? Nicht, dass du bei einem Bier zu viel noch was verlierst!“
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyDi Nov 12, 2019 9:32 pm

Die andächtige Stille hatte Selma wohl ebenso gepackt wie die Magierin selbst. Für einen Moment hing ihr Blick in der Luft und es war, als würde die Zeit stillstehen. Mina liebte Arngrim über alles und nichts würde sie in diesem Glauben jemals erschüttern. Doch als Selma plötzlich die Lippen auf ihre drückte, schien Minas Welt Kopf zu stehen. Natürlich hatte sie nicht gemerkt, dass die junge Frau Gefühle für sie entwickelt hatte. Wie blind sie gewesen war! In kürzester Zeit purzelte die Magierin durch eine Vielzahl von Emotionen. Im ersten Moment wollte sie die junge Frau von sich drücken. Einfach aus Reflex, weil sie doch niemanden je wirklich an sich heran ließ. Aber bevor sie diese Handlung wirklich ausführen konnte, hatte sich ein angenehmes Kribbeln in ihrem gesamten Körper eingestellt. Selma zu küssen fühlte sich vollkommen anders an als Arngrim. Ihre Lippen waren so unglaublich weich und sanft und ihr Geschmack war vollkommen unterschiedlich. Nie hatte Mina auch nur in Betracht gezogen, dass sie solche intimen Momente mit einer Frau teilen konnte. Sie wusste nicht, ob sie leben oder sterben würde in den nächsten Wochen. Was, wenn das hier ihre letzte Chance war, um herauszufinden, wieso Selmas sanfter Kuss ihren Magen verdrehte auf die beste Art und Weise, die sie sich vorstellen konnte?
Arngrim küsste bestimmte, gab den Ton an bei allem, was sie taten und Mina war ihm dankbar dafür. Selma hingegen war vorsichtiger, vielleicht auch, weil sie nicht wusste, wie Mina reagieren würde, doch ihre Unsicherheit erweckte in Mina nur das Verlangen, sie zu führen. War es das, was Arngrim mit ihr verspürte? Die Neugierde und das aufgeregte Flattern in Minas Brust waren zu viel. Sie blickte in Selmas Augen, die sie erwartungsvoll anblickten. Worte waren nicht die richtige Antwort in diesem Moment, nicht für die angetrunkene Magierin. Beinahe schon etwas stürmisch nahm Mina das rundliche Gesicht in ihre Hände, schob ihre Finger zwischen die langen Strähnen ihres Haares und küsste Selma innig. Sie wusste selbst, was sie hier anrichtete und dass es ihr Geheimnis vermutlich verraten würde, wenn sie nun mit der Wachfrau intim wurde. Doch in diesem Moment war ihre Sorge eher, dass Selma alles abbrechen würde, weil sie sich in Wendolyn verliebt hatte, nicht in Mina. Doch die Hitze, die langsam in Minas Körper aufwallte, ließ keine logischen Gedankengänge mehr zu. Wenn sie Selma nur schnell genug in die Lust der Situation einwickelte, dann würden solche Fragen vielleicht nebensächlich werden. So war es jedenfalls bei ihr selbst gewesen.
Fordernd stupste ihre Zunge gegen Selmas Lippen und genoss ihren Geschmack, als sie sich auf den Kuss einließ und den Mund leicht öffnete. Auf ihrem Lager aus Wolldecken schob Mina sich etwas näher an die Wachfrau heran und ließ ihre Hände von ihrem Gesicht ihren Körper entlang wandern, bis ihre Finger unter ihr Wams schlüpfen konnten. Die Neugierde gab ihr Mut; vielleicht konnte sie ja auch gestillt werden, ohne, dass sie Selma ihr Geheimnis offenbaren musste? Mit sanfter Bestimmtheit drückte sie den Körper auf ihr Lager herab, fuhr dabei über ihre unglaublich weiche Haut. Wie konnte sich das gleiche Erlebnis bei zwei Menschen nur so komplett unterschiedlich anfühlen?
„Lass mich einfach machen. Du vertraust mir, oder, Selma?“, hauchte sie mit leiser, dunkler Stimme und starrte mit feurigem Blick in ihre leuchtenden Augen, während ihre Hände ihre Hüften umfassten, ihre Daumen leicht über ihren Bauch kreisen lassend.

„Einen Jarl! Nein, welch hoher Besuch in meinem Haus!“
Alles, was der Juwelier sagte, klang über alle Maßen gestellt und übertrieben. Elena konnte nicht anders, als im Hintergrund mit den Augen zu rollen. Sie konnten gar nicht schnell genug hier verschwinden. Solche Speichellecker, die sich lieber unter den Stiefel der Adligen schmissen als den Armen ihrer Stadt zu helfen, widerten die Elster regelrecht an.
„Oh, natürlich, natürlich! Solch ein Stück wäre der Königin würdig!“, murmelte der Juwelier, darauf bedacht, dass Elena ihn nicht hörte. Sie hörte ihn. Aber es war ihr egal. Arngrim hatte sich wieder zu ihr umgedreht und sie schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln.
„Ach Beorn, das Bier hier unten kann eine richtige Thorwalerin doch nicht umhauen“, lachte sie laut und wandte sich vollends von dem Schmuck ab, den sie betrachtet hatte.
„Aber lass uns das so machen, dann habe ich etwas, um mich von dieser garstigen Angelegenheit abzulenken!“
Sie blickte dem Juwelier noch einmal fest in die Augen. Er würde sich nicht an ihr genaues Aussehen erinnern, da war sie sich sicher. Was auch immer sie für eine Macht in sich beherbergte, würde schon dafür sorgen. Erneut hakte sie sich bei Arngrim ein und verließ mit ihm Seite an Seite den Laden. Das Aufsitzen klappte dieses Mal schon etwas besser und Elena schenkte ihm ein zufriedenes Grinsen, sobald sie außer Sichtweite der Dorfbewohner waren.
„Das hat solch einen Spaß gemacht, Arngrim!“, lachte sie ausgelassen und gab ihrem Pferd einen leichten Klaps, sodass es in Trab verfiel. Arngrims Pferd folgte gehorsam. Erst, nachdem sie sich ein wenig ausgetobt hatte, ließ Elena Eure Hoheit wieder in einen sanften Schritt fallen. Mit einer geschickten Bewegung befreite sie die Beute aus ihrem Versteck und hielt Arngrim die Ringe hin.
„Das sind sicherlich einige Dukaten, die ich gerade in meiner Hand halte! Was meinst du, was du dir und deiner Frau davon alles kaufen kannst!“
Sie verstaute die Ringe sicher in einem Beutelchen, welches sie anschließend Arngrim reichte. Sie war an dem Reichtum nicht interessiert, ihre Belohnung war alles andere an dieser Aktion gewesen.
„Scheint so, als hätte unsere Verkleidung gut funktioniert, oder was meinst du? Der Juwelier hat sich ja ganz krumm gemacht!“
Sie verzog angeekelt das Gesicht, dann lehnte sie sich ein wenig im Sattel zurück.
„Wollen wir unseren Gewinn heute schon ausgeben? Vielleicht können wir noch ein bisschen was besorgen, um unsere Scharade vorm Hauptmann in Nordvest glaubhafter zu gestalten!“

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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyMi Nov 13, 2019 2:35 am

Für einen kurzen Moment bekam Selma es mit der Angst zu tun. War sie zu weit gegangen? Hatte sie Grenzen überschritten, die sie einfach nicht hätte überschreiten dürfen? Dieser kurze Augenschlag, die haselnussbraunen Augen des anderen, wie sie in ihre blickten, es fühlte sich auf einmal viel zu lang an und am liebsten hätte sie gefragt, ob sie auch nichts falsch gemacht hatte. Doch zu einem Wortaustausch war es nicht gekommen, denn schon spürte sie die fremden Hände, wie sie ihr Haar berührten, ihr Gesicht umfassten und schon bald erneut sie die anderen Lippen kosten durfte.
Sie musste zugeben, dieser stürmische, innige Kuss überraschte sie zutiefst. Nie hätte sie erwartet, dass jemand ihre Zuneigung jemals erwidern würde und dass der Andergaster offenbar ähnliche Gefühle ihr gegenüber zu haben schien, war nun wahrlich glasklar. Sonst hätte er sie doch schon längst von sich gestoßen!
Haltsuchend klammerten sich ihre Hände an Wendolyns Oberkörper, krallte sich in den Stoff ihres Oberteils. Der Wachfrau wurde heiß und kalt zur gleichen Zeit, alles in ihr schien zu kribbeln und zu brennen und sie spürte das Verlangen nach mehr, sich noch mehr dem anderen Körper hinzugeben und ihren gegen seinen zu pressen, um die Hitze des anderen auf ihrer Haut verspüren zu können.
Selma war so schrecklich unerfahren, sie wusste ja nicht einmal, wie man jemanden richtig küsste, sodass sie erst nicht wusste, was sie tun sollte, als die Zunge des Magiers gegen ihre Lippen stupste. Doch sie gewahr ihm Einlass, ließ es zu, dass sich beide Zungen ineinander wanden und der Geschmack ihres Gegenübers auf ihr haftete. Er war süßlich und herb zugleich, etwas, was sie noch nie so erlebt hatte. Es raubte ihr schier den Verstand, dass sie gar nicht anders konnte als genüsslich aufzuseufzen, während Wendolyns Finger ihre Haut unter dem Wams ertasteten. Sie musste gerade glühen, Selma konnte nicht einmal sagen, was die Hitze in ihrem Körper gerade antrieb, bei so vielen Emotionen, die in ihrem Inneren brodelten.
Die Wachfrau ließ den anderen die Führung übernehmen, schien er doch von den beiden der Erfahrene zu sein, auch, wenn sie innerlich schmunzeln musste. Hatte er nicht am Anfang noch gesagt, dass er mit keiner Frau je zusammen war? Bei so viel Selbstvertrauen und Ahnung konnte sie ihm diese Worte gerade nicht mehr so ganz abkaufen. Doch wen kümmerte es schon? Selma zumindest war es ziemlich gleich und so ließ sie sich auf die Decken nieder und blickte den Andergaster mit großen, erwartungsvollen Augen an.
Die Wachfrau war nervös, sehr sogar, doch etwas sagte ihr, dass sie sich in guten Händen befand. Doch irgendwie wollte sie nicht einfach nur tatenlos hier liegen und ihn alles machen lassen. Sie wollte ihn berühren, wollte seine Haut ertasten und, obwohl sie bei seinen Worten zustimmend nickte, fuhren ihre Hände unter das lockere Hemd des anderen, ertastete seine Bauchmuskeln und wanderte sachte weiter hinauf. Sie hatte noch nie einen Mann so angefasst, seine nackte Haut berührt und hatte nie die Chance gehabt, jemanden zu entkleiden. In einer anderen Situation wäre sie wahrscheinlich niemals so weit gegangen, hätte sie nicht getraut so weit zu gehen. Doch der billige Schnaps hatte seine Arbeit hervorragend getan und verlieh ihr den Mut, den Selma gerade brauchte. Und auch, wenn sie immer noch die Kontrolle niemals hätte übernehmen können, konnte sie wenigstens sanft jede Stelle des fremden Körpers ertasten. Sie wollte den Magier erforschen.

Erforscht hatte sie eindeutig etwas, als ihre Finger sich weiter zu seiner Brust herantasteten und statt Bauchmuskeln etwas ganz anderes bemerkte. Augenblicklich hielt Selma inne, runzelte fragend ihre Stirn und hob sogleich das Leinenhemd des anderen so weit an, dass sie genau das erkannte, was sie zu ertasten geglaubt hatte. „Das…sind Brüste…“, erwiderte sie knapp und erwischte sich dabei, wie sie auf den Busen des jungen Mannes blickte. Letztes Mal, als sie einen Mann gesehen hatte, hatten diese keine Brüste! „Du, Wendolyn…ich glaub du bist ‘ne Frau!“, ihr Blick war für einen kurzen Moment ernst, ehe sie mit den Schultern zuckte und ein leises Lachen ihre Lippen verließ. Selma wusste nicht genau, wieso es sie in diesem Moment nicht kümmerte. Sie hatte nie das Interesse an einer Frau gezeigt, nie fantasiert, wie es wäre mit ihnen intim zu werden. Eigentlich waren ihr solche Gedanken nie in den Sinn gekommen. Doch verstört und angewidert war sie keineswegs. Das Kribbeln war nicht verflogen, eher noch kribbelte ihr Körper jetzt sogar noch ein wenig stärker und sie massierte neugierig und interessiert die Brüste des Mannes, der keiner war.
„Egal…ich…ich möchte nicht aufhören…“, ihre Stimme war ein leises Wispern, als ihre Hände fordernd am Oberteil zogen und den anderen Körper aufforderten, sich zu ihr hinunterzubeugen, um erneut diese weichen Lippen zu kosten. „Ich vertraue dir…“
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyMi Nov 13, 2019 9:19 pm

Bei aller der betrunkenen Unvorsichtigkeit hatte sich in Mina dennoch der Gedanke festgesetzt, dass Selma sie wohl oder übel enttarnen würde. Kaum hatte sie den Gedanken beendet, hatten weiche Finger auch schon den Weg unter ihr Leinenhemd gefunden. Mina hielt mit einem Zittern in ihren Liebkosungen inne. Natürlich hätte sie Selma harsch abweisen können, hätte sich von ihr entfernen und ihre Hand beiseite schlagen können. Doch für die kleine Hoffnung, Selma würde sie nicht abweisen, tat sie es nicht. Vermutlich war es nur der Alkohol, der die Magierin so mutig machte, dass sie gespannt abwartete, bis Selmas Hände ihren Weg an ihrem Bauch vorbeigefunden hatten. Ein wohliger Schauer zuckte trotz allem durch ihren Körper, als die Nostrianerin ihren Busen berührte. Sie hatte mit einer krasseren Reaktion gerechnet, doch anscheinend war Selma vom Alkohol ebenso berauscht wie sie selbst und schien sich an der ganzen Situation eher zu amüsieren. Ob ein harsches Erwachen morgen kommen würde? Was hatte Mina schon zu verlieren? Vielleicht kam sie niemals hier heraus, vielleicht würde Selma sie danach ebenso mies behandeln wie alle anderen Wachleute hier auch, weil sie sie belogen hatte. Aber für den Moment tat das nichts zur Sache.
„J-Ja, es tut mir leid, dass ich dich belogen habe, Selma“, gestand sie mit einem schamroten Gesicht und sah entschuldigend zu ihr hinab. Ihr Lachen war ansteckend und trotz der angespannten Situation entwich Mina ebenfalls ein leises Glucksen. Wenn sie ihre Zärtlichkeiten hier abgebrochen hätten, hätte die Magierin ebenfalls nichts bereut, vielleicht hätte sie das Erlebnis einander trotzdem näher gebracht. Doch Selma machte es sehr eindeutig, dass von Aufhören nicht die Rede sein konnte. Mina überraschte sich selbst mit dem stöhnenden Aufseufzen, als die Hände ihre Brüste massierten und sie erfühlten. Sie selbst wusste nur zu gut, dass es Fluch und Segen gleichzeitig war, solch kleine Brüste zu haben, doch sie merkte, dass selbst dieser Umstand ihre Gegenüber nicht abzuhalten schien. Bereitwillig beugte sie sich wieder hinunter, um Selma ein zweites Mal zu küssen. Wenn Selma keine Bedenken hatte, hatte sie das auch nicht. Kurz dachte sie darüber nach, ob sie ihren wahren Namen preisgeben wollte, aber ein wenig genoss sie die Anonymität und noch hatte die andere nicht gefragt. Und noch bevor sie das tun konnte, hatte Mina ihre Lippen auch mit einem Kuss versiegelt. Während sie fordernd ihre Zunge in Selmas Mund schob, fuhren ihre Hände stattdessen über ihre Arme bis zu Selmas Händen und leiteten ihre Bewegungen an. Sie war unerfahren, also half es ihr vielleicht, wenn Mina ihr zeigte, was ihr gefiel, anstatt dass sie es selbst herausfinden musste. Als sie das Gefühl hatte, dass Selma wusste, worauf sie es abgesehen hatte, ließ die Magierin sie los und erforschte weiter ihre warme Haut, ließ ihre Lippen in sachten Küssen über ihr Kinn und ihren Hals wandern. Ihren Hals bedachte sie besonders vorsichtig, immerhin konnte sie keine offensichtlichen Spuren hinterlassen.
Endlich konnten ihre Hände den störenden Stoff über Selmas Brust nach oben schieben und sie betrachtete die halb entblößte Frau andächtig. Sie hatte solch eine weibliche Figur und ihre Brüste waren um einiges größer als ihre eigenen. Vorsichtig fuhr Mina darüber, musste beinahe ein bisschen schmunzeln, bei den wenig schmeichelhaften Vergleichen, die ihr einfielen. Die zarte Haut war angenehm unter ihren Fingerspitzen und mit der größten Vorsicht wanderten nun auch ihre Lippen über Selmas Brüstem genossen es, wie weich sie sich anfühlten und wie die andere sich ihr leicht entgegen beugte. Beinahe schon unbewusst drückte sie ihren Unterleib stärker gegen den der Wachfrau und merkte selbst, wie die Erregung in ihr anstieg.
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyDo Nov 14, 2019 1:17 am

Geschah dieser Moment gerade wirklich? Hatte sie sich gerade bereitwillig auf eine Frau eingelassen, obwohl ihr noch nie diese Gedanken in den Sinn gekommen waren? Beinahe war Selma sich sicher, dass dies nur ein bizarrer und betrunkener Traum war, während die beiden eigentlich, gehüllt in Decken und Schlafsäcke, tief bis in den nächsten Morgen schlummerten.
Doch Träume wirkten nie so echt und noch nie hatte sie sich so frei bewegen und agieren können im Schlummerland. Was auch immer gerade mit ihnen passierte und welche Dinge der Wahrheit entsprachen oder wirklich pure Träumerei war, all das tat nicht zur Sache. Nicht dann, wenn sich die anderen Lippen so fordernd auf ihre legten, sich ihre Zungen gegenseitig anstupsten und sie den Geschmack des anderen kosten durften.
Die Wachfrau glaubte vor lauter Hitze zu brennen. Fühlte sich so das Verlangen nach einer anderen Person an? Wie konnte sie nur all die Jahre ohne dieses Gefühl leben, war es doch so angenehm und gut, dass sie nichts anderes mehr in ihrem Leben verspüren wollte?
Wie nun die Gefangene wirklich hieß und wer sie war, es kümmerte ihren benebelten Verstand gerade nicht, sie wollte diesen Moment mit keinen forschen Fragen ruinieren, auch, wenn sie gerne den Namen der Fremden über ihre Lippen gebracht hätte, ihren echten Namen.
Aber das konnte wohl warten, diese Nacht sollte sicherlich nicht die Letzte sein, die sie gemeinsam verbrachten.
Selma war dankbar, dass die Andergasterin sie führte und ihr zeigte, wo sie am liebsten berührt werden musste. Zwar war es sicherlich aufregend den anderen Körper zu erforschen, doch noch angenehmer war es zu wissen, was ihr wirklich gefiel, sodass sie nicht ausversehen auf die Schnauze fiel mit ihrer Unerfahrenheit.
Kaum waren ihre Küsse vorbei, sehnte sich die Dunkelhaarige wieder nach den anderen Lippen, blickte die Magierin mit hochrotem Gesicht an, während sich ihre Brust vor lauter Aufregung schnell hob und sank. Ein angenehmer Schauer glitt über ihren gesamten Körper und sie merkte, wie sich ihre Härchen bei den Berührungen aufstellten, den zarten Liebkosungen auf ihrem Hals, die ihr ein lustvolles Seufzen entlockten, ehe sie im nächsten Moment erschrocken eine Hand vor den Mund presste. Dass sie zu solchen Lauten in der Lage war, war der Wachfrau neu und sie wusste nicht, ob es etwas war, wofür sie sich schämen sollte.
Selma wusste nicht einmal, ob sie beschämt sein sollte, als die andere nun ihren Oberkörper ganz entblößte und aus ihren braunen Augen heraus musterte. Mochte sie den Anblick? War sie gut genug? Sie wusste es nicht, doch Worte waren nicht vonnöten, denn schon bald machte die Andergasterin ihr deutlich, dass sie gut genug für sie war, als sich ihr zarter Mund ihre Brüste mit Küssen benetzte und nun ein leises Stöhnen ihrer Kehle entwich. „Was…was machst du nur?“, flüsterte die junge Frau zwischen zwei lusterfüllten Lauten. Sie konnte kaum glauben, dass solche kleinen Berührungen sich so gut und intensiv anfühlen konnte. Ihr Körper beugte sich fordernd der Gefangenen entgegen, während ihren Kopf in den Nacken legte und genüsslich ihre Augen schloss.
Selma hielt es kaum noch aus, sie wollte mehr, sie wollte wissen, wie es sich anfühlte, jemanden noch näher zu stehen.
Augenblicklich setzte sich ihr Körper ein wenig auf und kurzerhand später befreite sie sich von ihrem Wams, dem Hemd und jeglicher anderer Kleidung am Oberkörper, der sie störte. Langsam tastete sie sich auch an das Hemd der anderen heran und zog es mit ein wenig Hilfe über ihren Kopf. „Wie…wie heißt du wirklich..?“, Selma wusste nicht genau, wieso sie sich nicht traute mit lauterer Stimme zu reden, doch es fühlte sich falsch an diesen Moment mit lauten Worten zu ruinieren. Stattdessen begann sie sich nun auch von ihren schweren Stiefeln zu befreien, warf sie achtlos beiseite, um ihre Arme um die Taille ihrer Gegenüber zu schlingen und sie enger gegen sich zu pressen. Sie wollte, dass ihr Liebespartner ebenfalls auf seine Kosten kam und glaubte, sich noch daran erinnern zu können, wo sie berührt werden wollte, sodass sie- anstatt sich wieder auf ihr Lager zu betten und darauf zu warten, dass die andere den Ton angab- lieber mit ihren Lippen, wenn auch zaghaft, sich auf Wanderschaft begab. Sie benetzte ihren Hals mit sachten Küssen, drückte ihre Lippen gegen ihr Schlüsselbein und verlor sich schlussendlich bei ihren Brüsten. Sie waren wahrlich kleiner als ihre, das erklärte wahrscheinlich auch, wieso sie in einem breiten Leinenhemd nicht wirklich ihre Umrisse zuvor erkennen konnte. Ihre eigenen waren so anders, teilweise störend und hinderlich. Selma wusste nicht, ob sie es richtig machte und erwischte sich immer wieder dabei, wie sie fragend das andere Gesicht betrachtete, um ihre Regungen sehen zu können. Sie wusste auch, dass sie es nicht nur bei harmlosen Küssen belassen wollte, doch der nächste Schritt löste ein wenig Angst in ihr aus, schließlich wusste sie nicht, was passieren wurde, doch die Wachfrau hatte Hoffnung, dass sie von der Andergasterin lernen konnte.
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyFr Nov 15, 2019 12:51 am

In einer anderen Situation hätte Mina sich die Erkenntnis, dass Selmas Hals besonders empfindlich war, wohl zu Nutzen gemacht. Doch genau dort hätte man sie beide direkt entlarvt. Minas Ziel war es, Selmas Selbstvertrauen ein wenig aufzubauen, nicht, sie als Hochverräter verurteilt zu sehen. Ein wenig hatte sie die andere Frau wohl schon aufgelockert, denn immer mutiger liebkoste sie auch ihre warme Haut und entlockte Mina ein wohliges Seufzen. Da sie in der Beziehung mit Arngrim eher einen passiveren Part einnahm und dem Thorwaler die Initiative überließ, war das alles hier auch für die Magierin Neuland. Wäre all der Alkohol nicht gewesen, Mina wäre wohl genauso nervös wie Selma. Nein, wäre der Alkohol nicht, würden sie sich beide wohl gar nicht in dieser Situation wiederfinden. Stattdessen half die Magierin der anderen Frau gerade aus ihrer Kleidung und ließ sich im Gegenzug auch von ihr helfen. Für einen kurzen Moment war sie etwas unsicher, ob sie Selma wirklich gefallen würde. Über den Punkt, dass sie keine Frauen mögen könnten, waren sie zwar schon hinaus, doch würde sie an dem schmalen, sehnigen Körper gefallen finden, der wenig mit Selmas gemein hatte?
„Mina, ich heiße Mina“, murmelte sie leise. Der kurze Moment der Anonymität war vorbei, doch es störte die Magierin nicht wirklich. In der klammen Kälte des Kerkers sollte sie so unbekleidet eigentlich frieren, doch Selmas aufgeheizter Körper hatte sich schnell wieder an ihren gepresst und verhinderte, dass Mina frieren konnte. Genussvoll schloss sie die Augen, die Arme in Selmas Haaren vergraben, während sie ihre Berührungen spürte. Beide waren sie mittlerweile so erregt, dass es unausweichlich schien, den nächsten Schritt zu tun. Dieser bereitete Mina selbst in ihrem erregten, betrunkenen Zustand etwas Sorge. Natürlich wusste sie, was theoretisch zu tun war, Arngrim legte immerhin viel Wert darauf, dass er sie im Bett nicht nur mit dem Beischlaf an sich befriedigte, aber das dann selbst anzuwenden, war etwas ganz anderes. Auf der anderen Seite…Wer wusste schon besser, was sich gut anfühlte, als eine andere Frau?
Mit sanfter Bestimmtheit drückte Mina Selma wieder auf ihr Lager und öffnete bedächtig die Schnürung an ihrer Hose und ließ ihre Hand unter den Stoff gleiten. Zwischen Selmas Beinen war die Hitze noch viel mehr zu spüren. Bevor Mina wirklich den letzten Schritt tat, blickte sie Selma noch einmal tief in die Augen. Wenn ihr das alles zu weit ging, sollte sie es jetzt sagen. Aber es kam kein Widerspruch, als massierte Mina leicht über Selmas Scham, bevor sie mit einem Finger langsam in sie eindrang. Sie ließ sich von den Lauten der anderen führen, drang schließlich mit einem zweiten Finger in die andere ein. Zu spüren, wie Selma auf sie reagierte, wie sie sich ihr immer heftiger entgegen bäumte, war ein angenehmes Gefühl. Nur schien Selma ihre Laute nicht ganz unter Kontrolle zu haben. Mina hatte Sorge, dass man sie in dieser heiklen Lage noch entdecken mochte und legte mit sanfter Bestimmtheit ihre freie Hand über Selmas Mund, ihr mit einem leisen Zischen andeutend, dass sie ihre Stimme senken musste. Für einen kurzen Augenblick hielt die Magierin in ihren Bewegungen inne und beugte sich zu Selma hinunter, sie in einen langen Kuss verwickelnd, bevor sie mit den Bewegungen ihrer Hand fortfuhr, jetzt aber fester und bestimmter, um Selma endlich zum Höhepunkt zu bringen. Ihre Finger krümmten sich in ihr und ihre Zähne suchten neckend Selmas Lippen, verbissen sich kurz. Minas freie Hand war mittlerweile zum linken Oberschenkel der Wachfrau gewandert und sie massierte ihn schließlich, zog die andere Frau noch etwas näher an ihr Becken und brachte sie in eine günstigere Position. Auch beim Sex war Mina keine besonders gesprächige Zeitgenossin, aber sie hoffte, dass Selma das nicht als negatives Signal deutete, sondern ihre immer schneller werdenden Atemzüge endlich einen wohlverdienten Höhepunkt ankündigten.
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BeitragThema: Re: Eichenherz   Eichenherz - Seite 14 EmptyFr Nov 15, 2019 2:29 am

Selma hielt mit ihren Liebkosungen kurz inne, lächelte die junge Frau breit an, als sie ihren Namen vernahm. Es war ein schöner Name und sie fühlte sich geehrt, ihr eigentliches Ich nun kennengelernt zu haben, welches wahrscheinlich die Wenigsten in ihrer Umgebung kannten.
Dieser kleine Moment schein für die Magierin jedoch genug zu sein, um langsam einen Schritt weiterzugehen und die Wachfrau merkte, wie ihr Herz noch stärker gegen die Brust hämmerte. Sie musste sicherlich nicht erklären, dass dies ihr erstes Mal mit einer Frau und auch ihr erstes Mal mit einer anderen Person war. Sie hatte keine Ahnung, was man tat und wie man etwas tat und hoffte, dass es die andere nicht allzu stören würde. Klar, ganz unwissend war sie auch nicht und wusste, wie es da unten aussah und hatte hier und da auch selbst Hand angelegt, doch das war doch etwas ganz anderes und sie wollte nicht an diese Momente denken, fühlte es sich doch- trotz der Erregung und des Verlangens- irgendwie peinlich an. Doch das hier war ihr seltsamerweise absolut nicht peinlich. Mit erwartungsvollem Blick starrte sie in die braunen Augen der Gefangenen und nickte nervös, dass sie weitermachen konnte.
Augenblicklich hielt Selma ihre Luft an und blickte unsicher hinunter zwischen ihre Beine, als die fremde Hand sich langsam am Stoff ihrer Hose vorbeigeschoben hatte und sich dort wiederfand, wo sie noch nie eine andere Seele berührt hatte. Erregt zuckte ihr Körper bei der ersten Berührung zusammen und sie stieß ein leises Wimmern aus. Wie umsichtig und doch bestimmt Mina vorging, es raubte ihr schier den Verstand. Es fühlte sich so anders an, so viel besser, als sie es je erwartet hätte. Mittlerweile musste sie einer Tomate gleichen, ihr Gesicht, nein, ihr ganzer Körper schien jedenfalls regelrecht zu glühen vor der inneren Hitze und dem Alkohol, der durch ihre Adern floss. Es war kaum noch auszuhalten, all das war beinahe schon zu viel für den armen Kopf der Wachfrau, welche haltsuchend ihre Finger in den Decken um sie herum vergrub und ein Stöhnen nach dem nächsten ausstieß. Doch war es das langsame Eindringen der fremden Finger, die ihr gänzlich die Kontrolle raubten. Erstaunt riss sie ihre hellbraunen Augen auf, nur um den Kopf wieder in den Nacken zu legen und sich der Ekstase ganz freizugeben. Ihr Körper wölbte sich unter den Bewegungen der Andergasterin entgegen und wahrscheinlich hatte das ganze Gebäude mittlerweile mitbekommen, was sie hier trieben. Doch der letzte Gedanke war ihr nicht einmal in den Sinn gekommen. Sie brauchte erst Minas Finger, die sich umsichtig um ihre Lippen legten und ein Zeichen, dass sie vorsichtiger mit ihren lusterfüllten Lauten sein sollte.
Selma wusste zwar nicht genau, wie sie so etwas kontrollieren konnte, doch sie versuchte ihr Bestes und war froh, dass sie erneut die anderen Lippen kosten konnte. Ihre Finger vergruben sich im dunklen Haar und sie zog Mina unweigerlich näher an sich heran.
Als sie fortfuhr, konnte sie sich beinahe kaum noch zurückhalten. Haltsuchend schlangen sich ihre Arme um den anderen Oberkörper, drückte sie näher an sich heran und genoss die heißen Küsse auf ihrem Mund, das sanfte Ziehen, wenn die Magierin mit ihren Zähnen an ihrer Unterlippe zog. Immer, wenn ein lautes Stöhnen ihre Kehle verlassen wollte, zog sie stattdessen die andere zu einem weiteren innigen Kuss. Selma merkte, wie der Höhepunkt unausweichlich war, wie ihre Lust in der Brust immer weiter anschwoll und sie glaubte, jeden Augenblick in tausend Stücke zerbersten zu müssen. Bei den schnellen Bewegungen verkrampfte sich ihr Körper mit einem Schlag, sie drückte das Becken gegen die Dunkelhaarige und spannte ihre Muskeln härter an, als bei irgendeinem anderen Training, während der erlösende Orgasmus sie übermannte.
Nun war sie es, die sich in Minas Lippen verbiss und diesen erstaunlichen Moment so lange sie nur konnte, auskostete, ehe sie keuchend zusammensackte. Immer noch zuckte ihr Körper unkontrolliert, während sie außer Atem die Gefangene anblickte. Worte waren nicht nötig gewesen, während sie so zärtlich verführt wurde, sie hätten den Moment nur ruiniert. Doch jetzt, wo es vorbei war und Mina ihre Hand aus ihr zurückgezogen hatte, fehlten ihr regelrecht die Worte. Stattdessen drehte sie sich zur Seite und zog die andere in eine innige Umarmung. Die Wachfrau hatte sich noch nie in ihrem Leben so warm und geborgen und gut gefühlt. Hätte sie doch eher solch einen lustvollen Moment mit jemanden tauschen können! Allerdings wäre dann dieser Augenblick niemals so besonders gewesen, so einzigartig, dass sie sich wahrscheinlich ihr Leben lang daran erinnern würde. Also irgendwie bereute sie es nicht einmal, so lange gezögert zu haben.
Stumm strich Selma durch das dunkle Haar ihrer Nebenfrau, lächelte sie sanft an, ehe sich ihre Lippen ein weiteres Mal auf ihre pressten und sie dieses Mal vorsichtig mit ihrer Zunge um Einlass bat und den Kuss so lange wie möglich auskostete. „Ich….ich hab sowas nie gemacht aber ich…möchte es versuchen…“, ihre Stimme war leise und sie musste kurz innehalten, damit die Nervosität sie nicht die nächsten Worte leise vor sich hinnuscheln ließ. „Hilfst du mir dabei?“, fügte sie anschließend beinahe wispernd hinzu und wartete darauf, dass Mina ihr bestätigte, dass sie ebenfalls einen Schritt weitergehen durfte.
Es wäre nicht fair gewesen, es hierbei zu belassen und Selma wollte, dass Mina ebenfalls auf ihre Kosten kam, wollte sich für diesen wunderschönen Moment, den sie ihr bereitet hatte, revanchieren.
Sie richtete sich leicht auf, begann mit fahrigen Händen an der Hose zu werkeln, ehe sie diese an den Hüftknochen vorbei hinunterstreifte, jedoch nicht komplett auszog.
Wenn einer der Wachleute sich doch dafür entschied, hinunterzukommen und nach den rechten zu sehen, waren beide wahrscheinlich am nächsten Morgen nicht mehr am Leben. Aber Selma kümmerte sich nicht um die anderen, die über ihnen hausten. Die meisten waren ohnehin in Kartenspiele verwickelt, betrunken oder schliefen während ihrer Nachtwache seelenruhig auf einem der alten Holzstühle. Sie hatten wirklich nichts zu befürchten.
Außerdem, nervös machte sie ohnehin eher ihr Mangel an Erfahrung, als sie versuchte, ihr Zittern zu unterdrücken, sich auf die Zunge biss und im gleichen Atemzug ihre Hand zwischen Minas Beine streifte. Erst fuhr sie sachte über die Innenseite ihrer Oberschenkel. Sie konnte die Hitze auf ihrer Haut spüren und etwas sagte ihr, dass sie es nicht noch länger hinauszögern sollte.
Mit bedacht begann sie, Mina zu massieren, versuchte dabei so sanft und vorsichtig zu sein, jedoch immer noch bestimmt, immerhin wollte sie die andere nicht langweilen. Es war so anders, jemanden so zu berühren, vor allem eine andere Frau. Selma wusste nicht, was ihr wirklich gefallen könnte und versuchte dies zu tun, was sie bei sich auch tun würde.
Es dauerte ein wenig länger, um irgendwann den Dreh rauszubekommen, wenn sie denn endlich den Dreh rausbekommen hatte. Mina hatte ihr zwischenzeitlich geholfen, ihre Hand dorthin geleitet, wo es für sie am besten war und Selma hatte das Gefühl, dass sie sich nicht mehr allzu stark auf ihre Berührungen konzentrieren musste.
Die junge Frau legte sich langsam wieder zu der Magierin, während die Finger sanft ihre Scham massierten und sie sich allmählich traute, ihre Hand noch weiter hinuntergleiten zu lassen und mit ihrem Finger in sie einzudringen. Schließlich hatte die Gefangene es bei ihr auch gemacht und es war ein atemberaubendes Gefühl!
Sie erinnerte sich daran, erst mit einem Finger zu beginnen, ehe der zweite folgte und sie leicht krümmend sie in der anderen bewegte.
Alles war so warm und weich und anders, Selma erwischte sich dabei, wie ihr diese Intimität besonders gefiel, wie wohl sie sich in diesem unbekannten Gebiet zu fühlen begann und wie diese Berührungen und Laute, die die Andergasterin von sich gab, sie erneut zu erregen begannen. Hoffentlich machte sie alles richtig.
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