Danger Danger
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High Voltage
 
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 Beyond here lies Nothing

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Mrs Lovett
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BeitragThema: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1So Mai 17, 2015 7:08 pm

Wenn man länger darüber nachdachte, dann hatte keiner von ihnen auch nur Ansatzweise einen Grund, der sie zum Weiterleben animierte. Nichts war ihnen geblieben und das alles hatten sie sich selbst zu verdanken. Die Welt war ein schrecklicher Ort geworden, ohne Hoffnung, ohne Aussicht auf eine Besserung- die Erde war verdorben, alles, was die Vergangenheit widerspiegelte, war begraben unter Staub und Sand und den Leichen ihrer Vorfahren. Was war ihnen eigentlich noch geblieben? Der Schrott von damals, das Gift, das sie selbst in die Welt gesetzt hatten. Doch sie alle waren Menschen- übergroße Parasiten, die alles überleben wollten, die krampfhaft an ihrer Existenz festhielten, die sie immer wieder dazu zwang einen Sinn in all dem zu finden, was keinen Sinn besaß. Sie mochten sich nicht alle von den Folgen erholt haben, um genau zu sein würde niemals jemand von ihnen ein hohes Alter erreichen, immerhin war es eine Rarität, dass gesunde Kinder auf die Welt kamen und im Säuglingsalter überlebten, bei all den Bedingungen, bei der Knappheit, die stets vorherrschte. Und genau diese hatten das Glück einen ausgeprägten Ehrgeiz zu entwickeln. Charles redetet sich gerne ein, dass sein Wunsch nach Mehr, er hatte in jungen Jahren gehungert sich von anderen abzuheben und wieso sollte er das auch nicht als ein gesunder Mann mit einem gesünderen, ja geradezu messerscharfen Verstand nicht wollen? Jahre hatte es gedauert sich seine Position zu gewinnen, Jahre hatte er versucht das zu werden, was ihn in seiner Kindheit unterdrückt oder besser gesagt was sein Leben bestimmte, all das kontrollierte, was er zum Überleben brauchte. Jeder hatte diesen Wunsch gehabt sich von den Ketten zu lösen und unabhängig in dieser Welt leben zu können, zumindest so gut es ihnen möglich war, doch nicht alle hatten die Mittel.
Und Charles hatte diese Ketten gebrochen. Es hatte ihn Jahre gekostet, viele Jahre voller Blut und Schweiß, Jahre voller Demütigung, Kriege und verlorener Körperteile, Narben und vielerlei anderer Entstellungen eines einstig makellosen Körpers. Doch an Gesundheit hatte der Warlord niemals einbüßen müssen. Und er wollte auch gar nicht, dass irgendeine Krankheit seinen Körper je befallen würde.
Doch was spielte die Vergangenheit und die Zukunft für eine Rolle? Es war nicht einfach darüber nachzudenken, was in einigen Jahren passieren würde, wenn man nicht einmal wusste, was morgen auf ihn zukam, was heute in wenigen Stunden geschehen mochte, auch wenn es für jemanden wie ihn wichtig war daran zu denken, dass er und sein Land einen weiteren Morgen überstand, weswegen nicht nur ein kleiner Krieg um wichtige Ressourcen geführt werden musste. Tagein tagaus waren seine Truppen unterwegs um alles zu finden, was nützlich sein könnte, nicht selten hatte er Angestellte auf alte Schrottplätze schicken müssen, die irgendwo verwahrlost in alten Einöden vergraben lagen, um diesen Ort zu verbessern. Bestimmte Vorrichtungen, Techniken, Anlagen zum Lagern vom Wasser und auch das Verbessern von Fahrzeugen war stets an der Tagesordnung, neben anderen Kleinigkeiten wie Verträgen und Treffen mit anderen Warlords. Sie hassten sich alle und jeder war nach dem Land des anderen her und dennoch traf man sich scheinheilig auf dem Territorium anderer, verhandelte, tauschte Güter und machte Abkommen für längeren Waffenstillstand, während man insgeheim hoffte, dass irgendein Vorfall, vielleicht ein vom Wahnsinn geplagter Söldner ausversehen seine Waffen gegen jene aus den feindlichen Gebieten richtete, sodass sie das Recht hatten einen Krieg anzuzetteln und möglicherweise alles für sich zu beanspruchen. Größenwahnsinn war etwas, was wohl der Mensch niemals vergessen konnte oder gar wollte. Sonst wären sie nicht alle hier in dieser leibhaftigen Hölle.
Einige Völker mied Charles so gut er nur konnte, seltsame Kulte, die ihm nicht geheuer waren und dessen Abkommen er nicht einmal anhören wollte.
Wenn man so darüber nachdachte, dann befanden sie sich täglich in Kampfbereitschaft, selbst jetzt, wo er Momente der Tatenlosigkeit in seinen eigenen Räumlichkeiten genießen konnte, wusste er, dass die Ruhe nichts weiter als ein Schein war, dass irgendwann ein Sturm losbrechen würde, ganz gleich welches Ausmaß er auch haben sollte.
Manchmal langweilte ihn das Untätigsein wie in diesem Augenblick- nicht, dass der Dunkelhaarige keinen festen Zeitplan hatte, nicht dass es nicht immer etwas zu tun hab, wie etwa Kontrollen oder dem Auskübeln neuer Pläne, die er mit jenen besprach, die mehr Köpfchen als Muskeln besaßen, auch wenn es nicht viele von ihnen hab. Er hatte seit langer Zeit einen guten Partner bei sich gehabt, einen, der nicht nur mit seiner ausgesprochenen Größe und Stärke einschüchtern konnte, sondern der belesen und intelligent genug war um ihn bei Plänen beriet und mit ihm Routen ausmachte, welche seine Leute absuchen konnten. Sie kannten sich bereits seit dem Tag an, wo Charles selbst nichts weiter als ein mit Waffen bepackter Mann war, der für einen anderen Tyrannen in einen Krieg zog, welcher zum Glück irgendwann einen tragischen Tod erlitt.
Gerade als er über seine Landkarte gebeugt hatte, um sich genauer anzusehen, wo sie bereits überall gewesen waren, hatte ihn das dumpfe Klopfen der Metalltür aus seinem Gedankenfluss geholt. Die stahlgrauen Augen blickten hinüber, als zwei Männer den Raum betraten und sich eines ernsten Blickes unterziehen ließen.
„Sir, es ist an der Zeit dass Sie entscheiden, was mit den Gefangenen gemacht werden muss.“, der Sprecher hatte den Augenkontakt zu seinem Boss gemieden, wie auch der andere, welcher stumm nickend neben ihm stand, sich nicht einmal ansatzweise rührte, als Charles langsam zu ihnen hinüberging. Skeptisch verschränkte der Dunkelhaarige die Arme vor der Brust. Es hatte seine Richtigkeit, dass keiner von ihnen voreilig entschied, was sie mit ihnen anstellten, einige waren nützlich, häufig wusste er jedoch nicht, was sie genau angestellt hatten und es kümmerte ihn auch selten, welch ein Verbrechen sie vor allem gegen ihn begangen hatten.
Doch wenigstens zum Schein wollte Charles sich informieren. „Wie viele und welche Verbrechen?“, fordernd blickte er von einem zum nächsten, lauschte aufmerksam ihren Worten. Es waren lediglich zwei, während der eine jemanden erstach um an sein Essen zu kommen, hatte der andere etwas ganz anderes begangen- er hatte gestohlen und nicht einmal etwas, was jeder Mensch gebrauchen konnte, oh nein, es war nichts dergleichen. Neben der Tatsache, dass er ihn bestehlen wollte, war es faszinierend zu hören, dass dieses Lebewesen sogar ein altes Kunstwerk als sein erklären wollte, was offensichtlich nicht für ihn bestimmt war.
„Ich schlage vor ihr bringt mir die Person mit, die den Mut hatte meine Eigentümer an sich zu reißen, um den Rest kümmere ich mich später.“, mit einer Handbewegung forderte er die Männer zum Gehen auf, bewegte die mit schweren Stiefel belegten Beine zu der runden Steinplatte, die als sein Tisch diente, bedeckt von einer riesigen Karte, auf welcher vielerlei wichtige Informationen markiert oder gar aufgeschrieben waren. Ringsherum lagen viele Papiere, viele Dokumente, die für jemanden wie ihn eine überaus große Wichtigkeit hatten.
Es dauerte nicht lange und Charles konnte grunzende Laute, gefolgt von einem Schleifen vernehmen, bis man einen jungen Mann durch die geöffnete Tür schliff und ihn auf dem kalten Boden niederließ. Wahrscheinlich war dieser Dieb nicht erst heute erwischt worden und hatte wohl auch das Vergnügen gehabt, Bekanntschaft mit seinen Männern gemacht zu haben. Flüchtig hatte er die Gestalt, welche auf Knien vor ihm saß, betrachtet, bemerkte, dass ihm ein halber Arm fehlte.
„Der Kerl hatte noch so eine Prothese bei sich gehabt, wenn sie vom Nutzen ist, werden wir Sie ihnen überbringen, sonst bauen wir sie auseinander und nehmen uns das, was wir brauchen, Boss. Ganz schöne Witzfigur, so ein einarmiger Dieb!“, Charles war unbeeindruckt, forderte die Männer wortlos auf ihn zu verlassen und die Tür hinter sich zu schließen, während er den jungen Mann nun etwas näher betrachtete. Seine blonden Locken schienen schmutzig vom längeren Aufenthalt in einer Zelle gewesen zu sein, er konnte eingetrocknetes Blut auf der Kleidung erkennen und einige Blutergüsse und andere Wunden, die den schmalen Körper zierten und vor seinen Augen nicht verschlossen war. „Hmm…ein Dieb also. Und wenn ich fragen darf, welch einen Nutzen hast du daraus gesehen mich zu bestehlen? Niemand wird sich für diese Dinge interessieren, das ist dir doch bewusst? Selbst wenn du mit deinem Hab und Gut an einem anderen Ort versuchst es gegen bessere Güter einzutauschen, wird dir dies nicht gelingen.“, er hatte nicht unrecht gehabt, Kunst wurde schon lange nicht mehr von jedem geschätzt, Ein einfacher Bürger würde ihm ins Gesicht lachen, würde er so etwas als Ware vorweisen und sich erhoffen etwas Gutes als Austausch dafür zu bekommen. Nur wenige gelehrte Menschen sahen noch die Schönheit in den alten verbliebenen Werken, sahen das Potenzial in Künstlern, von welchen es genau genommen gar keine mehr gab. Doch schien dieser Junge nicht dumm zu wirken.
„Und dann stellt sich mir noch die Frage…welch einen Wert hat so ein Geschöpf wie du? Bitte, hock nicht so gedemütigt auf dem Boden, ich denke du durftest schon öfter auf die Knie gehen, seit meine Männer dich beim Stehlen erwischt haben. Steh auf.“, fordernd starrten die Augen in das hübsche, wenn auch etwas schmutzige Gesicht des Kriminellen, wartete darauf, dass er sich erhob um ihn in seiner vollen Größe anschauen zu können. Nun, er war eindeutig kleiner als Charles und sicherlich auch jünger auch wenn er nicht wusste wie viele Jahre die beiden wirklich trennte, vielleicht waren es wenige, vielleicht aber auch viele und der Blonde war ein weitaus jüngeres Wesen als sein Gesicht es nach außen trug. „Ich frage mich…“, er trat etwas näher an die Gestalt heran, umfasste das schmale Kinn mit seiner Hand, drehte den hübschen Kopf von einer dann zur anderen Seite. Keine Makel, nichts schien irgendwo deformiert oder von Krankheiten geprägt zu sein, nicht einmal seine Arme wiesen etwas auf, in dem Falle nur, dass einer seiner Arme zur Hälfte nicht existent war. „Besitzt du irgendwelche Krankheiten an dir, Unförmigkeiten, die seit deiner Geburt an dir sind? Für einen gewöhnlichen Straßenjungen und Dieb scheint dein Körper erstaunlich gesund zu sein!“, Charles wollte so etwas nicht vergeuden, nicht einmal die besten Kämpfer sahen so gesund aus wie dieser Gossenjunge! Und sie sahen beiweitem nicht so hübsch aus wie der Gelockte es tat. Es war schwierig ihm eine angemessene Bestrafung zu geben, seine andere Hand zu entfernen erschien beinahe wie eine Schande, ihn zur niederer Arbeit zu zwingen leider auch.
„Was fange ich nur mit dir an- ich kann dich schlecht einfach laufen lassen und dich erneut zu meinen Männern zu schicken….es wäre eine Verschwendung, doch andererseits, weiß ich nicht, ob du auch nur ansatzweise etwas an dir hast, was nützlich sein kann. Vielleicht beginnen wir damit, dass du mir sagst, was du kannst. Bitte, du kannst mir jedes deiner Fähigkeiten aufzählen.“

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Mo Mai 18, 2015 2:15 pm

Sie waren verrückt, krank, allesamt und Julian war mittendrin. Obwohl sein Schädel dröhnte, als hätte man einen Bienenschwarm darin ausgesetzt, versuchte er, sich mit ziellos herumstreifenden Gedanken von seinen Schmerzen abzulenken. Er war sich nicht wirklich sicher, wie viele Tage er schon hier war. Wenn er begann, sie zu zählen, dann würde alles nur noch aussichtsloser erscheinen, stumpfer und gleichgültiger. Obwohl er anfangs noch das Gefühl gehabt hatte, dass er den Fängen dieses Warlords noch entkommen mochte, hatte sich diese Hoffnung schnell aufgelöst. In dieser Welt, wo es zu allen Seiten nur Wüste gab, die sich maximal in ihrem Gelbton leicht unterschied, war den Menschen jedes Mittel recht, um sich abzulenken, und Gefangene gaben eine ausgezeichnete Ablenkung ab, denn man konnte immerhin alles mit ihnen anstellen. Im Endeffekt lief es aber nur auf Brutalitäten und Schläge hinaus. Es war nichts Neues, dass in dieser Vorhölle die Starken überlebten. Julian mochte vielleicht zäh sein, robust genug, um in dieser Welt zu überleben, doch selbst die Gewalt austeilen? Das war nicht seine Welt, dafür steckten nicht genug Muskeln in den sehnigen Armen. Was er tat, um über die Runden zu kommen, für ein wenig Essen und Benzin, erforderte mehr Köpfchen und Geschick, Dinge, die den meisten Menschen mehr und mehr abhanden zu kommen schienen. Diese Welt war grob und für Feinheiten war kaum Platz, denn trotz der weiten Wüste mussten sich die Überlebenden in kleinen Festungen zusammenpferchen. Manchmal fragte Julian sich, wozu sie überhaupt noch weiterkämpften. Eigentlich ging es doch nur ums pure Überleben, denn Kultur war ihnen nicht geblieben. Das sah zumindest der Großteil der Menschen so, doch Julian wusste, dass es nicht stimmte. Kunst hatte überdauert, und während es für die meisten kaum noch von praktischem Nutzen war, waren Statuen, Gemälde oder Bücher umso wichtiger geworden. Natürlich nur für die wenigen, die es sich leisten konnten, nicht nur überleben zu müssen. Aber Julian wusste, wie diese Leute aussahen, er wusste, wohin er sein Motorrad lenken musste, um für scheinbar nutzlosen Plunder genug Geld oder Benzin zu kassieren, um noch ein paar Wochen länger in dieser Hölle verweilen zu dürfen. Und er wusste auch, woher er seine Schätze bekam. Das war leider meistens der schwierigste Teil eines Geschäfts und wie ihm das Schicksal wieder einwandfrei bewiesen hatte, konnte er noch so viel Können und Geschicklichkeit aufwenden, rohe Gewalt und zahlenmäßige Überlegenheit würden ihn letztendlich doch in den Staub drücken. Vermutlich hatte er zu viel getrunken. Oder einen Sonnenstich bekommen. Irgendetwas musste es doch gewesen sein, dass ihn dazu angetrieben hatte, statt eines sicheren Tauschgeschäfts diesen wahnwitzigen Diebstahl durchzuführen.
Was auch immer es gewesen war, nun saß er hier in einer kleinen, stickigen Zelle, in der er tagsüber fast verbrannte und nachts beinahe erfror. Die meiste Zeit hockte er, mit einem Arm an der Wand angekettet, in der schattigsten Ecke des Raumes und ließ den Kopf hängen. Er döste viel, irgendwie musste er ja Kraft schöpfen zwischen den Stunden, in denen Fäuste auf ihn eintrommelten und Tritte seine Rippen gefährlich zum Knirschen brachten. Mittlerweile hoffte Julian einfach nur noch, dass man ihn bald verurteilen würde, zu was auch immer, Hauptsache, man ließ ihn endlich wieder gehen. Man hatte ihm von Anfang an nicht viel gesagt, hatte kaum mit ihm geredet und auch jetzt bekam er nur einige knappe Beleidigungen an den Kopf geworfen, als man seine Kette löste und ihn aus der Zelle schliff. Julian stellte nur ungern fest, dass er sich allein kaum auf den Beinen halten konnte, sodass er von den zwei Bewaffneten ohne sein eigenes Zutun bis zu einem neuen Raum gezerrt wurde, wo man ihn unsanft auf den Boden fallen ließ. Mit einem Ächzen stemmte Julian sich mithilfe seines übrig gebliebenen Arms auf die Knie. Dass sie ihm seinen Arm genommen hatten war tatsächlich das, was ihn am heftigsten getroffen hatte. Er stand nicht gern als Krüppel da, schon gar nicht vor einem Warlord. Julian hob den Blick nur flüchtig und erahnte eine hochgewachsene Gestalt, dunkle Haare und ein scharf geschnittenes Gesicht, das ihn beäugte. Es gab nicht viel zu verlieren.
„Du interessierst dich dafür, oder nicht? Wenn es nur irgendwelcher Plunder wäre, hättest du mich einfach damit gehen lassen können, oder nicht?“
Julian wusste nicht, ob er sich damit um Kopf und Kragen redete, doch man konnte ihn nicht viel stärker verprügeln, als man es schon getan hatte. Sein Gesicht war verklebt mit Rinnsalen von Blut, seine Lippe war aufgeplatzt und blaue Flecken bildeten wahre Kunstwerke auf seiner Haut. Leben erschien ihm ehrlich gesagt nicht wie der große Preis, den es hier zu gewinnen gab. Dass er jemals zu seinem Motorrad zurückkehren würde und diesen verfluchten Ort so weit wie möglich hinter sich ließ, kam ihm fern und utopisch vor. Vielleicht war er in ein paar Stunden schon eine Ameise weniger, die unter dem Brennglas dieser Wüste vor sich hin krabbelte und sich so aufführte, als wenn sein Überleben irgendetwas bedeuten würde.
„Es gibt noch ein paar Spinner da draußen, die ihr Benzin lieber in schöne Dinge investieren als in nützliche. Ich dachte, du wärst einer davon. Wenn ich von der Kunst nicht leben könnte, dann wäre ich schon längst tot, aber bis deine Gorillas einen Glücksgriff getan haben, war ich eigentlich recht lebendig.“
Die Aufforderung, sich zu erheben, gefiel Julian genau genommen gar nicht. Es war keine Geste der Demut oder des Respekts, dass er so vor Charles kniete. Er war erschöpft und kaum in der Lage, gerade zu stehen. Doch ein Anflug von Trotz und Stolz hielt Julian davon ab, weiter auf dem Boden zu kauern. Er atmete tief durch, spannte all seine Muskeln an und erhob sich langsam. Jeder einzelne Knochen in seinem Leib schien protestierend aufzuschreien und für einen kurzen Augenblick glaubte er, dass er einfach wieder zusammenklappen würde. Doch der Lockenkopf riss sich zusammen. Leicht taumelnd wischte er sich Blut und Schweiß mit dem Ärmel aus dem Gesicht und starrte den Warlord dann mit leicht erhobenem Kinn an. Obwohl ihm seine Prothese fehlte, brachte er es fertig, so stolz wie nur möglich zu Charles aufzuschauen, ohne dabei wirklich zu ihm aufzusehen. Der Stumpf hing regungs- und nutzlos an seiner Seite, der andere Arm hatte sich auf eine besonders schmerzende Stelle an seiner linken Seite gedrückt. Er wusste nicht, wie lange er so stehenbleiben konnte, ob er sich mehr als zehn Minuten auf den Beinen halten könnte, doch der Warlord schien gewillt, das auf die Probe zu stellen. Verächtlich verzog Julian das Gesicht, als sein Gesicht von links nach rechts geschoben wurde und schnippte die fremden Finger schließlich mit einer kurzen Bewegung seiner Hand beiseite. Er war kein Gaul, den man einfach so begutachtete, dieser Kerl war höchstens vier bis fünf Jahre älter als er, nur, dass er ein Warlord war, berechtigte ihn zu gar nichts. Julian streckte sich ein wenig, ihm war bewusst, dass er zu einer überraschend winzigen Minderheit gehörte, die sich in diesen toxischen Wüstenlanden nicht schon mit irgendeiner Krankheit angesteckt hatten. Er war 23 und viele in seinem Alter hatten nicht einmal die Hälfte ihrer bisherigen Lebenszeit noch vor sich. Das Ziel mochte überleben heißen, doch das Verfallsdatum war erheblich nach unten korrigiert worden.
„Ist ein fehlender Arm nicht unförmig genug?“, stieß er zynisch aus und winkte kurz mit dem Stumpf, der im Bereich des Ellbogens abgetrennt worden war.
„Außerdem haben deine Männer sich durchaus bemüht, damit ich nicht zu gesund und frisch aussehe.“
Julian schenkte dem Mann ein verrutschtes Grinsen, das ein paar blutverschmierte, aber sonst gesunde Zähne offenbarte. Mit verächtlichem Gesichtsausdruck spuckte er dem Größeren vor die Füße.
„Ich bin keiner der Bettler, die in den Straßen deiner kleinen Festung herumlungern, ich bin ein Händler, ein Sammler, kein Straßenjunge.“
Julian hatte verächtlich die die Mundwinkel nach unten gezogen, während er sprach und widerstand dem kurzen Impuls, seine Arme vor der Brust zu verschränken. Es hätte mit nur einem Arm recht lächerlich ausgesehen. Wollte er sich wirklich vor dem Warlord bewerben wie Ware, nur, um sich irgendwie als wertvoll zu beweisen? Aber wollte er auf der anderen Seite zurück in die Zelle, wenn das tatsächlich die Alternative zu sein schien? Diese Frage war eigentlich leicht beantwortet.
„Ich habe Kontakte zu allen möglichen einflussreichen Menschen, die irgendwo in dieser Wüste kauern und wenn mir nicht gerade irgendwelche Gorillas den Coup vermiesen, bin ich gut darin, Leute von Dingen zu trennen, die sie nicht preisgeben wollen.“
Während er sprach, trat Julian langsam näher an den Warlord heran. Er merkte selbst, wie seine Beine immer wackliger wurden und seine Kraft ihn langsam aber sicher wieder verließ. Wenn er den Mann von irgendetwas überzeugen wollte, dann sollte er das wohl besser schnell über die Bühne bringen.
„Ich bin zäh, ich bin gesünder als die meisten Menschen, die hier noch leben und ich bin nicht so hohl wie deine Männer, die nur schlagen und schießen können.“
Julian hielt inne und versuchte den Schmerz, der ihn schwächen wollte, hinter einem einnehmenden Grinsen zu verstecken.
„Falls ich dir aber irgendwie hilfreich sein soll, bräuchte ich meinen Arm wieder.“

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Di Mai 19, 2015 7:39 pm

Der Fremde schien nicht ganz auf den Kopf gefallen zu sein, doch das hatte Charles auch nicht wirklich geglaubt- er hatte ihn nicht um Benzin oder ähnliches bestehlen wollen, was jedermann brauchte und kaum jemand besaß, oh nein, er wollte nutzlose Kunstwerke, die lediglich von jenen begehrt waren, die sich so etwas leisten konnten. Und all die wenigen Männer und Frauen, die sich so etwas leisten konnten, hatten eine Menge von dem, was jeder Mensch gebrauchen konnte.
Ohja, der Versuch einen Warlord zu bestehlen zeugte von genug Verstand. Und nichtsdestotrotz war die Umsetzung eines solchen Vorhabens mit Abstand die größte Dummheit, die sich ein einfacher Mensch leisten konnte. „Du scheinst dich wohl mit so etwas auszukennen? Kunstwerke sind nun wirklich kein übliches Diebesgut. Doch selbst wenn es mein linker Schuh gewesen wäre, würdest du dennoch in dieser Situation stecken, in welcher du dich gerade befindest. Es ist ein schweres Verbrechen jemanden wie mich eiskalt zu bestehlen.“, erwiderte der Dunkelhaarige, dabei seine Augenbrauen hebend.
Es konnte ihm fast schon leidtun, wie stark seine Männer ihn für eine kleine Skulptur aufgemischt hatten, es war unschwer zu erkennen wie schmerzvoll die Tage, welche der Dieb in einen seiner Zellen verbracht hatte, gewesen sein mochten. Andererseits war es nicht sein Spezialgebiet besonders empathisch zu seinen Gefangenen zu sein. Wer ein Verbrechen begann, sollte auch dementsprechend bestraft werden. Die Welt hatte ohnehin keinen Platz für Menschen mit besonders viel Mitleid für andere, Aufopferung und unnötige Freundlichkeiten brachten sie nur noch früher ins Grab. Und sie standen bereits mit einem halben Bein in ihren selbst geschaufelten Gräbern, warteten nur, bis ihre Lebenszeit ein Ende nahm und die Uhr tickte von Jahr zu Jahr immer schneller.
Charles war überrascht von den Kräften, die in diesem schmalen Leib noch zu stecken schienen, es musste Überwindung gekostet haben sich aufrecht vor ihm zu stellen und zu seinem Erstaunen konnte er immer noch genügend Kraft aufbringen um einfach seine Finger wegzuschlagen, die sich vor wenigen Augenblicken noch auf seinem Kinn befanden. „Mag da jemand nicht angefasst zu werden?“, der Größere formte ein belustigtes Lächeln, ließ seine Hand jedoch im nächsten Moment wieder sinken, musterte ihn stattdessen aufmerksam mit seinen grauen Augen. Die Worte des Gefangenen ließen ihn leise auflachen, der Blick glitt zu dem sinnlosen Stumpf, der- wenn er sich recht erinnerte- vorher von einer Prothese verdeckt worden war.
„Es hätte mich gewundert, wenn ein Langfinger wie du auch wirklich noch beide Hände hätte. Das ist keine Unförmigkeit- Unfälle sind nichts, was von uns kontrolliert werden kann.“, demonstrativ klopfte er mit seiner Faust gegen seinen Oberschenkel, der dumpf und metallisch widerhallte. Sein eigener Körper war alles andere als makellos gewesen, doch war er frei von Missbildungen und Krankheiten und das alleine reichte ihm aus um sich vollkommen zu fühlen. Alles andere war nichts, was einen Menschen aufhalten konnte- jeder verlor etwas, ganz gleich ob es nun eine Gliedmaße oder ein Auge war und sie waren weit genug auf ihrem Stand um sich Ersatzteile aus Metall und Mechanik zu geben. Vielleicht waren sie nicht allesamt perfekt oder gar schön anzusehen, doch so etwas war das Letzte, was einen Menschen noch interessierte.
Gerade noch wollte Julian ein Kompliment dafür geben, dass er einer der wenigen Glücklichen war, die so lange überlebt hatten, ohne gezeichnet von der heutigen Zeit und Verseuchung zu sein, da hatte sich sein positiver Eindruck aufgelöst und ein angewiderter Anblick schlich sich auf die scharfen Züge des markanten Gesichts, als der Jüngere auf die glorreiche Idee kam, ihm vor die Füße zu spucken. Nun ein wenig mehr Klasse hatte er doch von jemand erwartet, der es zu seinem Lebensinhalt gemacht hatte, sich mit der Kunst über Wasser zu halten.
„Charmant. Mit solch einem Benehmen hast du mich natürlich ganz überzeugt, dass du ein ernstzunehmender Händler und Sammler bist.“, seine Worte waren geprägt von Sarkasmus, Charles konnte sich nicht vorstellen, dass dieser junge Mann ein sehr gutes Geschäft am Laufen hatte, zumindest nicht hier, doch wahrscheinlich kam er nicht einmal von diesem Ort, vielleicht war er tatsächlich ein heimatloser Streuner, welcher es jedoch selbst nicht einsehen wollte. Eigentlich kümmerte es den Warlord nicht einmal, es war ganz egal, was dieses Würmchen in seinem Leben anstellte und wie genau er überlebte, schließlich war die Vergangenheit das Letzte, wonach Charles wirklich fragen würde. Stattdessen lauschte er lieber der Stimme des Kriminellen, konnte nicht anders als hier und da skeptisch die Augenbrauen anzuheben. Es war nicht einfach zu glauben, dass er wirklich Kontakte zu wichtigen Lebewesen aufzuweisen hatte, andererseits würde es vielleicht Sinn ergeben, sollte er mit all jenen stets Tauschgeschäfte führen.
„In meiner Position ist man dankbar, dass die stärksten Männer gleichzeitig die Dümmsten sind. Sie denken weit genug, dass sie mir sehr vom Nutzen sind. Es gibt noch wenige Menschen, die die Zeit haben nachzudenken, dir scheint aber niemand diese Zeit genommen zu haben. Sag, welche einflussreichen Leute sollen es sein, die du kennst und denen du in guter Verbindung stehst? Sind es tatsächlich nur Güter, die du ihnen raubst oder ist dein Köpfchen gut genug um darüber hinaus zu gehen?“, seine Augen musterten den schwächer werdenden Körper forschend. Es war immer gut einen oder zwei Leute bei sich zu haben, die ihren Verstand effizient nutzen konnten, sodass er im Vorteil im Vergleich zu anderen Warlords lag- natürlich hatte er überall seine Leute versteckt, besonders auf feindlichen Gebieten sollten sie alles genau im Auge behalten. Doch jemanden zu besitzen, der vielleicht sogar persönlichen Zugriff auf Informationen von Männern und Frauen bekommen konnte, die für ihn ein ernsthaftes Problem darstellten? Solch eine Person war mehr als die gesunden Körperteile wert, die er aufzuweisen hatte.
„Du wirkst müde, ermüden dich meine Worte? Möchtest du dich vielleicht setzen? Wie dem auch sei- du scheinst mehr vom Nutzen zu sein als es mir anfangs bewusst war. Wenn du wirklich solch ein guter Dieb und solch ein guter Kontaktmann zum einflussreichen Volke bist, würdest du mir diverse Arbeiten um einiges erleichtern können. Normalerweise werden Diebe bestraft, alle, die ein Verbrechen gegen mich begangen haben, haben mit Konsequenzen zu rechnen, doch wenn du dich benimmst, würde ich dir einen Job anbieten…etwas, was dir sicherlich nicht schwerfallen könnte. Natürlich würdest du deinen Arm bekommen, unter der Bedingung, du nimmst an und verlässt nicht kurzerhand mein Revier.“

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Do Mai 21, 2015 1:02 am

Der Warlord spielte ein kleines Spielchen mit ihm, das war Julian glasklar bewusst, er hoffte nur, dass seine Menschenkenntnis und sein Verstand ihn nun nicht im Stich lassen würden, damit er zu mindestens ein Unentschieden erspielen konnte. Dieser Mann mochte ein Warlord sein, doch Julian würde einen Teufel tun und vor ihm herumkriechen und buckeln wie eine Schabe. Wenn er sich so demütigte, dann hatte der Rest seines Lebens auch nicht mehr allzu viel zu bieten. Wenn er ging, dann aufrecht. Mit einem bissigen Unterton in der Stimme erwiderte er Charles kurze Bemerkung.
„Wenn ich mich anfassen lasse, verlange ich normalerweise etwas dafür. Man muss mit dem Handeln, was man hat.“
Julians Schulterzucken wirkte kalt, was er erzählte, war nun mal die reine Wahrheit. Er hatte nicht viel anzubieten neben den Kunstwerken, die er stahl oder erhurte. Er war kein Söldner, der mit schierer Körperkraft aufwarten konnte und auch, wenn er vermutlich nicht schlechter mit Waffen umgehen konnte als die meisten Menschen heutzutage, war es nun wirklich nicht seine Stärke. Er hatte ein hübsches Gesicht und einen gesunden Körper. Das reichte meistens auch schon aus, um zu bekommen, was man wollte. Julian war längst über den Punkt hinaus, an dem er sich für so etwas geschämt hätte. Mit mildem Interesse beobachtete er den Warlord dabei, wie er gegen seinen Oberschenkel klopfte. Es hätte Julian auch gewundert, wenn mit ihm noch alles in Ordnung gewesen wäre, es war schwierig, heutzutage noch jemanden anzutreffen, der ganz er selbst war. Minen, Waffen, Unfälle, all das machte es schwierig, die letzten Jahre hier auf Erden mit allen Gliedmaßen zu überstehen. Es gehörte irgendwie zu jedem hier dazu wie der konstante Benzingeruch und die Hitze.
„Ob du es glaubst oder nicht, dass ich meinen Arm verloren habe, hat nichts mit irgendwelchen kriminellen Aktivitäten zu tun. Normalerweise lass ich mich nicht erwischen.“
Sein Lächeln wuchs etwas an, wurde einnehmender als zuvor. Eigentlich war er nur immer bemühter, den wachsenden Schmerz zu verbergen. Ihm war danach, sich einfach zu setzen und zu schlafen, bis er sich besser fühlte, doch das kam nun wirklich nicht in Frage. Wenn er sich dem Warlord gegenüber jetzt schwach gab, würde er wohlmöglich seine Chance auf Begnadigung verspielen. Oder was auch immer dieser Mann mit ihm vorhatte. Vielleicht war das alles hier auch nur ein Spiel, um ihn noch ein wenig zu quälen, bevor er ihm doch die Hand abschlug oder ihn direkt aufknüpfte. Immerhin hatte er versucht, den Warlord persönlich zu bestehlen. Julian konnte sich vorstellen, dass er damit mehr provoziert hatte als wenn er einen einfachen Bürger bestohlen hätte. Unter Umständen war es ja genau dieser Mut, diese Frechheit, die ihn im Endeffekt retten würde.
„Was denn, so pingelig? Die meisten, mit denen ich dort draußen zu tun habe, schwitzen Benzin und Blei, die schweren sich einen Teufel um ein wenig Spucke“, brachte Julian unter einem trockenen Husten zustande. Seine Rippen dankten ihm das Schütteln nicht gerade und Julian begann sichtlich an Contenance zu verlieren. Hoffentlich entließ man ihn bald, sonst würde er noch vor Schmerz vor dem Warlord zusammenbrechen und das war nun wirklich das letzte, was er wollte. Unmerklich verkrampfte sich seine Hand etwas fester in seiner Seite, seine Knie waren stärker eingeknickt als zuvor. Vom Standpunkt des Warlords aus hatte er das noch gar nicht betrachtet. Wozu auch, er selbst würde für den Rest seines Lebens niemals in eine befehlshabende Rolle schlüpfen und darüber war der Lockenkopf auch reichlich froh. Er war kein Anführer und ganz sicher kein Kriegsherr.
„Stell ich mir trotzdem ziemlich langweilig vor. Was, wenn man mal reden will? Mit mir wollte jedenfalls keiner von denen reden.“
Julian merkte, wie seine Stimme immer wieder abrutschte und etwas brüchiger wurde. Dieser Kerl ließ sich wirklich Zeit, um auf den Punkt zu kommen. Hilfesuchen, aber hoffentlich unbemerkt, huschten die blauen Augen von links nach rechts und versuchten irgendetwas auszumachen, woran er sich vielleicht abstützen konnte, um seine zunehmende Schwäche zu vertuschen, doch das einzige, was in Frage kam, war der große Tisch in der Raummitte, auf dem einige Karten und Pläne verstreut waren und zwischen dem und der schwächelnden Gestalt befand sich leider immer noch der Warlord. Immerhin schien der langsam aber sicher dem eigentlichen Grund näher zu kommen, weswegen er ihn nicht längst wie jeden anderen Kriminellen verurteilt hatte.
„Ich hab meine Kontakte überall, die meisten sind im Westen und ein paar im Norden.“
Julian sah seine Chance und drückte sich leicht an dem Mann vorbei, sich auf den Tisch abstützend und dabei auf die Karte deutend. Er tippte mit dem Finger auf einige Festungen, die mit rostigen Nadeln und Fähnchen markiert waren. Allzu viel auf einmal wollte er auch nicht preisgeben. Sich für einen Moment abstützen zu können war eine nette Entlastung, doch Julian merkte selbst, wie seine Beine immer wackliger wurden. Ein sarkastisches Grinsen flackerte in dem bleichen Gesicht auf, als Charles weitersprach.
„Manchmal stehle ich ihnen sogar ihre Herzen“, stieß er mit gespielter Theatralik aus und legte die verbliebene Hand auf seine rechte Brust. Es störte ihn immer noch, dass er nicht seine Arme verschränken konnte und so blieb er etwas hilflos stehen.
„Worauf willst du hinaus, Informationen? Ich denke, dass ich mit einigen anderen Mitteln auch an so etwas herankommen könnte.“
Gerade, als er glaubte, dass er Charles ein wenig von sich überzeugt hatte, musste er mit sarkastischen Kommentaren zurückschlagen. Oh, er konnte doch ganz genau sehen, dass Julian sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Sein Schädel pochte und sein Atem war flach. Mehr und mehr gewann er das Gefühl, dass man ihm vielleicht doch die ein oder andere Rippe gebrochen hatte.
„Müde? Nein, mir geht’s blendend. Sieht man doch“, presste Julian hervor und blitzte den Warlord herausfordernd an. Er würde ihm ganz sicher keinen Gefallen tun und jetzt klein beigeben.
„Okay, wo muss ich einschlagen, klingt besser, als auch nur noch eine Minute in deinem Knast zu verbringen.“
Julian streckte dem Warlord die übrig gebliebene Hand entgegen, doch bevor der andere einschlagen konnte, hatte Julian ein heftiger Stich in die Seite gepackt. Er hatte den Schmerz nicht erwartet, krümmte sich mit einem Stöhnen zusammen und sackte unfreiwillig auf die Knie. Die blauen Augen waren zu kleinen Strichen zusammengepresst und er hoffte einfach, dass die Qual schnell genug wieder verschwinden würde, bevor er noch komplett das Bewusstsein verlor.
„Deine Männer wissen zu mindestens, wie man richtig zuschlägt“, presste er hervor, dieses Mal jedoch ohne offensichtlichen Sarkasmus in der Stimme.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Do Mai 21, 2015 1:32 pm

So einer war der junge Mann also gewesen. Nun, es war nichts Neues, dass sich die einen oder anderen hübschen Geschöpfe auf solche Geschäfte einließen, wo ihr Körper das Kapital war. Allerdings hatte Charles nicht das Interesse den Fremden in irgendeiner Form zu bezahlen, nur um eine nette Stunde mit ihm zu haben. Nicht, dass er nicht ansehnlich war oder ganz und gar seinem Geschmack entsprach, es wäre nur sehr unprofessionell in die Kiste mit seinem Gefangenen zu schlagen. "Jeden das Seine.", summte seine Stimme gleichgültig, er verurteilte Menschen für andere Dinge, die sie in ihrem Leben taten, wobei selbst dies nicht so ganz stimmte. Um genau zu sein verurteilte Charles keinen Menschen, die meisten waren im schlichtweg egal und was sie mit ihrer Zeit anstellten oder wie sie vermochten zu überleben, war wohl auch nichts, was in seinem Interesse lag. Nur jene, die ihm in die Quere kamen, durften seine ungeteilte Aufmerksamkeit genießen und wenn man ehrlich war, dann war es jene Aufmerksamkeit, die man nicht auf sich ziehen sollte.
Es überraschte den Warlord ein wenig, dass der Dieb seinen Arm tatsächlich nicht durch seine Diebeszüge verloren hatte, doch er wollte auch nicht nachfragen, was diesen Unfall verursacht hatte, man konnte es sich ohnehin schon denken. Die Welt war voller gefährlicher Orte, in Wüsten lagen zerstreut Mienen von letzten Kämpfen herum, die jeden Moment losgehen konnten, ganz gleich wohin man ging, die stetige Gefahr, etwas zu verlieren war immer präsent. Selbst jetzt.
"Dann haben meine Männer deine Glückssträhne wohl durchbrochen, was? Oh, ich bitte dich, ich habe den ganzen Tag mit alles andere als gesitteten Lebewesen zu tun, da ist es erfrischend, wenn mir das Gegenteil über den Weg kommt.", kritisch musterten die grauen Augen den geschwächten Körper vor ihm. Er machte trotzallem einen relativ guten Eindruck auf ihn, er schien gebildeter zu sein als all die, mit denen sich Charles die meiste Zeit befassen musste, und alleine so etwas war meist genug für den Dunkelhaarige gewesen um jemanden weitaus positiver einzuschätzen, als dieser vielleicht in Wirklichkeit war. Doch so schnell wollte er ihm nicht die Hand hinhalten und ihm die Sache einfacher gestalten- der Fremde war weiterhin ein Dieb, sein Gefangener und er würde ihn so schnell als einen Gast in seinem Revier willkommen heißen, dafür war es noch ein wenig zu früh.
"Es ist nicht so, dass ich nur von Idioten umgeben bin. Manchmal reichen auch die Unterhaltungen aus, die ich mit meinen Feinden führe. Man sollte sich ohnehin nicht jedem allzu sehr öffnen und Unterhaltungen neigen sehr oft dazu, dass man mehr von sich preisgibt.", seine Lippen formten ein schiefes Lächeln. Es gab nicht viele, denen er wirklich vertrauen konnte, er wusste ganz genau, dass selbst zwischen seinen Leuten irgendwelche Spitzel und Spione versteckt waren, sodass keine unnötigen Worte jemals über seine Lippen kamen, wenn er mit ihnen sprach. Genauso wie er seine Leute hinausgeschickt hatte um andere im Auge zu behalten. Kontrolle war das mit Abstand wichtigste, was ein Warlord haben konnte. Und wenn er seinem Gefangenen wirklich glauben konnte, dann würde er sich hier und da einen sehr guten Vorteil verschaffen können. Jedoch nur aus dem Wissen heraus, ob der Blonde auch wirklich nichts weiter als ein kleiner Langfinger war und nicht vielleicht bereits von anderen angeheuert worden war um ihn zu beschatten.
Ach, es war nicht einfach auch nur ansatzweise jemanden zu glauben.
Fragend folgte er den Bewegungen des anderen mit seinen grauen Augen, als sich dieser zum Tisch vorbeischob, im nächsten Moment der schmalen Gestalt folgend. Mit ernstem Blick hatte er auf die Punkte gestarrt, worauf die fremden Finger gedeutet hatten. "Und ich gehe davon aus, dass dies nicht die einzigen Kontakte sind, die du pflegst. Mit wem genau stehst du im Kontakt?", die nächsten Worten entlockten ein leises Lachen aus der Kehle des Warlords, der leicht den Kopf schüttelte. "Es ist mir ganz gleich, was du ihnen nimmst, es sollte nur für mich von Nutzen sein. Wenn das Brechen von Herzen genug ist um mir nützliche Informationen zu geben, dann würde ich dich gerne in meinem Kreise willkommen heißen.", seine Lippen formten ein Lächeln, während er die blonde Gestalt prüfend anblickte, im nächsten Moment jedoch gespielt enttäuscht dreinblickend, als dieser sein Angebot ablehnte und sich auf keinem Stuhl ausruhen wollte. "Natürlich, ich sehe du könntest eine gesamte Mauer alleine errichten mit deinen Kräften...sparen wir uns den Sarkasmus und kommen besser zur Sache.", sein belustigter Ausdruck wich schnell einer ernsten Miene, während er darauf wartete, dass sein Gefangener zustimmte und tatsächlich schien er bereit zu sein den Job anzunehmen. Zufrieden grinsend trat Charles einen kleinen Schritt auf den anderen zu, wollte gerade seine nehmen, als dieser plötzlich zu Boden sackte. Offenbar waren seine Beine noch nicht stark genug gewesen ihn noch länger tragen zu können. Wie bedauerlich. Doch anstatt über den Gelockten zu lachen, spürte Charles sogar so etwas wie ein bisschen Mitleid. Vielleicht auch nur, weil er nun tatsächlich einer seiner Männer war und sie ihm gesund immer am liebsten war, aber vielleicht war es auch das hübsche Gesicht, das es ihm angetan hatte und in Pein nicht mehr so schön aussah, wie er es gerne hätte.
"Meine Männer sind dazu da um gut zuzuschlagen, für etwas anderes halte ich sie nicht aus.", Charles verzog sein Gesicht. Er wollte sich den Anblick des jungen Mannes, wie er da auf dem staubigen Boden kauerte, nicht länger antun, sodass er im nächsten Moment seinen Arm ausstreckte, ihn dabei auffordernd anblickend. "Allerdings werden sie dich ab heute nicht mehr zurichten können, immerhin besteht dazu kein Grund mehr. Komm schon, falscher Stolz bringt dir nun wirklich nichts mehr. Lass mich dir aufhelfen.", der Dunkelhaarige wartete geduldig darauf, dass der Angesprochene seine Hand umfasste, half ihm im nächsten Augenblick mit einem Ruck auf auf die Beine zu kommen, immer noch seine Hand festhaltend, immerhin waren seine Beine immer noch zu wackelig um alleine stehen zu können. "Siehst du da hinten die Couch, oder zumindest das, was davon noch übrig ist. Ich hoffe, du verlangst keine Bezahlung von mir, wenn ich dich jetzt berühre und dorthin bringe. Leg deinen Arm um meine Schulter.", er hatte seinen eigenen Arm um die Taille des jungen Mannes gelegt, hatte ihm dabei geholfen sich fortzubewegen und bis zu Couch zu kommen, wo er schlussendlich von ihm abließ. "Ich kann dich später medizinisch versorgen, sonst bist du niemandem von Nutzen, nicht einmal dir selbst.", murmelte die Stimme des Größeren, kurz aus dem Fenster hinaus blickend. Sein Gebäude war eines der höchsten, sodass er den Überblick über seine Stadt haben konnte. Es war noch eines der alten Gebäude, die sie damals halbwegs intakt gefunden hatten, jedoch brauchte es erst seine Zeit und viel Arbeit, bis dieser Ort tatsächlich als kleine Festung und ein Ort zum leben dienen konnte. Charles persönlich hatte nicht nur tatenlos auf seinem Stuhl gesessen und darauf gewartet, dass sie alles aufbauten. Nein, seine Hände hatten diesen Ort mit erschaffen, seine Kraft hatte schon so einige Metallteile gestemmt und darauf war er besonders stolz gewesen. Doch wer zum Teufel würde schon glauben, dass das Gebiet eines Warlords unter anderem aus der Kraft und dem Schweiße des Besitzers bestand?! Eigentlich war es ihm auch egal gewesen, er hatte all dies für sich getan, um sich selbst zu beweisen, dass er stolz auf sein Können sein konnte und das war er auch.
"Dein Name. Ich habe mich auf deine Mitarbeit eingelassen, doch ich kenne nicht einmal deinen Namen.", er hatte sich am anderen Rand der Couch gesetzt, blickte den jungen Mann aus fragenden Augen heraus an. Namen spielten eigentlich gar keine Rolle in dieser Welt und schon gar nicht dann, wenn es irgendwelche Leute waren, die für ihn arbeiteten. Doch mit diesem Exemplar würde er sich in Zukunft wohl öfter persönlich treffen und da war das Interesse größer gewesen zu wissen, um wen genau es sich hier handelte.
"Als Ausgleich nenne ich dir sogar meinen, ich denke, dass er nicht einmal unter meinen Leuten bekannt ist. Charles.", aus Höflichkeit hatte er seinen Arm ausgestreckt. Er mochte kein guter Mensch sein (das war ohnehin niemand), doch er wollte seine Manieren um keinen Preis verlieren.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1So Mai 24, 2015 2:01 am

Fast schon hatte Julian damit gerechnet, dass der Warlord ihm einen weiteren bissigen Kommentar schenken würde, ein Lachen vielleicht oder gar die Absage ihrer kleinen Abmachung, die noch längst nicht in trockenen Tüchern war. So etwas in der Richtung hatte der Blondschopf schon fast erwartet, sodass die Stille, die in den Sekunden seines Sturzes folgte, ihn schon beinahe überraschte und ihm zäh aufs Gemüt schlug. Er hätte den Kopf gehoben, um sich, vorbei an einigen Strähnen dichter Locken, zu versichern, mit welchem Gesichtsausdruck man ihn tatsächlich bedachte. Es wirkte beinahe schon mitleidig. Julian wusste nicht, ob ihm das besser gefallen sollte. Wenn man in dieser Welt Schwäche zeigte, war es nur eine Frage der Zeit, bis man ein für alle Mal vom Antlitz der Erde radiert wurde und der Wüstensand einen unnachgiebig verschlang. Mit Hilfe konnte man hier nicht rechnen und doch streckte sich ihm eine staubige Hand entgegen. Julian beäugte den Mann kritisch, während er seinen rechten Arm weiter auf seinen schmerzenden Brustkorb gepresst hielt.
„Falsch? Ich finde den Stolz ganz angebracht. Ist doch peinlich, hier im Staub rumzulungern, wenn man dabei nicht wenigstens den Kopf hochhalten kann“, brummte Julian, löste jedoch schließlich widerwillig seinen Hand von seiner Seite und schlug in die trockene Handfläche ein. Er wurde mit einem Ruck wieder auf die Beine gezogen, der ihn beinahe vornüber stolpern ließ. Etwas überrascht von der schieren Kraft, die in dem Leib des anderen steckte, versuchte er den Schmerz in seinen Knochen zu ignorieren. Julian war sich sicher, dass er sofort wieder zusammengeklappt wäre, wenn ihn der starke Arm des anderen nicht weiter oben gehalten hätte. Etwas unstet huschten die klaren blauen Augen von links nach rechts. Er fragte sich, ob der Warlord ihn nach ein paar Sekunden loslassen würde, damit Julian erneut Bekanntschaft mit dem Fußboden machen konnte. Sein Körper hatte alles gegeben, doch die Schwelle war erreicht. Doch anscheinend hatte man bemerkt, dass er aus eigener Kraft nirgendwo mehr hingehen würde, denn der feste Griff um seinen Arm blieb. Etwas zuckend wanderten seine Augen zu besagter Couch, die an einigen Stellen nur noch aus dem groben Untergestell bestand. Der grüne Bezugsstoff war längst abgewetzt, alle Farbe herausgesaugt von der erbarmungslosen Sonne und der Sand vermutlich so tief in das Möbelstück eingearbeitet wie das krümelnde Polster. Dieses Sofa war ein Relikt, ein Fossil aus Zeiten, wo Komfort noch etwas gewesen war, was der Mensch zu seinen höchsten Standards gezählt hatte. Gedanklich war Julian abgedriftet in eine Vergangenheit, an die er sich bewusst nicht mehr erinnern konnte, sodass er beinahe erschrak, als sich der Arm des Warlords plötzlich fest um seine Hüfte legte. Protest schwappte wie ein natürlicher Reflex in ihm auf, vielleicht auch gemischt mit dem zwickenden Schmerz, den der feste Griff verursachte, doch Julian schluckte ihn herunter. Charles schien angenommen zu haben und wenn das wirklich der Fall war, dann konnte Julian sich keinen Ungehorsam mehr erlauben. Seine Zunge war schwerer unter Kontrolle zu halten.
„Keine Sorge, nur fürs Anfassen hab ich nicht mal einen Tarif. Niemand will nur anfassen“, witzelte er, um den Schmerz zu unterdrücken, der in ihm aufkam, als er einen bleischweren Arm um den harten Nacken des Warlords schlang. Wenigstens war der Warlord klug genug gewesen, sich an der richtigen Seite zu positionieren, sonst hätte Julian nur unfähig mit seinem Stumpf in der Luft herumwedeln können. Auch mit der Hilfe des Größeren war es keine leichte Aufgabe, ans andere Ende des Raumes zu gelangen. Mit bleischweren Knochen und pochendem Schmerz im ganzen Körper schleppte Julian sich gerade so vorwärts, auch, wenn er vermutete, dass er den Großteil seines Gewichts einfach auf den Warlord ablud. Als sie endlich an der abgewetzten Couch angelangt waren, ließ er sich so schwungvoll auf die wenig federnde Sitzgelegenheit fallen, dass er die Zähne zusammenbeißen musste, um nicht aufzuschreien. Dieses Mal etwas sanfter ließ er sich auf die Polster sinken. Obwohl einige Federn in seinen Rücken pieksten, hatte er seit Ewigkeiten nicht mehr so weich gelegen. Am liebsten hätte er die Augen geschlossen und geschlafen, doch der Warlord wollte ihm noch nicht der Bewusstlosigkeit übergeben.
„Du versorgst mich? Ich dachte, du hast einen Quacksalber dafür. Aber Schmerzmittel wären ein Segen.“
Die Stimme des Jüngeren war nach und nach immer schwächer geworden und seine Augen hatten sich selig geschlossen, als er noch einmal hochschreckte. Wieso konnte man ihn nicht einfach schlafen lassen?! Die blauen Augen kniffen sich schmalen Schlitzen zusammen, als er sich ein letztes Mal auf den Ellbogen aufstützte und die ausgestreckte Hand entgegen nahm.
„Die meisten nennen mich einfach nur den Collector, aber du darfst mich Julian nennen. Kein Deckname, ich versprechs“, zwinkerte der Blondschopf und hielt noch für eine Weile an dem festen, erstaunlich trockenen Händedruck fest. Ein seltenes, ehrliches Lächeln huschte über die ausgetrockneten Lippen, während er sich langsam wieder zurücksinken ließ.
„Charles also….Ich habe mal eine „David“-Miniatur liebevoll so getauft…“
Und mit dieser gemurmelten Anekdote verlor er tatsächlich das Bewusstsein. Er wusste nicht, wie lange er so auf der Couch geschlafen hatte, mit Charles am Fußende – oder auch nicht, wohlmöglich hatte er stundenlang geschlafen-, doch als er erwachte, war der Warlord immer noch da, über seine Karten gebeugt. Als sich der Lockenkopf jedoch regte und mit einer Hand müde über seine kurzgeschorene rechte Kopfhälfte fuhr –er hatte es nicht übers Herz gebracht, sich komplett von seinen Locken zu trennen- wandte die sehnige Gestalt sich ihm wieder zu.
„Wie lange war ich weg?“, murmelte Julian immer noch etwas benommen. Wenn seine schlafverklebten Augen ihn nicht ganz betrogen, konnte er seine Prothese auf dem Kartentisch ausmachen, doch vielleicht war er auch einfach noch nicht ganz wach.
„Du hast mir einen Arzttermin versprochen, ich erinnere mich.“
Julian fühlte sich etwas stärker als zuvor und schaffte es ohne Beschwerden, die Beine über den Rand der Couch zu schwingen. Herausfordernd blitzte er in die grauen Augen, doch Charles schien noch nicht gewillt, ihm den Arm direkt zu überlassen, sodass er sich auch so mit einigen routinierten Bewegungen aus seinem mitgenommen aussehenden Shirt schlängelte. Er hatte bessere Sachen gehabt, als er aufgegriffen worden war, doch die Wachen hatten sie ihm abgenommen, vermutlich, um die besseren Stücke untereinander auszulosen. Das Shirt landete unordentlich in einer Ecke des Sofas und Julian brachte es fertig, sich wacklig zu erheben.
„Ein Verband reicht sicher. Kümmerst du dich immer so rührend um deine Männer? Dann hätte ich vielleicht früher zu dir kommen sollen“, flötete Julian beiläufig, während er etwas unschlüssig auf der Stelle trat. Der Körper war bedeckt von bunter Tinte, sein Rücken war voll davon, sein Nacken und seine Schlüsselbeine und auch sein linker Arm war ein Kunstwerk gewesen, das jetzt jedoch halb und zerrissen wirkte. Einiges sah einfach nur schön aus, andere Bilder verdeckten tiefe Narben.
„Darf ich den Arm wiederhaben, oder muss ich noch irgendwelche Bedingungen dafür erfüllen?“, fragte Julian wie beiläufig und deutete wie beiläufig auf die Prothese hinter Charles.
„Gucken ist zwar auch umsonst, aber ich würde mich bald gern wieder anziehen können“, schnurrte Julian trietzend. Nun, an der Hitze konnte es nicht liegen, wenn es danach ginge, würde er am liebsten keinen Fetzen Stoff am Leib tragen.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Mo Mai 25, 2015 2:34 pm

Julian konnte sich wohl als sehr glücklich schätzen, dass Charles die gesamte „Drecksarbeit“ übernahm und sich sogar bereit erklärt hatte, sein Verletzungen medizinisch zu versorgen, fremde Wunden würdigte er im Normalfall keines Blickes und seine Aufmerksamkeit verschwendete er dann doch besser an andere, wichtigere Dinge. Vielleicht war es irgendwo ein Gefühl der Verantwortung, das er diesem jungen Mann gegenüber nun hatte, vielleicht war es aber auch nur die Tatsache, dass sein Mediziner nicht einmal vor Ort war und alle anderen sich zumindest um all jene kümmern durften, die Schlachten und Kriege ausführen durften. Sie sollten ihr Verfalldatum ein wenig hinauszögern. Leute, die etwas auf dem Kasten hatten hingegen wollte er so lange wie möglich an seiner Seite stehen haben, sie waren meist wichtiger als eine Handvoll Söldner und sicherlich auch bei weitem wertvoller.
Aber was machte er sich schon darüber Gedanken, wenn man so darüber nachdachte, dann war er eigentlich ein sehr hilfsbereiter Warlord, andere ließen die Kranken und Geschwächten irgendwo in der Wüste verrotten, immerhin wären sie allesamt eine Verschwendung wichtiger und vor allem knapper Ressourcen!
„Du darfst dich gerne geehrt fühlen, solch eine Behandlung genießt hier sonst niemand.“, entgegnete der Größere mit einem schiefen Grinsen. Er würde seine Schmerzmittel schon bekommen, Charles wusste nicht genau, was ihm alles fehlte, doch nach einem kurzen Austausch mit den Leuten aus dem Gefängnis und einer kurzen Inspektion des fremden Körpers würde es ihm nicht schwerfallen zu wissen, was er benötigen würde. Es war wohl ein Segen einige Jahre selbst als Kanonenfutter gearbeitet zu haben, man lernte vieles dazu, besonders wie man am besten Überlebte trotz gesplitterter Knochen und anderen Kollateralschäden.
Der Warlord hätte nicht gedacht, dass der Gefangene so schnell seinen Namen preisgeben würde, andererseits war es lächerlich ihn vor ihm geheim zu halten, jetzt, wo er für ihn arbeitete! „Julian also, ich finde es klingt weitaus besser als dich Collector zu nennen.“, der Druck der anderen Hand war nicht so fest wie sein eigener, doch er konnte sich ja an bester Gesundheit erfreuen, an welcher es gerade in dem schmalen Leib auf der Couch eindeutig zu mangeln schien. Es war ohnehin erstaunlich, dass er noch die Kraft aufzuweisen hatte mit ihm zu reden, geschweige denn zu verstehen was er überhaupt zu ihm gesagt hatte!
Die nächsten Worte des Gelockten entlockten dem Dunkelhaarigen ein Schmunzeln. „Und was genau hat dich dazu verleitet diese Miniatur so zu nennen, wo sie doch schon einen Namen besitzt?“, sein Blick wanderte fragend zum Kleineren, welcher jedoch nicht mehr dazu gekommen war ihm eine anständige Antwort zu geben. Seine Augen waren bereits zugefallen. Er schien tatsächlich das Bewusstsein verloren zu haben und ein wenig rütteln und schütteln an seinem Körper würde ihn wohl auch nicht so schnell wecken, sodass Charles sich damit zufriedengab ihn einen Moment lang zu mustern. Er wusste nicht einmal wohin er ihn tragen sollte, würde er dies tun wollen, immerhin hatte dieses Wesen kein wirkliches Zuhause, das ihm bekannt war und er hatte noch nicht die Möglichkeit gehabt ihm eins anbieten zu können. Das Gebäude, das er behauste, war riesig und hatte sicherlich genügend frei stehende Zimmer, wovon eines das von Julian sein konnte. Es war ein Gebäude, das früher schon für viele Menschen bestimmt worden war und nach einigen Umbauten hatte er sich ein sehr angenehmes Reich geschaffen, was gut genug für ihn und alle anderen war, die für ihn arbeiteten. Doch um ihn solch ein Angebot zu machen musste der Fremde erst wieder aus seinem Schlaf erwachen und das würde hoffentlich nicht allzu lange dauern.
In der Zwischenzeit hatte der Warlord sich darum gekümmert Bandagen, Schmerzmittel und Salben zu organisieren, die zumindest ansatzweise hilfreich sein konnten. Er hatte herausbekommen können was an seinem Körper alles eventuell verletzt werden konnte und was definitiv verletzt worden war. So etwas wie gebrochene Rippen konnte Charles wohl schlecht heilen, so etwas würde Zeit in Anspruch nehmen und das war wahrscheinlich Julian genauso bewusst gewesen wie allen anderen auch, doch so etwas wie Prellungen würde man zumindest mit einem ordentlichen Verband entgegenkommen. Auch seinen Arm konnte der Warlord noch mit einsammeln. Niemand hatte ihn auseinandergebaut und nach einer kurzen Inspektion war zumindest allen klar, dass nichts Gefährliches an dieser kleinen Maschinerie eingebaut war, was ihnen vielleicht schaden konnte und so sah Charles keinen Nutzen darin, wieso er dem Gelockten das Teil vorenthalten sollte. Das etwas primitivere Stück war eindeutig besser als ein nutzloser Stumpf, mit welchem man nicht viel anfangen konnte.
Er hatte sich noch die Zeit genommen und sich um andere Angelegenheiten gekümmert, die seine Aufmerksamkeit brauchten, bis er nach knapp einer Stunde wieder in seinen Räumlichkeiten stand und hin und wieder den Blick zu Julians Körper wandern ließ. Er hatte sich die Punkte gemerkt, die der andere ihm auf der großen Karte gezeigt hatte, er kannte viele Reiche, die nicht seine waren und wohin man sich ohne einer Abmachung nicht einfach so hinein begeben durfte, doch er kannte keine weiteren Details, nichts, was ihm in irgendeiner Form vielleicht weiter aushelfen konnte und um irgendwann Gebrauch von ihren Schwachstellen zu machen, musste er sich absolut sicher sein, dass dieser Jungspund wirklich ihm die Informationen bieten konnte, die er auch wirklich brauchte. Doch noch war es zu früh um ihn bereits zu verurteilen, er musste sich erst beweisen ehe er wirklich sagen konnte, ob er nützlich war oder nicht. Und kaum hatte er einen Gedanken an die schmale Gestalt verschwendet, schien dieser wieder erwacht zu sein…zumindest erkannte Charles aus dem Augenwinkel heraus wie der andere Körper sich auf der Couch zu regen schien, sodass er sich hastig zu ihm hinüberdrehte.
„Etwas mehr als eine Stunde vielleicht, ich habe nicht genau auf die Zeit geachtet.“, entgegnete der Warlord knapp, lief um seinen Tisch herum, um sich an der anderen Kante anzulehnen, während er den anderen mit verschränkten Armen beobachtete. „Und du hast Glück, dass du nicht einmal lange Wartezeiten mitbringen musst!“, seine Lippen formten ein breites Grinsen, die grauen Augen beobachteten den Blonden wie er sich aus seinem Shirt schälte und ihm somit einen Blick auf seinen Körper darbot. Er konnte gar nicht anders als ihn prüfend zu mustern- Julian hatte nicht allzu viele Muskeln im Gegensatz zu den Männern, die sonst für ihn arbeiteten, doch so viel Muskelmasse hätte deplatziert auf dem schlanken Körper ausgesehen. Charles hatte zwar kein Recht gehabt über den Körper des anderen zu urteilen und dennoch konnte er nicht anders als sich sein eigenes Urteil vom Anblick des Fremden zu machen und er hasste es zuzugeben, dass er nicht schlecht aussah, selbst seine Tätowierungen waren ansehnlich in den Augen des Warlords. Er hatte selbst seinen halben Körper verziert mit schwarzer Tinte, jedoch waren die Stellen verdeckt vom Stoff seiner Kleidung.
„Gewöhne dich lieber nicht an so etwas, im Normalfall kümmere ich mich nicht persönlich um die Gesundheit anderer. Du kannst dich also tatsächlich geehrt fühlen.“, raunte die Stimme des Dunkelhaarigen, ehe er sich herumdrehte und alles mit sich nahm, was er brauchte um den anderen zu verarzten. Seine schweren Stiefel hinterließen einen dumpfen Widerhall, als er näher an Julian herantrat, Bandagen und einen kleinen Behälter auf die Couch warf. Seine Augen betrachteten noch einmal den Oberkörper prüfend, Blutergüsse zogen ihre Bahnen an einigen Stellen des Körpers, seine Finger tasteten vorsichtig jede Stelle, die potenziell von Verletzungen betroffen sein konnte. Er hatte schnell eine oder zwei, vielleicht sogar drei gebrochene Rippen finden können, auch war sein Körper benetzt von unschönen Schürfwunden. Hin und wieder zuckte Julian unter seinen vorsichtigen Bewegungen zusammen, was zumindest ein Zeichen für ihn war, was ihm fehlte.
„Du hast einige Prellungen, einige deiner Rippen sind gebrochen, doch das war dir sicherlich schon länger bewusst. Ich kann einiges Verbinden, für besonders unangenehme Stellen kann ich zumindest meine Salbe benutzen und du kannst Schmerzmittel bekommen, sodass du wenigstens noch laufen kannst. Halt bitte still.“, mit ernstem Blick hatte er sich Verbandzeug geschnappt und begann relativ fest den Verband an seiner Brust anzubringen. „Ich kann das nicht locker anbringen, ganz schmerzfrei wird es also nicht verlaufen.“, er hatte solche und schlimmere Prozeduren an seinem eigenen Leib erfahren müssen, sodass er genau wusste, dass selbst die Behandlung unangenehm war, zumindest an den meisten Stellen.
Charles hatte jede mögliche Prellung und Verletzung gut verbinden können, anderes rieb er mit einer Heilsalbe ein, die sie mittlerweile selbst anmischen mussten, die jedoch ihren Zweck erfüllte. „Im Übrigen ist es wirklich sehr freundlich, dass du nicht einmal Geld dafür verlangst. Ich bin fertig…ah, nicht ganz!“, der Warlord machte erneut kehrt, trat zu seinem Tisch heran um den künstlichen Arm aufzuheben, den er Julian einige Augenblicke später in die noch intakte Hand drückte. „Er hat einen weitaus größeren Nutzen für dich als für mich und danach kannst du dich gerne bekleiden, es sei denn es gefällt dir unbekleidet zu laufen.“, seine Lippen formten ein schiefes Lächelnd. „Auf dem Tisch findest du Wasser und Schmerzmittel, du kannst gerne das gesamte Röhrchen mitnehmen. Sobald du fit genug bist, werden wir uns ein wenig über deinen Job unterhalten, du hast mir nicht jeden deiner Kontakte gezeigt und das darfst du gleich tun.“

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Do Mai 28, 2015 3:33 pm

Normalerweise kümmerte Julian sich selbst um Verletzungen, egal, wie groß oder klein sie waren, er konnte es sich nicht leisten, für jede Prellung einen Quacksalber aufzusuchen, der im Endeffekt doch nicht viel mehr Ahnung hatte als er selbst. Dass ein Warlord persönlich sich seiner annahm, war also schierer Luxus. Wenn er den muskulösen Körper so betrachtete, der mit einigen schweren Schritten auf ihn zutrat, sollte er die Behandlung wohl genießen. Nicht, dass seine Verletzungen das zulassen würden. Julian brauchte sich nichts vorzumachen: er war schwer verletzt und es würde eine Zeit lang dauern, bis er wieder auf den Beinen war. Doch so, wie Charles ihn behandelte, musste er wirklich große Hoffnungen in seine Kontakte und sein Talent als Spitzel setzen. Er wollte ihn nicht enttäuschen. Das kam nicht nur von dem Wunsch, seinen Kopf nicht doch noch nachträglich zu verlieren, sondern auch aus einem gewissen Ehrgefühl heraus. Wenn man schon in ihn vertraute, dann wollte Julian dieses Vertrauen nicht besudeln. In dieser Welt war es wichtig, etwas wert zu sein, und er war etwas wert, das würde er dem Warlord beweisen.
„Ich fühle mich geehrt, keine Sorge. Und ich plane nicht, mich in nächster Zeit noch einmal so verletzen zu lassen.“
Ein Hauch von Vorwurf mochte in seiner Stimme liegen, doch er hoffte, dass der Warlord es überhören würde. Dass er ihn bestohlen hatte war immerhin leider ein Fakt, dessen er sich nicht erwehren konnte, also hatte der Warlord ihn nicht zu Unrecht so zurichten lassen. Julian zuckte den Gedanken mit den Schultern davon. Mit ruhiger Miene ließ er sich abtasten, wobei er Zucker und scharfes Zischen so weit wie möglich unterließ. Doch wenn die forschen Finger des Warlords eine der gebrochenen Rippen fanden, konnte er einfach seinen Reflexen keinen Einhalt gebieten und zuckte leicht zusammen. Zum Glück ließen sie beide das unkommentiert. Auch die Behandlung ließ er mehr oder weniger klagenlos über sich ergehen, auch, wenn der straffe Verband im Moment mehr drückte und zwackte, als dass er zu helfen schien. Er hoffte, dass Charles nicht alle der zahlreichen Narben ertastet hatte, die seinen Körper verunstalteten. Wenn dem so war, dann hatte er kein Wort darüber fallen lassen, und fürs erste waren diese Geschichten auch von hellen Bandagen verdeckt. Auch, wenn seine Prellungen und Schürfwunden unter dem Stoff noch immer pochten und schmerzten, fühlte es sich ganz gut an, dass sich ihrer angenommen worden war. Vorsichtig strich er über die Bandagen, denen ein typischer Geruch anhaftete, bevor er den Kopf hob und direkt in die stechend grauen Augen des Warlords zu sehen. Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen.
„Vielen Dank, ich sollte mir merken, wie sanft du sein kannst“, scherzte er mit einem Augenzwinkern. Vielleicht sollte er es nicht gleich übertreiben, doch nun bekam er sogar seinen Arm wieder und das war sicherlich ein Grund zu feiern. Charles schien bei Weitem nicht so verrückt und gewalttätig wie viele andere Warlords hier, deren Verstand vermutlich schon vor dieser ganzen Katastrophe zerfressen gewesen war. Er würde in Zukunft eng mit dem hochgewachsenen Mann zusammenarbeiten müssen, also wäre eine lockere Umgangsweise miteinander irgendwie wünschenswert. Erleichtert schlossen sich seine Hände um den unechten Arm. Es war keine Seltenheit, dass er ihn ablegte, manchmal drückte er, vor allem in der Nacht, sodass sich Julian hin und wieder von ihm trennte. Doch so lange hatte er schon lange nicht mehr ohne linken Arm zurechtkommen müssen. Nicht mehr seit damals, als er ihn erst verloren hatte. Dunkle Wolken zogen sich über seinem Gemüt zusammen, dabei wollte er sich vor Charles nun von seiner besten Seite zeigen. Bevor er den Arm wieder anbringen konnte, zog er noch sein Shirt wieder über, wobei seine Haut mittlerweile so verdeckt von Bandagen war, dass er kaum noch oberkörperfrei war.
„Du hast dich ja immerhin bemüht, mich schon wieder ganz blickdicht einzupacken.“
Hastig machte er sich daran, die Prothese wieder anzubringen, die Schnallen zu schließen und die unterstützenden Teile an der Schulter zurechtzurücken. Obwohl es mit einer Hand etwas umständlich war, war er die Prozedur mittlerweile schon so sehr gewohnt, dass er sie routiniert in einigen Handgriffen erledigt war. Es tat gut, wieder einen Arm zu spüren statt eines leeren Stumpfes und er bewegte die fünf Finger, die zwar einfach und wenig raffiniert aussahen, aber zu mindestens ihren Zweck erfüllten.
„So fühlt sich das schon sehr viel besser und nützlicher an!“, sagte er triumphierend, während er sich zum Tisch herumdrehte und einige Schmerztabletten einwarf. Sobald die Wirkung eintrat, würde er sich schon viel menschlicher fühlen.
„Gut, Kontakte also? Dann bringen wir das gleich hinter uns, damit du nicht das Gefühl haben musst, dass du zu Unrecht Verbandsmaterial in mich investiert hast.“
Julians Augen huschten über die Karte, tippten hin und wieder auf kleine Siedlungen und Punkte im Gitternetz der Karte und nannten dem Warlord einige Namen. Schließlich blieb sein Blick für eine Weile auf der Festung eines Warlords hängen. Der Name kam ihm nur zu bekannt vor, weckte Erinnerungen….

Das leise Klirren der Kette war mittlerweile schon so sehr Teil seines Lebens wie der gleiche Raum, den er kaum noch verließ. Es fühlte sich an wie eine Gefängniszelle und obwohl keine Gitter vor den Fenstern prangten, war es genau das. Die Kette, die von seinem schweren Halsband zu einer Verankerung im Boden verlief, sorgte dafür. Julian konnte sich durch den gesamten Raum bewegen, bis zu dem einfachen Badezimmer, das sich direkt daran befand, doch den Raum verlassen konnte er nicht. Das durfte er vielleicht einmal in der Woche, wenn Edward gute Laune hatte und ihn von der Kette ließ. Er meinte sich zu erinnern, dass er seit fast einem halben Jahr hier war. Zwar machte er jeden neuen Morgen eine kleine Kerbe in das Stück Wand hinter seinem Bett, das vor Edwards Blicken verborgen war, doch mittlerweile hatten sich so viele Kerben angesammelt, dass er den Überblick darüber verloren hatte. Sie zu zählen, davor hatte Julian Angst. Seine Hoffnungen, aus diesem Alptraum in näherer Zeit zu entfliehen, waren mittlerweile zerstreut, dafür hatte man gesorgt. Jeden Tag schnitt die Fessel um seinen Hals tiefer, hinterließ neue Narben. Er hätte sich niemals auf das Angebot dieses Mannes einlassen dürfen. Seinen Körper zu verkaufen, das hatte Julian nicht mehr gestört, dafür tat er das schon zu lange, doch als er an Edward geraten war, hatte dies neue Dimensionen angenommen. Erst waren es nur ein paar Nächte gewesen, immer bezahlt, bar auf die Hand. Er hatte ihn ganz für sich haben wollen und solange die Bezahlung stimmte, konnte er sich ruhig darauf einlassen. Allerdings war die Bezahlung irgendwann ausgeblieben und als Julian genug davon gehabt hatte und gehen wollte, um sich wieder lukrative Freier zu suchen, hatte Edward es ihm verboten. Gesetze, Recht und Ordnung, all das zählte in dieser Welt nicht wirklich. Hier zählte das Recht des Stärkeren und Julian war nichts, gar nichts im Vergleich zu dem engen Vertrauten eines verrückten Warlords. Edward hatte ihn für sich beansprucht und als Julian gedroht hatte, einfach zu verschwinden, hatte er ihn an die Kette gelegt. Jetzt musste er jeden Tag mindestens einmal die Beine für dieses Monster spreizen und den Rest des Tages allein in diesem Zimmer ausharren. Anfänglich hatte Julian noch geglaubt, dass dieser Mann ihn nicht brechen würde, dass er einen Teufel tun und sich seinen Wünschen hingab, doch mit jedem verstrichenen Tag, mit dem er nichts an seinem Schicksal hatte ändern können, war diese Flamme der Hoffnung langsam aber sicher erloschen. Mittlerweile tat er alles, um seinen Besitzer zufrieden zu stellen, denn Gehorsam bedeutete, dass er wenigstens hin und wieder von der Kette kam und für ein paar Stunden frische Luft schnappen durfte. Er war Besitztum und die wenigen Freunde, die er hatte, wussten nicht, wo er steckte. Niemand würde ihn hier herausholen und Julian wagte es nicht, selbst Aktion zu ergreifen. Edward würde das nicht gefallen. Irgendwann würde er ihm vielleicht langweilig werden, irgendwann hatte er vielleicht oft genug seinen Schwanz in ihn gerammt, dass er ihn gehen lassen würde. Wenn er ihm an diesem Punkt natürlich nicht einfach die Kehle durchschnitt. Oft genug hatte Julian nichts gegen seinen eigenen schwachen Körper unternehmen können und diese Mal hatte Edward so aufgezogen, dass Julian ja im Endeffekt doch nicht genug von ihm bekommen könnte und dass er ihm einen Gefallen tat, indem er ihn jeden Tag bestieg. Manchmal fühlte sich sein Schädel so leer und dumpf an, dass er ihm beinahe glauben mochte. Doch wieso klopfte sein Herz dann angsterfüllt auf, wenn er die schweren Schritte hörte, die sich seinem Zimmer näherten?
Eilig setzte der schmale Leib sich auf, wischte etwas Schweiß von seiner Stirn und fuhr sich durch die hellen Locken, die eine beträchtliche Länge angenommen hatten. Vielleicht würde Edward sie absäbeln, wenn sie ihm nicht mehr gefielen. Julian hatte kein Wort in dieser Sache. Trübe blaue Augen blickten dem Neuankömmling entgegen, der ohne zu klopfen in sein Zimmer gestürmt war und die Tür mit einem Knall wieder zugeworfen hatte. Der Lockenkopf zuckte bei dem Knall kurz zusammen. Jede kleine Bewegung, die er tat, brachte die Kettenglieder zum Klirren. Manchmal brachte Edward ihn auch irgendwo anders hin, wenn ihm der Sinn nach etwas anderem Sex stand und mittlerweile war Julian fast froh, wenn das der Fall war, denn jede Minute, die er dieses schwere Ding nicht um seinen Hals tragen musste, war eine Wohltat.
„Gute Abend, Edward, Sir“, murmelte Julian und musste sich dazu zwingen, in das kalte Gesicht seines Herrn aufzusehen. Er wirkte schlecht gelaunt, zornig, und in Julian krampfte sich alles zusammen. Bei solch einer Gemütslage war der Sex meistens besonders rau und hart. Da es zu viel Arbeit mit der Kette gewesen wäre, hatte Julian meist einen freien Oberkörper. Das einzige, was seine Haut bedeckte, waren Tattoos auf dem Arm und auf den Schlüsselbeinen. Mit fragendem Blick wanderten seine Finger zum Verschluss seiner Hose.
„Hier? Oder heute irgendwo anders? Sir, die….die Vaseline ist leer, ich hatte gehofft, dass es Ihnen gestern aufgefallen ist“, presste Julian leise hervor und senkte den Blick wieder. Der Mann war näher an ihn herangetreten und er fürchtete, was er nun tun würde.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Fr Mai 29, 2015 8:17 pm

Die Welt war skrupellos, hart und unfair. Gute Menschen starben, die Schlechten hingegen regierten den Rest- das war die einfache Regelung, an welche man sich anpassen musste, natürlich nur, wenn man überleben wollte.
Edward war den meisten, die ihm je über den Weg gekommen war, meilenweit voraus. Er war gesund geboren, war ein gutaussehender, intelligenter Mann mit dem Ziel alles zu bekommen, was er auch wollte. Oh nein, an Ehrgeiz mangelte es ihm ganz sicher nicht und er hatte gelernt sich von den schrecklichen Bedingungen dieser leibhaftigen Hölle Gebrauch zu machen. Und das verlangte, dass man genauso skrupellos, hart und unfair war, wie alles, was einem die Suppe versaute. Wenn man zusätzlich noch was Besseres war als all die degenerierten Menschen, die heutzutage auf die Welt kamen, standen ihm keine Pforten verschlossen.
Edward hatte viel in seinen jungen Jahren gelernt, in den Jahren, wo er den Staub und Sand jede Nacht einatmen musste, Blut und Schweiß für irgendwelche Männer vergeudete und Männer und Frauen für Geld tötete. Jeder Junge, der ein wenig Kraft in seinen Knochen hatte, war diesen Weg gegangen, was anderes blieb einem hier nicht übrig, wenn man nicht gerade ein hochgeborener Sohn des Warlords war, der auf der faulen Haut sitzen durfte und nur darauf wartete, dass der werte Herr Papa den Löffel abgab, damit man in seine Fußstapfen treten konnte. Seine Mutter war eine nutzlose Frau, sein Vater irgendjemand, der zum Stillen niederer Bedürfnisse genutzt wurde- was sollte da schon großartig dabei rauskommen? Soweit sich der Blondschopf erinnern konnte hatte seine Mutter nicht lange gelebt seit er sie verlassen hatte- vielleicht war es eine Krankheit, vielleicht ein Krieg, er war zu herzlos um sich für solche Dinge zu interessieren. Wichtiger war ohnehin das eigene Wohlergehen.
Anfangs war es das schiere Überleben, was das einzige Ziel sein sollte, was ein Mensch anstreben musste, irgendwann war es mehr. Mehr Vermögen, mehr Geld, mehr Wohlstand und mehr Möglichkeiten sich in dieser Welt frei bewegen zu können, ohne sich darum Sorgen machen zu müssen, was morgen passieren würde.
Der junge Mann hatte gute Arbeit geleistet, hatte selten auch nur mit der Wimper gezuckt, wenn man von ihm etwas erwartete, wo andere den Schwanz einzogen, weil so etwas wie Moralverständnis sie davon abhielt. Moral. Pah! Edward spuckte jedem vor die Füße, der glaubte, dass so etwas wie Moral noch existierte, dass so etwas wie ein schlechtes Gewissen wirklich noch irgendwen nachts wachhielt. Dafür war kein Platz und jeder, der sich auch nur ein bisschen liebte, wusste, dass man sich von so etwas nicht das Leben verderben sollte.
Es war ein gutes Motto, Edward bereute keines seiner schmutzigen Taten, vielleicht blickte er sogar ein wenig mit Stolz auf seine Vergangenheit und nun hatte ihn dieser skrupellose Ehrgeiz tatsächlich direkt zu den hohen Tieren geführt, an dessen Seite er nun regelrecht regieren konnte. Als wichtigster Vermittler und Berater eines Warlords war es einfach gewesen sich alles zu wünschen und auch alles zu bekommen- keine Gesetze würden ihn jemals in seinem Handeln einschränken, er bräuchte nur mit dem Finger zu schnipsen und würde das bekommen, was auch immer er gerne hätte. Ach wie viele ihn doch beneideten, die meisten Söldner lebten immer noch ihr niederes Leben. Sie mussten immer noch für das meiste bezahlen, für ihr Wasser, ihr Essen und ihre Huren. Edward musste dies nicht tun. Er hatte alle lebensversorgenden Mittel immer bei sich gehabt und zahlte keinen Penny dafür und eine Hure, oder besser gesagt einen kleinen Stricher, befriedigte ihn auch jeden Tag und das alles ohne Bezahlung. Er scherzte mit seinem Lebensziel nicht- er bekam tatsächlich immer das, was er wollte und dabei spielte es ganz und gar keine Rolle, ob dies gegen den Willen anderer geschah oder nicht.
Vor knapp einem halben Jahr hatte er sich das blonde Exemplar, auch genannt Julian, angelacht. Hatte ihn auf der Straße aufgegabelt und zahlte ihm gutes Geld für die ersten netten Stunden miteinander. Er mochte kleine Jungs wie ihn, diese blonden Locken, dieser schwache wehrlose Körper, der nur darauf wartete gebrochen zu werden. Der Blonde wollte ihn haben, ganz für sich alleine und irgendwann hatte er es sogar geschafft ihn einfach an sich zu binden- oder besser gesagt ihn an sein Haus zu ketten. Nun war Julian sowas wie sein kleiner Sexsklave, immer verfügbar, wenn er ihn wollte!
Dieses Gefühl von Macht stimmte ihn jedes Mal sehr zufrieden und wenn er weniger zufrieden mit dem war, was um sein Leben herum geschah, war der Junge auch gut genug um ein wenig Druck und Wut abzulassen. Ach, er hatte ihn so gut dressiert und seit er ihm für besonders guten Gehorsam auch damit belohnte, ihn für einige Stunden von der Kette zu binden, schien er noch gefügiger zu sein. Er war besser als jeder dressierte Hund, den man sich anschaffen konnte.
Und er würde das auch lange genug bleiben. Edward wusste nicht genau, wann er ihn langweilen würde, vielleicht in einigen Monaten, vielleicht auch morgen, danach würde er ihn vielleicht an die Söldner verkaufen, sie liebten es ihre Schwänze in jedes Loch zu stecken, was man ihnen gab, da würden sie ihn gierig nehmen und ihm vielleicht sogar mehr zahlen. Vielleicht sollte er ihn auch einfach vermieten, ein kleines Geschäft mit ihm führen, doch das war nicht dasselbe, er war nicht bereit seine Eigentümer zu teilen!
Heute jedoch war ihm nicht einmal danach den Jungen von der Kette zu lassen.
Der Tag war unangenehm und gelinde gesagt beschissen und was erlaubte sich sein Boss von Warlord überhaupt ihn so herumzukommandieren!? Es war ein heilloses Durcheinander gewesen, sie wollten neue Gebiete besetzen, sie wollten auch gerne neue Ressourcen finden, Orte, wo es diese noch in Massen gab, sodass man Plündern und Morden durfte und genau dies war sein Spezialgebiet- er hatte seit Jahren die Truppen geführt und alles geplant und nun schien dieser durchgeknallte Kerl mitmischen zu wollen, wo sein Kopf nicht einmal anständig darüber nachdenken konnte, wie die Lage in seinem Gebiet aussah. Heute schien der Wahnsinn jedoch besonders stark ausgeprägt zu sein, nach solch einer ertraglosen Diskussion mit viel Wut und vielen Köpfen, die sich einschlagen wollten, war er froh gewesen endlich nach Hause gehen zu können. Wenn er Warlord gewesen wäre, hätte das alles ohne Probleme funktioniert, niemand hätte auch nur die Möglichkeit gehabt seine Stimme zu heben, wenn er es nicht erlaubte, doch auch wenn seine Position hoch war, war sie nicht hoch genug um bessere Entscheidungen zu treffen.
Blanke Wut machte sich im Inneren des Blondschopfes breit, er konnte spüren wie seine Laune immer weiter sank je später es wurde und spätestens als er zu Hause war, hatte sie ihren absoluten Tiefpunkt erreicht. Er hatte keinen Hunger gehabt, hatte auch keine Lust gehabt sich wenigstens einen Augenblick lang auszuruhen oder sich wenigstens umzuziehen. Er musste irgendwo Dampf ablassen, wenn er schon dem Warlord nicht den Hals umdrehen durfte, dann würde er schon etwas anderes finden, was ihm einen besseren Schlaf bereitete.
Die hellen Augen huschten zu einer geschlossenen Tür. Es war das Zimmer des Strichers, der sicherlich bereits auf ihn wartete. Ein kaltes Lächeln umspielte seine Lippen als er mit eiligen Schritten auf den Raum zulief, die Tür ohne Vorwarnung aufriss und ebenso schroff wieder zufallen ließ. Schnell ließ er den Blick auf den Gelockten wandern, starrte ihn mit einer Mischung aus Zorn und Erwartung an.
Im Normalfall genoss er den unterwürfigen Ton des Jüngeren, heute hingegen machte ihn dieser Schwächling von Mann regelrecht aggressiv, sodass er als Antwort lediglich verächtlich schnaubte, während er sich daran machte sich vom schweren Schuhwerk zu befreien. Mit langsamen Schritten trat er näher an das Bett heran, hielt jedoch bei seinen Worten einen Augenblick lang inne. „Du hast also wirklich geglaubt, dass mir so ein Kleinscheiß einfällt? Weißt du, Julian…du bist nur hier um dich vögeln zu lassen, du musst nicht einmal nachdenken, den ganzen Tag hast du nichts, was dich so stark beschäftigt, dass ich es irgendwie dulden kann, dass du nicht gestern auf die Idee gekommen warst mir zu sagen, dass die beschissene Vaseline leer ist!“, zornig ließ er den Blick zum kleinen Behälter wandern, der am Nachttisch lag, streckte seinen Arm danach aus, nur um diesen gegen die Wand zu schmeißen.
„Ich habe den ganzen Tag zu tun, ich muss arbeiten, ich muss diesen Ort intakt halten und uns alle versorgen. Es ist eine große Verantwortung, weißt du das?! Da bleibt nicht viel Zeit übrig um mich um solch dreckige Angelegenheiten zu kümmern. Du bist lang genug hier um zu wissen, dass du mir so etwas viel eher sagen sollst, damit dieses Dilemma nicht vorkommt!“, wenn es nur möglich gewesen wäre, dann hätte er dieses kleine Miststück ohne Vaseline gevögelt, doch was hätte es schon für einen Nutzen gehabt, wenn es ihm selbst wehtun würde. „Du enttäuscht mich, Julian. Ich fürchte, das bedeutet, dass du eine Woche lang keinen Freigang bekommst und ich fürchte auch, dass ich dich bestrafen muss.“, gespielte Theatralik war in seiner Stimme zu hören, als er mit dem Lockenkopf sprach. Er wollte ihm am liebsten alle Zähne aus diesem hübschen Gesicht schlagen, doch er beließ es bei einem unschuldigen Schlag mit der flachen Hand gegen diese süße Wange, die ihm nächsten Moment so schön rosig wurde.
„Du hast das verdient und das weißt du auch. Ich will dass du dich ausziehst und es mir gleich einfacher machst dich zu ficken, ich werde währenddessen neue Vaseline holen.“, mit eiligen Schritten hatte er sich aus dem Zimmer verzogen, schnappte sich einen neuen Behälter mit dem praktischen Zeug. Gut, dass er davon einen großen Vorrat hatte, immerhin war dieses Zeug nicht nur nützlich um es mit anderen Kerlen zu treiben.
Wie zu erwarten hatte Julian sich auch von der restlichen Kleidung befreit während er weggewesen war, was ihm ein schiefes Lächeln auf die blassen Lippen zauberte. „Guter Junge…wenigstens dafür bist du zu gebrauchen.“, Edward zog im Vorbeigehen sein Oberteil aus, präsentierte dabei seinen nackten, muskulösen Oberkörper. Eigentlich sollte der Stricher dankbar sein, dafür, dass er von so etwas wie ihm gevögelt wurde. Es hätte ihn auch anders erwischen können, er hätte hässlich und fett und voller Pusteln oder irgendwelcher Krankheiten sein können, doch sein Körper war makellos, nicht einmal ein künstliches Körperteil hatte er besessen! Edward trat an den Rand des Bettes heran, betrachtete den Kleineren eine Weile bis seine rauen Finger die blonden Locken umfassten und ihn näher zu sich heranzogen. „Zieh meine Hose aus und dann sieh zu, dass mein Schwanz bereit ist dich durchzunehmen. Ich bin nicht sehr geduldig heute, es war kein guter Tag und ich will, dass du dein Bestes tust, hast du das verstanden?“, seine Finger zogen noch etwas fester an den Locken des anderen, zerrten so stark an ihnen, dass er gezwungen war in seine kalten Augen zu blicken. „Und jetzt leg‘ los, ich erwarte schnelle und gute Arbeit!“

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1So Mai 31, 2015 1:33 pm

Bei der Gemütslage von Edward hatte Julian damit rechnen können, dass es Probleme geben würde. Doch an diesem Punkt konnte er seinen Fehler von gestern Abend auch nicht mehr rückgängig machen können, und je länger er geschwiegen hätte, desto schlimmer hätte er die ganze Lage für ihn gemacht. Er wusste selbst nur zu genau, was ihn gestern Abend davon abgehalten hatte, der gleiche Zustand, der ihn jeden Tag davon abhielt, nach dem Sex noch irgendetwas anderes zu tun als sich erschöpft zusammenzurollen und zu schlafen. Denn im Schlaf konnte er wenigstens für einige Stunden dem ganzen Horror entfliehen, der mittlerweile sein Leben war. Edward hatte Recht, er hatte den ganzen Tag über rein gar nichts zu tun, immerhin ließ man ihn nicht raus und er hatte kaum etwas, womit er sich beschäftigen konnte. Gern hätte er gelesen, noch viel lieber hätte er gezeichnet, doch er wagte es nicht, seinen Peiniger nach so etwas zu fragen. Die Konsequenzen wollte er sich gar nicht vorstellen, wenn Edward tatsächlich das Gefühl gewinnen würde, dass er nach etwas verlangte. Vermutlich würde er die Kette bis an sein Lebensende tragen müssen.
„Es tut mir wirklich leid, ich dachte, es ist nicht schlimm, wenn ich…..wenn ich es heute anmerke.“
Julian merkte selbst, wie seine Stimme kratzte und immer leiser wurde, während er sprach. Alle Ausreden in der Welt würden ihm nicht helfen könnte. Im Endeffekt war es sowieso ziemlich egal, was er sagte, Edward würde entscheiden, wie es ihm gefiel. Als Edward die Hand ausstreckte, dachte Julian für einen Moment, die Geste sei gegen ihn gerichtet, wollte schon zurückweichen –mehr aus Reflex als aus besserem Wissen heraus-, doch stattdessen ließ ihn das laute Klirren von Glas zusammenschrecken. Beinahe schon sehnsüchtig starrte er auf die scharfkantigen Scherben, die klirrend auf dem Boden zur Ruhe kamen. Manchmal fragte er sich, wieso er diesem ganzen Chaos nicht einfach auf Nimmerwiedersehen sagte und sich das Leben nahm. Hatte er wirklich noch Hoffnung, dass es irgendwann besser werden würde? Dass es ein Leben nach Edward gab? Wieso also hing er so am Leben, wenn es doch absolut nichts für ihn zu bieten hatte? Er wusste, dass es vermutlich besser war zu schweigen, während Edward seine Hasstiraden über ihm ausspie, doch er konnte nicht vermeiden, dass ihm seine Gesichtszüge entglitten bei der Verkündigung der Strafe, die ihm für dieses doch recht kleine Delikt zuteilwerden sollte.
„Eine ganze Woche?“, stieß er keuchend aus und versuchte sich vorzustellen, wie wund sein Hals, wie schwer seine Schultern und wie abgestumpft sein Schädel sein musste, wenn er eine Woche lang dieses Zimmer nicht verlassen konnte. Es war Wochen her, dass ihn dieses Schicksal zuletzt getroffen hatte und es war so einsam und grauenvoll gewesen, dass er sich nach Ablauf der Woche beinahe schon gefreut hatte, Edward zu sehen, weil sein bösartiges Gesicht ein wenig Abwechslung brachte. Er wusste nicht, wie er eine weitere Woche abstumpfender Einsamkeit und Langeweile ertragen sollte.
„Sir, gibt es keine Möglichkeit, Sie irgendwie umzu-„
Sein schwacher Versuch, seinen Herrn von einer milderen Strafe zu überzeugen, wurde von einem festen Schlag ins Gesicht unterbrochen. Julian schnappte nach Luft und konnte sich gerade noch davon abhalten, einen kurzen Schrei auszustoßen. Seine Ohren klingelten und seine Wange brannte wie Feuer. Sein ganzer Körper war bereits übersät mit blauen Flecken, doch sein Gesicht ließ Edward meist unversehrt. Vielleicht einfach, weil er es sonst nicht mehr so gerne anschaute. Julian blieb stumm, bis Edward aus dem Zimmer gestürmt war, dann begann er langsam, den Anweisungen des Mannes Folge zu leisten. Viel gab es eh nicht auszuziehen außer einer abgetragenen Hose, dann kauerte er sich nackt auf dem Bett zusammen und wartete darauf, dass Edward zurückkehrte. Seine Worte ließen einen Hauch von Erleichterung in Julian aufkeimen, jegliches Lob sollte er in sich aufsaugen und als Hoffnungsschimmer nehmen, dass Edward vielleicht mit ihm zufrieden sein würde. Vielleicht würde er dann sogar seine Strafe wieder mildern. Noch immer pochte seine Wange unangenehm, sicherlich war sie knallrot, doch solche kleineren Blessuren waren an der Tagesordnung und kaum noch der Rede wert. Es war wichtiger, Edward zu zeigen, dass er ihn bewunderte, dass er kaum noch darauf warten konnte, sich von ihm vögeln zu lassen und dass er alles tun würde, um ihn zufriedenzustellen. Seine Worte ließen immerhin keinen Zweifel daran zu, dass er sich heute besser besondere Mühe gab. Ein kurzer Schmerzenslaut entfuhr ihm, als Edward so grob an seinen Haare zerrte und er musste ein eiliges Nicken vermeiden.
„Ich hab verstanden, Sir, ich werde mir Mühe geben“, presste er hervor und erhob sich langsam vom Bett. Nicht, dass er es irgendwann erlauben konnte, sich keine Mühe zu geben. Es war Zeit, seinen Kopf vollkommen auszuschalten, um die nächste Stunde zu überstehen, denn bei vollem Verstand konnte er sich nicht so erniedrigen. Seine Knie schrammten über den sandigen, rauen Boden, als er vor dem Größeren in Position ging und mit einer Hand das noch schlaffe Glied des anderen umfasste und leicht zudrückte, bevor seine Hand mit entschlossenen Bewegungen vor und zurück arbeitete, ihn so lange massierte, bis er langsam härter wurde. Obwohl es inzwischen keine Überwindung mehr kosten sollte, öffnete Julian seinen Mund nur ungern für die Erektion des anderen, doch mit kaum sichtbaren Widerwillen schloss er seine Lippen um die immer härter werdende Erektion und ließ seine Zunge die meiste Arbeit machen. Manchmal kam in ihm der Wunsch auf, einfach zuzubeißen. Er hatte es seinem Peiniger in den ersten Tagen sogar angeboten, doch er hatte sich nie getraut und nun war er für solchen Widerstand schon viel zu hoffnungslos. In Momenten wie jetzt, als der andere einfach mit einem dreckigen Grinsen vorstieß, sodass Julian seinen Würgereflex unterrücken musste, war der Wunsch wieder besonders stark. Julian ließ es zu, zwang sich dazu, den Schwanz des anderen tiefer zu schlucken, als es angenehm gewesen wäre, doch er wusste, dass es dann vermutlich schneller vorbei war. Immerhin sollte er nur Vorarbeit leisten. Die Strafe, wenn er Edward einfach um den Sex beraubt hätte, indem er ihn schon zum kommen brachte, war sicher nicht rosig. Zwei Wochen ohne Freigang? Nein, das würde er nicht ertragen, nie im Leben. Pulsierend hart lag die Erektion Edwards nun zwischen seinen Lippen und Julian hoffte, dass er tatsächlich gute Arbeit geleistet hatte, als er langsam von ihm abließ. Erwartungsvoll und flehend blickten die glasigen blauen Augen zu ihm auf. Edward mochte ihn so devot wie möglich und wenn das seine Chancen erhöhte, dann würde Julian sich eben so verhalten. Er drehte sich leicht herum und tastete nach der Vaseline, bevor er sie großzügig über dem Steifen des anderen verrieb. Je sorgfältiger er hierbei vorging, desto weniger würde er gleich wohl leiden müssen, denn Edward wirkte wirklich angespannt, eine Laune, in der er noch weniger Rücksicht auf ihn nahm als sonst.
„Sie wirken noch größer und dicker als sonst, Sir, heute muss mein Glückstag sein“, versuchte Julian, die Laune des Mannes vielleicht noch etwas zu heben, bevor es tatsächlich losging.
„Sicherlich kein Tag, den man an eine langweilige Standardstellung verschwenden will?“
Vielleicht war Edward ja notgeil genug, um ihn für ein etwas gewagteres Mal doch von der Kette zu nehmen.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Mo Jun 01, 2015 1:04 am

Wenn alles andere ihn enttäuschte, dann konnte Edward wenigstens davon ausgehen, dass auf den Jungen Verlass war. Er war lang genug hier um zu wissen, wie er sich verhalten sollte und es war auch ein Stück Arbeit gewesen ihn so gefügig zu machen. Man konnte davon ausgehen, dass er ein wenig stolz auf sein Werk war. Auch jetzt würde er ihn hoffentlich nicht enttäuschen, denn die Konsequenzen sahen meistens nicht sonderlich gut aus und es würde wohl keinem der Beteiligten wirklich guttun.
Erwartungsvoll starrten die kalten Augen den Blondschopf an, seine Lippen formten ein zufriedenes Lächeln als er ihn dabei beobachtete wie die nackten Knie am rauen Boden rutschten. Es hatte etwas Angenehmes zu sehen, wie seine Haut wund wurde, er mochte jeden Umstand, der seinen Körper für kurze Zeit veränderte, ganz gleich ob es nun kleine Nebeneffekte vom Sex waren oder andere Einflüsse eine Rolle spielten.
Jede Bewegung wurde mit prüfenden Blicken belegt, der Blonde wollte nicht, dass Julian auch nur ein kleiner Fehler unterlief und wenn dies der Fall war, dann wollte er diesen Moment ganz sicher nicht verpassen, doch er schlug sich gut, wusste ganz genau, dass falsche Scheu und Hemmungen ihn hier nicht weiterbringen würden.
So nichtsnutzig und schmutzig dieser kleine Stricher auch war, er kannte sich in seiner Branche gut genug aus, dass er nicht allzu viele Handgriffe gebraucht hatte um seinen Schwanz wenigstens ein wenig in Laune zu bringen. „Gut machst du das und jetzt mach brav den Mund auf und stelle mich zufrieden. Immerhin ist das der einzige Sinn in deinem erbärmlichen Leben- mich zufriedenzustellen. Und du kennst mich zufrieden. Zufrieden biete ich dir ein bisschen Freiheiten und die willst du doch sicher zurückhaben, nachdem dir solch ein Fehler unterlaufen war und du sie dir selbst geraubt hast.“, seine Lippen formten ein schiefes Lächeln. Spielchen mit dem Jungen zu treiben hob seine Laune immerhin schon ein wenig an, doch hatte er noch immer nicht genug geboten gekommen, dass seine innere Wut und der brodelnde Zorn ganz verblasst waren. Nicht einmal dann, als er begann an seiner Erregung zu lutschen, konnte er etwas wie Ausgeglichenheit oder Freude verspüren, nur aufkeimende Lust und diese hatte nun wirklich nichts mit Freude oder anderen Gefühlen zu tun gehabt. Die Lust war etwas Wildes, etwas, was einen Menschen zu dem Tier machte, was es schon immer gewesen war und genau dieses aufkeimende Gefühl war das, was ihm seine Kraft hab, seine Macht und seine Überlegenheit.
„Komm schon, das können wir aber besser!“, Edwards Blick hatte sich auf die kauernde Gestalt fixiert, dessen hübschen Kopf er mit seinen langen Fingern umfasste und anschließend mit seinen Bewegungen ein wenig nachhalf. So würde sein Schwanz ja wieder schlaff werden, wenn nicht ein wenig mehr Aktion kam, sodass er nicht lange auf das warten ließ, was er wollte, und immer tiefer mit seiner Erektion vorstieß, den Rachen des Jüngeren ganz erfüllte mit seiner Männlichkeit, die andere Kerle sicherlich vor Neid erblassen lassen würde.
Es war gut zu sehen, dass Julian sogar mitgedacht hatte, als er langsam von ihm abließ- er war hart genug, er brauchte nicht in seinem Mund zu kommen…das wäre auch wirklich ein schreckliches Trauerspiel und nicht das, was er in diesem Moment wirklich wollte!
Das Klirren der Kette war beinahe wie Musik in seinen Ohren, der Lockenkopf konnte sich ruhig noch ein wenig mehr strecken und beugen und sein Köpfchen in jede Richtung bewegen, doch war dieser Kopf zu beschäftigt gewesen sich selbst dabei zuzusehen wie er sein Glied mit Vaseline einrieb. Die sanften Finger waren angenehm, er konnte nicht leugnen dass es das Verlangen in seiner Brust noch ein wenig stärker antrieb, doch er hatte genügend Disziplin um es nicht zur Schau zu stellen und seinen harten Blick für eine klitzekleine Sekunde zum Erweichen zu bringen. Noch gönnte er es dem Stricher nicht, es war immerhin nicht seine Aufgabe so schwach und willig wie möglich auszusehen.
„Du schmeichelst mir. Dir scheint der Gedanke nicht allzu sehr zu gefallen eine Woche lang hier eingesperrt zu sein, was? Wenn du so hungrig auf meinen Schwanz bist, sollte ich dich vielleicht in den nächsten Tagen ein wenig öfter besuchen, was hältst du davon?“, breit grinsend hatte er den unterwürfigen Jungen betrachtet und konnte regelrecht die Angst in diesen glasigen, gebrochenen Augen wiedererkennen. Natürlich hatte er Angst, ganz gleich wie lange er schon hier eingesperrt war, hatte er wohl immer noch nicht sich an Edward gewöhnen können. Welch Schande es doch war, dabei hatte er es immerhin so weit geschafft, dass er alles tat, was der Blonde auch wirklich von ihm wollte, da müsste wenigstens ein wenig vorgeheuchelte Freude existent sein!
„Übertreibe mit deinem Wunsch allerdings nicht. Du musst bestraft werden, das ist immerhin nur gerecht und ich muss zugeben, ich habe heute mehr Lust darauf dich mit Kette zu vögeln. Aber nicht auf dem Bett…hier auf dem Boden, auf allen vieren. So vergeuden wir den Sex nicht ganz. Komm schon, mein Schwanz wird nicht härter wenn du hier rumsitzt, kauere wie ein Hund.“, das schmale Lächeln, das das hübsche Gesicht noch umrahmt hatte, war schnell einem ernsten, fordernden Blick gewichen, der ganz und gar nur seinem Sexsklaven galt. Er wollte nicht lange warten und wenigstens ließ Julian ihn auch nicht allzu lange warten als er sich auf seine Knie und Arme abstützte und nur darauf wartete gevögelt zu werden. Edward nahm sich etwas von der noch geöffneten Vaseline und verrieb sie auf zwei seiner Finger, ehe er sich zu dem Stricher auf den Boden gesellte und mit seinen Fingern langsam in ihn eindrang. Irgendwie musste er es sich so angenehm wie möglich machen, auch wenn er sich nicht allzu sehr mit dieser Beschäftigung aufhielt.
„Das gefällt dir doch, nicht wahr? Du bleibst eben nichts weiter als ein kleiner Stricher, der es liebt, wenn man alles in ihn hineinschiebt, habe ich nicht recht? Und besonders gefallen dir jede Art von Schwänzen, solche wie meine ganz besonders. Gut, dass du mich hast, der es dir jedes Mal ordentlich besorgen kann. Vielleicht bringe ich dich heute wieder ein wenig zum Schreien.“, er hatte sich über den schmalen Leib gebeugt, zog ihn bei seinen Haaren, sodass er ihm besser ins Gesicht blicken konnte, ehe er langsam in ihn eindrang.
Durch seine Vorarbeit war es unglaublich einfach dieses nutzlose Loch zu stopfen, er brauchte nicht einmal viele Anläufe bis er endgültig in ihm drin war und sich ohne weitere Schwierigkeiten bewegen konnte.
So wie er es am liebsten mochte.
Erbarmungslos stieß Edward mit seinem Becken zu, rammte seine Erektion immer tiefer in den Jüngeren hinein, an dessen Haaren er ab und an zerrte, oder mit seiner Hand seinen Nacken umfasste und bei einer Welle von Lust vielleicht etwas fester zudrückte. Am besten gefiel es ihm jedoch mit seiner Hand gegen sein Hinterteil zu schlagen, er liebte es wenn er rote Handabdrücke auf der blassen, sommersprossigen Haut sehen konnte, so etwas trieb ihn an. Nicht, dass sein Zorn ohnehin genug Antrieb war, dass er achtlos immer fester zustieß und sein Unterleib immer heftiger bewegte. Er konnte sehen wie der Jüngere auf dem harten Boden rutschte, wie er sich die Haut aufschürfte und wie diese kleinen Souvenirs noch einige Tage später erkennbar sein würden.
„So gefällt dir das doch besonders, nicht wahr? Aber ich höre dich kaum…ist das nicht gut genug? Muss ich dich noch fester ficken, bis es dir gefällt? Oh du magst es ganz hart und dreckig was?“, seine Hand umfasste die schwere Kette, zog mit leichter Gewalt an dieser, stieß dabei noch fester und heftiger zu, dass er den schlanken Körpers mit der anderen Hand festhalten musste, indem er sich an seine Hüfte krallte, die andere Hand wenige Augenblicke später folgend.
Edward konnte sein eigenes Stöhnen kaum unterdrücken, wieso sollte er auch, immerhin hatte er gerade guten, abreagierenden Sex auf Kosten dieser erbärmlichen Gestalt, die unter ihm am Boden kauerte und so heftig durchgerüttelt wurde, dass er sogar ein Schleudertrauma erleiden könnte!
Er hatte diesen Fick verdient, er brauchte ihn um seinen Zorn endlich rauslassen zu können und er liebte es, dass er mit diesem wertlosen Körper tun und lassen konnte was er wollte.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Di Jun 02, 2015 5:44 pm

Julian wusste, dass das, was folgen würde, wie immer pure Demütigung sein würde. Er hatte Angst davor. Nach all den Wochen und Monaten, die er nun schon in dieser Tortur verbrachte, hatte er Angst. Wenn er noch weitere Jahre hier verbringen würde, die Angst würde er niemals verlieren, da war er sich sicher. Edward hatte ihn so sehr in der Hand, dass Julian sich nicht vorstellen konnte, wie sein Leben aussehen sollte, wenn er jemals von hier fortkam. Er war achtzehn Jahre und sein Leben fühlte sich bereits an, als wenn es vorbei wäre. Wie sollte er zwischen anderen Menschen leben, wenn er ganz genau wusste, dass er eigentlich nur ein Ding war, das Spielzeug eines anderen Mannes? Noch ein paar Jahre mehr und Edward hatte ihn vermutlich vollkommen davon überzeugt, dass er gar nichts war. Bereits jetzt hielt er ja lieber den Kopf gesenkt und tat alles, was man von ihm verlangte. Er wusste nicht, was er sich mit seiner Schmeichelei wirklich erhofft hatte, doch das war es ganz sicher nicht gewesen. Geschockt starrten die hellen Augen in das unerbittliche Gesicht, in diese harten Augen. Es amüsierte ihn, viel zu sehr und alles, was Julian tun konnte, war, sich zu einem Lächeln zu zwingen und zu nicken.
„Natürlich, das würde mir immerhin die Zeit vertreiben, Sir“, presste er hervor und spürte, wie sich eine Schlinge um seinen Hals schloss und ihm die Luft wegblieb. Hätte er bloß den Mund gehalten, jetzt hatte er es nur noch schlimmer gemacht. Sein Herz klopfte panisch, je weiter der Größere sprach, und sackte ihm schließlich komplett in die Kniekehlen. Am liebsten hätte er sich selbst geschlagen, dafür, dass er es überhaupt gewagt hatte, den Mund zu öffnen, denn offensichtlich bestrafte Edward ihn nun dafür. Auf dem Boden auf allen Vieren wie ein Hund. Es würde schmerzhaft und erniedrigend werden, das war dem Lockenkopf bereits bewusst. Aber jetzt noch einmal Einspruch zu erheben….Nein, er befand sich nicht in der Position, sich heute noch einen Fehler, eine Ungehorsamkeit zu erlauben. Mit dem größten inneren Widerwillen, doch schnell genug, um Edward keinen Grund zu geben, seine Folgsamkeit infrage zu stellen, drehte er sich von ihm weg, rutschte ein Stück von dem Bettgestell weg und sank auf seine Hände. Mit zusammengepressten Augen unterdrückte er ein Zittern. Edwards Blick hatte keinen Zweifel offengelassen, dass er es ernst meinte und dass Julian es nicht wagen sollte, Einspruch zu erheben. Bereits jetzt drückte der raue Steinboden unangenehm gegen seine Kniescheiben und er hatte keinen Zweifel daran, dass er sich gleich alles wieder ordentlich aufschürfen würde, es war immerhin nicht das erste Mal, dass Edward so nach ihm verlangte. Seinen Körper so weit zu entspannen, dass er sich nicht sofort unendlich verkrampfte, als Edward mit den Fingern in ihn eindrang, war schiere Konzentration. An manchen Tagen wusste er nicht, wie er den Ekel überhaupt überwinden konnte, dabei sollte er seinem Herrn vermutlich dankbar sein, dass er sich meistens die Zeit für Vorarbeit nahm. Ansonsten wäre es unerträglich schmerzhaft geworden und der Sex war bereits jetzt grenzwertig. Beschämt drehte er den Kopf zur Seite. Edwards Worte bohrten sich wie Nadeln in seinen Hinterkopf. Da war es wieder, wieder versuchte er ihn davon zu überzeugen, dass es ihm doch eigentlich gefiel, dass er das wollte, doch Edwards Worte schienen ihn nur weiter zu beschmutzen.
„J-Ja, Ihr Schwanz gefällt mir am besten, Sir, und am allerbesten, wenn er tief in mir drin ist“, keuchte Julian widerwillig hervor. Er hatte früh gelernt, dass es mehr half, wenn er dieses Spiel mitspielte, auch, wenn die Wörter wie Gift auf seiner Zunge brannten und seine Kehle verätzten. Er wollte nicht so zu Edward sprechen und es machte ihm Angst, dass er nie wieder in seinem gesamten Leben mit irgendwem so sprechen konnte, ohne an diese Hölle zurückdenken zu müssen. Er hatte gehofft, dass er Edward nicht ansehen musste, wenn er so mit ihm sprach, doch eine Hand zerrte ihn unnachgiebig am Haarschopf zurück, sodass er gezwungen war in das boshafte Gesicht zu sehen und seinem zufriedenen Grinsen zu begegnen, als er schließlich in ihn eindrang. Vermutlich gab sich der Größere wieder ganz der Annahme hin, dass er nach dem bisschen Vorarbeit eh kaum Acht geben musste, sodass er schon mit wenigen Stößen weit in ihn vorgedrungen war. Julian keuchte auf, noch immer zuckte Schmerz durch sein Becken und seine Knie drückten sich fest in den Steinboden. Die heftigen Bewegungen des anderen waren nicht einmal das Schlimmste, doch sein Zerren und Ziehen, sein Würgen und Schlagen, das Julian dem Boden immer näher brachte, zehrten langsam an dem abgemagerten Leib. Mit jeder Bewegung schleifte die schwere Kette mit einem rauen Geräusch über den Boden und die Verzweiflung in Julian stieg weiter an. Er konnte es spüren, die Lust, die in ihm aufstieg, und er hasste seinen Körper dafür abgrundtief. Wie konnte er ihn so betrügen? Hin und wieder entfuhr ihm ein leises Keuchen, so sehr er es auch zu unterdrücken versuchte. Doch anscheinend war das Edward nicht genug Geräuschkulisse.
„Doch, es ist unglaublich, Sir, ich-„
Bevor Julian auf die Wünsche seines Herrn eingehen konnte, hatte dieser ein Stück der Kette gepackt und zerrte so fest daran, dass der Lockenkopf einen röchelnden Schrei ausstieß. Edward hatte sein Tempo mittlerweile so sehr beschleunigt und seine Kraft so sehr verstärkt, dass Julian, als die Kette endlich wieder gelockert wurde, hilflos auf die Ellbogen fiel. Er konnte sehen, wie ein feiner Film von Blut schon nach einigen festen Stößen, die ihn nur so über den Fußboden schoben, unter seinen Armen bildete. Vielleicht war dort noch eine Scherbe des Behältnisses gewesen, das Edward zerschmettert hatte. Mittlerweile kam es ihm unsinnig vor, weiter zu schweigen, es war nicht das, was Edward wollte und zusätzlich kostete es ihn viel zu viel Beherrschung, sodass gequälte Schreie seiner Kehle entrutschten. Julian hielt den Kopf gesenkt, so sehr es Edward eben zuließ und betete, dass es bald vorbei sein würde. Tränen kämpften sich langsam ihren Weg durch den Schmerz, doch Julian wusste, dass er sie besser zurückhielt, bis sein Herr wieder verschwunden war. Stattdessen machte er seinem Schmerz durch Schreie Luft, bis sich seine Kehle heiser und wund anfühlte. Der Orgasmus, den ihm die harten Stöße brachten, war kurz und freudlos, und nachdem Edward noch einige Male fest zugestoßen hatte, zog er sich endlich aus ihm zurück. Mit zitternden Gliedern sackte der schmale Leib zusammen. Seine Knie und Arme brannten furchtbar und er konnte sich kaum aufsetzen, um seine Verletzungen zu betrachten. Erneut krochen die Tränen in ihm auf, seine Unterarme brannten fürchterlich.
„Sir, ich glaube, das muss verbunden werden, bitte“, flehte er mit leiser Stimme, während sein Magen leise vor sich hin knurrte. Indem er sich am Bettgestellt abstützte, gelang es ihm irgendwie, auf die Füße zu kommen.
„Und ich habe heute noch nichts zu essen bekommen, Sir“, fügte er murmelnd hinzu. Sein Hals fühlte sich merkwürdig an, als würde ein dicker Kloß darin feststecken, und jede Faser in seinem Körper schien von Schmerz erfüllt zu sein. Am liebsten hätte er sich hingelegt und geschlafen und wäre nie wieder aufgewacht. Doch solange Edward noch im Raum war, konnte es seinen Tränen noch nicht freien Lauf lassen. Normalerweise verschwand er nach dem Sex schnell wieder, um sich wichtigeren Dingen zu widmen, doch manchmal blieb er, um ihn noch ein wenig mehr zu quälen und zu demütigen und Julian hoffte inständig, dass heute nicht so ein Tag war.
„Ich habe mich nicht bedankt, es tut mir so leid, der Sex…..hat mich viel zu benommen gemacht, ich kann das nächste Mal kaum erwarten.“
Ein gezwungenes Lächeln entstellte die schönen Züge für einen Moment, dann blieb er still und senkte demütig den Kopf.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Mi Jun 03, 2015 10:20 pm

Die Schreie des Kleineren waren wahrlich Musik in seinen Ohren, so voller Schmerz, so herzzerreißend, dass es ihm- wenn es überhaupt noch möglich war- den nötigen Antrieb gab. Er hätte ihn wahrscheinlich bis zur Bewusstlosigkeit vögeln können, doch wo war dann der Spaß? Es wäre eine Schande gewesen, würde er nicht die Möglichkeit haben können sich Julian noch ein wenig näher anschauen zu können, nachdem er ihn so sehr bearbeitet hatte.
Sein Blick war immer das, was er am meisten mochte und Edward hoffte, dass er ihn heute nicht enttäuschen würde.
Der Raum war erfüllt von den Schreien des anderen, vermischt mit seinen eigenen lusterfüllten lauten, die letzten Stöße waren noch intensiver, heftiger als zuvor und brachten dem Blonden seinen erlösenden, willkommenen Orgasmus. Er hatte sich nicht darum gekümmert rechtzeitig sich aus dem Jüngeren zurückzuziehen, war er doch kein dreckiges Weib, das durch seine Abenteuer plötzlich schwanger werden würde, er konnte ruhig alles von ihm haben und sich vorgaukeln lassen, dass er es unglaublich geil fand. Irgendwann würde er ihn soweit haben, irgendwann würde er wirklich glauben, dass er nichts in seinem Leben außer ihn hatte, dass ihm nichts geblieben war als den täglichen Fick und dass der Schwanz des Älteren der einzig wahre Sinn seiner Existenz war.
Ach, er hätte nie gedacht, dass es solch einen Heidenspaß werden würde jemanden so zu demütigen, jemanden so gefügig und unterwürfig zu machen…wie einen kleinen Hund, der immer dann sprang, wenn man ihm das Kommando gab.
Doch wie jeder Hund, musste auch der Lockenkopf bestraft und belohnt werden. Seine Strafe hatte er bekommen, Edward wusste jedoch noch nicht wie er ihn belohnen sollte.
„Du warst ein braver Junge, hast das getan, was ich von dir wollte und dich kein einziges Mal beklagt. Natürlich hat es dir gefallen, das weiß ich. Es wird dir immer gefallen, wenn ich dich so durchnehme.“, mit diesen Worten zog er sich aus ihm zurück, richtete sich langsam auf, dabei die kauernde Gestalt beobachtend. Sein Körper war benetzt von Schweiß und der raue Fußboden hatte leider auch seine Spuren auf seinen Knien hinterlassen- leichte blutende Schürfwunden, doch das war wahrscheinlich nichts im Vergleich zu den Wunden, die er Julian zugefügt hatte- einige absichtlich, andere allerdings weniger.
So war es nicht Edward Absicht gewesen ihn weiter in die Scherben zu treiben und dennoch war es geschehen, dass er sich ganz dämlich an einer geschnitten hatte. Der Ältere verzog leicht das Gesicht bei dem Anblick des Blutes am Boden und auf der Haut des anderen, verschränkte jedoch vorerst seine Arme vor der Brust anstatt direkt zu halten. Er wollte ihn doch so gerne belohnen, doch nun kam er mit seinen weinerlichen Forderungen, er war ja beinahe schlimmer als der Warlord, für den er arbeitete! Ihm stand es gar nicht zu irgendetwas zu wollen, das war nicht seine Aufgabe und er musste mittlerweile weise genug sein um zu wissen, dass nur Edward für ihn bestimmte und entschied. Er stellte Forderungen und er kümmerte sich auch ohne seine Hilfe um seinen wertlosen Körper und rettete sein wertloses Leben.
Andere hätten ihn in nackt in der Wüste ausgesetzt.
„Hunger und Verband? Wie enttäuschend, dass dies die ersten Gedanken sind, nachdem wir solch einen angenehmen Sex hatten.“, er schnaubte verächtlich, während er beiläufig nach seiner Kleidung griff und sich begann einzukleiden. Er würde nachher ein Bad nehmen, vielleicht sollte er Julian dazu zwingen ihn zu waschen…
„Komm her, lass mich anschauen, was du wieder angerichtet hast. Du kannst nicht anders als immer irgendeinen dümmlichen Unfall zu begehen. Deswegen lasse ich dich auch keine Bücher lesen, weil du ein dümmlicher Junge bist, du würdest dich wahrscheinlich an den Seiten schneiden.“, mit ernstem Blick schnappte er nach dem blutenden Arm, zog ihn näher an sich heran um ihn besser zu betrachten, eher achtlos wieder von ihm abließ. „Da steckt noch ein Glassplitter. Julian, du enttäuscht mich ein wenig- ich erwarte, dass du das nächste Mal zusiehst, dass kein Blut mir einen guten Fick verdirbt und was das Essen angeht, so werde ich dich wohl kaum verhungern lassen können….ich bringe dir deinen schäbigen Verband und Essen. Wenn ich dir das Werkzeug gebe, womit du einen Splitter entfernen kannst….bist du selbstständig genug, es selbst zu tun? Ach, wo denke ich hin, natürlich bist du das nicht! Warte, du Dummkopf.“, er wollte den Raum verlassen, als die weiteren Worte zu seinen Ohren drangen und ihm ein schiefes Lächeln auf die Lippen zauberte. Da hatte sich aber jemand noch gerade so retten können aus der Lage, in welcher er sich befunden hätte, hätte er sich nicht für den Sex bedankt. Seine rauen Finger umfassten das schmale Kinn, zwangen den Stricher ihn anzusehen. „Natürlich kannst du das nächste Mal kaum erwarten. Ich finde für so viel Gehorsam und Dankbarkeit solltest du etwas entlohnt werden…du darfst später von der Kette, nur heute und nur um mich zu baden. Wenn du gut genug bist, werde ich dir vielleicht auch ein langes, ordentliches Bad erlauben.“, erneut grinste er Julian ab, ehe er davonzog, ihm Essen und Wasser zur Verfügung stellte und sogar bei seiner Rückkehr die Freundlichkeit erwies und seine Verletzung verarztete. Er war kein gütiger Mann, oh Gott nein, doch irgendwie musste man seine kleinen Sklaven an sich binden und in den schwächsten Momenten glaubten sie gerne, dass ihre Herren und Meister gütige und gute Männer sind, die sich um sie kümmerten. Behutsam verband Edward die Wunde mit einem neuen Verband, fuhr im nächsten Moment über die längeren Locken des Kleinen. „Sieht doch fast wieder wie neu aus! Lass die restlichen Scherben hier, ich werde jemanden anheuern, der sie wegräumt und dein Zimmer etwas in Ordnung bringt – du brauchst immerhin frische Bettwäsche! Du kannst jetzt essen, ich gebe dir zwei Stunden, danach lasse ich dich aus dem Zimmer und wir werden uns ein langes Bad gönnen! Du bist mir doch dankbar, Julian, oder? Wenn du nicht hier wärst, würde man dich draußen für ganz schlimmere Zwecke missbraucht haben, du hast es gut hier, vergiss das nicht!“, Edward klopfte ihm leicht auf die Schulter, ehe er das Zimmer verließ, den Gelocktem für eine Weile die Privatsphäre ließ und sich selbst um andere, wichtigere Dinge kümmerte.
Selbst wenn Julian ihm nicht glaubte und sich täglich einredete, dass sein Leben hier schrecklich war, würde er nirgendwo hin können, niemand würde ihm da draußen helfen, nicht einmal die, die in derselben Lage steckten und ihre Körper für ein wenig Geld verkauften. Wenn man länger darüber nachdachte, dann hatte er es tatsächlich gut hier- für etwas Sex alles zu bekommen, was er wollte, war wohl mehr als jemand anderes behaupten konnte. Vielleicht würde Edward sich eines Tages sogar erbarmen und ihm eine Beschäftigung erlauben. Doch das musste der Stricher sich erstmal verdienen.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Fr Jun 05, 2015 8:02 pm

Für einen schrecklichen Moment hatte Julian befürchtet, dass er Edward ernsthaft mit seiner Bitte verärgert hatte und dass er seine Bestrafung wohlmöglich noch verschlimmern würde. Mit ängstlich zusammengezogenen Augenbrauen streckte er seinen Arm zu ihm hinüber, schon beinahe damit rechnend, dass sein Besitzer in die Wunde greifen würde oder sonst andere sadistische Spiele mit ihm spielen würde. Doch zur Abwechslung schien er einen wirklich guten Tag zu haben. Damit hätte Julian nach dem Start des Abends schon gar nicht mehr gerechnet, doch anscheinend hatte sein Körper ausgereicht, um den Mann bei Laune zu halten. Sein Spott und seine bissigen Kommentare trafen den Lockenkopf tiefer, als er es nach außen tragen konnte. Er hätte am liebsten etwas gesagt und sich verteidigt, denn dumm war er ganz sicher nicht. Er wusste einfach, dass er keiner dieser plumpen Gorillas war, die sich allein durch Körperkraft bewiesen. Er war pfiffig und durchaus interessiert an der Kunst der alten Welt. Bereits ein paar Mal hatte er Edward angefleht, ob er ihm nicht wenigstens einige Bücher zur Verfügung stellen könnte, um die etlichen Stunden totschlagen zu können, die er hier in diesem Raum verbrachte, doch Edward hatte es ihm immer wieder verboten. Julian war sich sicher, dass er nur seinen Verstand abstumpfen wollte, um es sich selbst einfacher zu machen. Immerhin würde ihm etwas Papier und Tinte auch nicht helfen können von hier zu fliehen. Oftmals waren die Bücher, die man in die Hände bekam, nicht einmal hohe Literatur. Man musste eben nehmen, was man finden konnte, und vieles davon waren einfach nur einfache Unterhaltungsromane, Liebesschnulzen oder Parodien, deren Zusammenhang heute kein Mensch mehr kannte. Aber es waren Worte, Ablenkung von dieser Welt, die man sich nur äußerst selten erlauben konnte und Julian hätte alles dafür gegeben, um der stumpfen Stille dieses Zimmers zu entfliehen. In letzter Zeit hatte er seine Bitten nach Lesestoff allerdings etwas eingestellt. Edward gefiel es nicht, wenn er um etwas bat oder gar Forderungen stellte – solches Verhalten führte im Endeffekt nur dazu, dass er längere Zeit an der Kette verbringen musste.
„Es ist wohl besser, dass Sie mich von so etwas fernhalten, Sir“, überwand er sich schließlich zu sagen, auch, wenn es ihm einen unangenehmen Stich in die Magengrube versetzte. Er musste einfach aufpassen, dass er nicht noch zu genau dem Menschen wurde, den man hier aus ihm machen wollte. Tatsächlich besah Edward die Wunde nur, tat aber nichts, um die Schmerzen zu verschlimmern. Julian wollte keine Umstände provozieren, versuchte, eifrig und überzeugend zu nicken.
„Ich bin mir sicher, ich kann mich selbst-„
Doch bevor er den Satz noch vernünftig beenden konnte, hatte Edward ihm schon wieder das Ruder aus der Hand genommen. Nervös blinzelte er in die kalten blauen Augen und es dauerte ein wenig, bis er begriff, dass Edward es dieses Mal tatsächlich gut mit ihm meinte. Jemanden zu baden war ein Kinderspiel, allein der Gedanke, von der Kette zu kommen, war himmlisch genug, um ein unkontrolliertes, erleichtertes Lächeln auf seinen Zügen aufleuchten zu lassen. Die Verlockung eines richtigen Bads –dem ersten seit Jahren, wenn er ehrlich war, sonst musste eine fixe Dusche reichen- war genug, um ihn etwas zu erweichen. Seit einem halben Jahr hatte sich Edward nicht von so einer freundlichen Seite gezeigt, dass Julian gar nicht wusste, was er damit anfangen sollte. Sprachlos blickte Julian ihm hinterher und zog sich seine Shorts etwas unbeholfen über, während Edward verschwunden war. Er kam unwesentlich später mit Essen und Verbandszeug zurück und nahm sich selbst der Verletzung an. Die kurze, zarte Bewegung über seine Locken ließ Julian schaudern.
„Vielen Dank, Sir, das….das ist sehr freundlich“, murmelte Julian und fuhr mit vorsichtigen Bewegungen über den hellen Verband. Er musste immer noch auf der Hut bleiben, durfte nicht vergessen, dass Edward ihn hier gefangen hielt, dass er ein Monster, ein Kidnapper war….Doch es war so unglaublich schwer, stark zu bleiben, wenn der einfachere Weg doch gewesen wäre, sich endgültig auf Edwards Manipulationen einzulassen. Er hatte sogar das versprochene Bad bekommen, sich so menschlich gefühlt wie schon lang nicht mehr….Es könnte so einfach sein.
Und doch erinnerten die nächsten Tage ihn wieder daran, dass Edward ganz sicher nicht so ein Menschenfreund war, wie er es Julian vorgaukeln wollte. Seine Ankündigung, er würde ihn öfter besuchen kommen, hatte er wahrgemacht und stand nun manchmal schon früh morgens im Türrahmen, um vor der Arbeit eine schnelle Nummer einzufordern. Nicht mehr lang und auch das wäre Routine, so zu mindestens versuchte Julian sich die Doppelbelastung am Tag irgendwie schönzureden. Es war nicht das einzige, was ihn beschäftigte, denn in den letzten Tagen hatte es immer wieder kleine Erdbeben gegeben, die das ganze Haus, die ganze Gegend durchgerüttelt hatten und den Putz wie Ascheflocken von der Decke hatte rieseln lassen. Edward hatte seine Befürchtungen immer wieder mit einigen scharfen Bemerkungen abgewürgt. Julian fühlte sich nicht sicher mit der Kette um den Hals, er war gefangen und eingeengt, doch Edward zufolge würden die Erdbeben bald nachlassen und für eine solch lächerliche Ausrede würde er auch seine Kette nicht lösen. Bevor er weiter in Ungnade fiel, hielt der Lockenkopf lieber den Mund. Die Angst blieb trotzdem. Die Woche, die ihm als Bestrafung auferlegt worden war, war beinahe um und Julian hatte sich so tadellos wie möglich verhalten, sodass Edward ihm eine Belohnung in Aussicht gestellt hatte. Julian war so aufgeregt gewesen, dass er das leichte Rumoren, das durch seinen Raum ging, erst gar nicht bemerkt hatte. Dann ein Knall und die Welt schien über ihm zusammenzubrechen. Es musste sein Erdbeben sein, was sonst konnte die Welt um ihn herum so durchrütteln, dass Julian sich fühlte, wie ein Insekt. Hilflos versuchte er sich irgendworan festzuklammern, irgendwo in Deckung zu gehen, doch als er in Richtung Tür fliehen wollte, hielt die Kette ihn zurück. Panisch blitzten die hellen Augen durch den ganzen Raum. Ein Sprung unter das Bett, vielleicht würde ihm das genug Deckung geben, doch bevor Julian den potentiellen Schutz erreicht hatte, schien die Welt über ihm zusammenzubrechen. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen kam ein Großteil der Decke nach unten, Trümmer und Beton krachte zu allen Seiten um ihn nieder. Julian blieb nichts anderes übrig, als hilflos die Arme nach oben zu reißen, bevor irgendetwas Schwere ihn am Kopf traf und ihm das Bewusstsein raubte.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Mo Jun 08, 2015 4:44 pm

Sie hatten alle geglaubt, sie hätten genug erleiden müssen, hätten genügend Zerstörungen und Tode mit ihren eigenen Augen beobachten können, doch langsam aber sicher musste jeder von ihnen sich eingestehen, dass sie niemals aufatmen könnten, dass man ihnen niemals Ruhe geben würde. Und diese hatten sie auch nicht verdient. Es war einfach zu ignorieren, dass die Erde, welche sie so schrecklich zerstört hatten, noch einen eigenen Willen hatte, einen, der dazu diente sich an ihnen zu rächen und Adrian könnte es diesem Planeten kaum verübeln.
Es war wohl gut so, dass sie nie so weit gekommen waren, andere Orte im Sonnensystem besiedeln zu können, so konnten sie nicht noch mehr Zerstörung mit sich bringen, Schäden wo anders anrichten.
Doch Adrian selbst hatte oft genug vergessen, was eine Naturkatastrophe für Auswirkungen haben konnte, der letzte Sandsturm war Jahre her, seither wurden sie nur in den endlosen Wüsten gesichtet, wo keine Menschenseele mehr leben konnte. Regenfälle waren wohl das seltenste, was ihnen je unter die Augen gekommen war und Erdbeben….nun, an so etwas hatte wohl keiner von den Bewohnern dieser Stadt gedacht! Vor einigen Tagen war bereits die ersten Erschütterungen über sie gekommen- all die brüchigen Häuser waren zu Schutt zerfallen. Schlechte Baukunst, alte Gemäuer, alles, was gerade so noch stehen konnte, hatte sich dem Staub angeschlossen, auf dem sie liefen und Menschen begannen vor Angst sich in den tiefsten und dunkelsten Ecken ihrer Häuser zu versperren, aus Angst, es würde ein Nachbeben kommen. Der Musiker selbst hatte ein unwohles Gefühl. Es gab so vieles auf der Welt, was sie nicht mehr kontrollieren konnten, wovor sie sich nicht schützen konnten und er fürchtete, dass dies eine der vielen Sachen waren, bei der sie nur hoffen konnten, es halbwegs lebendig überstehen zu können.
Er wusste nicht genau ob sein eigenes Haus wirklich gut genug war um solch eine Laune der Natur überleben zu können, wusste nicht einmal, ob dieses Ereignis wirklich noch einmal wiederkehren würde, doch sein Verstand hatte ihm kaum die Möglichkeit gegeben an etwas anderes zu denken oder sich um Dinge zu sorgen, die nichts mit diesem Vorfall zu tun hatten.
Adrian war nie fähig gewesen, einfach etwas zu ignorieren und so zu tun, als wäre nichts gewesen! Er kam sich so hilflos in seinem Gebäude vor, er hatte Sorgen um sein Leben, doch noch mehr sorgte er sich um die Gegenstände, die sich in seinem Zuhause befanden. Es waren alte Bücher, Erinnerungsstücke an eine einst intakte Welt und Gesellschaft, Musikinstrumente- teilweise alte, teilweise improvisierte und neu gebaute- und anderer Kram, den er sorgfältig über Jahre hinweg ersteigert oder gefunden hatte. Er kam sich altmodisch vor, dabei wusste er nicht einmal, ob man so etwas überhaupt sein konnte. War altmodisch wirklich noch etwas, was man sein konnte oder war es nur eine Bezeichnung aus einer Zeit, die nicht ihre waren? Alles, was in naher Vergangenheit hier geschehen war, glich ohnehin dem heutigen Tag und wenn man länger darüber nachdachte, dann war Nostalgie beinahe unmöglich.
Adrian wünschte, er hätte mitbekommen, wie alles gewesen war, bevor sie sich selbst zerstört hatten. Er wollte wissen wie viele Bücher wirklich existiert hatten, wie stark das Interesse an Musik war, die er sehr gerne spielte. War sie zart oder voller Zorn, voller Melancholie und dem Hass auf alles, was ihnen wiederfahren war? Wahrscheinlich spiegelte sie genügend Optimismus wider als die dunklen Töne, die Adrian gelegentlich in seinem eigenen Zuhause spielte.
Der junge Mann hatte kaum gemerkt, wie seine Gedanken es endlich geschafft hatten, sich auf keine Unfälle und Katastrophen zu konzentrieren und stattdessen sich wieder eine Welt zusammen sponnen, die er niemals zu Gesicht bekommen würde. Er hatte nur wenige Bilder finden können, alte vergilbte Zeitschriften, die noch überlebt hatten, die ihm die Städte von damals offenbarten. Sie hatten sogar besondere Monumente, Denkmäler, die nun vergraben und verborgen vor dem menschlichen Augen lagen.
All diese Überlegungen, die Neugier, die ihn ihm aufkeimte, nach solchen Orten und Denkmälern zu suchen, hatte Überhand gewonnen und wurde im nächsten Moment wie von einem Stein zerschmettert, nur dass dieses Mal tatsächlich etwas steinartiges vor ihm zu Boden gefallen war und ihm einen großen Schreck bereitete.
Im nächsten Moment spürte er wie die Erde sich unter seinen Füßen stark zu regen schien, alles wurde geschüttelt, sein gesamtes Haus schien zu wackeln und zu klirren und er konnte sehen wie Teile seiner Decke zu bröckeln begannen, wie ein lautes Knallen und grummeln sein Dach zum Einstürzen bringen schien und die gesamte Architektur seines Haues drohte auf ihn zu fallen. Reflexartig hatte Adrian eine große Umhängetasche geschnappt und war panisch aus seinem Haus gerannt. Er konnte seine Sachen nicht retten, sollten sie dieses Beben nicht überleben, doch wenigstens hatte er ein wenig von seinen Habseligkeiten mitnehmen können. Eines seiner kleineren Instrumente hatte sich darin befunden und er klammerte seine Tasche so fest an die Brust, als würde sein Leben in dieser Stecken, als er hinaus auf die Straße stolperte. Ein lautes Gewirr an Stimmen und Schreien hatte sich vermischt, Menschen konnten kaum ihr Gleichgewicht halten, andere, die auf ihren Beinen stehen konnten, starrten mit großen Augen auf die Gebäude, die nach und nach dem Beben nachgaben, zu Staub zerfielen oder wie einzelne Teile einfach zu Boden krachten oder in sich einfielen. Es war Chaos auf den Straßen und niemand wusste wie er sich am besten verhalten sollte. Adrian selbst war überfordert mit der Situation und hoffte, es würde bald ein Ende nehmen.
Und tatsächlich hatte das Beben genauso plötzlich nachgelassen wie es begonnen hatte. Die Erde schien sich nicht mehr bewegen zu wollen, hatte jedoch Risse in Wänden und eine Zerstörung um sie herum hinterlassen. Es würde Wochen dauern, bis alles wieder beim Alten werden würde…wenn dies überhaupt in einigen Teilen der Stadt möglich war.
Mit fragenden, beinahe verzweifelten Augen hatte der Dunkelhaarige sich umgeschaut, hatte sein Dach gesehen, was zu Teilen keines mehr war, doch bei dem Anblick des Nachbarhauses, konnte er erkennen, dass es anderen sogar noch schlimmer ergangen war. Trümmer lagen zerstreut um das Gebäude herum und er fragte sich, ob die Person, die dort lebte, es auch geschafft hatte hinauszugehen. Er konnte sich sehr gut an den blonden Mann erinnern, der neben ihm hauste- wer sollte ihn auch nicht kennen- doch er hatte oft genug noch eine andere blonde Gestalt durch sein Fenster beobachten können, auch wenn er diese ihm nicht ganz zuordnen konnte und nicht wusste, ob es vielleicht nur seine Einbildung gewesen war, denn so weit er sich erinnerte, war diese Gestalt nie durch die Haustüre gegangen, weder rein noch raus. Vielleicht jedoch hatte sie dort auch gelebt?
Adrian war niemand, der ist oft oder gar gerne in Gefahr brachte und er war sicher auch niemand, der sich einfach so in fremde Häuser hineinwagte, doch dies waren andere Bedingungen und er hatte leichte Sorgen, dass die Person, die ebenfalls dort zu leben schien- wenn diese Person denn wirklich existierte- vielleicht noch im Haus war, sodass er sich entschied nachzusehen.
Wenigstens schien der untere Teil des Hauses einigermaßen intakt zu sein, die Tür zumindest war es, sie war nur ein wenig aus den Angeln gesprungen, sodass er ohne weitere Probleme eintreten konnten.
Drinnen hingegen erwartete ihn aufgewirbelter Staub, der in seinen Augen brannte, sich in seinen Mund hineinschlich und ihm ein trockenes Husten entlochte. Mit zusammengekniffenen Augen wagte er sich durch den staubigen Gang, lauschte vorsichtig den Geräuschen, doch schien keines zu ihm durchzudringen.
„Ist…ist jemand noch hier, hallo?“, rief die Stimme des Musikers gegen die Stille an, doch auf eine Antwort warteten seine Ohren vergebens. Eigentlich war dies doch ein gutes Zeichen- wenn niemand zu antworten hier war, dann würde auch niemand noch hier gewesen sein! Doch vielleicht war die Person auch einfach nicht fähig zu sprechen, vielleicht war der Fremde sogar verletzt und Adrian würde auf ewig von Schuldgefühlen verfolgt werden, wenn seinetwegen jemand in diesem kaputten Gebäude sein Leben ließ.
Die langen Finger streckten sich nach der ersten Türklinke, die seine Augen erblicken konnten, die Tür langsam zu einem Raum öffnend. Auf dem ersten Blick erkannte er nur die Zerstörung, die über dieses Zimmer gekommen war- überall lag Schutt, der Staub machte es schwer alles besser erkennen zu können. Beim zweiten Blick konnte er hinauf in den zweiten Stock und hinaus in den Himmeln blicken und beim dritten erkannten seine hellen Augen tatsächlich einen Menschen, der teilweise begraben von den Trümmern war und sich nicht zu bewegen schien. Ein Schrecken, wie er ihn noch nie erlebt hatte, fraß sich durch seine Knochen als er die blonden Locken erkannte, den reglosen schmalen Körper, der offenbar keine Möglichkeit gehabt hatte, diesem Grauen zu entfliehen.
Die nächsten Minuten verliefen wie ein seltsamer, dumpfer Traum, den Adrian selbst nicht ganz realisieren konnte. Er hatte die Person angesprochen, hatte vorsichtig an ihm gerüttelt und nachdem er immer noch keine Antwort bekommen hatte, hatte er sicherstellen wollen, ob der Arme noch lebte, doch er schien zu atmen, sodass er sich nicht viel Zeit lassen wollte beim Bergen des leblos wirkenden Körpers. Hastig hatte er schwere Trümmerteile beiseite geworfen, nicht einmal das Blut, das frisch auf dem Leib des jungen Mannes klebte, hatte ihn jetzt noch abschrecken können. Im Normalfall hätte er wahrscheinlich den Verstand verloren, als seine Bergungsaktion den linken Arm des Gelockten offenbarte, der so zerstört und zertrümmert worden war, dass jeder ansatzweise intelligente Mensch ihm versichern konnte, dass dieser ziemlich hinüber war. Er hatte noch nie in seinem Leben solche Verletzungen gesehen, obwohl ihm ganz bewusst war, dass diese Welt noch viel Schlimmeres zu bieten hatte, weitaus schlimmeres.
Der Musiker hatte nicht einmal die zerstörte Kette eines Blickes gewürdigt, welche zum kleinen Teil noch am Halsband des Blonden zu hängen schien, es war keine Zeit um sich über so etwas Gedanken zu machen, wenn man wollte, dass das arme Wesen überlebte.
Adrian erstaunte es selbst, wie ruhig und routiniert er war, er war kein ruhiger Mensch und Routine war schon immer dem Chaos in seinem Kopf gewichen, es gab keinen normalen Menschenverstand in dem Dunkelhaarigen und dem war er sich mehr als nur bewusst und dennoch hatte er seine eigenen Hemmungen und Ängste überwinden können, hatte sich auf seine Kraft in den Knochen konzentriert und trug den Körper hinaus ins Freie, wo er endlich- er hätte nie geglaubt, dass er jemals so denken würde- besser atmen konnte.
Der Musiker wusste ganz genau wo sich Mediziner befunden hatten, wo man schwerverletzte oder gar sterbende Männer, Frauen und Kinder bringen konnte und genau dorthin hatte er den bewusstlosen Körper gebracht.
Sie hatten ihm Fragen zu dem Jungen gestellt, doch Adrian konnte nur immer wieder den Kopf schütteln und wiederholend bestätigen, dass er ihn nicht kannte und auch nichts über ihn wusste. Er hätte auch einfach gehen können, die Ärzte würden ihren Job ohne ihn tun, er war kein Chirurg und auch kein Wunderheiler, doch Adrian fühlte sich seltsam verantwortlich für das arme Wesen. Er konnte sich nicht vorstellen wie es war, wenn man unter dem Haus begraben war, in dem man lebte, ohne Aussicht auf Hoffnung oder gar Hilfe. Welch ein Schmerz seinen Körper übermannen würde, wenn er wieder erwachen würde. Oh, es war grauenvoll auch nur daran zu denken und er glaubte, sein eigener Körper würde jeden Augenblick vor Schmerz einfach zusammenbrechen.
Vielleicht war es die Empathie, die ihn davon abhielt einfach wieder zu gehen und zu sehen, was die Zerstörung in seinem eigenen Haus wirklich angetan hatte und wie viel heil geblieben war. Vielleicht war es aber auch etwas anderes, er wusste es nicht genau, doch er wollte, dass wenigstens irgendwer da ist, sollte der Fremde heute wieder erwachen.
Er hatte lange gewartet, hatte wenigstens zwei Bücher in seiner Tasche gehabt und seine Violine, welche er jedoch nicht spielen wollte, nicht in solchen Orten. Es war ohnehin schon laut genug gewesen- der Blonde war nicht der Einzige, den es hart getroffen hatte. Neben den typischen Schürfwunden, leichten Brüchen und Prellungen, hatten die Ärzte mit weitaus schlimmeren Dingen zu kämpfen gehabt, er konnte sich vorstellen, dass einige von ihnen ihren Tod hier finden würden. Und so wartete er mit all denen, die hoffnungslos an ihren Nägeln kauten, irgendwie sich beschäftigt hielten um nicht komplett den Verstand zu verlieren und fühlte sich zum ersten Mal wie der gesündeste und rationalste Mensch auf Erden. Wenn auch auf schrecklichen Kosten anderer, dass er hoffte bald diesen Ort verlassen zu können. Er tat ihm nicht gut.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Do Jun 11, 2015 3:06 pm

In seinem Kopf herrschte nichts anderes als dumpfe, erstickende Schwärze. Julian war noch nie wirklich ohnmächtig gewesen, er wusste nicht, ob man in der Ohnmacht träumen konnte, ob Bilder ihn heimsuchen konnten, doch nun lernte er, das ohnmächtig sein sich für einen Moment anfühlte, als würde die Welt stillstehen. Vielleicht war er für eine kurze Zeit auch schon fast über den Jordan gewesen und es war ein kurzer Geschmack vom Tod, den er bekommen hatte. Angestrengt versuchte Julian, seine Gedanken aus der dumpfen Dunkelheit hervor zu kämpfen. Er erinnerte sich daran, dass die Erde gebebt hatte, dieses Mal allerdings stärker als in den Tagen zuvor. Alle Häuser hier waren schon etwas baufällig, hatten Risse in den blanken Betonwänden und knackten in kalten Nächten besonders stark. Es war kein Geheimnis, dass langsam aber sicher alles in sich zusammenfiel, weil es kaum Menschen gab, die neue Behausungen bauten, geschweige denn die alten reparieren konnten. Selbst Warlords und ihre treusten Anhänger hatten manchmal nicht mehr als eine Bruchbude, die kaum noch zusammenhielt. Julian hatte das nun auf die harte Weise lernen müssen. Er erinnerte sich daran, wie er versucht hatte, zur Tür zu rennen und sich in Sicherheit zu bringen, als das erste bedrohliche Knacken über seinem Kopf ertönt war. Für einen Moment hatte er tatsächlich vergessen, dass er angekettet war und die Reichweite gerade bis zur Türschwelle ging. In seiner Panik, ja Angst um das pure Überleben, war er mit voller Geschwindigkeit in die Kette gerannt und hatte sich beinahe selbst ausgeknockt, bevor irgendein fallendes Trümmerteil das getan hatte. Dass er danach noch nicht wieder zu Bewusstsein gekommen war, war wohl ein Segen, denn das zusammenfallende Haus, das zuvor schon ein einziges Gefängnis gewesen war, hatte ihn übel zugerichtet. Sein linker Unterarm war unter einen großen Betonblock geraten, der alles von Knochen über Muskeln hemmungslos zertrümmert hatte. Für die blutige Masse würde es nur eine Lösung geben und das war Amputation. Weitere Deckenteile hatten ihn schwer an der Wirbelsäule getroffen, oben im Nackenbereich. Dass er sich nicht das Genick gebrochen hatte, hatte er wohlmöglich einzig und allein dem schweren Halsband um seinem Nacken zu verdanken, doch Edward durfte das niemals erfahren. Auch so waren einige wichtige Nerven getroffen worden, die ohne technische Hilfe nie mehr ihre Funktion erfüllen würden. All das hatte man operativ behandelt, bevor Julian auch nur einmal die Augen geöffnet hatte.
Nach dem starken Beben hatte es zahlreiche Verletzte in der kleinen Ansiedlung gegeben, und auch, wenn Julian sicher zu den schwerer Verletzten gehörte, mussten sie ihn genauso hastig abfertigen und behandeln wie alle anderen Menschen auch. Nach einigen Stunden Operation war sein Unterarm verschwunden und der Stumpf dick mit Verband umwickelt, sein Nacken hatte ein Implantat bekommen, nachdem man das schwere Halsband mit schierer Gewalt gelöst hatte und nun hatte man ihn mit den vielen anderen Verletzten in einem großen Zelt untergebracht, wo langsam Schmerzmittel aus einem Tropf in Julians Körper tropfte und ihn langsam aber sicher wieder erwachen ließ.
Es kostete den Lockenkopf beinahe schon Überwindung, die Augen aufzuschlagen, so schwer fühlten sich seine Lider an. Unwohlsein und Panik stieg in ihm an, als er langsam aber sicher realisierte, dass er sich nicht in Edwards Haus befand und dass er in einem fremden Bett an einem unbekannten Ort lag. Nur langsam und zäh wie Sirup konnte er sich die Geschehnisse in Erinnerung rufen, bevor er das Bewusstsein verloren hatte. Also war er vermutlich bei irgendeinem Mediziner untergebracht. Wie war er hier hingekommen? Links und rechts neben ihm auf den Betten lagen andere Menschen, die das Erdbeben in irgendeiner Form schlimm erwischt hatte und weniger stark verletzte Angehörige und Freunde saßen oder standen um die Betten herum. Julian erwartete schon fast Edward, als er sich umsah, doch stattdessen saß ein ihm unbekannter Mann bei ihm. Er hatte dunkle, unordentliche Haare und musste ein paar Jahre älter sein als er selbst. Seine Kleidung war mit Blut verschmiert und trotzdem schien er in ein Buch vertieft zu sein. Es war ein paradoxer Anblick, doch er löste sich auf, als der Mann merkte, dass Julian wieder bei Bewusstsein war. Noch immer benebelt versuchte Julian sich ein Stück aufzusetzen, wollte sich auf dem Bett aufstützen und erstarrte, als seine linke Seite auf keinen Widerstand traf. Reflexartig ruckte sein Kopf herum, suchte seinen linken Arm, nur, um dort nichts zu finden. Mit einem Schlag fühlte sein ganzer Körper sich schwer und plump an und sein Kopf schien für eine Weile einfach ausgeschaltet. Fassungslos hob er den bandagierten Stumpf an, doch auch ein Wechsel der Perspektive ließ seinen Unterarm nicht auf magische Art und Weise erscheinen.
„Mein Arm, was ist….was ist mit meinem Arm passiert?“
Seine Stimme bröckelte und klang fremd, während ein Zittern durch seinen ganzen Leib lief. Tränen wären jetzt vermutlich vollkommen akzeptabel gewesen, doch irgendwie wollten sie nicht kommen. Julian fühlte sich leer und ausgebrannt. Vielleicht war das alles ja nur ein schrecklicher Alptraum und er würde jede Sekunde erwachen, um seinem eigentlichen Leben entgegenzutreten, das genau genommen immer noch ein Alptraum war. Hilfesuchend wandte Julian sich an den Fremden, dessen Augen nun auf ihm lagen.
„Hast du mich hierher gebracht? Was ist passiert, ich kann mich an nichts erinnern außer an das Erdbeben und da hatte ich noch beide Arme!“
Seine Stimme war schrill angeschwollen und überschlug sich schließlich. Julian hatte sich so in Panik geredet, dass er nun mit zitternden Knochen und rotem Gesicht wieder auf das Bett zurücksank. Wenn sein Körper nicht so voll mit Schmerzmitteln gewesen wäre, hätte er sich vor Schmerzen vermutlich nicht rühren können, doch noch herrschte in seinen Venen eine angenehme Taubheit.
„Edward wird mich umbringen, was soll ich denn jetzt machen?“, flüsterte der Lockenkopf mehr zu sich selbst als zu irgendwem anders und nun stiegen doch die Tränen in ihm auf. Der Kloß in seinem Hals schien ihn ersticken zu wollen und Julian konnte nichts dagegen tun außer immer unruhiger zu schlucken.
„Ich sollte mich bedanken, tut mir leid, ich….vermutlich wäre ich ohne dich tot“, dämmerte es Julian und er drehte sich langsam wieder zu dem Fremden um. Wobei, ganz so fremd kam er ihm nicht vor. Irgendetwas an ihm wirkte bekannt, vertraut, doch Julian konnte nicht ausmachen, woher.
„Bist du wegen mir hier? Wie lange war ich weg, ich…..weiß Edward Bescheid?“

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Sa Jun 13, 2015 5:17 pm

Es waren viele Stunden vergangen, in welchen er hier festsaß und sich fragte, wieso er eigentlich nicht einfach gegangen war. Eigentlich konnte er sich diese Frage sehr gut beantworten, eigentlich wunderte es den jungen Mann nicht einmal, dass er immer noch zwischen den hoffnungslosen Gestalten saß und versuchte sich nicht von ihren Emotionen einnehmen zu lassen.
Es war schon eine interessante Sache zu sehen, wie Menschen sich veränderten, wenn jemand, der ihnen wichtig war, plötzlich in Not lag, wie selbst die Stärksten und Härtesten unter ihnen plötzlich so verwundbar waren, so zerbrechlich, dass man sich kaum traute sie mit den Fingerspitzen zu berühren. Und Adrian beließ es auch dabei besser niemanden zu berühren oder in irgendeiner Form auch nur anzusprechen, genaugenommen konnte er ohnehin nicht viel tun, er wusste nicht wie es war, wenn einer wichtigen Person etwas schreckliches widerfuhr und er wusste nicht, wie es sich anfühlte, wenn man schlimme Verletzungen und Verluste nicht alleine durchstehen musste.
Als er etwas Wichtiges verloren hatte, stand niemand an seiner Seite und hatte ihm tröstend den Kopf getätschelt und wenn er so darüber nachdachte, dann wüsste er nicht einmal, wie man mit so etwas umgehen sollte. Der Musiker war kein sonderlich umgänglicher Mensch gewesen, vielerlei soziale Interaktionen waren ihm unangenehm und er war manchmal unfähig das zurückzugeben, was man ihm darbot. Manchmal machte ihn das fehlende Verständnis seinem seltsamen, eigenständigen Geist gegenüber zornig und diese Wut versuchte er in seiner Musik hinunterzuspielen, sich irgendwie abzulenken und Genugtuung in seinem eigenen Schaffen zu finden.
Hier jedoch war er dem Lärm und der Hektik auseinandergesetzt worden, er konnte ihr nicht entfliehen, indem er einfach sich in seiner eigenen kleinen Welt verschloss und vielleicht war es auch gut so.
Die Ärzte hatten ihm nicht viel gesagt, sie hatten ihm nur das bestätigt, was er sich bereits bei der Bergung des armen Jungen hatte denken können- sein Arm war nicht zu retten und die einzige Maßnahme war das Amputieren des intakten Körperteils. Bei diesen Worten hatte sein eigener Arm einen unangenehmen Schmerz empfunden, dabei war es schon etwas länger her, seit er sich mit einer Metallprothese zufriedengeben musste. Es wurde ein praktischer Ersatz für einen Arm, den er sein ganzes Leben für so ziemlich alles benutzt hatte, doch das Gefühl, dass etwas verloren war, würde man wohl niemals loswerden können, nicht einmal dann, wenn man sich an einen Ersatz gewöhnt hatte, wenn man vielleicht sogar begonnen hatte, diesen zu mögen.
Sie hatten ihn zusätzlich gefragt, ob der Gelockte irgendwelche Verwandten oder andere Angehörige hatten, die informiert werden mussten und Adrian war sich nicht sicher, inwiefern Edward ein Angehöriger von ihm gewesen war. Andererseits schien er bei ihm zu leben und es würde den anderen wohl interessieren, wo er abgeblieben war und dass er noch lebendig im Krankenhaus- wenn man es als solches bezeichnen konnte- steckte, sodass er den Namen des Warlord- Freundes angab, wenn auch mit einem ziemlich seltsamen Gefühl im Magen. Er erinnerte sich an die schwere Kette, an das Halsband, das der junge Mann trug, weswegen er höchstwahrscheinlich auch nicht rechtzeitig fliehen konnte, und fragte sich inwiefern der andere wirklich freiwillig bei ihm gewesen war. Doch hätte er es verheimlicht und Edward würde herausfinden, dass er hier gewesen war, würde ihn wohl selbst weitaus Schlimmeres widerfahren und unnötige Schwierigkeiten mit den Leuten, die diese Gegend und damit auch jeden von ihnen besaßen, wollte er sich noch nicht unnötig anlegen, zumindest nicht so.
Adrian hatte fast schon erwartet, dass Edward- nachdem er kontaktiert worden war- direkt hier erscheinen und ihn vielleicht verjagen würde, doch das bekannte Gesicht des anderen Mannes war nicht zu sehen und so hatte er die Mediziner gebeten bei dem Jungen zu bleiben, zumindest so lange, bis dieser wach war und er ihm erklären konnte, wo er sich befand. Nichts war schlimmer als die Ahnungs- und Orientierungslosigkeit. Abgesehen davon hatte der Dunkelhaarige ohnehin genügend Zeit hier verbracht, dass er auch die restliche Zeit einfach warten konnte.
Interesse hatte keiner so wirklich, wer sich nun bei dem Gelockten befand, wahrscheinlich hätte er sogar ohne vorher gefragt zu haben in das Zelt hineingehen können, doch kam es ihm so viel höflicher vor und er hatte zumindest kein unwohles Gefühl dabei gehabt, als er sich auf einen alten, mitgenommenen Stuhl direkt neben dem Bett des Fremden setzte. Er war noch lange nicht bei Bewusstsein. Man hatte ihn an einem Tropf angeschlossen, der immer wieder Schmerzmittel in den schmalen, etwas mitgenommenen Körper hineinpumpte. Seine hellen Augen musterten den schmalen Leib, verharrten einen Moment lang auf dem verbundenen Stumpf, wo einst der Unterarm noch gewesen war und Adrian fühlte sich mit einem Schlag schlecht. Er wusste nicht genau wie jung der Blondschopf gewesen war, doch das spielte keine Rolle- es war immer eine Schande, wenn man seine Körperteile verlor, besonders durch solche Situationen. Er hoffte sehr für den anderen, dass er bald einen Ersatz bekommen würde und das vielleicht die Panik und das Gefühl, nicht vollständig zu sein, ihn nicht allzu stark übermannen würde.
Adrian hatte sich jedoch nicht nur im dem Anstarren des anderen Körpers beschäftigt, er hatte sich darauf eingestellt, dass es länger dauern würde, bis die fremden Augen sich endlich wieder öffnen würden, sodass er sich weiter mit seinem Buch beschäftigte, froh darüber, dass er fähig war sich in solche Dinge hineinzuversetzen, sodass alle anderen Dinge um ihn herum schlichtweg an ihm abprallten. Erst, als er aus dem Augenwinkel heraus einige Regungen auf dem Bett nehmen ihm erkennen konnte, hatte er sich von seiner Literatur abwenden können, hatte über sein Buch hinweggeschaut und es im nächsten Moment wieder beiseitegelegt, als ihm bewusst war, dass der Fremde endlich wach zu sein schien.
Schweigend beobachtete er die Gestalt und spätestens, als der Junge versuchte sich aufzurichten und seinen fehlenden Arm bemerkte, spürte Adrian, wie sich Sorgenfalten auf seiner Stirn bildeten. Es war ein trauriger Anblick ihm die Augen zu blicken, sein Gesicht zu mustern als er realisierte, dass von jetzt auf gleich sein Arm nicht mehr da war.
Jede Art von Panik, Angst und auch Schmerz war sein gutes Recht gewesen, er hatte jedes Recht sich in jede einzelne Emotion hineinzuversetzen, die dem Ausdruck verlieh, was in seinem Inneren vor sich ging, auch wenn Adrian vielleicht nicht gut darin gewesen war, sonderbar hilfreich zu sein.
„Verzeih…das Erdbeben hat das Haus, in dem du warst…ziemlich mitgenommen.“, betroffen hatte er den Gelockten angeblickt, fuhr sich leicht verlegen über die zerzausten Haare. Es war wohl nicht einfach so etwas zu erklären und er wusste nicht einmal, an was sich der junge Mann alles erinnern konnte. Vielleicht wusste er bis dato nicht einmal, dass es ein Erdbeben gegeben hatte, doch schien die Erschütterung nicht so stark gewesen zu sein, dass er starke Gedächtnislücken aufzuweisen hatte, die ihm alles nur noch schwerer machten.
Adrian ließ ihn in Ruhe zu Ende sprechen, ließ ihm seine Zeit, auch wenn er sich so schrecklich hilflos vorkam- er kannte ihn nicht einmal und dennoch war der Drang groß gewesen ihm irgendwie eine Hilfe sein zu können, etwas sagen zu können, was ihm ein besseres Gefühl hab, doch dazu war er einfach nicht imstande gewesen.
Die nächsten Worte erschreckten den Musiker. Wieso sollte Edward ihm auch noch etwas antun?
„Du…du warst ohnmächtig geworden und…und die Trümmer hatten dich begraben…deinen Arm begraben. Sie hatten keine Wahl als ihn dir zu nehmen. Es tut mir leid…ich…ich kann mir sehr gut vorstellen, wie sich so etwas anfühlt, auch wenn es dir deinen Arm leider nicht wiederbringt.“, es war egal wie viele tröstende Worte seine Lippen auch verlassen mochten, es würde nichts verbessern und nichts verändern, es war nur die Anteilnahme und Empathie, die er vermitteln konnte und er wusste, dass sie nichts wert war und dennoch hatte er gar nicht anders gekonnt. Immerhin war dies besser als völlig gleichgültig zu sein.
„Du…du brauchst dich nicht zu bedanken! Ich bin froh, dass ich mich daran erinnert habe, dass du dort warst. Ich…ich lebe nebenan, sicher hat Edward nie ein Wort über mich verloren, wieso sollte er auch, wir kennen uns ja kaum.“, Adrian traute sich zögerlich leicht zu lächeln, welches jedoch schnell wieder schwand, immerhin war dem anderen sicher nicht nach Lächeln zumute. „Adrian, ich heiße Adrian…wenn es im Moment eine Rolle spielt. Du…ich hab ehrlich gesagt die Zeit zum Ende hin ein wenig vergessen, einige Stunden waren es sicherlich gewesen- sie mussten dich…man hatte mir gesagt, dass sie dich am Nacken ebenfalls operieren mussten. Vielleicht können die Mediziner mehr sagen, ich…ich bin ein Fremder, weswegen sie mir nicht alles gesagt hatten. Und das sollten sie auch nicht, schließlich bin ich nichts weiter als ein Nachbar. Jedoch haben sie Edward informiert. Ich hatte ihn schon viel früher hier erwartet, doch bis jetzt war ich der Einzige, der bei dir war und…nun ja..noch ist.“, Adrian fuhr sich erneut etwas nervös durch seine Haare, blickte kurz zur Seite, den Tropf musternd, ehe er wie von einer Biene gestochen seine Aufmerksamkeit wieder dem anderen schenkte. „Entschuldige, ich fürchte, ich bin keine beste Gesellschaft, ich weiß nicht, wie man sich in solchen Situationen benimmt. Bitte, wenn du etwas brauchst…zögere nicht und sag es mir einfach…ich denke für so etwas kann ich noch etwas hilfreich sein….“, er hätte gerne tröstend seine Schulter berührt oder irgendetwas anderes getan, doch der Dunkelhaarige wusste nicht, wie weite er gehen durfte und ob der Gelockte überhaupt berührt werden wollte, sodass er stattdessen etwas unbeholfen gegen seine Prothese trommelte, in der Hoffnung, dass er nicht wie ein Mensch wirkte, der vielleicht sogar störend als nützlich war. „Es…es wird wahrscheinlich etwas dauern, bis du…naja, bis du dich daran gewöhnt hast und dann wird es dauern, bis du dich an eine Prothese gewöhnt hast, doch…es ist einfacher sich an etwas zu gewöhnen, was einem nicht das Gefühl gibt sonderlich eingeschränkt zu sein.“, demonstrativ wedelte der Musiker mit seinem künstlichen rechten Arm, welchen er jedoch hastig wieder sinken ließ. „Bitte verzeih, es ist wohl zu früh um darüber zu reden. Ich..ich möchte nicht unsensibel sein.“

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Mi Jun 17, 2015 6:52 pm

War es fair, diesen Mann mit Fragen zu löchern, der ihn gerade erst wirklich kennengelernt hatte? Wenn er derjenige war, der ihn aus dem Haus geholt hatte, dann hatte er innerhalb von kürzester Zeit mehr für ihn getan als Edward im letzten halben Jahr. Oder irgendwer anders, doch außer mit seinem Peiniger hatte er mit niemand anderem wirklich Kontakt gehabt. Selbst jetzt, wo er in einem Zelt lag, angeschlossen an einen Tropf, fühlte Julian sich für einen Augenblick sogar freier denn je. Vielleicht konnte er fliehen, bestimmt wusste Edward nicht, wo er sich befand, in diesem ganzen Chaos könnte seine Chance liegen, dieser Hölle endlich zu entfliehen. Seine Augen warfen einen müden Blick auf den Verband um seinen Arm, wanderten dann weiter, um weiter mögliche Verletzungen auszumachen. Wenigstens schien er nicht noch ein Bein oder andere Körperteile verloren zu haben, was jedoch nur wenig Trost schenkte. So oder so schätzte er seine Chancen auf eine Flucht eher gering ein. Immerhin hing er wohl nicht grundlos an einem Tropf und ob seine Beine ihn tragen würden, wenn er sich von dem Krankenlager erhob. Er wischte mögliche Fluchtpläne für den Moment beiseite und wandte seine Aufmerksamkeit stattdessen lieber seinem Retter zu, der für ihn das Unglück rekapitulierte. Krampfhaft versuchte der Lockenkopf sich selbst an irgendwelche Bilder zu erinnern, doch alles, was in seinem Kopf hängengeblieben war, war der Kampf gegen die Kette. Danach war er ohnmächtig geworden und erst vor wenigen Minuten wieder zu sich gekommen. Vermutlich gab es keine verdrängten Schreckensbilder, die er heraufbeschwören konnte. Nachdenklich senkte Julian den Kopf, schielte verstohlen zu dem Arm des Fremden hinüber, der ebenfalls aus Metall war. Wenigstens musste er keine falsche Empathie heucheln, wenn er sagte, dass er ihn verstehen konnte, sprach er wohl aus eigener Erfahrung.
„Eigentlich sollte einen das eigene Dach beschützen und nicht niederreißen“, murmelte Julian, ohne eine wirklich Antwort des anderen zu erwarten. Er war kaum noch Interaktion mit anderen Menschen außer Edward gewohnt, und die Beziehung, die er mit diesem Mann führte war alles andere als normal. Dabei durfte er bei dem Fremden wohl nicht erwarten, dass er ihn ebenso abwertete wie Edward. Aber es war schwer, sich aus der Situation herauszudenken, die seit Monaten sein Leben bestimmte. Neugierig hob er den Kopf, als sein Gegenüber weitersprach. Die ganze Situation hier musste ihm unangenehm sein, Julian konnte die Spannung spüren, das Unwohlsein und er konnte es Adrian, wie sich der Mann schließlich vorstellte, nicht verübeln. Immerhin kannten sie sich kaum und plötzlich war er der einzige Beistand, den Julian in solch einer Lage ansprechen konnte. Er fragte sich sowieso, wieso er nicht direkt abgehauen war, nachdem er ihn bei den Ärzten abgeliefert hatte. Selbst das war immerhin mehr gewesen als die meisten anderen Menschen an seiner Stelle getan hätten. Julian wusste zumindest selbst nicht, ob er so viel Mut gehabt hätte in ein einstürzendes Haus zu rennen, auf der Suche nach einem völlig Fremden, der vielleicht gar nicht mehr im Haus war.
Langsam dämmerte Julian wenigstens, woher ihm das Gesicht des anderen bekannt vorkam.
„Oh, Nachbar, natürlich, ich glaube, ich hab dich ein paar Mal von drinnen gesehen. Ich….Ich komm nicht so viel raus“, fügte er heiser hinzu und blickte betreten auf die verwaschenen, kaum noch als weiß zu bezeichnenden Laken.
„Ich bin übrigens Julian und es ist nicht unwichtig, du hast mir vermutlich das Leben gerettet, da will ich schon gerne wissen, wie du heißt.“
Irgendwie, unter Aufwand all seiner Reserven, brachte Julian irgendwie ein kleines Lächeln zustande. Einen Arm konnte man vermutlich ersetzen, er wäre bei weitem nicht der erste, der ein Metallteil an sich hätte. Etwas unwohl tastete er nach seinem Nacken, schreckte aber zurück, als stechender Schmerz unter seinen Fingern aufflammte. Wenn es trotz der Schmerzmittel so eine Reaktion hervorrief, sollte er wohl besser nicht noch mehr auf Erkundungstour gehen und das dicke Pflaster dort unangetastet lassen. Bei den nächsten Worten Adrians sackte sein Herz wieder in seine Kniekehlen. Edward wusste also schon Bescheid. Sofort fiel das Lächeln von ihm ab und er suchte die warmen Augen Adrians mit einem hilflosen Blick.
„Edward weiß schon Bescheid? Ist er schon hier?“, fragte Julian mit steigender Panik in der Stimme und konnte nicht verhindern, dass sein Blick suchend durch den Raum glitt. Ob Adrian Bescheid wusste? Er trug das Halsband nicht, doch war das schon während des Erdbebens von seinem Hals gesprengt worden, oder war das das Werk der Ärzte gewesen? Julian wagte es nicht nachzufragen, denn immerhin bestand die kleine Möglichkeit, dass Adrian noch nicht wusste, dass Edward ihn wie einen Hund an der Kette hielt. Er wusste nicht wieso, doch irgendetwas an dem sanften Gesicht, an dem unsicheren Lächeln, weckte Vertrauen in ihm. Irgendwie war Julian froh, dass dieser Mann bei ihm war und dass er nicht vollkommen alleine wachgeworden war, oder noch schlimmer, mit Edward an seiner Seite. Sein Magen krampfte sich bei dem Gedanken unangenehm zusammen. Er konnte überhaupt nicht einschätzen, wie sein Peiniger auf so etwas reagieren würde. Eigentlich konnte Julian nichts dafür, doch er war sich sicher, dass Logik hier keine große Rolle spielen würde.
„Nein, es ist….wirklich freundlich, dass du hiergeblieben bist, es….du verstehst das hier…“
Julian merkte selbst, wie unsicher und holprig er sprach, wie er über seine eigenen Worte stolperte und am liebsten seine Zunge verschluckt hätte. Bestimmt sah es Edward gar nicht gerne, dass er sich mit einem anderen Mann unterhielt. Doch noch war Edward nicht hier.
„Du musst nicht hier herumhocken und dennoch bist du hier. Wieso? Wir kennen uns doch quasi nicht. Das ist kein grausamer Scherz von Edward, oder? Oder irgendein…irgendein Test?“
Er musste unglaublich albern klingen, verrückt sogar, doch für einen Moment hatte rationales Denken keinen Platz in Julians Schädel. Seine Atmung beschleunigte sich und seine verbliebene Hand krallte sich fest in das poröse Polster der Matratze. Es dauerte eine Weile, bis der Lockenkopf die Panik wieder von sich abgeschüttelt hatte und sich wieder den Aufmunterungsversuchen Adrians zuwenden konnte.
„Tut es weh? Also eine Prothese? Kannst du bleiben, bis Edward hier ist?“, platzte es plötzlich aus ihm heraus. Für einen Moment war seine Hand zu der fremden Gestalt gerutscht, hatte kurz seinen Oberarm gedrückt und ihn flehend angefunkelt, dann ließ er mit einem Ausdruck der Betretenheit wieder von ihm ab.
„T-Tut mir leid, die ganze Sache hat mich ziemlich durcheinander gebracht“, brachte er mit rauer Stimme hervor und ließ sich auf das Bett zurücksinken.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Fr Jun 19, 2015 9:25 pm

Als Edward in Sprache kam, verwirrte die Reaktion des anderen den Musiker ein wenig. Er schien nicht erfreut zu sein, dass der andere Mann Bescheid wusste, wo sich Julian- diesen Namen hatte er zumindest benutzt um sich ihm vorzustellen- aufhielt. Sie lebten doch zusammen, sie waren sich sicher vertraut genug, sodass der andere erfahren sollte, was widerfahren war. Andererseits wusste er, dass der andere Blondschopf kein sonderlich toller Geselle war und wer einer der engsten Vertrauten des Warlords war, musste irgendwo seinen Verstand verloren und das in eine ganz negative Richtung. Wahrscheinlich war Grundwahnsinn und Skrupellosigkeit so etwas wie die Voraussetzung um mit dem Mann, der diese Stadt besaß, befreundet zu sein.
Sofort fühlte sich Adrian schlecht, dass er den Ärzten etwas gesagt hatte, andererseits hatte ihn die Angst und Sorge übermannt, dass man sonst sowohl ihm als auch dem Gelockten etwas angetan hätte, hätten sie die gesamte Situation versucht zu verheimlichen.
Viele Fragen brannten auf der Zunge des Dunkelhaarigen, Fragen, die er jedoch nicht wagte zu stellen, immerhin kannte er seinen Nachbarn kaum und wenn er so darüber nachdachte, dann kam er tatsächlich nie raus und er konnte sich fast schon vorstellen weswegen.
Wahrscheinlich waren die beiden alles andere als Vertraute gewesen, wahrscheinlich war sogar das Gegenteil der Fall und er hatte ihn geradewegs zurück an diesen Ort geschickt. Doch wusste er zu wenig über die Beziehung zwischen ihnen Bescheid und wünschte sich jetzt bereits er könnte sie irgendwie auflösen. Julian hatte einen angenehmen Eindruck auf ihn gehabt, er schien wie jemand zu sein, mit dem er sicher mehr Zeit verbringen könnte, der ihn vielleicht sogar verstehen könnte. Sicher, all das waren nur Spekulationen und Gedankenströme, die durch seinen wirren Kopf schwirrten, doch manchmal war es vielleicht besser, wenn man sich auf sein Gefühl verließ, manchmal könnte man damit sogar richtig liegen.
„Höchstwahrscheinlich ist er beschäftigt mit der gesamten Erdbebengeschichte, es würde mich nicht wundern wenn bei den ganz hohen Tieren auch etwas passiert ist…ich meine nicht, dass ich es ihnen wünsche oder so aber…viele Gebäude sind schon lange sehr baufällig…“, seine Augen schauten sich fragend um, in der Hoffnung, dass niemand glaubte, er würde hier irgendwem den Tod wünschen oder sich indirekt gegen den Warlord stellen. Manchmal war es besser seinen Mund zu halten, doch diesmal hatte sein Kopf nicht mitgedacht und wer wusste schon, vielleicht hatte Adrian sogar Recht und das Gebäude war ebenfalls beschädigt genug gewesen, dass die einen oder anderen umgekommen waren. Sie konnten alle ein bisschen weniger Wahnsinn vertragen.
Der Musiker war erfreut, dass Julian ihn nicht loswerden wollte oder gar seine Anwesenheit als unangenehm empfand. Sicher, sie waren Fremde und lebten nur nebeneinander, doch gesprochen oder sich gegenseitig gesehen haben sie wohl heute das erste Mal, sodass man nicht sagen konnte, sie wären schon lange Vertraute gewesen, sodass die nächsten Worte des jungen Mannes nicht einmal allzu abwegig wirkten oder gar verrückt. In dieser Welt musste man aufpassen, wem man wirklich vertrauen durfte. Auch wenn Adrian ganz sicher alles andere als ein hinterhältiger Mensch war, dafür fehlten ihm zu viele Attribute um professionell dabei zu sein. Abwehrend hob er seine Arme, schüttelte dabei hastig seinen Kopf, er wollte nicht, dass der Blondschopf glaubte, er dürfte ihm nicht vertrauen, es war beinahe schon ein persönlicher Wunsch, ein Ziel, dass er ihm Vertrauen schenkte. Weswegen konnte er jedoch nicht sagen.
„Nein….nein, wirklich nicht! Ich habe mit Edward in all den Jahren vielleicht zwei Sätze gesprochen und….ich fürchte ich wäre der schlechteste Mann für solche Aktivitäten, ich bin nicht fähig andere Rollen zu spielen und Menschen…nun ja…zu belügen.“, betreten musterte er den panische Fremden, hoffte jedoch, dass er ihm Glauben schenkte. „Ich…ich habe mich verpflichtet gefühlt hierzubleiben. Ich wollte nicht, dass du aufwachst und nicht weißt, wo du bist und was geschehen ist. Es….es ist nicht einfach, sich in solch einer Situation alleine zurechtzufinden, schon gar nicht, wenn man seinen Arm verloren hat.“, fügte er mit leiser, nachdenklicher Stimme hinzu, seinen Blick kurz an Julian vorbeischweifen lassend.
Es war für die meisten nicht einfach zu verstehen, dass einige für andere etwas aus einem Empathiegefühl machten, dass sie nichts als Gegenleistung verlangten oder irgendwelche anderen Forderungen stellten, die fair genug waren….oder auch nicht, es spielte in den meisten Fällen ohnehin keine besonders große Rolle. Adrian wusste, wie die Welt funktionierte und dass zu viel Freundlichkeit und zu viele gute Seelen schnell ausgenutzt wurden. Er hatte wohl Glück, dass er die Menschen die meiste Zeit über mied und ihnen stets ausweichend gegenübertrat, so wussten nur die wenigsten, dass er kein grundlegender Menschenhasser war, auch wenn es Adrian lieber war, wenn alle anderen ihn für einen hielten. Er hatte keine stabile Seele und schon gar keinen stabilen Verstand, er wollte gar nicht wissen, was passieren würde, wenn zu viele damit zu spielen begannen.
Doch spielte es in diesem Augenblick keine Rolle- er konnte und wollte Julian nicht zutrauen, dass er zu solchen Dingen fähig war, wirkte er jedoch nicht so wie jeder andere, wirkte fast schon genauso verloren wie der Musiker es war. Vielleicht sogar ein wenig verlorener.
Seine hellen Augen schielten kurz zu seinem künstlichen Arm, als der Lockenkopf ihn danach ausfragte, jedoch unterbrach die fremde Hand an seinem Arm seinen aufkommenden Redefluss, den er innerlich bereits in eine richtige Reihenfolge gesetzt hatte. Noch verwirrender war es, als die Wärme plötzlich wieder nachließ und Julian seine Hand wieder zu sich zog.
„Ehm….nein….nein es ist schon okay…so etwas bringt jeden irgendwie…durcheinander. Aber ich- ich denke, ich kann noch bei dir bleiben…bis Edward kommt. Ich…ich bin gern eine Hilfe und wenn meine Gesellschaft Hilfe genug ist, dann wirst du diese bekommen.“, seine Lippen formten ein zögerliches, jedoch freundliches Lächeln. Adrian mochte es irgendwo, dass man wirklich wollte, dass er blieb, doch das irgendwie mit großem Selbstbewusstsein zu präsentieren lag leider nicht in seiner Macht und er hoffte, dass Julian dennoch verstand, dass er gerne noch etwas länger Zeit hier verbrachte.
„Eine Prothese an sich tut übrigens nicht weh…also…es gibt verschiedene Arten davon. Wenn sie an dein Fleisch…naja…angeschlossen wird, dann schmerzt es sicher für einige Tage. Ich hatte das Pech, dass mein gesamter Arm abhandengekommen ist. Du...du wirst sicher eine andere bekommen…eine, die du selbst befestigen und ablegen kannst…wie…wie einen Handschuh. Es tut weniger weh…doch gewöhnungsbedürftig sind sie alle. Vor der Prothese glaubst du immer, dass….dass der Arm da ist, du willst ihn berühren, etwas damit tun….vielleicht sogar einen Gegenstand dem anderen Arm reichen…doch er wird niemals den Gegenstand erreichen können. Bitte….verzeih, ich wollte dich doch eigentlich aufmuntern….aber vielleicht…ist es besser, wenn du wenigstens weißt, was auf dich zukommt.“, er blickte den jungen Mann entschuldigend an.
Wie schuldig Adrian sich fühlte, dass er ihm bereits jetzt eher unschöne Geschichten erzählte, anstatt ihm Mut zu machen. Er musste sich zusammenreißen! Innerlich schüttelte der Musiker jeden noch so schlechten Gedanken weg und dachte an die guten Dinge, die Julian stattdessen widerfahren konnten.
„Man akzeptiert die Prothese schnell als einen Zweitarm…irgendwann ist es mehr als nur Metall, das etwas Organisches versucht zu ersetzen! Ich…ich bin mir sicher, dass jeder seine künstlichen Körperteile irgendwie nachhaltig verändert hat…sie können praktisch sein, weißt du. Ich…ich hab zum Beispiel meinen Arm in zwei Teile geteilt, ich kann sie ändern…ich…ich spiele Musikinstrumente, weißt du?“, bei diesem Stichwort kramte er in seiner großen Tasche herum. Es war so dämlich gewesen, dass er wirklich nicht ohne ein bisschen Hab und Gut das Haus verlassen konnte und dabei fast schon sein eigenes Leben riskiert hatte.
vorsichtig holte er eine alte Violine heraus- er hatte sie nicht angemessen in eine andere Tasche packen können, doch hätte diese das Teil auch nicht vor den Kratzern verschont, die sie bereits besaß. „Es gibt kaum noch welche davon- die meisten meiner anderen Instrumente sind von mir selbst zusammengebaut worden…ich habe viel gelesen und vieles gesehen, was jedoch unbrauchbar war…außer einigen Teilen. Ich….ich spiele sehr gerne und ich brauche immer verschiedene Bögen- ich nehme einfach meinen Unterarm ab und ersetze ihn mit meinem anderen Arm…..der lediglich aus einem Bogen besteht. Ich weiß, es klingt ein wenig lächerlich und glaub mir, es sieht auch so aus…wirklich, doch es ist praktisch, es erfüllt einen guten Zweck und….und ich bin mir sicher, dass du auch einen Arm mit vielen guten Zwecken finden wirst.“, Adrian war kaum aufgefallen wie er in einen ununterbrochenen Redeschwall gerutscht war, hielt sich im nächsten Moment entschuldigend eine Hand vorm Mund. „Bitte, verzeih….manchmal vergesse ich, wann ich aufhören sollte zu reden, damit andere eine Chance haben mir anständig zu antworten. Ich…ich fürchte meine Passion für Musik und anderen seltsamen Kleinigkeiten kann ich nie ablegen. Ich hoffe, ich langweile dich nicht.“

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Do Jun 25, 2015 9:33 pm

Der Fremde wirkte wirklich nicht so, als wenn er einen guten Spion abgeben würde und wenn, dann war er ein hervorragender Schauspieler, der seinen etwas tollpatschigen Akt bis zur Perfektion verfeinert hatte. Julian beschloss, dass er dem Mann vertrauen konnte und lehnte den Lockenschopf zurück in das schmale Kissen. Komfort war wirklich kein Grundbedürfnis mehr in diesen Zeiten und er konnte die krümelige, spärliche Füllung des Kissens unter seinem Kopf fühlen. Er wusste nicht, wieso es ihn so erleichterte, dass Adrian hierbleiben wollte. Immerhin kannten sie sich doch kaum. Doch trotzdem schien seine Anwesenheit tausendmal besser, als in einsamer Stille darauf zu warten, dass Edward ihn abholen kam. Allein der Gedanke an seinen Peiniger klumpte seinen Magen zu einem harten Stein zusammen. Am liebsten hätte er Wut auf den Fremden empfunden, dass er Edward Bescheid gegeben hatte, aber er konnte sich nicht dazu bringen. Immerhin wusste niemand wirklich, was hinter den Mauern ihrer Wohnung eigentlich regelmäßig geschah. Von einem Fremden konnte Julian keine Hilfe erwarten, niemand hier wollte sich mit dem Warlord dieses Gebietes anlegen, eine bittere Konsequenz, die eine Auseinandersetzung mit einem seiner Handlanger wohl zur Folge hätte. Immerhin konnten sie Edward nicht einfach bestehlen. Oder war es nicht Diebstahl, wenn man ihm ein Spielzeug wegnahm, ein Ding, das er benutzte? Julian hielt es überhaupt für fraglich, ob man ihn noch wollen würde, nachdem ihn höhere Mächte zerpflückt hatten wie eine Strohpuppe.
Müde drehte er den Kopf zu Adrian hinüber. Obwohl sein Redefluss immer wieder von nervösen Unterbrechungen und Wiederholungen gestoppt wurde, schien er bemüht, die Stille mit Worten zu füllen und dem Verletzten ein besseres Gefühl zu geben. Er wirkte exzentrisch, wie er dort auf dem klapprigen Hocker saß, den Rücken leicht gekrümmt, die Haare wie von einem heftigen Windstoß vollkommen zerzaust, aber trotz der verwitterten Erscheinung einen Ausdruck warmer Freundlichkeit in den Augen. Die Panik, die zuvor noch mit bitteren Fäusten gegen seinen Schädel gehämmert hatte, wurde von seinen Worten angenehm ruhig gestellt, auch, wenn Adrian sich erst etwas unbeholfen dabei anstellte.
„Du hast Recht, manchmal fühlt es sich so an, als wenn der Arm gar nicht weg wäre.“
Nachdenklich hob Julian den Arm an, betrachtete die leere Luft, wo seine Hand hätte sein sollen.
„Da! Ich hab meine Finger bewegt! Also, zu mindestens fühlte es sich so an“, lenkte Julian ein und ließ den Stumpf etwas enttäuscht wieder sinken. Es hatte sich so echt angefühlt, er hatte sogar gespürt, wie seine Finger leicht aneinander vorbei geglitten waren, den körnigen Sand an seinen Fingerspitzen…Wie konnte sein Gehirn ihm so einen perfekten Streich spielen?
„Aber es vergeht, sobald ich eine Prothese habe?“, fragte er hoffnungsvoll und ließ den Blick nicht von Adrian abweichen. Es war immerhin eine seltene Gelegenheit, jemanden zu treffen, der durch das gleiche gegangen war wie er. Sobald Edward ihn wieder mitgenommen hatte, würde er der einzige Kontakt bleiben, den Julian zu anderen Lebewesen hatte. Er hatte keine Metallprothese und selbst wenn, würde er wohl nicht versuchen, Julian bei der Gewöhnung an sein eigenes neues Körperteil zu unterstützen. Wenn er ihm denn überhaupt eines organisierte.
„Edward wird das für mich entscheiden denke ich…..Aber mir wäre die Handschuhvariante lieber, es klingt praktisch“, gab Julian zu, bevor er für eine Weile lang kein Wort mehr zwischen Adrians aufgeregter Erzählung bekam. Es störte den Lockenkopf nicht, er war zu müde zum Sprechen und die Stimme des Fremden war angenehm melodisch. Man konnte aus seiner Stimme heraushören, dass er über ein Thema sprach, dem er sein ganzes Leben gewidmet hatte, in das er Schweiß und Herzblut investierte. Eigentlich ein wahnwitziges Unterfangen. Wer interessierte sich in diesen Zeiten schon noch groß für Musik? Besonders für die feinen Künste ihrer untergegangen Welt? Julian jedoch konnte nur staunend die Augen aufreißen, als Adrian ihm eines seiner Instrumente präsentierte. Mit äußerster Vorsicht streckte er seine gesunde Hand aus und fuhr über das vernarbte Holz. Zwischen all den Kranken und inmitten dieser Auswüchse des Chaos´ kam ihm die Geige unglaublich deplatziert vor. Ein Relikt aus einer Zeit, die er selbst nur aus Büchern oder von Gemälden kannte, auf die er flüchtige Blicke in einem staubigen Keller erhascht hatte.
„Du kannst spielen? Mehr als nur die Geige?“
Es kam Julian wie ein Ding der Unmöglichkeit vor, dass jemand sich so etwas Kompliziertes wie Geigespielen selbst beigebracht hatte, doch anscheinend hatte Adrian sogar aus seiner Behinderung einen Vorteil für seine Musik gemacht. Vielleicht war es diese musikalische Aura gewesen, die Adrian sofort so sympathisch gemacht hatte. Die zerstreute Gestalt jedenfalls fügte sich immer klarer zu einem Bild zusammen, das Julian zum Schmunzeln brachte. Allen Umständen zum Trotz fühlte Julian sich für einen Moment wirklich gut.
„Keine Sorge, ich höre dir gerne zu. Ich habe noch nie jemanden wie dich getroffen, interessieren sich die Leute hier denn überhaupt für Kunst? Ich fand es immer unglaublich schwer an Bücher oder gar Kunstgegenstände zu kommen. Ich…Ich hab versucht, damit mein Geld zu machen, weißt du? Vor Edward.“
Seine Stimme war immer unsicherer geworden, bis sie schließlich ganz zu einem unsicheren Gemurmel abfiel. Einen Augenblick lang herrschte betretene Stille, dann fing sich der Lockenkopf wieder.
„Erzähl mir mehr von der Musik, du darfst ruhig ohne Punkt und Komma reden, ich bin immer noch etwas müde, aber ich höre gerne einfach nur zu!“
Adrians Anwesenheit und seine Worte lenkten ihn ein wenig von dem Schmerz und den bevorstehenden Ereignissen ab, doch so viele Stunden sie auch totschlagen mochten, schließlich kam doch der Moment, in dem Edward plötzlich im Zelteingang stand. Julian hatte ihn zuerst gesehen und anscheinend hatten sein plötzlich starrer Blick und seine verkrampfte Haltung Adrian wie eine Alarmglocke herumfahren lassen. Hoffentlich hatte sein Peiniger nicht gesehen, dass er noch vor wenigen Augenblicken ein warmes Lächeln auf den Lippen gehabt hatte.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Mo Jun 29, 2015 2:03 am

Adrian gefiel es sich mit dem fremden jungen Mann zu unterhalten, ihm ein wenig über seine Leidenschaft zu erzählen und ihm wohl oder übel auch zu offenbaren, dass mit solcher Kunst leider ein Überleben nicht gesichert war. Er lebte von anderen Arbeiten, er brachte irgendwelchen mächtigen Leuten das Lesen bei, manchmal nahm er sogar kleine und sinnlose Arbeiten an um seinen finanziellen Stand zu verbessern. Das meiste Geld hatte er allerdings geerbt, was die wenigsten wussten und auch nicht wissen durften. Seine Familie war reich und besaß einige wichtige Ressourcen, bis ein kleiner Krieg sie und ihr Geschäft ausradierten und ihm der letzte Überbleibsel an Vermögen übrig geblieben war. Es war viel, genug um sich solch ein unnötiges Hobby leisten zu können. Manchmal hatte der Dunkelhaarige jedoch auch die Privilegien genießen können und durfte anderen reichen Menschen etwas auf seinen Instrumenten vorspielen. Es gab noch wenige Kunstkenner und - Liebhaber, doch damit wollte er den armen Julian nun wirklich nicht nerven.
Doch auch so konnten beide ihre Zeit gut füllen, ohne, dass man das Gefühl von Unbehagen oder gar Langeweile verspüren konnte und Adrian hatte fast vergessen, dass sie sich hier in einem Zelt zwischen vielen anderen Schwerverletzten befanden, denen ganz sicher nicht nach Lächeln zumute war. Doch etwas an dem Blondschopf machte es ihm nicht einfach, mit einer ernsten und deprimierten Miene dreinzuschauen, Julian hatte da schon eher das Recht dazu gehabt, immerhin hatte er seinen Arm heute verloren, doch schienen seine Worte ihm wenigstens ein wenig Mut zugesprochen zu haben, sodass die Angst ein wenig ausgeklungen war.
Wie lange sich die beiden noch unterhalten hatten, konnte er nicht beantworten, er wusste nur, dass dieser Moment ein sehr abruptes und bedauerliches Ende gefunden hatte, als Edward gekommen war. Der Musiker wollte dem anderen Mann nicht zu nahe treten und schon gar nicht einen negativen Eindruck erwecken, sodass er sich hastig vom rostigen Stuhl erhob als der andere Mann auf die beiden Gestalten zuging. Er hatte besorgt ausgesehen, zumindest konnte er die eine oder andere besorgte Falte auf seiner Stirn erkennen, hatte auf Julian eingeredet und sich anschließend bei Adrian bedankt, dass er ihm geholfen hatte, doch etwas in den hellblauen Augen verriet ihm, dass er dennoch mit seiner Aktion einen schweren Fehler begangen hatte und spätestens, nachdem Edward ihn gebeten hatte kurz mit ihm alleine zu sprechen- natürlich ging es nur darum, dass er sich dafür revanchieren wollte, dass er eine so große Hilfe war- war dem Musiker bewusst, weswegen er seinen Worten nicht vertrauen konnte. Der Mann war ein unangenehmes Gemüt und er hatte ihm mit bedrohlichen, ja regelrecht zischenden Worten schnell erklärt, wo sein Platz war und dass er es nicht wagen sollte auch nur ansatzweise zu glauben, dass das Einbrechen in sein Haus ihn zu seinem oder Julians Freund machen würden. Er hatte irgendwie in all dem Drumherum gestanden ihm dankbar zu sein, doch schnell wich die Dankbarkeit einer Drohung, einer Drohung, die vermeiden wollte, dass er ihnen und vor allem dem Lockenkopf ansatzweise wieder zu nahe kam, wenn er keine schlimmen Konsequenzen für sein Leben tragen wollte.
Es waren zu viele Worte auf einmal, sein Kopf war wirr und begann unangenehm zu pochen als der andere endlich von ihm abließ und erst jetzt war ihm aufgefallen wie fest sich die fremden Finger gegen seinen Arm gedrückt hatten, dass er die schmerzenden Abdrücken noch auf der Haut spüren konnte. Er durfte sich nicht einmal anständig von Julian verabschieden! Es war ein unangenehmes Gefühl in seinem Bauch, als er mit einem traurigen und auch entschuldigendem Lächeln dem Jungen zum Abschied winkte und sie nun endgültig alleine ließ.
Für Adrian war dieser Tag der Beginn einer emotionalen Verwirrung, die er schon lange nicht mehr verspürt hatte. Neben der Reparatur seines Hauses, welches nur einige Schäden an Dach und einer äußeren Wand aufzuweisen hatte, musste er nun auch alles verarbeiten, was geschehen war als er seinen Nachbarn aus dem Haus geholt hatte und wie bedrohlich Edward geworden war. Er fühlte sich so unwohl in dem Wissen, dass der Gelockte immer noch bei ihm war, er konnte nun nicht einmal mehr ansatzweise herausfinden, was bei ihnen geschah, wo sie gezwungen waren in ein anderes Haus zu ziehen und nun drei Häuser weiter entfernt lebten. Ob er grob mit ihm umgegangen war? Ob Julian wenigstens seine Prothese bekommen hatte? Es gab so viele Fragen und die meiste Zeit über wusste er nicht einmal wieso er darüber nachdachte. Wenn er so darüber nachdachte, dann kannte er diesen Menschen doch kaum, sie kannten ihre Namen und hatten beide einen Arm verloren gehabt und beide schienen Interesse an solchen Nichtigkeiten wie der Kunst zu haben und mehr war das eigentlich auch nicht! Dabei war dies schon mehr als er je bei einem anderen Lebewesen zu finden vermochte. Vielleicht vermochten beide nicht zu wissen, wie es im Inneren des jeweils anderen aussah, doch hatten sie genügend transparente Merkmale gesammelt, die ihnen dabei helfen konnten, mehr über einander in Erfahrung zu bringen.
Doch kaum war der Hoffnungsschimmer aufgetaucht, dass er ihn wieder sehen konnte, schwebten die Worte des anderen Blonden bedrohlich über seinem Kopf. Er hatte ihm versprochen ihm etwas anzutun, sollte er Julian zu nahe kommen. Doch woher sollte er das wissen? Ein Warlord brauchte seine Rechte Hand an der Seite, er konnte nicht auf ewig in seinem neuen Haus bleiben und Julian vor jedem Menschen verbergen!
Adrian sehnte sich danach den jungen Mann wiederzusehen, es war ein Verlangen, das er kaum noch unterdrücken konnte, ein Verlangen, das ihn nicht anständig arbeiten oder gar musizieren oder vielleicht sogar lesen ließ.
Auf der anderen Seite war der Dunkelhaarige auch kein sonderlich mutiger Mensch, er glaubte zumindest nicht, dass er überhaupt fähig war etwas zu tun, was er nicht tun durfte. Es war ein ewiges Hin und Her und Adrian spürte langsam wie sein Kopf zu dröhnen begann, wie ein unangenehmer stechender Schmerz es ihm schwer machte noch klar zu denken. Es war doch verrückt, wie sollte er sein Verlangen und seinen lächerlichen Verstand stillen, wenn er hier saß und darüber nachdachte, dass er sich nichts traute? Es waren bereits drei Tage vergangen, in denen er unfähig war etwas zu erreichen und wenn er so weitermachte, würde er in diesem staubigen Zimmer noch den Verstand verlieren!
Mit einer ruckartigen Bewegung, die eher Schwindel erregte, als ihm Mut zu schenken, hatte der Musiker sich erhoben, fuhr sich über die unordentlichen Haare, ehe er seine Tasche schnappte und mit eiligen Schritten auf die Straße stampfte. Es machte keinen Sinn sich in seinem Haus zu verstecken und nachzudenken, was er tun oder besser unterlassen sollte! Adrian spürte, wie sein Herz vor lauter Aufregung gegen sein Herz schlug und die Finger unruhig zu zittern begangen, je näher er dem verräterischem Haus gekommen war.
Seine Kehle war schrecklich trocken als ob der gesamte Sand, der auf den Straßen lag, sich in seinem Mund gesammelt hatte. Noch immer war der Verstand des jungen Mannes von Zweifel geprägt gewesen, doch nun stand er vor der Haustüre, die er in den Tagen bereits einige Male beim Vorbeigehen angestarrt hatte. Es war noch früh, keine Mittagszeit, in der die Sonne noch erbarmungsloser auf ihre Häupter schien, sodass Edward unmöglich sich hinter der massiven Tür verbergen konnte, gegen welche er erst zögerlich und zaghaft, dann jedoch etwas fester anklopfte. Es kam keine Antwort, keine Stimme aus dem Haus, keine Schritte, die immer näher kamen und kein Gesicht lugte aus der halb geöffneten Tür hinaus, die ihm verschlossen blieb. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Julian nicht da gewesen war, wie sollte er jetzt so schnell zu Kräften gekommen sein?
Neugierig ging Adrian um das Haus herum, im vollsten Wissen, dass es ihn teuer kosten würde, wenn ihn jemand sah und was er tat, doch nun war es zu spät, er hatte sich in diese gefährliche Lage gebracht und ein Rückzieher würde nichts besser machen, sodass er sogar allmählich die innere Panik und Angst hinunterschlucken konnte, während er vorsichtig durch jedes Fenster lugte, jedoch schnell zu einem halb geöffnetem eilte. Seine grünen Augen blickten durch das etwas trüb gewordene Glas, erkannten ein Bett, auf welcher eine Gestalt lag, die ihm nur allzu bekannt vorkam. Hatte er geschlafen?
Bereits jetzt plagten den jungen Mann Gewissensbisse, er wollte ihn nicht wecken, doch andererseits wollte er auch nicht so weit gekommen sein, nur um wieder zurück nach Hause zu gehen. Vielleicht würde er sich danach nie wieder hierher wagen, sodass er jeden Mut zusammennahm und vorsichtig gegen die Fensterscheibe klopfte, durch den geöffneten Spalt hinein in das Zimmer lugte. "Julian? Bitte verzeih, wenn ich dich geweckt habe und...und dann noch vor deinem Fenster stehe wie ein...ein Einbrecher. Ich....ich hatte an der Tür geklopft und...ist Edward im Haus?", die letzten Worte jagten ihm selbst einen kleinen Schrecken ein, doch wenigstens hatte er nun die Aufmerksamkeit des anderen gehabt, der zumindest nicht allzu erschrocken von der Anwesenheit des Dunkelhaarigen zu sein schien. "Ich....ich wollte dich gerne besuchen und....denkst du ich kann reinkommen?", er deutete auf das Fenster. Es sollte kein Problem sein es noch ein wenig aufzuschieben und hineinzuklettern, so viel Sportlichkeit hatte er besessen, immerhin konnte er Julian auch tragen, da sollte so etwas eine Kleinigkeit sein. Trotzdem hatte dies einen sehr diebischen und kriminellen Charakter gehabt. Er war noch nie eingebrochen, er wusste nicht einmal ob man es als Einbruch bezeichnen konnte, wenn die andere Person im Haus ihm diesen Einbruch erlaubte. Doch selbst wenn es keiner war, so wusste Adrian ganz genau, dass er etwas tat, was ihm strickt untersagt worden war und dennoch war er kurz davor durch dieses Fenster in das Zimmer zu steigen und die Person zu besuchen, die er nicht einmal mehr in Zukunft anschauen, ja sogar über ihn denken durfte! Doch vielleicht wollte Julian das auch nicht, vielleicht hatte er den seltsamen Mann mit den seltsamen musikalischen Vorlieben schon wieder vergessen und würde Edward davon berichten! Doch so sah der Gelockte nicht aus...beim besten Willen, er war keiner von solchen Menschen. Ihn jedoch nicht bei sich haben zu wollen, war immer noch eine Sache, die auftreten konnte und Adrian hatte sich schon auf eine traurige Abweisung eingestellt, die man hoffentlich nicht an seinem Gesicht ablesen konnte.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Do Jul 16, 2015 2:15 pm

Es war natürlich unausweichlich gewesen, dass Edward über kurz oder lang hier aufkreuzte und wieder mitnahm, auch, wenn Julian im Hinterkopf die kleine Hoffnung gehegt hatte, dass ihm bei dem Erdbeben eventuell etwas zugestoßen war. Der Mann wirkte ernsthaft besorgt, als er an sein Bett trat, doch vermutlich hatte er nur Angst gehabt, dass sein liebstes Spielzeug kaputt gegangen war. Er kümmerte sich nicht mehr um ihn als ein Auto oder eine besonders wertvolle Waffe. Es hätte Julian nicht verwundert, wenn er ihm irgendeine Schuld an seiner Verletzung zugesprochen hätte, wenn er es auf seine Dummheit und seine Tollpatschigkeit geschoben hätte. Doch anscheinend hatte Edward sich dazu entschieden, ihm Besorgnis und Mitgefühl vorzuspielen. Es fühlte sich nicht echt an, es fühlte sich nicht an wie die Emotionen, die Julian auf dem Gesicht seines Retters gelesen hatte, als er bei ihm gesessen hatte. Adrian war ehrlich besorgt gewesen und ehrlich interessiert an seinem Schicksal. Es war also nicht verwundert, dass Edward ihn so schnell wie möglich aus seiner Nähe entfernen wollte. Schon seit so vielen Monaten war Julian in Edwards Fängen eingesperrt, dass er beinahe vergessen hätte, wie Menschen normalerweise miteinander umgingen, wie sie kommunizierten. Adrian war so faszinierend, so freundlich zu ihm gewesen. Nicht nur, dass er sein eigenes Leben riskiert hatte, um ihn aus dem einstürzenden Haus zu retten, er hatte die Stunden nach dem Aufwachen erträglicher gemacht mit seiner Musik und seinen Worten. Er konnte verstehen, was in Julian vor sich ging und als Edward erschien und ihn mit bestimmtem, typisch grausamem Gesichtsausdruck zu Seite nahm, war sich der Lockenkopf ziemlich sicher, dass er den Musiker nie wiedersehen würde. Wenn Edward ihn sofort hier und jetzt aus dem Weg geräumt hätte, hätte es Julian auch nicht verwundert. Dennoch war er erleichtert, als Adrian gehen konnte, scheinbar unverletzt, nur ein wenig verwirrt. Nein, erleichtert war er eigentlich nicht, ihn gehen zu sehen. Wieso konnte er nicht bei ihm bleiben? Nun blieb ihm nur die Kälte, die Härte von Edward.
Die Ärzte waren erleichtert, einen Patienten mehr loszuwerden und etwas Raum für andere Verletzte zu schaffen, sodass niemand etwas einzuwenden hatte, als Edward ihn bereits wieder mit nach Hause nehmen wollte. Wie er von seinem Bett bis zum Wagen gekommen war, war ihm immer noch schleierhaft. Das zusammengeschweißte Gefährt wartete mit einer Schicht aus Sand und Staub auf ihn, der Innenraum war rustikal und rostete an einigen Stellen. Irgendwie hatte er sich bis zur Rückbank geschleppt, vielleicht hatten die Drogen geholfen, mit dem sie ihn voll gepumpt hatten. Was auch immer es war, bis sie an Edwards neuer Wohnung angekommen waren, die ihm der Warlord großzügig direkt zur Verfügung gestellt hatte, hatte die Wirkung so sehr nachgelassen, dass er kaum noch einen Schritt tun konnte. Wenn Edward nicht die Zähne zusammengebissen und ihn getragen hätte, wäre Julian niemals bis in sein Bett gekommen. Ohne die zahlreichen Schmerzmittel, die Edward ihm gebracht hatte, waren mehr oder weniger die einzige Aufmerksamkeit, die sein Peiniger ihm jetzt noch schenkte. Er hatte es nicht einmal für nötig befunden, ihn wieder anzuketten. Er besorgte ihm etwas zu essen, dann suchte er sich nach einer armen Seele, die ihn ersetzen konnte, während sein liebstes Spielzeug ans Bett gefesselt war. Die meiste Zeit schlief Julian. Fieber machte ihn schwach und er konnte seine Augen meist nicht länger als eine Stunde am Stück offen halten. Seine Medikamente hielten ihn ruhig und den Schmerz im Zaum, sodass er die meiste Zeit nicht einmal mitbekam, wie schwer er verletzt war. Wenn Edward jetzt noch etwas in ihn hinein rammte, waren es nur Spritzen. Seine Träume waren entweder tief und schwarz, oder sie waren voll von verstörenden Bildern, von Angst und Blut. Manchmal, wie ein kleiner Silberstreif am Horizont, sah er aber auch Adrian. Er konnte sich meistens an nichts aus diesen Träumen erinnern, außer an das unsichere Gesicht. Vermutlich würde Julian ihm außerhalb seiner Träume nie wieder zu Gesicht bekommen. Wieso konnte er nicht wieder herkommen und ihn einfach mitnehmen? Er konnte die Rettung jetzt mindestens genauso sehr gebrauchen wie vor einigen Tagen. Manchmal hatte der Lockenkopf ein so starkes Gefühl von Einsamkeit und Verlust, dass er glaubte, dass er sich einfach auflösen würde. Sein Arm war nur der Anfang gewesen und bald würde er vollkommen vom Antlitz dieser Erde verschwunden sein.
Im Vergleich zu früher war Edward mittlerweile noch länger von Zuhause fort, nach dem Erdbeben gab es viel zu tun und Julian sah ihn nur, wenn er ihm Essen brachte und sich dazu durchrang, seien Wunde zu versorgen. Julian konnte in seinem Gesicht lesen, wie sehr es ihn störte, dass er sein Besitztum so sehr versorgen musste, aber anscheinend war der Widerwille größer, andere Leute an ihn heranzulassen. Also vergingen Julians Tage nun in einem ewigen Schlaf. Den Überblick über die Zeit hatte er schon länger verloren, auch, wenn durch die schmalen Fenster etwas Sonnenlicht in den Raum fiel und ihm wenigstens sagte, wann Tag und wann Nacht war. Nicht, dass das für seinen Tagesablauf eine wirklich große Rolle gespielt hätte. Der Schlaf hielt auch die Sehnsucht und den Schmerz nach Adrian fern, ein zusätzliches Übel, das kein Verband und keine Spritze lösen konnten.
Wieder hatte Julian gedöst, es musste so um Mittag herum, Stunden noch, bis Edward hier wieder aufkreuzen würde. Sein Schlaf war leicht und unruhig gewesen, sodass es kein Wunder war, dass ein plötzliches Geräusch ihn aufschrecken ließ. Hatte er so lange geschlafen, dass Edward schon wieder hier war? Verwirrt blickte er sich um, als eine bekannte Stimme seinen Namen sprach. Sein Herz machte einen Hüpfer, als er die Gestalt am Fenster erkannte. Die hellen blauen Augen weiteten sich und er setzte sich verwirrt auf. Träumte er etwa noch?
„Du bist her gekommen, um mich zu besuchen?“, stieß er perplex aus. Er hätte es Adrian nicht übel genommen, wenn er so schnell wie möglich jede Verbindungen zu ihm gekappt hätte, er wusste immerhin selbst am besten, dass mit Edward nicht zu spaßen war. Und dennoch ging der Musiker das Risiko ein und kam hierher? Vermutlich war es egoistisch, ihn hier haben zu wollen, immerhin konnte er ohne zu übertreiben behaupten, dass er damit sein Leben aufs Spiel setzte.
„Edward kommt erst in ein paar Stunden wieder, brauchst…brauchst du Hilfe?“
Mühsam erhob der schmale Körper sich. Er hatte wenig Nahrung zu sich genommen und war dementsprechend noch dünner geworden. Er fühlte sich ja selbst schon wie ein Streichholz, das man einfach durchbrechen konnte. Sich ohne Kette bewegen zu können war jedoch eine Wohltat, die er ausnutzen wollte, solange er konnte. Er schob das Fenster etwas weiter auf und wartete darauf, dass Adrian in das Innere des Raumes gerutscht war. Etwas unschlüssig betrachtete er den Musiker. Jetzt, wo er das erste Mal neben ihm stand merkte er, dass er eine ganze Ecke größer war als er selbst. Trotz der Verbundenheit, die er zu diesem Mann immer noch spürte, war er sich unsicher, wie er ihn begrüßen sollte. Aber war die Tatsache, dass er hergekommen war, nicht schon Indiz genug, dass ihm irgendetwas an ihm liegen musste? Wieso sollte er sonst ein Risiko eingehen? Unsicher und etwas zittrig schlang er einen Arm um den schlanken Oberkörper. Er konnte sein Herz rasen hören, doch vielleicht war das auch nur die generelle Aufregung über seinen Einbruch.
„Ich dachte, ich sehe dich nie wieder“, presste Julian gegen seine Brust heraus und verkrampfte den Griff seiner Finger im Stoff seines Oberteils. Sein Stumpf hing nutzlos an seiner Seite. Julian konnte nur hoffen, dass Adrian ihn davonstieß, wenn ihm die Berührung unangenehm war, denn der Lockenkopf konnte nicht die Kraft aufbringen, sich von seinem Besucher loszureißen.
„Weißt du gar nicht, wie gefährlich es ist, dass du hierher kommst? Edward lässt nicht mal einen Arzt an mich ran, lieber macht er alles selbst. Jedenfalls nicht, bis ich meine Prothese bekomme. W-Woher wusstest du, dass ich hier bin?“
So viele Fragen sprudelten über Julians Lippen; Wörter fühlten sich fremdartig an, immerhin hatte er seit Tagen kaum gesprochen.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Mi Jul 22, 2015 12:10 am

Geduldig hatte der junge Mann darauf gewartet, dass Julian ihm ein Zeichen gab, dass er irgendwie eintreten durfte und ihn nicht vielleicht doch fortschicken wollte. Vielleicht brauchte er seine Ruhe, ein wenig Zeit für sich um besser genesen zu können, vielleicht war er sogar ein wenig enttäuscht gewesen, dass der Musiker sich nicht früher gemeldet hatte und erst jetzt vor seinem Fenster stand.
Doch all das war nicht geschehen und Adrian konnte spüren wie er erleichtert aufatmete als der schmale Leib sich vom Bett erhoben und ihm das Fenster so weit geöffnet hatte, dass er mit ein bisschen Schwung hinein in das Zimmer klettern konnte. Er konnte spüren wie seine Finger vor Aufregung zu kribbeln begannen und sein Blut noch stärker durch die Venen gepumpt wurde als ohnehin schon. Auch wenn es vielleicht keine Zeit für Gerechtigkeit und einem gesunden Moralverständnis war, so war Einbruch doch etwas, was nicht ganz in seine Welt passte, zumindest hatte er nie die Notwendigkeit gesehen mit solchen Dingen anzufangen!
Der Dunkelhaarige strich sich die knittrige Kleidung ein wenig gerade, ließ den Blick im nächsten Moment zu dem Blondschopf schweifen, ihn ein wenig unschlüssig anblickend, ehe ein schüchternes Lächeln seine schmalen Lippen umrahmte. Nun war er hier und wusste immer noch nicht, was er sich von diesem Besuch eigentlich erhoffte, allerdings war er auch nicht hierhergekommen um sich irgendeinen Vorteil zu verschaffen oder irgendeinen seiner Wünsche damit zu erfüllen, dass er den fremden jungen Mann wiedersah. Wenn man länger darüber nachdachte, dann brachte er sich nur in Gefahr mit solch einer Aktivität und wenn er nicht vorsichtig genug war, könnte das sogar sein Leben kosten. Doch solche Gedanken waren für einen Moment wie fortgewischt. Vielleicht durch den leicht angestiegenen Adrenalinpegel, der in seine Körper gerade aufzuweisen war, vielleicht war es jedoch auch die Nähe zum Gelockten, dessen endlos blauen Augen ihn in seinen Bann zogen.
„I-Ich wollte dich gerne sehen und es kam mir so falsch vor, dass ich mich nicht einmal das letzte Mal anständig bei dir…verabschieden konnte. Wie…geht es dir?“, seine dunkelgrünen Augen musterten den Kleineren besorgt, weiteten sich im nächsten Moment jedoch überrascht als der schmale Leib sich gegen seinen schlang und ihn mit seinem noch vorhandenen Arm in eine Umarmung zog.
Adrian war solch eine plötzliche und frühe Körpernähe ziemlich fremd, eine vertraute Umarmung hatte er wohl das letzte Mal vor sehr langer Zeit bekommen, sodass die Überforderung stärker war als die Realisation, dass Julian wohl etwas an dem zerzausten Mann gelegen hatte, wenn er ihn so schnell umarmte.
Zögerlich ließ er seinen Blick auf die blonden Locken fallen, schlang langsam, fast so, als würde er nicht ganz glauben, dass dieser Moment real war, seine Arme um den schlanken Oberkörper des anderen um seine Umarmung irgendwie angemessen erwidern zu können. Behutsam strich er mit seinen Fingern über den fremden Rücken und konnte durch die Kleidung die feinen Wirbel des anderen ertasten. Er hatte dünner ausgesehen als der Musiker ihn in Erinnerung hatte. Vielleicht war der gesamte Unfall stressiger für ihn gewesen als angenommen, vielleicht war das gemeinsame Leben mit Edward dabei alles andere als eine Hilfe. Solche Unfälle musste man in einem gesunden Umfeld oder am besten ganz alleine verarbeiten, jedoch mit keinem Lebewesen, was alles nur noch schlimmer machte.
Edward. Er kannte diesen Mann doch kaum und dennoch fühlte er, wie eine Eiseskälte seinen Körper befiel, wenn er nur an den Namen dachte. Manchmal reichten Gerüchte, Eindrücke und die ersten Worte eines Menschen um genau zu wissen, wie sein Wesen war.
„Es wäre schade gewesen, würden wir uns nie wiedersehen…“, antwortete der Ältere mit leiser Stimme, wagte sich kurz über die blonden Locken zu fahren, zog die Finger jedoch wieder zurück, aus Angst, dass es Julian vielleicht zu unangenehm war, wenn er so etwas tat. Er hatte ihn doch gar nicht um Erlaubnis gebeten und nicht gewusst, ob er überhaupt so etwas Persönliches tun durfte!
Die nächsten Worte entlockten ihm ein leichtes Lächeln. Eigentlich war es nicht schwierig gewesen ihn zu finden, Edward hatte sich wohl nicht sonderlich viel Mühe dabei gegeben ein Gebäude zu finden, was weiter weg von dem Viertel war, welches sie erneut bewohnten.
„Ich habe euch…naja…ich habe Edward oft hier gesehen. Mit seinem Wagen, mal zu Fuß….sein Gesicht erkennt man schnell und es war logisch, dass ihr nicht mehr nebenan wohnt.“, vorsichtig löste er sich aus der Umarmung des Blonden, auch wenn er wahrscheinlich Ewigkeiten seine Körpernähe hätte genießen können. Adrian wusste selbst nicht so genau, weswegen Julian solch eine seltsame Anziehungskraft auf ihn ausübte. Sie kannten sich kaum und wussten praktisch gar nichts übereinander und trotzdem glaubte er ihm vertrauen zu können.
„Bitte, setz dich doch wieder hin, du musst dich sicher noch ausruhen.“, er hatte auf das Bett gedeutet, wartete geduldig darauf, dass der Gelockte sich auf die Matratze setzte, blickte den anderen fragend an, bis dieser ihm die Erlaubnis erteilte sich neben ihn zu setzen. „Ich weiß, dass Edward nicht will, dass ich herkomme…er hat…mir praktisch mit einer Hinrichtung gedroht, sollte ich dir zu nahe kommen…aber…im Normalfall halte ich mich aus solchen Angelegenheiten raus…doch dieses Mal wollte ich nicht. Ich…ich wollte wirklich wissen wie es dir geht und…ich wollte mich nicht von jemanden wie ihm einschüchtern lassen. Du brauchst jetzt jemanden, der dich versteht und dich nicht alleine lässt..“, seine Lippen formten ein schmales, jedoch sanftes und ehrliches Lächeln. Adrian war nicht dafür bekannt gewesen unglaublich mutig zu sein, doch manchmal glaubte er zu spüren, wie die Zeit und das Leben in einer endlosen Wüste auch ihn bemannt zu haben schien, manchmal fiel es ihm schwer sich anständig zu beherrschen oder nach den Regeln zu spielen. Wenn er nicht gerade seinem wirren Verstand ausgeliefert war, konnte er meist wenigstens noch schlimme Konsequenzen- wie etwa seinen Tod- vermeiden.
„Abgesehen davon haben alle zu tun…niemand würde sich darum kümmern, ob ein verrückter Mann durch Fenster klettert oder nicht. Alles ist ein wenig chaotisch und zerstörter als ohnehin schon…ich würde einen Teil meines Daches reparieren….würde es mich stören. Bist du etwa nur noch in diesem Zimmer eingesperrt?“, automatisch musterten seine Augen jede Ecke des Zimmers und spürte wie sich ein Ausdruck der Enttäuschung und Traurigkeit auf sein Gesicht legte. „Du hast nicht einmal Bücher, die dich beschäftigen können….wenn man krank ist, dann- dann sollte wenigstens für Beschäftigung gesorgt sein. Bitte verzeih, hätte ich das gewusst, hätte ich dir etwas mitgebracht….zu Hause habe ich viele Bücher...ah- einen Moment!“, hastig kramte der junge Mann in seiner Umhängetasche, fischte ein ziemlich mitgenommenes Buch heraus, es im nächsten Moment Julian in die Hand drückend. „Hier…ich habe es wohl schon dreimal gelesen, ich kann es dir solange hier lassen, damit du….damit du ein bisschen zu tun hast, wenn ich nicht hier bin…“, erneut umrahmte ein Lächeln das unrasierte Gesicht des Musikers, er hatte kaum mitbekommen wie seine echte Hand noch auf dem Handrücken des Jüngeren lag, zog sie im nächsten Moment zurück. Er spürte einen leichten Rotschimmer auf seinem Gesicht, hoffte, dass er schnell wieder verschwand.
„Edward….ist länger aus dem Haus, nicht wahr? Ist er es auch morgen?“

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Do Jul 23, 2015 10:49 pm

Julian spürte den flattrigen Herzschlag des anderen wie tausende Motten in seiner Brust und er fühlte seine Finger, die wie weiche Schwingen über seinen Rücken fuhren. Er wusste nicht, wieso er Adrian nach nur einem Gespräch, einem gemeinsamen Nachmittag, solch ein Vertrauen schenkte. Immerhin wusste er recht wenig von ihm. Doch die sanfte Umarmung und die feine Berührung der strohigen Locken bestätigte ihn nur in dem Vertrauen, dass er in den Größeren gesteckt hatte. Er würde ihn nicht hintergehen, er würde niemals so ein Spiel mit ihm spielen wie Edward. Der hat ihn in einem halben Jahr noch nie mit so einer zurückhaltenden Ehrfurcht berührt.
„Ja, das wäre mehr als nur schade gewesen“, murmelte Julian gegen die Brust des Fremden und atmete seinen Geruch tief ein. Er konnte Staub und Sand riechen, die in diesen Zeiten einen stärkeren Geruch verbreiteten als alles andere, und er roch Schweiß, durchdringend und stechend und vermutlich voll mit Adrenalin. Was war die letzte feine Note, die er an Adrian roch? Beton, nein, es war nicht so leblos, war es Metall? Aber dann dämmerte Julian die feinere Note und sein Gesicht hellte sich ungesehen auf. Holz, es war Holz. Etwas Lebendiges, Atmendes in dieser Wüste. War das, was Adrian war, etwas Lebendiges? Wie er ihn so zaghaft und vorsichtig berührte und ihm unfertige Lächeln schenkte, konnte Julian keine bessere Beschreibung für ihn finden. Es fühlte sich beinahe schmerzhaft an, sich von dem warmen Körper zu lösen, doch Julian wusste, dass es sein musste. Immerhin war es mindestens genauso eine Wohltat, den anderen zu betrachten und jedes kleine Detail seiner ganzen Figur in sich aufzunehmen.
„Edward war sich bestimmt ziemlich sicher, dass er dich genug eingeschüchtert hat, dass du fernbleibst. Sich zu verstecken ist unter seiner Würde“, schnaubte Julian, während er sich etwas zittrig auf den Beinen hielt. So gerne er Adrian auch bewiesen hätte, dass er während der letzten Tage perfekt genesen war, konnte er seinen eigenen Körper nicht dazu überreden, sich den Gesetzen der Physik zu widersetzen.
„Ich bin mir sicher, dass der Warlord die vorherigen Besitzer im Hinterhof hat erschießen lassen.“
Ein Schauder lief über Julians Rücken, er hatte immerhin verräterische dunkle Flecken gesehen, als Edward ihn hierher getragen hatte und einige der Räume in der Wohnung sahen aus, als wenn sie fluchtartig verlassen worden waren. Ein gewisser Hauch von Wohnlichkeit und Familie lag über jedem Raum, den ganz sicher nicht der neue Besitzer hervorgerufen hatte. Julian hatte eh schon das Gefühl, dass er auf dem Bett eines Toten lag. Wäre Adrian nicht vorbei gekommen, wäre er vielleicht bald genauso vergessen.
Mit einem erleichterten Gesichtsausdruck ließ er sich wieder sinken und gönnte seinen zittrigen Beinen etwas Ruhe. Er musste eine Hand auf seine knochigen Knie pressen, um sie von nervösen Auf- und Abbewegungen abzuhalten. Als er merkte, dass Adrian sich nicht rührte, deutete er ihm mit einer kurzen Kopfbewegung an, dass er sich neben ihn setzen durfte. Die Finger noch etwas fester als zuvor gegen sein Knie drückend, wandte er das schmale Gesicht Adrian zu. Auf der einen Seite wollte ihm der Wagemut seines Besuchers ein anerkennendes Schmunzeln entlocken, auf der anderen Seite aber machte ihm Adrians Unvorsichtigkeit aber auch Sorgen.
„Du solltest Ernst nehmen, was Edward dir androht, wenn er dich hier erwischt, macht er sicherlich kurzen Prozess mit dir. Er lässt ja nicht einmal die Ärzte an mich heran! Bitte versprich mir, dass du vorsichtig bist, ich-….“
Julian hielt in seinem besorgten Redeschwall inne und traf Adrians Lächeln mit einem warmen Blick. Was für ein Idiot er doch war, dass er sich einfach durch ein Fenster bei ihm einschlich, um nach dem Rechten zu sehen, um sicherzugehen, dass es ihm gut ging, um ihn wiederzusehen….
„D-Danke, wirklich, ich hätte nicht damit gerechnet, dass du mich wirklich wiedersehen willst. Aber glaub mir, es ist besser so, also, dass Edward mich allein lässt. Es wäre schlimmer, wenn er ständig hier wäre – immerhin könnte ich dich dann nicht einfach durchs Fenster steigen lassen.“
Ein leises Glucken verließ Julians Kehle, das ihn selbst am meisten überraschte. Adrian war erst seit wenigen Minuten hier und doch fühlte er sich gerade besser, als er es in dem letzten halben Jahr getan hatte und das obwohl die Schmerzen und die Trauer um seinen Arm noch längst nicht vergessen waren. Mit Adrian in seiner Nähe wirkten sie allerdings bestenfalls unwichtig. Sein Lächeln verrutschte allerdings wieder, als Adrian auf ein leidigeres Thema zu sprechen kam. Augenblicklich verkrampfte sich sein Magen zu einem massiven Klumpen. Er wollte nicht, dass Adrian erfuhr, was das Verhältnis zwischen Edward und ihm eigentlich war, wie er seit einem Jahr unter ihm lebte – oder eher hauste. Auch, wenn Adrian vermutlich schon längst erahnte, was hier vor sich ging. Dennoch ertappte Julian sich dabei, wie er die Wahrheit bewusst verbog und im Dunklen ließ.
„Oh, wir hatten nach dem Umzug noch keine Zeit, hier alles wieder herzurichten, deswegen ist es noch etwas karg. Ich schlafe eh die meiste Zeit und verlasse mein Bett kaum, als bräuchte ich das Zimmer sowieso nicht groß verlassen. Edward bringt mir Essen und Medizin und versorgt meinen Arm, wenn er wieder da ist.“
Julian merkte selbst, wie er rot im Gesicht wurde von seinen schamlosen Lügen und hoffte einfach, dass Adrian ihn nicht sofort ertappen würde. Neugierig beobachtete er den anderen dabei, wie er in seiner Tasche wühlte, bis er ein zerfleddertes kleines Buch zum Vorschein brachte. Julian starrte es mit großen Augen an und hielt es wie einen jungen Vogel mit größter Vorsicht in der Hand.
„Du hast Bücher? Viele?“, fragte er erstaunt und merkte vor lauter Ehrfurcht kaum, dass Adrians Hand warm auf seinem Handrücken lag. Nur die wenigsten Menschen wussten heutzutage noch Bücher zu schätzen, immerhin erfüllten sie keinen praktischen Nutzen. Julian hatte selbst einige besessen, doch nichts davon hatte es mit in die Gefangenschaft geschafft. Mit einer ruhigen Bewegung legte er das Buch beiseite und griff nach Adrians Hand, die sich von ihm fortgezogen hatte. Erst zaghaft, dann bestimmte umfasste er sein warme Handfläche und drückte seine Finger in die raue Handinnenfläche. Ohne Adrian anzusehen nickte er.
„Edward ist den ganzen Tag weg und morgen auch, er ist jeden Tag lang arbeiten und abends ist er meistens in der Kneipe oder so. Hier zuhause beschäftigt ihn nicht wirklich etwas.“
Mit einem forschenden Blick musterte Julian das bärtige Gesicht des Größeren.
„Wieso, möchtest du morgen wieder herkommen?“
Julians Druck um die Hand des anderen verstärkte sich etwas und er sah beschämt zu Boden, wo feiner, sandiger Staub den Boden bedeckte.
„I-Ich weiß, dass das egoistisch klingen muss, aber….Kannst du morgen wieder herkommen? Ich will, dass du bleibst. Die Stunden hier sind so lang und einsam und ich weiß, dass es gefährlich ist, aber….vielleicht kannst du einfach noch vorsichtiger sein?“
Mit hoffnungsvollen Augen starrte Julian zu Adrian auf und musste den plötzlichen Impuls unterdrücken, ihn zu küssen. Unbewusst hatte er sich ein Stück nach vorn gelehnt und war ihm gefährlich nah gekommen, doch jetzt riss der Blondschopf sich wieder etwas am Riemen und hielt inne, die gefährliche Nähe für einen Moment wahrend.
„Ich glaube, die Einsamkeit bringt mich sonst noch um“, murmelte Julian, neben der Spur und suchte in den dunkeln Augen des anderen nach etwas, was ihm eine Antwort auf dieses emotionale Chaos geben konnte.

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BeitragThema: Re: Beyond here lies Nothing   Beyond here lies Nothing Icon_minitime1Mi Jul 29, 2015 5:19 pm

Adrian dachte ungerne darüber nach, ob Menschen wirklich ihr Leben lassen mussten, damit Edward sich hier einnisten konnte, doch wahrscheinlich waren solche Taten nichts, was einen noch schockieren sollte. Selbst in einer geregelten Gemeinschaft war es abwegig, dass man sich um andere kümmerte und ihnen den nötigen Respekt erwies, nicht, wenn man dadurch keinen eigenen Vorteil verschaffen konnte.
Er schob diesen Gedanken jedoch schnell wieder beiseite und lauschte lieber den Worten des Jüngeren. Jeder normale Mensch hätte wohl auf den Blondschopf hören müssen, er hatte nicht ganz unrecht, dass es gefährlich war und dass es wahrscheinlich besser wäre, würde man Edwards Warnungen ernst genug nehmen, doch darüber war er schon länger hinaus, sonst würde er ja wohl kaum hier auf dem Bett des anderen sitzen!
„Es ist gut, dass er nicht hier ist…anders würde ich dich gar nicht besuchen können! Außerdem ist wohl Ruhe das wichtigste, was du gerade brauchst…auch wenn ich das gerade ein bisschen missachte.“, seine Augen blickten Julian schüchtern, wenn auch mit einem Hauch an Belustigung an. Er war wenigstens kein allzu lauter Störenfried gewesen und auch niemand, der sich aufdrängen würde, wahrscheinlich wäre er sogar wieder aus dem Fenster verschwunden, würde Julian etwas Zeit für sich alleine haben wollen. In solchen Hinsichten versuchte er besonders unkompliziert sein. Meistens war er nie so sehr mit anderen Menschen in Kontakt gewesen um diese kleinen Theorien und selbst erstelle Prinzipien auch in die Tat umzusetzen, doch vielleicht wäre es ihm bei dem gelockten jungen Mann möglich, welchen er hoffte öfter besuchen zu können. Und vielleicht wär es ihm sogar möglich etwas hierzulassen, was ihn während seiner Abwesenheit ein wenig vor der Langeweile bewahren konnte.
Sein Buch war zumindest der Anfang.
Adrian konnte nicht einschätzen, ob der andere ihm die Wahrheit erzählte oder es ihm schlichtweg unangenehm war zuzugeben, dass es nichts für ihn gab, was er hier tun konnte oder gar durfte und er wollte es ihm nicht noch unangenehmer machen und irgendwelche Zweifel an den Tag legen, oh nein, das wäre unhöflich und wer war er, dass er sich das Recht nahm seine Aussagen in Frage zu stellen und daran zu zweifeln?!
Auf seine Frage hin nickte der Musiker lediglich stumm, ließ seine grünen Augen auf das Buch wandern, was schon viele Wetterbedingungen überlebt hatte. Die Seiten waren gelblich, hier und da zerknickt und an einigen Stellen befanden sich sogar leichte Risse auf dem bedruckten Papier. So etwas wie das Bedrucken des Papiers war zu ihrer Zeit eine Unwichtigkeit- früher hatte man große Maschinen, die mit Computer getippte Nachrichten täglich druckten und sie in Form von Zeitungen an die Menschen weiterleitete. Damals schien so etwas noch eine Selbstverständlichkeit zu sein wie auch das Produzieren von Abermillionen von Büchern, heute ließ man sich beinahe erschießen für ein altes Exemplar der Literatur.
Adrian bedauerte es, dass er nicht in dieser Zeit geboren war, auch wenn er wohl nie ganz dieser Zeit hinterhertrauern konnte.
„Ich habe sehr viele Bücher sogar…nun ja…für einen Normalsterblichen zumindest. Wenn du möchtest, dann…dann kann ich dir gerne hin und wieder welche vorbeibringen!“, sein Blick erhellte sich bei dem Gedanken, wie viel er Julian mitbringen konnte und dass sie sich vielleicht sogar über all diese Bücher unterhalten könnten, sie könnten ihre Eindrücke austauschen und noch so viel mehr. Es wäre wahrlich eine Bereicherung, doch nur, wenn Julian auch wirklich der Sinn danach war sich mit all den alten Geschichten zu befassen, die sie teilweise nicht einmal mehr verstehen konnten. Manchmal erwischte der Dunkelhaarige sich selbst dabei, dass er absolut nicht verstand, was dieses Buch ihm sagen wollte und nicht nachempfinden konnte, weil es fern seiner eigenen Welt lag. Es gab allerdings Tage, wo er zumindest versuchte sich diese Welt vorzustellen, die ihm beschrieben wurde, mit jeder erdenklichen Fantasie, die in seinem Verstand noch schwebte und wünschte sich, er könnte für die Nachwelt erzählen wie ihre Welt so aussah…sollte eine Nachwelt je existieren.
Adrian war so vertieft in seinen Gedanken über Literatur und die Vergangenheit, dass Julians Worte erst ein wenig später zu ihm durchdrangen und er ihn hastig entschuldigend anblickte, dabei etwas rot anlaufend.
„N- Natürlich wollte ich dich wieder besuchen…wenn niemand hier ist um mich zu verjagen, dann…ist es doch verständlich, dass ich dich etwas öfter besuche…“, seine Augen blickten den Jüngeren überrascht, im nächsten Moment jedoch mitleidig an. Er konnte sich vorstellen wie einsam es hier in diesem Zimmer war, niemand war hier um mit ihm zu reden, keine Beschäftigung war zu finden, die ihm wenigstens das Gefühl gab, nicht völlig sinnlos zu sein. Vielleicht war es ihm möglich diese Leere etwas zu füllen, mit einigen Worten und den Büchern, die er bei ihm ließ.
Adrian spürte wie sich ein Schauer um seinen Körper legte, als sich der andere so nah zu ihm beugte. Er glaubte, dass wenn er seinen Kopf noch etwas näher zu dem Lockenkopf beugen würde, sich sogar ihre Lippen berühren könnten und sie wirkten verlockender denn je. Jedoch konnte er ihn nicht einfach so küssen, er wusste doch gar nicht, ob er dadurch nicht sogar zu weit gehen würde und konnte er nicht verstehen, woher dieser Impuls kam, dieser Wunsch nach Julians Nähe, die ihn jedes Mal überkam, sobald sich ihre Blicke trafen.
„Ich komme gerne zu dir….es macht mir nichts aus durch dein Fenster zu klettern und….etwas Zeit bei dir zu verbringen, Julian. Mach dir also keine Sorgen um mich.“, seine Lippen formten ein leichtes Lächeln, während seine Hand sich kurz auf die Schulter des Jüngeren legte und beruhigend über diese strich, auch wenn es keinen Anlass gab, Julian zu beruhigen, immerhin herrschte eine Angenehme Ruhe, die nicht notwendig gebrochen werden musste.
„Und solltest du noch etwas brauchen, so kann ich jederzeit etwas für dich tun.“




Charles hatte genug von den Zweiflern, die den kleinen Gauner als unzuverlässig einschätzten. Sie hatten ihm versichert, dass er in der nächsten Stadt untertauchen und nie wiederzufinden wäre, dass er sich nur von ihm aushalten ließ, durch seine Ressourcen zur Genesung kam und anderen Warlords über seine Schwäche erzählte, dass er einfach so Gefangenen zur Freiheit verhalf. Doch der Warlord wollte nichts davon hören oder gar wissen. Er vertraute seinem Urteilsvermögen und seiner Menschenkenntnis und Julian wirkte wie jemand, dem er vielleicht sogar beginnen könnte zu vertrauen.
Alles zu seiner Zeit natürlich, immerhin war der junge Mann mit den blonden Locken von seinem Auftrag noch nicht zurückgekehrt und er wollte auch nicht unbedingt seine Hand für den schmalen Körper ins Feuer legen, nicht, bis ihm das gegeben wurde, wonach er suchte. Manchmal erwischte er sich sogar selbst dabei, wie sein Verstand die Zweifel doch zuließen und er sich fragte, ob es nicht vielleicht doch ein Fünkchen der Wahrheit entsprach, dass Julian nun versuchte etwas zu tun, was ganz und gar nicht Teil der Abmachung war.
Heute war sein letzter Tag, heute sollte sein kleiner Hintern hier in seinem Quartier sein und er sollte ihm wichtige Informationen liefern oder sein Scheitern bekanntgeben. Ganz gleich, was seinen Mund verlassen würde, es sollte heute geschehen, alles was darüber hinausging, würde er schlichtweg nicht akzeptieren und sollte er wirklich nicht auftauchen, würde er noch morgen einige seiner Männer auf ihn aufhetzen. Diesmal wäre es sogar etwas Persönliches.
Doch zu solchen Eskalationen brauchte es gar nicht erst zu kommen. Einer seiner Laufburschen hatten von seiner Heimkehr berichtet, der Blonde brauchte sich gar nicht zu glauben, dass er zurückkehren konnte, ohne, dass er davon Wind bekam und er brauchte sich auch nicht in seinem vom Warlord gestellten Zuhause auf die faule Haut zu legen, sollte das in seinem Interesse liegen. Immerhin waren die Anweisungen strickt und es war kaum möglich die Aussage ‚melde dich bei deiner Rückkehr unverzüglich bei mir‘ falsch zu Interpretieren. Sollte man zumindest meinen. Doch Julian hatte wohl Gefallen daran gefunden seinen Vorgesetzten lieber noch ein wenig warten zu lassen. Wie unhöflich von ihm und wie ärgerlich, dass er seine Männer noch extra dazu beauftragen musste, den Spitzel zu sich zu bringen.
Nach seinem giftigen Blick zu urteilen, schien es ihm nicht sonderlich gefallen zu haben, doch Charles interessierte es herzlich wenig, als sich ihre Blicke trafen.
Mit einer fließenden Bewegung hatte sich der Ältere von seinem Sessel erhoben, trat auf den anderen zu um ihn besser mustern zu können.
„Du hast dich verspätet und dann auch noch getrödelt. Ich dachte meine Anweisungen waren eindeutig gewesen.“, raunte die Stimme des Warlords, während er den Jüngeren von oben herab musterte. Hatte ihn eine Wüstenschlange gebissen? Zumindest schien er nicht sonderlich glücklich zu sein.
„Nun denn, sparen wir uns das unnötige Gerede und du rückst lieber mit ein bisschen nützlicher Information raus. Viele hier glauben, ich hätte einen Fehler begangen als ich dir diesen Auftrag gegeben habe. Ich möchte ungerne ihnen noch die nötigen Beweise geben, dass sie damit im Recht liegen könnten, du verstehst? Nach deinem Blick zu deuten scheint nicht alles gut verlaufen zu sein. Hat dich jemand verfolgt? Wurdest du von jemanden erwischt oder ist dir jemand einfach nur auf den Zeh getreten?“, belustigt verschränkte er seine Arme vor der Brust, ließ sich im nächsten Moment wieder auf seinen Sitz nieder, Julian dabei nicht aus den Augen verlierend.
Er hatte vielleicht wirklich zu viel Vertrauen in sein Können gelegt, vielleicht hatte er ihn die ganze Zeit über belogen und hatte in seiner Abwesenheit nicht einmal ein bisschen Informationen für ihn bereit. Doch vorher sollte der junge Mann besser anfangen zu reden, denn manchmal konnte selbst sein ziemlich langer Geduldsfaden reißen.
„Von mir aus kannst du dich setzen, wenn es viel zu bereden gibt, muss das nicht im Stehen passieren. Ich erwarte einige nützliche Informationen, Julian.“

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